© 2018 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 016/18 GKV-Beiträge für Arbeitslosengeld II-Bezieher Kostendeckung durch Beiträge, ausländische Leistungsbezieher Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 2 GKV-Beiträge für Arbeitslosengeld II-Bezieher Kostendeckung durch Beiträge, ausländische Leistungsbezieher Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 016/18 Abschluss der Arbeit: 16. Februar 2018 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Voraussetzungen zum Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch 4 3. Sozialversicherungsbeiträge für Alg II-Empfänger aus den zugangsstärksten nicht europäischen Herkunftsländern von Asylbewerbern 5 4. GKV-Altersausgabenprofile 7 5. Forschungsgutachten zur Berechnung kostendeckender GKV-Beiträge für Alg II-Empfänger 12 6. Fazit 14 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 4 1. Einleitung Erwerbsfähige Menschen, die Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, unterliegen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht, soweit sie nicht der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind. Nach § 251 Abs. 4 Satz 1 SGB V werden die Beiträge vom Bund getragen und an den Gesundheitsfonds gezahlt (§ 252 Abs. 2 Satz 1 SGB V). § 232a SGB V regelt, was als beitragspflichtige Einnahmen bei Alg II-Empfängern gilt. Ab 1. Januar 2018 zahlt der Bund für diesen Personenkreis 98,43 Euro pro Person und Monat (Grundbeitrag 91,87 Euro, Zusatzbeitrag 6,56 Euro). Der Gesundheitsfonds ist ein vom Bundesversicherungsamt verwaltetes Sondervermögen, in dem die zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehenen Mittel gebündelt werden. Durch das GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz ist seit dem 1. Januar 2016 die Vorrangigkeit der Familienversicherung aufgrund des Bezugs von Alg II aufgegeben werden. Alle Personen, die Alg II beziehen sind nun in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig (ausgenommen privat Versicherte). Der Gesetzgeber beabsichtigte eine finanzielle Entlastung durch eine Ausweitung des versicherungspflichtigen Personenkreises. Außerdem sieht § 232a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V vor, dass die Beiträge für Empfänger von Alg II pauschal für jeden Kalendermonat zu zahlen sind, in dem mindestens für einen Tag eine Mitgliedschaft besteht. Der GKV-Spitzenverband1 und der Bundesrat2 haben dennoch auf nicht kostendeckende Kassenbeiträge für Alg II-Empfänger hingewiesen, auch vor dem Hintergrund eines Anstiegs des Alg II- Bezugs durch Flüchtlinge. „Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, bei der Umsetzung von § 232a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V transparent und zeitnah die Leistungsausgaben der Krankenkassen und die geleisteten Beiträge für Alg II-Bezieher zu evaluieren. Der Bundesrat bittet ferner die Bundesregierung, bei einer zunehmenden Belastung der Solidargemeinschaft der Beitragszahler der GKV durch unzureichende Beiträge für Alg II-Bezieher in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren geeignete Abhilfe zu schaffen.“ Der Sachstand zeigt die Höhe der vom Bund geleisteten Sozialversicherungsbeiträge für Alg II- Empfänger aus den Top acht Herkunftsländern für die Jahre 2016 und 2017, die GKV-Altersausgabenprofile pro Versichertentag, differenziert nach Geschlecht und Alter und wird abschließend auf das Forschungsgutachten zur Berechnung kostendeckender GKV-Beiträge für Alg II-Empfänger eingehen. Nur für die geleisteten Sozialversicherungsbeiträge liegen Zahlen für Ausländer vor, nicht hingegen für die GKV-Ausgaben. 2. Voraussetzungen zum Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II können Personen erhalten, die erwerbsfähig sind, ein Alter von 15 Jahren bis zum Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze haben (seit 2012 1 Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. 