© 2017 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 015/17 Über Löhne geführter Wettbewerb in ausgewählten europäischen Staaten Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 2 Über Löhne geführter Wettbewerb in ausgewählten europäischen Staaten Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 015/17 Abschluss der Arbeit: 9. Mai 2017 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Skandinavische Länder 4 2.1. Schweden 5 2.2. Dänemark 7 2.3. Finnland 10 2.4. Norwegen 12 3. Schweiz 14 4. Frankreich 16 5. Niederlande 19 6. Österreich 21 7. Belgien 23 8. Fazit 25 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 4 1. Einleitung Die Dokumentation soll der Frage nachgehen, ob und gegebenenfalls mit welchen Instrumenten ausgewählte europäische Staaten (Schweden, Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweiz, Frankreich , Niederlande, Österreich, Belgien) einen über Löhne geführten Wettbewerb verhindern. In Norwegen und in den Niederlanden werden Tarifempfehlungen zwischen dem Staat, den Arbeitgebern und den Gewerkschaften abgestimmt. Jeweilige Erkenntnis – auch zur wirtschaftlichen Lage – sollen einfließen. Lohnzurückhaltung kann die preisliche Wettbewerbsfähigkeit eines Landes bei Exporten erhöhen . Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich der geringere Lohnkostenanstieg auf die Exportpreise niederschlägt. Darüber hinaus gibt es noch einen nicht über Preise geführten Wettbewerb, der insbesondere durch Innovationen sowie die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (FuE) eines Landes bestimmt wird. Nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt der Anteil der tarifgebundenen Arbeitnehmer in den Ländern des Eurogebiets im Schnitt bei knapp 75 Prozent, außerhalb des Euroraums bei knapp 30 Prozent.1 „Unterschiede zwischen den Ländern innerhalb und außerhalb des Euro-Währungsgebiets lassen sich auch feststellen, wenn man die auf Unternehmensebene und die außerhalb des Unternehmens getroffenen Tarifvereinbarungen getrennt voneinander betrachtet . Im Euroraum wurden die meisten Tarifvereinbarungen (…) außerhalb des Unternehmens auf Branchenebene getroffen. Tarifverhandlungen vornehmlich auf Unternehmensebene finden in den Ländern außerhalb des Eurogebiets statt.“2 Nach Ausführungen der Deutschen Bundesbank hätten aktuelle Studien gezeigt, dass preisliche Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Produktion steigen, wenn die Arbeitnehmerseite bei Tarifgesprächen nicht mehr so durchsetzungsstark ist. Dies verbessere die Leistungsbilanz des entsprechenden Landes.3 2. Skandinavische Länder Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden sind hochentwickelte Wohlfahrtsstaaten, die charakterisiert sind durch hohe Löhne und hohe Steuern. Lohnzurückhaltung und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sind hier nicht neu, sondern eine Entwicklung in den letzten zwanzig Jahren . Die Wirtschaftskrise Anfang der 1990er-Jahre führte schon damals zu einer Reform der Tarifvertragssysteme . Durch Dezentralisierung waren nun Verhandlungen auf Unternehmensebene möglich. Heute gibt es ein hohes Maß an Koordinierung bei gleichzeitiger Dezentralisierung. 1 EZB, Wirtschaftsbericht, Ausgabe 1/2017 – Kästen, S. 34, https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads /Veroeffentlichungen/EZB_Wirtschaftsberichte/2017/2017_01_ezb_wb.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt abgerufen am 1. März 2017). 2 EZB, Wirtschaftsbericht, Ausgabe 5/2016 – Aufsätze, S. 70, https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads /Veroeffentlichungen/EZB_Wirtschaftsberichte/2016/2016_05_ezb_wb.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt abgerufen am 2. März 2017). 