© 2020 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 016/20 und WD 4 – 3000 – 016/20 Mitarbeiterkapitalbeteiligungen durch Aktienoptionen Aktienrechtliche, arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Voraussetzungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/20 und WD 4 – 3000 – 016/20 Seite 2 Mitarbeiterkapitalbeteiligungen durch Aktienoptionen Aktienrechtliche, arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Voraussetzungen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 016/20 und WD 4 – 3000 – 016/20 Abschluss der Arbeit: 19. Februar 2020 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales und WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/20 und WD 4 – 3000 – 016/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Aktienrechtliche Voraussetzungen 4 3. Arbeitsrechtliche Voraussetzungen 4 4. Zeitpunkt der Besteuerung 5 5. Bewertungsgrundlage 6 6. Außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/20 und WD 4 – 3000 – 016/20 Seite 4 1. Einleitung Die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen des Unternehmens soll Produktivität und Motivation fördern und zur Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand beitragen. Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung wird deshalb in Deutschland steuerlich gefördert. Zu den unterschiedlichen Formen einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung gehört die Gewährung von Aktienoptionen an Mitarbeiter. 2. Aktienrechtliche Voraussetzungen Voraussetzung für diese Art der Beteiligung ist die Organisation des Unternehmens in der Rechtsform der Aktiengesellschaft nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes (AktG)1. Hierzu zählt unter anderem ein Grundkapital in Höhe des Mindestnennbetrags von 50.000 Euro. Für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Form von Aktienoptionen gibt es keine besonderen aktienrechtlichen Voraussetzungen in Bezug auf den Wirtschaftszweig, die Höhe des Grundkapitals oder des Geschäftsumsatzes, die Arbeitnehmerzahl oder die Bestandsdauer der Aktiengesellschaft . Auch bedarf es nicht der Börsennotierung. Die Bereitstellung der Aktien kann über eine bedingte Erhöhung des Grundkapitals zur Gewährung von Bezugsrechten an Mitarbeiter nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG erfolgen, die aber 10 Prozent des Grundkapitals zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht übersteigen darf. Daneben kann das Unternehmen nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG in beschränktem Umfang eigene Aktien erwerben , die dann zur Befriedigung der Bezugsrechte von Mitarbeitern eingesetzt werden. Auch hier dürfen 10 Prozent des Grundkapitals nicht überschritten werden. 3. Arbeitsrechtliche Voraussetzungen Die Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter durch Einräumung von Aktienoptionen kann im Individualarbeitsvertrag , aber auch durch Betriebsvereinbarung nach dem Betriebsverfassungsgesetz2 oder - in der Praxis unüblich - in Tarifverträgen geregelt werden. Für die Gestaltung der Optionsbedingungen im Aktienoptionsplan bzw. Aktienoptionsprogramm gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Der Kreis der Bezugsberechtigten muss nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber nach einem bestimmten generalisierenden Prinzip festgelegt werden und darf nicht willkürlich sein. Für einen Ausschluss einzelner Arbeitnehmergruppen oder für Abstufungen des Umfangs der Bezugsberechtigung müssen sachliche Gründe vorliegen . Maßstab ist der von Rechtsprechung und Wissenschaft entwickelte arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz . So sind beispielsweise die Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Umfang der persönlichen Verantwortung im Betrieb oder Unternehmen berücksichtigungsfähig. Die 1 Aktiengesetz (AktG), abrufbar in der Internetgesetzesdatenbank des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz : https://www.gesetze-im-internet.de/aktg/. 