2 Bundesrat Drucksache 318/16 (Beschluss) vom 8. Juli 2016 zum Arbeitslosenversicherungsschutz- und Weiterbildungsstärkungsgesetz . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 5 ein gestaffelter Anstieg von 65 auf 67 Jahre) und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II). Nach der Legaldefinition des § 30 Absatz 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I – Allgemeiner Teil) hat eine Person den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. In der Regel ist davon auszugehen, dass am angemeldeten Wohnsitz auch der gewöhnliche Aufenthalt begründet wird. Freizügigkeit genießen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nach Maßgabe des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU). Sie haben daher das Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet (§ 2 Absatz 1 FreizügG/EU). Das FreizügG/EU gilt auch für Familienangehörige von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern aus Drittstaaten und Angehörige der EWR Staaten (§ 12 FreizügG/EU). EU-Ausländer, die erwerbsfähig sind, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und bei denen eine Arbeitnehmereigenschaft vorliegt, können (aufstockende) Leistungen nach dem SGB II beziehen. EU-Ausländer, die noch nie in Deutschland beschäftigt waren, und sich als Arbeitsuchende in Deutschland aufhalten und ihre Familienangehörigen sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte sowie Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Menschenrechtskonvention zuerkannt wurde, erhalten - bei Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen - Leistungen nach dem SGB II. Nach der Anerkennung der Eltern haben in Deutschland geborene Kinder ab Geburt einen Anspruch auf SGB II-Leistungen im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft der Eltern. Eine Aufenthaltszusage ist in ihrer Wirkung mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes vergleichbar. Sie berechtigt zur Einreise nach Deutschland und zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, so dass auch ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht. 3. Sozialversicherungsbeiträge für Alg II-Empfänger aus den zugangsstärksten nicht europäischen Herkunftsländern von Asylbewerbern Die Bundesagentur für Arbeit (BA) leistet Sozialversicherungsbeiträge (für Kranken- und Pflegeversicherung ) für Alg II-Empfänger an den Gesundheitsfonds. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit hat mit dem Berichtsmonat Juni 2016 die Berichterstattung über Personen im Kontext von Fluchtmigration begonnen, die bei Arbeitsagenturen und Jobcentern gemeldet sind. Zur Feststellung der Kranken- und Pflegeversicherungskosten für Alg II-Empfänger aus den sogenannten Top acht Herkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien) hat die Statistik der BA eine Sonderauswertung erstellt.3 3 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Tabellen, Zahlungsanspruch Sozialversicherungsbeiträge für Regelleistungsberechtigte (RLB) aus den Top 8 Herkunftsländern, Nürnberg, Februar 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 6 Regelleistungsberechtigte (RLB) aus den Top 8 Herkunftsländern1) Deutschland Zeitreihe, Jahressumme (JS), Jahresdurchschnitt (JD) Daten zu Leistungen nach dem SGB II nach einer Wartezeit von 3 Monaten. Berichtsmonat/ Berichtsjahr Zahlungsanspruch Sozialversicherungsleistungen 2) RLB mit Zahlungsanspruch Sozialversicherungsleistungen Zahlungsanspruch je Person Zahlungsanspruch Sozialversicherungsleistungen in Euro in Euro 2016 445.190.515 352.775 105,16 Januar 2016 24.370.042 231.767 105,15 Februar 2016 26.542.845 252.465 105,13 März 2016 29.112.814 276.875 105,15 April 2016 31.556.101 300.048 105,17 Mai 2016 33.803.142 321.428 105,17 Juni 2016 35.765.844 340.069 105,17 Juli 2016 37.878.526 360.149 105,17 August 2016 40.074.914 381.047 105,17 September 2016 42.441.036 403.553 105,17 Oktober 2016 44.992.526 427.819 105,17 November 2016 47.773.552 