3 Bettendorf / León-Ledesma (2016), Deutsche Bundesbank, Research Brief, 2. Ausgabe – März 2016, https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Kurzmeldungen/Research_brief/2016_02_niedrige_deutsche _loehne.html (zuletzt abgerufen am 2. März 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 5 In keinem der skandinavischen Länder gibt es einen Mindestlohn. In Schweden und Dänemark gibt es keine Allgemeinverbindlicherklärung oder andere Äquivalente zur Ausdehnung der Tarifbindung. Die Geltung eines Tarifvertrags hängt daher davon ab, ob der einzelne Arbeitgeber (oder sein Verband) diesen unterschrieben hat. Die hohe Tarifbindung wird durch die Organisationsstärke der Tarifvertragsparteien hergestellt. In Dänemark, Finnland, Island und Schweden ist die Arbeitslosenversicherung freiwillig und wird von den Gewerkschaften verwaltet und vom Staat subventioniert (Gent-System). In den Ländern mit Gent- System ist der Organisationsgrad der Gewerkschaften hoch und verhältnismäßig konstant. Für alle skandinavischen Länder gehört Deutschland zu den wichtigsten Handelspartnern. AN- DERSEN4 ist der Auffassung, dass die Entgeltentwicklungen in Deutschland die nationalen Debatten in den nordischen Ländern über den möglichen Handlungsspielraum für Lohn- und damit Kostensteigerungen beeinflussen. Aufgrund der Abhängigkeit vom Handel mit Deutschland würden sich die europäischen Trends in besonderem Maße auf die nordische Entgeltentwicklung auswirken. Dieses Phänomen sei nicht neu, aber die Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und damit die Lohn- und Kostensteigerungen auf einem Niveau mit dem wichtigsten Handelspartner Deutschland zu halten, hätte sich in der Finanzkrise verschärft. Der relative Erfolg der deutschen Wirtschaft in den letzten Jahren hätte deren Position gestärkt und zu einem Diskurs geführt über die Notwendigkeit, der deutschen Wirtschaft zu folgen, um ausgeglichene Haushalte und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Die Erweiterung des EU/EWR-Arbeitsmarktes habe zu einer starken Zuwanderung von Arbeitsmigranten und Dienstleistungserbringern aus den mittel- und osteuropäischen Ländern in die nordischen Länder geführt. Die Arbeitsmigration sei einerseits gut für die Wirtschaft gewesen, andererseits habe sie das Tarifvertragssystem und die Lohnkoordinierung vor Herausforderungen gestellt. Aufgrund des großen Lohngefälles zwischen den mittel- und osteuropäischen Ländern und den nordischen Staaten akzeptierten Arbeitsmigranten häufig niedrigere als landesübliche Löhne. Der Rückgang des gewerkschaftlichen Organisationsgrads und der Tarifbindung in Verbindung mit einem großen Angebot billiger Arbeitskräfte mache es ggf. auch für inländische Arbeitgeber attraktiv, aus Tarifverträgen auszusteigen, was eine Abwärtsspirale zur Folge habe. 2.1. Schweden Die schwedische Wirtschaft befand sich in der ersten Hälfte der 1990er Jahre in einer tiefen Krise. Das reale Bruttoinlandsprodukt ging zurück und die Zahl der Beschäftigten sank. Eine Tarifkoordinierung fehlte. Die schwedische Regierung griff in den Prozess der Lohnfestsetzung ein. Nach wenig erfolgreichen Reformversuchen erarbeiteten die drei großen Gewerkschaften LO (Landsorganisationen i Sverige), in der vor allem Arbeiter organisiert sind, die Dachorganisation der Angestelltengewerkschaft TCO (Tjänstemännens Centralorganisation) und die Dachorganisation für Akademiker SACO (Sveriges Akademikers Centralorganisation) zusammen mit der Arbeitgeberseite ein auf Lohnzurückhaltung basierendes Abkommen. Das Branchenabkommen (in- 4 Andersen, S.K. u.a. (2016) in: Lohnpolitik unter europäischer "Economic Governance" / Torsten Müller (Hrsg.), Hamburg, VSA-Verl., S. 111-112. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 6 dustriavtalet) von 1997 besteht aus umfangreichen Regelungen zur Schlichtung von Tarifkonflikten und hat das Ziel, den Lohnfindungsprozess in Einklang mit der Leistungsfähigkeit der schwedischen und europäischen Wirtschaft zu bringen. Das Abkommen legte die Grundprinzipien des schwedischen Tarifvertragssystems fest.5 Entscheidend war die Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit durch moderate Lohnentwicklungen. „Die Tarifparteien sind in der Lage, über autonome Branchentarifverträge wirkungsvolle Lohnuntergrenzen zu setzen, die zwischen 50 und 70 Prozent des Durchschnittslohns liegen und damit höher sind als die gesetzlichen Mindestlöhne in den meisten europäischen Ländern. Daher liegt der Anteil von Niedriglöhnen mit 2,5 Prozent (2010) so niedrig wie in keinem anderen europäischen Land. Darüber hinaus gelten für fast alle Beschäftigten zusätzlich die nach Tätigkeit und Qualifikation differenzierten Tarifgitter, die sicherstellen, dass ein Großteil der Beschäftigten deutlich über dem Mindestniveau entlohnt wird.