2 Betriebsverfassungsgesetz, abrufbar in der Internetgesetzesdatenbank des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: http://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/20 und WD 4 – 3000 – 016/20 Seite 5 Bezugsberechtigung kann ferner vom Vorliegen eines unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden; auch können längerfristig ruhende Arbeitsverhältnisse (z.B. wegen Elternurlaub oder Krankengeldbezug) unberücksichtigt bleiben. Demgegenüber verstößt eine Differenzierung nach der vertraglichen Arbeitszeit (z.B. Vollzeit- oder Teilzeitarbeit) gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes3 und ist daher kein zulässiges Differenzierungskriterium. Praxisbeispiele für Gestaltungsmöglichkeiten bietet eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung (HBS): Sendel-Müller, Markus; Weckes, Marion (2016): Mitarbeiterkapitalbeteiligung, Study Nr. 333, Juli 2016, Reihe Praxiswissen Betriebsvereinbarungen, Düsseldorf: HBS, abrufbar im Internetauftritt der HBS: https://www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_mbf_bvd_333.pdf (letzter Abruf: 6. Februar 2020). 4. Steuerrechtliche Regelungen 4.1. Zeitpunkt der Besteuerung Einkommensteuerrechtlich maßgeblich ist der Zuflusszeitpunkt des geldwerten Vorteils aus der Option. Dieser richtet sich in der Regel nach dem Verwertungszeitpunkt.4 Im Falle von Aktienoptionen ist dieser Zeitpunkt also regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer unter Ausnutzung seines Optionsrechts die Aktie preisgünstiger zum Basispreis erwirbt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um ein handelbares oder nicht handelbares Optionsrecht handelt. Der steuerlich maßgebliche geldwerte Vorteil liegt nämlich in dem Preisnachlass, der bei späterem Aktienkauf gewährt wird.5 Nichts anderes kann sich ergeben, wenn der Arbeitnehmer die ihm gewährten Optionsrechte anderweitig verwertet. Denkbar wäre, dass der Arbeitnehmer über das Recht verfügt, es also an einen Dritten überträgt, oder aber, dass der Arbeitnehmer auf die Verwertung verzichtet und sich stattdessen ausbezahlen lässt. Auch hier kommt es auf den konkreten Verwertungszeitpunkt an, weil sich der geldwerte Vorteil jeweils in dem Entgelt verwirklicht.6 3 Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG), abrufbar in Internetgesetzesdatenbank des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: https://www.gesetzeim -internet.de/tzbfg/index.html. 4 Esskandari in: Grobys/Panzer-Heemeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht, 3. Auflage, Edition 11, 2020, Aktienoptionen , Rn. 26. 5 Dazu Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 20.11.2008 – VI R 25/05 6 BFH, Urteil vom 20.11.2008 – VI R 25/05; Esskandari in: siehe Fußnote 1, Aktienoptionen, Randnummer 26 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/20 und WD 4 – 3000 – 016/20 Seite 6 4.2. Bewertungsgrundlage Nach den aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften (§§ 3, 8, 19a EStG7) ist auf die Differenz vom Endpreis der Aktie im Zuflusszeitpunkt und den Erwerbsaufwendungen abzustellen.8 Der Endpreis der Aktie richtet sich dabei nach § 11 BewG9. Sollte der Arbeitnehmer die Aktienoption anderweitig verwertet haben, kommt es auf den verwirklichten geldwerten Vorteil an. 4.3. Außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG Grundsätzlich sind die Zuflüsse aus der Verwertung von Aktienoptionen wie normales zu versteuerndes Einkommen zu behandeln. Um aber einem überhöhten Steuersatz im Zeitpunkt des Zuflusses vorzubeugen, kann der Arbeitnehmer von der Tarifglättung des § 34 EStG profitieren. Voraussetzungen dafür sind regelmäßig, dass der Zeitraum zwischen Gewährung und Ausübung wenigstens zwölf Monate beträgt und der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber in diesem Zeitraum beschäftigt ist. Außerdem muss der Zufluss geballt in einem Veranlagungszeitraum erfolgen.10 Darüber hinaus gibt es keine weiteren Besonderheiten. *** 7 Einkommensteuergesetz (EStG), abrufbar in der Internetgesetzesdatenbank des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: https://www.gesetze-im-internet.de/estg/. 8 Esskandari in: siehe Fußnote 1, Aktienoptionen, Randnummer 31. 9 Bewertungsgesetz (BewG), abrufbar in der Internetgesetzesdatenbank des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: https://www.gesetze-im-internet.de/bewg/. 10 Esskandari in: siehe Fußnote 1, Aktienoptionen, Randnummer 36.