454.275 105,16 Dezember 2016 50.879.174 483.810 105,16 Januar 2017 58.337.621 511.998 113,94 Februar 2017 61.162.919 536.767 113,95 März 2017 63.660.193 558.691 113,95 April 2017 66.056.823 579.767 113,94 Mai 2017 68.066.476 597.377 113,94 Juni 2017 69.681.051 611.550 113,94 Juli 2017 70.932.426 622.554 113,94 August 2017 71.690.321 629.199 113,94 September 2017 71.988.642 631.825 113,94 Oktober 2017 72.244.313 634.076 113,94 Erstellungsdatum: 09.02.2018, Zentraler Statistik-Service, Auftragsnummer 260493 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit 1) Aggregat „Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus einem der zugangsstärksten nicht europäischen Herkunftsländern von Asylbewerbern“. In das Aggregat wurden die nichteuropäischen Länder aufgenommen, die in den letzten Jahren zu den Ländern mit den meisten Asylanträgen gehörten; es umfasst folgende acht Länder: Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. 2) Einschließlich Sozialversicherungszuschüsse, ab Januar 2011 ohne Zuschüsse zur Rentenversicherung , da die Rentenversicherungspflicht der Arbeitslosengeld II-Empfänger gemäß § 3 S. 1 Nr. 3a SGB VI zum 1.1.2011 entfallen ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 7 4. GKV-Altersausgabenprofile Die vom Bundesversicherungsamt im Rahmen des Risikostrukturausgleichs veröffentlichten Altersausgabenprofile enthalten die Leistungsausgaben pro Versichertentag, differenziert nach Geschlecht , Alter und Hauptleistungsbereich. Es wird keine Differenzierung nach dem Merkmal Inbzw . Ausländer gemacht. Der folgende Tabellenauszug zeigt für das Jahr 2016 die nach Alter und Geschlecht ausgewiesenen Leistungsausgaben pro Versichertentag für Frauen und Männer im erwerbsfähigen Alter.4 Danach verursachen junge volljährige Männer zwischen dem 19. und 30. Lebensjahr die geringsten Leistungsausgaben (< 3 Euro/Tag) und junge volljährige Frauen zwischen dem 18. und 27. Lebensjahr (< 5 Euro/Tag). Geschlecht Alter Summe der Leistungsausgaben ohne Krankengeld pro Tag Männer 15 3,685825535242 Männer 16 3,546599875630 Männer 17 3,463878353673 Männer 18 3,050611440569 Männer 19 2,645831816925 Männer 20 2,610411435382 Männer 21 2,652262845746 Männer 22 2,530001974270 Männer 23 2,549201130604 Männer 24 2,637967805880 Männer 25 2,611000109234 Männer 26 2,646504093763 4 Eigene Zusammenstellung basierend auf: Bundesversicherungsamt, GKV-Ausgabenprofile nach Alter, Geschlecht und Hauptleistungsbereichen, 1996-2016 (Stand: 19.12.2017), https://www.bundesversicherungsamt .de/risikostrukturausgleich/datenzusammenstellungen-und-auswertungen.html (zuletzt abgerufen am 14. Februar 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 8 Geschlecht Alter Summe der Leistungsausgaben ohne Krankengeld pro Tag Männer 27 2,729176910681 Männer 28 2,760553210125 Männer 29 2,888568546707 Männer 30 2,882244858482 Männer 31 3,070786180812 Männer 32 3,118973648752 Männer 33 3,216993597630 Männer 34 3,357720421458 Männer 35 3,442176811570 Männer 36 3,615380541353 Männer 37 3,695648906742 Männer 38 3,803364816022 Männer 39 3,887005161767 Männer 40 3,963840063105 Männer 41 4,089977968261 Männer 42 4,240213091308 Männer 43 4,457055853701 Männer 44 4,542681329423 Männer 45 4,800642192645 Männer 46 4,934248867804 Männer 47 5,070415705363 Männer 48 5,259616836034 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 9 Geschlecht Alter Summe der Leistungsausgaben ohne Krankengeld pro Tag Männer 49 5,476673868999 Männer 50 5,671677703107 Männer 51 5,989976516634 Männer 52 6,251915049370 Männer 53 6,569664208606 Männer 54 6,942561438053 Männer 55 7,414735390228 Männer 56 7,712425870914 Männer 57 8,244898489670 Männer 58 8,612921398363 Männer 59 9,000055561122 Männer 60 9,533847257476 Männer 61 9,924288583409 Männer 62 10,473472307287 Männer 63 10,762402043410 Männer 64 11,064926862512 Männer 65 11,738479703033 Männer 66 12,064898550202 Männer 67 12,483651768170 Frauen 15 