“6 Der monatliche Brutto-Durchschnittslohn lag im Jahr 2013 bei 30.600 SEK (rund 3.200 Euro)7, 2014 bei 31.400 SEK (rund 3.285 Euro) und 2015 bei 32.000 SEK (rund 3.350 Euro)8 Die Politik versucht zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ein innovationsfreundliches Klima zu schaffen und zu fördern. In Schweden sind verschiedene Behörden und Institute für die Innovationsförderung verantwortlich, unter anderem die Wirtschaftsförderungsagentur (Tillväxtverket ), die Innovationbehörde (Vinnova), die Beratungsstelle für Unternehmensgründer (Almi Företagspartner ) und die schwedische Energiebehörde (Energimyndigheten).9 5 Elvander, Nils (2002): The new Swedish regime for collective bargaining and conflict resolution: A comparative perspective, in: European Journal of Industrial Relations 8, S. 197-216; http://journals .sagepub.com/doi/pdf/10.1177/095968010282005 (zuletzt abgerufen am 6. März 2017). 6 Bosch/Weinkopf (2014): Verringerung von Lohnungleichheit durch staatliche Schutz- und Beteiligungsstandards – Schweden, Frankreich und Deutschland im Vergleich, Arbeit 2015, Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik; Band 24 (Heft 3-4), S. 195-213. 7 1 Euro = 9,56 SEK (März 2017). 8 Germany Trade and Invest - Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH, Wirtschaftsdaten kompakt, Schweden, November 2016, https://www.gtai.de/GTAI/Content/DE/Trade/Fachdaten /MKT/2016/11/mkt201611222080_159190_wirtschaftsdaten-kompakt---schweden.pdf?v=1 (zuletzt abgerufen am 9. März 2017). 9 Deutsch-Schwedische Handelskammer, Deutschland und Schweden führend im Bereich Innovation, 3. April 2014, http://www.handelskammer.se/de/nyheter/deutschland-und-schweden-fuehrend-im-bereich-innovation (zuletzt abgerufen am 21. März 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 7 Am 14. Juli 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission die Ergebnisse des Innovations- Rankings. Schweden ist erneut EU-Innovationsführer, gefolgt von Dänemark, Finnland, Deutschland und den Niederlanden. Schweden steht an der Spitze bei Humanressourcen und der Qualität der akademischen Forschung.10 Schweden lag im Jahr 2016 weltweit auf Platz fünf in dem vom Schweizer „International Institute for Management Developement“ (IMD) veröffentlichten Ranking der wettbewerbsfähigsten Länder.11 2.2. Dänemark Die wichtigsten Wirtschaftszweige Dänemarks im Jahr 2015 waren öffentliche Verwaltung, Verteidigung , Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen (23,1 Prozent), Groß- und Einzelhandel, Verkehr , Beherbergungs- und Gaststättenwesen (18,8 Prozent) sowie Industrie (18,7 Prozent). Die meisten Exporte gehen nach Deutschland, Schweden und in die USA.12 Die Wirtschaftsstruktur Dänemarks ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl kleinerer bis mittelgroßer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Es werden generell hohe Löhne gezahlt.13 „Die Strukturen des dänischen Tarifvertragssystems gehen auf eine Grundsatzvereinbarung zwischen dem wichtigsten nationalen Arbeitgeberdachverband DA und der größten gewerkschaftlichen Dachorganisation LO14 aus dem Jahre 1899 zurück. (…) Diese sogenannte ‚Verfassung des Arbeitsmarktes‘ ist durch weitere Vereinbarungen und staatliche Gesetze ergänzt worden, darunter Regelungen zur Konfliktlösung bei Streitigkeiten über die Auslegung von Tarifverträgen, Vereinbarungen über Verhandlungsprozeduren und Schlichtungsverfahren sowie die Schaffung betrieblicher Mitwirkungsorgane, wie die sogenannten paritätischen Kooperationsausschüsse oder die Arbeitnehmervertretung im Verwaltungsrat der Unternehmen.“15 10 Europäische Kommission – Pressemitteilung vom 14. Juli 2016, Innovationsleistungen im Vergleich: Wie innovativ ist Ihr Land? http://ec.europa.eu/germany/news/innovationen-die-eu-holt-auf-deutschland-spitze-bei-investitionen _de. 11 Die Ergebnisse des IMD-Rankings für das Jahr 2016 können unter dem folgenden Link abgerufen werden: http://www.imd.org/uupload/imd.website/wcc/scoreboard.pdf. 12 Europäische Union, Überblick Dänemark, http://europa.eu/european-union/about-eu/countries/member-countries /denmark_de (zuletzt abgerufen am 21. März 2017). 13 Statista, Dänemark: Arbeitslosenquote von 2007 bis 2017, https://de.statista.com/statistik/daten/studie /17308/umfrage/arbeitslosenquote-in-daenemark/ (zuletzt abgerufen am 9. März 2017). 14 Anmerkung: DA = Dansk Arbejdsgverforening (Dachverband von 14 Arbeitgeberverbänden auf dem privaten Arbeitsmarkt in den Bereichen Industrie, Handel, Transportwesen, Dienstleistungssektor und Bauindustrie, LO = Landsorganisationen i Danmark (Dachverband von 18 Einzelgewerkschaften und 4 Branchenkartellen); Quelle: Workplace Demark https://workplacedenmark.dk/de-de/working-conditions/the-danish-labour-market. 15 Lind, Jens (2004), Das dänische Tarifvertragssystem zwischen Kohärenz und Fragmentierung, WSI Mitteilungen 7/2004, https://www.boeckler.de/wsimit_2004_07_lind.pdf (zuletzt abgerufen am 7. März 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 8 In Dänemark gibt es seit den 1980er-Jahren Verhandlungen auf Branchenebene mit Flächentarifverträgen . Die Löhne und Arbeitsbedingungen werden für jede Branche einzeln festgelegt. Lohnund Arbeitsbedingungen werden hauptsächlich durch kollektive, zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden getroffene, Tarifverträge reguliert. Die Tarifpartner sind auf Arbeitnehmerseite immer eine Gewerkschaft, während es auf der Arbeitgeberseite die einzelnen Arbeitgeber bzw. Unternehmen oder ein Arbeitgeberverband sein können. Ein Unternehmen kann entweder direkt durch einen Vertrag mit der betreffenden Gewerkschaft (Beitrittstarifvertrag) oder über die Mitgliedschaft in der betreffenden Arbeitgeberorganisation an einen Tarifvertrag gebunden sein. Der Staat spielt bei der Festlegung von Löhnen und Arbeitsbedingungen in Dänemark keine aktive Rolle. Aus diesem Grund gibt es keinen gesetzlich festgelegten Mindestlohn. Ungefähr 67 Prozent der dänischen Arbeitnehmer sind gewerkschaftlich organisiert . Rund 80 Prozent aller Erwerbstätigen Dänemarks fallen unter einen Tarifvertrag.16 „Die dänischen Beschäftigten zählen in Europa zu den Spitzenverdienern. In den Jahren 2011 und 2012 lag das Lohnwachstum im Privatsektor unterhalb der Inflationsrate. Seither sind die Reallöhne wieder leicht angestiegen. Entwicklung der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne¹) 2013 2014 nominal (in DKK) 38.525,37 38.957,98 nominal (in Euro) 5.165,71 5.225,89 reale Veränderung (in Prozent)2) 0,5 0,7 1) keine nominalen Angaben für 2015 bis Redaktionsschluss verfügbar, geschätzte reale Veränderung 2015: +1,1 Prozent 2) gegenüber Vorjahr Jahresdurchschnittskurse: 2013: 1 Euro = 7,4579 DKK; 2014: 1 Euro = 7,4548 DKK Quelle: auf Grundlage von Daten von Danmarks Statistik Die Bruttolöhne in Dänemark liegen um rund 30 Prozent über dem entsprechenden Lohnniveau in Deutschland, die Nebenkosten machen aber nur zwei Drittel des deutschen Niveaus aus. (…) 16 Danish Business Authority, https://danishbusinessauthority.dk/das-danische-arbeitsmarktmodell (zuletzt abgerufen am 9. März 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 9 Aufgrund hoher Mindest- und Anfangslöhne sowie vergleichsweise niedriger Löhne für qualifizierte Fachkräfte ist die Lohndifferenz zwischen ungelernten und gut ausgebildeten Arbeitskräften in Dänemark unter allen Ländern Europas (neben Schweden) am geringsten. (…) Auch die regionalen Lohnunterschiede sind in Dänemark im europäischen Vergleich gering. “17 „Nach Aussage von Danish Industry18 – dem größten dänischen Arbeitgeberverband – akzeptierten zwischen einem Viertel und einem Drittel der Arbeitnehmer im verarbeitenden Gewerbe bei lokalen Tarifverhandlungen Nullrunden, was einen neuen Rekord darstellt. Außerdem wurden Zuschläge für Überstunden, Nichtstandard-Arbeitszeiten und Ähnliches praktisch über Nacht abgeschafft , was die Lohnentwicklung weiter drückte. (…) Im Vergleich zu den Jahren vor der Krise19 hat sich die lohnbezogene Wettbewerbsfähigkeit erhöht, da die Arbeitgeber und Arbeitnehmer den in den Tarifverträgen vorgesehenen Flexibilitätsspielraum nutzten.