4,541345251573 Frauen 16 4,598715518694 Frauen 17 4,588990149696 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 10 Geschlecht Alter Summe der Leistungsausgaben ohne Krankengeld pro Tag Frauen 18 4,240064288249 Frauen 19 3,735889126646 Frauen 20 3,619177477718 Frauen 21 3,589761031171 Frauen 22 3,723740303470 Frauen 23 3,804815476244 Frauen 24 4,014610847248 Frauen 25 4,291802002954 Frauen 26 4,591563833998 Frauen 27 4,884027504752 Frauen 28 5,191602683452 Frauen 29 5,499213586826 Frauen 30 5,753496354373 Frauen 31 5,962513202896 Frauen 32 6,004606110401 Frauen 33 5,950371770438 Frauen 34 5,939955662341 Frauen 35 5,923469027418 Frauen 36 5,824422793143 Frauen 37 5,675782668587 Frauen 38 5,583697455467 Frauen 39 5,481360488464 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 11 Geschlecht Alter Summe der Leistungsausgaben ohne Krankengeld pro Tag Frauen 40 5,417276647874 Frauen 41 5,300622748202 Frauen 42 5,290735794834 Frauen 43 5,298079861124 Frauen 44 5,412012673947 Frauen 45 5,444942767848 Frauen 46 5,603489068222 Frauen 47 5,696660573825 Frauen 48 5,877825152072 Frauen 49 6,077277011594 Frauen 50 6,309925927932 Frauen 51 6,541323901681 Frauen 52 6,677947440643 Frauen 53 6,872731545836 Frauen 54 7,066899319889 Frauen 55 7,297617264350 Frauen 56 7,494107707170 Frauen 57 7,708096229713 Frauen 58 7,858581328327 Frauen 59 8,156438242475 Frauen 60 8,389601048118 Frauen 61 8,668579663338 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 12 Geschlecht Alter Summe der Leistungsausgaben ohne Krankengeld pro Tag Frauen 62 8,894575634024 Frauen 63 9,091750520547 Frauen 64 9,281175650569 Frauen 65 9,531895643088 Frauen 66 9,923135142598 Frauen 67 10,290158884187 5. Forschungsgutachten zur Berechnung kostendeckender GKV-Beiträge für Alg II-Empfänger Basierend auf der in der Einleitung genannten Aufforderung des Bundesrates die Leistungsausgaben der Krankenkassen und die geleisteten Beiträge für Alg II-Empfänger transparent und zeitnah zu evaluieren, beauftragte das Bundesministerium für Gesundheit das unabhängige, privatwirtschaftliche Forschungsinstitut IGES mit einem entsprechenden Forschungsgutachten. Das Gutachten wurde im Dezember 2017 publiziert.5 Da keine gruppenspezifischen GKV-Ausgaben für Bezieher von Alg II vorlagen, hat ein Großteil der gesetzlichen Krankenkassen aufbereitete Versichertendaten für die Studie zur Verfügung gestellt. Es handelte sich um Leistungsausgaben , differenziert nach Leistungsbereichen, für alle Mitglieder bzw. Versicherten, die im Jahr 2016 mindestens zeitweise Alg II bezogen (Alg II-Empfänger, Aufstocker, Aufstocker mit Alg I), sowie diesen Personen zuzuordnende Familienversicherte, jeweils differenziert nach Alter und Geschlecht. Eine Differenzierung nach Nationalität erfolgte nicht. Den größten Anteil an der Analysepopulation hatten die Alg II-Empfänger mit 78,2 Prozent. Basierend auf den Daten des Risikostrukturausgleichs zeigten die Studienergebnisse, dass die altersdurchschnittlichen Leistungsausgaben für Alg-II-Bezieher und ihre Familienversicherten zusammen überwiegend höher waren als im GKV-Durchschnitt. Dies gelte - so die Studie - uneingeschränkt für die Alg II- Bezieher (inklusive Minijob-Aufstocker) und die Alg I-Aufstocker mit ihren jeweiligen Familienversicherten. Bezogen auf die anteilsmäßig größte Gruppe der Alg II-Bezieher (inklusive Minijob-Aufstocker) und deren Familienversicherte seien die Leistungsausga- 5 Albrecht, Martin/Dietzel, Jean, et al. (2017), GKV-Beiträge der Bezieher von ALG II, Forschungsgutachten zur Berechnung kostendeckender Beiträge für gesetzlich krankenversicherte Bezieher von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld im SGB II, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit /Berichte/IGES_Publik_GKV-Beitraege_Dez2017.