“20 In den Bereichen Innovation, FuE, Technologie und Wettbewerbsfähigkeit zählt Dänemark zu den weltweit führenden Ländern. Dänemark lag im Jahr 2016 weltweit auf Platz sechs in dem vom IMD veröffentlichten Ranking der wettbewerbsfähigsten Länder. "Research2020“21, ein Programm der dänischen Regierung, ist seit 2012 Grundlage für strategische Investitionen in FuE in Dänemark. Es soll nicht nur potentiellen Kooperationspartnern aus der Wirtschaft und der Industrie, sondern auch der Wissenschaftspolitik Leitlinien für die Forschungsförderung an die Hand geben. Dänemark investierte im Jahr 2013 3,06 Prozent seines Bruttoinlandprodukts (BIP) in FuE.22 Mit dem zum 1. April 2014 geschaffenen „Innovationsfonden (Innovation Fund Denmark)“ strukturiert die dänische Regierung ihr Forschungs- und Innovationssystem neu. Im Jahr 2017 wird 17 Steinacher/Huber/Behlendorf (2016), Lohn- und Lohnnebenkosten – Dänemark, Germany Trade and Invest - Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH, https://www.gtai.de/GTAI/Navigation /DE/Trade/Maerkte/Geschaeftspraxis/lohn-und-lohnnebenkosten,t%3Dlohn-und-lohnnebenkosten--daenemark ,did%3D1427822.html+&cd=3&hl=de&ct=clnk&gl=de (zuletzt abgerufen am 7. März 2017). 18 Anmerkung: Danish Industry ist der Verband der dänischen Industrie, eine private Organisation, der rund 10.000 Unternehmen aus Industrie-, Handels- und Dienstleistung angehören. Danish Industry gehört dem Arbeitgeberdachverband DA an. 19 Anmerkung: Gemeint ist die globale Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2007 als Immobilienkrise in den USA begann. 20 Andersen/Ibsen, u.a. (2016) in: Lohnpolitik unter europäischer "Economic Governance" / Torsten Müller (Hrsg.), Hamburg, VSA-Verl., S. 115. 21 Weitere Informationen unter: http://ufm.dk/en/publications/2012/research2020. 22 Eurostat, FuE-Ausgaben, Datenauszug vom Juni 2015, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index .php/R_%26_D_expenditure/de (zuletzt abgerufen am 9. März 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 10 der Innovationsfonds 1,25 Milliarden DKK in neue Initiativen investieren, um Wachstum und Beschäftigung zu schaffen.23 „Als eines der unternehmensfreundlichsten Länder der Welt betreibt Dänemark aktive Ansiedlungspolitik mit Augenmerk auf Cluster-Industrien, insbesondere IKT24, Cleantech Biotech- und Pharma. Apple kündigte im Februar 2015 die Errichtung zwei neuer Datencenter in Europa im Umfang von EUR 1,7 Mrd. an, eines davon in Dänemark.“25 2.3. Finnland Die wichtigsten Wirtschaftszweige Finnlands im Jahr 2015 waren öffentliche Verwaltung, Verteidigung , Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen (21,8 Prozent), Industrie (20,6 Prozent) sowie Groß- und Einzelhandel, Verkehr, Beherbergungs- und Gaststättenwesen (17,0 Prozent). Die wichtigsten Partner Finnlands für Ausfuhren sind Deutschland, Schweden und die USA, für Einfuhren sind es Deutschland, Schweden und Russland.26 Finnland gehört als einziges skandinavisches Land zum Euroraum. „Unter den nordischen Ländern hat Finnland eine lange Tradition der Einkommenspolitik, die auf zentral ausgehandelten Vereinbarungen basiert. Diese sind das Ergebnis einer tripartistischen Kooperation zwischen den zentralen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden und der Regierung . Von 1968 bis 2013 wurden 22 zentral verhandelte einkommenspolitische Vereinbarungen abgeschlossen, während in elf Fällen die Lohnvereinbarungen auf sektoraler Ebene angesiedelt waren. (…) Die Forderungen nach einer Reform des Tarifvertragssystems haben zugenommen. (…) Der Verband der finnischen Wirtschaft (EK), also der zentrale Arbeitgeberverband, erklärte 2007, dass er nicht länger bereit sei, Löhne und Gehälter zentral zu verhandeln. Der Ankündigung folgten zwei Tarifrunden, die in Branchentarifverträgen mündeten, seitdem wurden jedoch zwei zentrale Rahmenvereinbarungen abgeschlossen. (…) Die jüngste Vereinbarung vom Oktober 2013 – mitten in einer Rezession der finnischen Wirtschaft – basiert auch auf moderaten Entgelterhöhungen .“27 Nach Angaben von Germany Trade and Invest (GTAI) endete das aktuelle Rahmenabkommen zum Jahreswechsel 2016/2017. Die Verhandlungen über einen neuen Rahmen hätten zwar 2015 23 Weitere Informationen unter: http://innovationsfonden.dk/sites/default/files/download/2015/02/10/Innovationsfondensstrategi EN.pdf. 24 IKT = Informations- und Kommunikationstechnologie. 