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 13 ben insbesondere in den Altersgruppen 20-27 und 38-49 überdurchschnittlich hoch; die Abweichungen betrügen hier jeweils 50 Prozent und mehr. Dabei würden die relativ hohen Leistungsausgaben in der Altersgruppe 21-23 maßgeblich durch die Frauen in der Gruppe der Alg II-Bezieher (inklusive Minijob-Aufstocker) und deren Familienversicherte verursacht. Die stärkste prozentuale Abweichung beträfe das Alter von 22 Jahren (+79,4 Prozent), wobei die Abweichung für Frauen +91,8 Prozent betrüge – gegenüber nur +59,9 Prozent bei den Männern. In den Altersgruppen 30-45 überstiegen die Leistungsausgaben für Männer den GKV-Durchschnitt deutlich stärker als die für Frauen.6 Für den ermittelte Saldo aus Beitragseinnahmen und Gesamtausgaben ergab die IGES-Studie, dass der überwiegende Teil des Saldos (minus 7.988 Millionen Euro) auf die Gruppe der Alg II- Bezieher entfällt, die nicht „aufstocken“. Für diese Gruppe ergebe sich die größte Unterdeckung (Deckungsquote von lediglich 33 Prozent). Das Forschungsinstitut ermittelte die Höhe einer monatlichen kostendeckenden Beitragspauschale unter alternativen Annahmen: Anzahl Bezieher über Beitragspauschale zu deckende Ausgaben kostendeckende monatliche Beitragspauschale Alle Alg II-Bezieher inkl. Aufstocker 4.321.315 14.276 Mio. € 275,31 € Alle Alg II-Bezieher exkl. Aufstocker 3.658.959 12.698 Mio. € 289,20 € Alle Alg II-Bezieher inkl. Aufstocker (ohne Familienversicherte) 12.034 Mio. € 208,74 € Alle Alg II-Bezieher exkl. Aufstocker (ohne Familienversi-cherte) 230,29 € Quelle: IGES, Forschungsgutachten S. 41-42. 6 Das Ergebnis von IGES deckt sich mit einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Danach weisen nach eigener Einschätzung insgesamt mehr als 40 Prozent der Alg II-Empfänger schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen auf. Nach Angaben der Betroffenen seien die gesundheitlichen Einschränkungen deutlich häufiger körperlicher als psychischer Natur. (IAB-Kurzbericht 23/2014, ALG-II-Bezieher schätzen ihre Gesundheit schlechter ein, http://doku.iab.de/kurzber/2014/kb2314.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 016/18 Seite 14 6. Fazit Die vom Bund an den Gesundheitsfonds geleisteten Beiträge für Alg II-Empfänger sind nach den Ergebnissen des IGES-Forschungsgutachtens nicht ausgabendeckend. Offenbar sind auch die Ausgaben für Alg II-Empfänger höher als im GKV-Durchschnitt. Der GKV-Spitzenverband fordert in seinem Positionspapier für die 19. Legislaturperiode 2017-2021 die Zahlung angemessener Beiträge für die gesetzlich versicherten Alg II-Empfänger durch den Bund.7 Angaben zu ausländischen Leistungsempfängern liegen in diesem Zusammenhang nicht vor. Der GKV-Spitzenverband betont jedoch in einer Pressemitteilung vom Januar 2018, dass sich die Zuwanderung von EU- Bürgern und Flüchtlingen zunächst positiv auf die finanzielle Stabilität der Krankenversicherung auswirke. „Da die zugewanderten Neumitglieder jünger sind als der Durchschnitt aller gesetzlich Versicherten und darüber hinaus auch noch weniger Leistungen in Anspruch nehmen als die gleichaltrigen bisherigen Versicherten, führen sie zu einem doppelten Entlastungseffekt. Sie stabilisierten die Finanzen und stoppten - zumindest vorübergehend - die Alterung der Mitglieder der GKV insgesamt. (…) Dieser Effekt dürfte nur wenige Jahre anhalten. Dann werde aus einem zugewanderten Mitglied ein durchschnittliches Mitglied, was das Verhältnis von Kosten und Beitragseinnahmen betreffe.“8 *** 7 GKV Spitzenverband, Positionspapier des GKV-Spitzenverbandes für die 19. Legislaturperiode 2017–2021, S. 28. Juni 2017, https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/presse/publikationen/Positionspapier _neue_Legislaturperiode_2017-2021_barrierefrei_a.pdf (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2018). 8 GKV-Spitzenverband, Zuwanderung entlastet Krankenversicherung, Statement vom 16. Januar 2018, https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung _651776.jsp (zuletzt abgerufen am 15. Februar 2018).