25 Industrie- und Handelskammern in Bayern, Aussenwirtschaft Austria, Exportbericht Dänemark, abrufbar über Außenwirtschaftsportal Bayern, Exportbericht Dänemark, Januar 2016, S. 7, http://www.auwi-bayern .de/awp/inhalte/Anhaenge/Exportbericht-Daenemark.pdf (zuletzt abgerufen am 9. März 2017). 26 Europäische Union, Überblick Finnland, http://europa.eu/european-union/about-eu/countries/member-countries /finland_de (zuletzt abgerufen am 21. März 2017). 27 Andersen/Ibsen, u.a. (2016) in: Lohnpolitik unter europäischer "Economic Governance" / Torsten Müller (Hrsg.), Hamburg, VSA-Verl., S. 106-107. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 11 begonnen, würden aber mit der Diskussion zur Arbeitsmarktreform zusammenfallen. Die finnische Regierung wolle durch Arbeitsmarktreformen die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigern. Obwohl mögliche Lohnsteigerungen in Zukunft noch nicht konkret absehbar seien, würden sie in den nächsten Jahren nur moderat ausfallen. Das würden auch die Angaben des finnischen Finanzministeriums bestätigen, das für 2016 und 2017 leicht steigende Gehälter um 1,2 beziehungsweise ein Prozent erwarte. Damit schwäche sich die Lohndynamik etwas ab, denn von 2005 bis 2015 legten die Gehälter jahresdurchschnittlich noch um 2,9 Prozent zu. Auch die Lohnstückkosten stiegen zuletzt 2015 um 0,5 Prozent und sollen 2016 um ein Prozent wachsen .“28 Eckpunkte der Arbeitsmarktreform: Arbeitnehmer arbeiten pro Jahr drei Tage mehr bei gleichleibendem Gehalt, die Löhne werden ein Jahr lang eingefroren, die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer werden leicht erhöht, die Beiträge der Firmen im Gegenzug gesenkt. Im öffentlichen Dienst wird das Urlaubsgeld von 2017 bis 2019 um 30 Prozent gekürzt. Die Regierung senkt die Steuern, um die Kaufkraft zu erhöhen.29 „Am 29. Februar 2016 vereinbarten die Sozialpartner einen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit. Dieser Pakt muss vor der Umsetzung in sektorspezifische Vereinbarungen überführt werden. Der Pakt für Wettbewerbsfähigkeit wird durch Maßnahmen ergänzt, die von den Sozialpartnern vereinbart wurden und für mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt sorgen und ein neues Modell für das Lohnwachstum schaffen sollen, das die Löhne in verschiedenen Sektoren an die Löhne in denjenigen Sektoren koppelt, die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind.“30 Nach Angaben der Europäischen Kommission gehört Finnland zu den Innovationsführern mit einer Innovationsleistung, die weit über dem EU-Durchschnitt liegt.31 Die Ausgaben für FuE, gemessen am Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrugen in den letzten Jahren kontinuierlich über drei Prozent und zählen damit weltweit zu den höchsten.32 28 Germany Trade and Invest - Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH (GTAI), Lohn- und Lohnnebenkosten – Finnland, https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/Geschaeftspraxis/lohnund -lohnnebenkosten,t=lohn-und-lohnnebenkosten--finnland,did=1461888.htm (zuletzt abgerufen am 23. März 2017). 29 Wirtschaftskammer Tirol, Reformpakt: Der finnische Weg aus der Krise, 23. Juni 2016, http://www.wirtschaft.tirol /2016/06/23/reformpakt-der-finnische-weg-aus-der-krise/ (zuletzt abgerufen am 3. Mai 2017). 30 Europäische Kommission, Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2016 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2016, COM(2016) 346 final, Mai 2016, http://ec.europa.eu/europe2020/pdf/csr2016/csr2016_finland_de.pdf (zuletzt abgerufen am 3. Mai 2017). 31 Europäische Kommission, Europäischer Innovationsanzeiger 2016, file://parlament/Benutzer/verlohmannan /_unverschluesselt/Benutzerprofil/Desktop/EIS%202016_Executive%20Summary_de.pdf. 32 Bundesministerium für Bildung und Forschung, Finnland, http://www.internationales-buero.de/de/finnland .php (zuletzt abgerufen am 3. Mai 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 12 2.4. Norwegen Norwegen ist weltweit der fünftgrößte Lieferant für Öl sowie Europas zweitgrößter Gaslieferant. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes trägt die Öl- und Gasindustrie mit jährlich etwa 20 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes bei. Ihr Anteil am jährlichen Gesamtexportvolumen betrage etwa 60 Prozent.33 Der Ölpreisverfall stellt das Land jedoch vor neue Herausforderungen. „Der Rückschlag für das Sør- und Vestland durch den stärksten Ölpreisverfall seit 30 Jahren hat den Bedarf an Veränderungen verstärkt. Norges Bank34 hat ihren Leitzins auf ein rekordniedriges Niveau gesenkt, und der Kurs der norwegischen Krone hat während der letzten drei Jahre nachgegeben . (…) Eine schwächere norwegische Krone ermöglicht neues Wachstum bei der im Wettbewerb stehenden Wirtschaft, während die niedrigen Zinsen und eine aktive Haushaltspolitik die inländische Nachfrage anregen.“35 „Über 80 % des gesamten norwegischen Exports gehen in die Mitgliedstaaten der EU. Umgekehrt bezieht Norwegen ca. 65% seiner Warenimporte aus Ländern der EU. Die größten Außenhandelspartner sind nach Deutschland das Vereinigte Königsreich, Schweden, die Niederlande, China und die USA.“36 „Flächentarifverträge auf der Ebene der Dachverbände und der Branche sind das vorherrschende Modell, das oft durch betriebliche Verhandlungen ergänzt wird. Die Laufzeit für Tarifverträge beträgt zwei Jahre, obwohl die Entgelte nach einem Jahr neu verhandelt werden. Die Tarifrunde startet immer mit den Exportindustrien, wenn die Tarifverträge einzeln neu verhandelt werden, bzw. mit den Vereinbarungen zwischen LO37/NHO38, wenn die Verhandlungen auf Ebene der Dachverbände geführt werden. Es wird kein Tarifvertrag unterzeichnet, solange keine Einigung für die Pilotindustrien erzielt ist, die den Trend für die anderen Sektoren vorgeben. Ursprünglich wurden sektorenübergreifende Neuverhandlungen auf Dachverbandsebene als Hauptmerkmal des Tarifvertragsmodells gesehen. Seit 2000 haben jedoch nur zwei der acht Neuverhandlungen 33 Auswärtiges Amt, Norwegen, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Norwegen /Wirtschaft_node.html (zuletzt abgerufen am 5. April 2017). 34 Anmerkung: Norwegens Zentralbank. 35 Siv Jensen, Norwegische Finanzministerin und Vorsitzende der Fortschrittspartei, in: Connect, Deutsch-Norwegische Handelskammer, Heft 4/16, http://my.page2flip.de/282015/8050934/8050935/pdf/Connect416.pdf (zuletzt abgerufen am 10. April 2017). 36 Auswärtiges Amt, Länderinformation Norwegen, Wirtschaftliche Beziehungen, Stand Oktober 2016, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Norwegen/Bilateral_node.html, zuletzt abgerufen am 13. April 2017). 37 Anmerkung: LO (Landsorganisasjonen i Norge) ist Norwegens größter Gewerkschaftsdachverband. 38 Anmerkung: NHO (Næringslivets Hovedorganisasjon) ist der größte nationale Arbeitgeberverband der Privatwirtschaft . Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 13 zwischen den Dachverbänden stattgefunden. Daher standen im letzten Jahrzehnt andere Koordinierungsformen im Vordergrund, wie zum Beispiel die zwischen den Arbeitgeberverbänden sowie innerhalb des Gewerkschaftsdachverbandes LO. (…) Das norwegische System der Tarifverträge und Einkommenspolitiken basiert auf dreigliedrigen Ausschüssen und staatlich unterstützter Schlichtung. Die Gewerkschaft- und Arbeitgeberverbände , der Staat und das norwegische Amt für Statistik sind alle am ‚Technischen Berechnungsausschuss ‘ TUB (Teknisk beregningsutvalg) beteiligt. Der Ausschuss veröffentlicht detaillierte Entgeltzahlen, einschließlich Übertragungseffekten und Lohndrift für die wichtigsten Verhandlungsbereiche sowie Informationen über die Entwicklung der Lohnkosten bei Norwegens wichtigsten Handelspartnern. So trägt der Ausschuss zu einem gemeinsamen Verständnis der wirtschaftlichen Lage zwischen den Sozialpartnern bei.“39 Der durchschnittliche monatliche Bruttolohn betrug im Jahr 2013: 41.000 NKR40, im Jahr 2014: 42.300 NKR und im Jahr 2015: 43.400 NKR.41 In den Bereichen Innovation, FuE, Technologie und Wettbewerbsfähigkeit liegt Norwegen im Jahr 2016 in dem vom Schweizer IMD veröffentlichten Ranking der wettbewerbsfähigsten Länder weltweit auf Platz neun.42 Ein wichtiges Instrument der norwegischen Regierung zur Förderung von Innovationen und Entwicklung ist „Innovation Norway“. Unternehmen werden bei der Entwicklung ihrer Wettbewerbsvorteile unterstützt und das Innovationspotential soll gesteigert werden. Darüber hinaus gibt es das norwegische Clusterprogramm „Norwegian Innovation Clusters“. Es unterstützt kooperative Aktivitäten in Clustern mit dem Ziel, die Innovationsfähigkeit und die Entwicklung von innovativen Räumen zu stärken. Ein Cluster ist eine geografische Konzentration von Unternehmen , die durch gemeinsame Interessen und Bedürfnisse verbunden sind. Die Unternehmen können durch Interaktion und Kooperation einen leichteren Zugang zu wichtigen Produktionsfaktoren , Ideen und Impulsen für Innovationen erhalten. Die Organisation eines Clusters basiert auf einer geregelten Partnerschaft.43 39 Andersen, S.K. u.a. (2016) in: Lohnpolitik unter europäischer "Economic Governance" / Torsten Müller (Hrsg.), Hamburg, VSA-Verl., S. 108. 40 40.000 NOK entsprechen rund 4.355 Euro (April 2017). 41 Zahlen von GTAI, Wirtschaftsdaten kompakt, Norwegen; November 2016, http://www.gtai.de/GTAI/Content /DE/Trade/Fachdaten/MKT/2016/11/mkt201611222088_159140_wirtschaftsdaten-kompakt---norwegen .pdf?v=1 (zuletzt abgerufen am 12. April 2017; Link muss zum Abrufen kopiert werden). 42 Quelle: IMD, http://www.imd.org/uupload/imd.website/wcc/scoreboard.pdf (zuletzt abgerufen am 12. April 2017). 43 Weitere Informationen unter: http://www.innovationclusters.no/english/. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 14 3. Schweiz Nach dem Global Competitiveness Report 2016-2017 des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum) gehört die Schweiz neben Singapur und den USA zu den wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften der Welt.44 „Der Zugang zu ausländischen Märkten ist für die Schweizer Produzenten angesichts der beschränkten Größe des verfügbaren inländischen Marktes entscheidend. Die schweizerische Marktöffnungspolitik stützt sich auf folgende Schwerpunkte: – die Mitgliedschaft bei der Welthandelsorganisation (WTO); – das 1972 mit der EU abgeschlossene Freihandelsabkommen; – die mit Ländern außerhalb der EU (im Rahmen der EFTA oder bilateral) abgeschlossenen Freihandelsabkommen.“45 „Bei der wirtschaftspolitischen Zielfindung ist ein hoher Grad branchenspezifischer Selbstregulierung durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen zu berücksichtigen. (…) Themen wie zum Beispiel Mindestlohn, der in vielen europäischen Ländern durch staatliche Rechtsetzung geregelt wird, sind in der Schweiz Gegenstand branchenspezifischer Gesamtarbeitsverträge (GAV).“46 Neben den Branchenverträgen gibt es auch zahlreiche Kollektivverträge mit einzelnen Unternehmen . Kollektivverträge können von der Bundesregierung/ Kantonsregierung auf Antrag der Verhandlungspartner allgemeinverbindlich erklärt werden. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) ist die größte Arbeitnehmerorganisation der Schweiz. In ihm sind 16 Einzelgewerkschaften zusammengeschlossen, die insgesamt rund 380.000 Mitglieder vertreten. Für die Tarif- und Lohnpolitik sind die einzelnen Gewerkschaften zuständig und nicht die Dachorganisation. Der SGB kommentiert die Vertrags- und Lohnverhandlungen für die Jahre 2015 und 2016 wie folgt: „Die Frankenstärke, eine trübe Konjunktur, die Negativteuerung sowie bei der öffentlichen Hand eine ideologische Versteifung auf einen prononcierten Sparkurs haben die Lohnverhand- 44 The Global Competitiveness Report 2016–2017, https://www.weforum.org/reports/the-global-competitivenessreport -2016-2017-1 (zuletzt abgerufen am 18. April 2017). 45 Schweizerische Eidgenossenschaft, Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Ressort Internationaler Warenverkehr, https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/Aussenwirtschaftspolitik_Wirtschaftliche_Zusammenarbeit/Wirtschaftsbeziehungen /Warenverkehr/Tarifpolitik.html (zuletzt abgerufen am 20. April 2017). 46 Krumm, Thomas (2013), Das politische System der Schweiz, Ein internationaler Vergleich, Oldenburg Verlag München, S. 286-287. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 15 lungen erschwert. Die Resultate sind denn auch durchwegs durchzogen. Vielen anständigen Resultaten stehen mickrige Ergebnisse oder gar Null- und Sparrunden gegenüber.“47 Von Arbeitgeberseite waren wohl Nullrunden oder teilweise Lohnsenkungen verlangt worden. Dennoch führten die Lohnabschlüsse mehrheitlich zu einer Erhöhung der Löhne um 0,5 bis 1 Prozent. „In der Politik des Bundesrates überwiegt (…) eine pragmatische Wirtschaftspolitik mit einer starken Betonung von Offenheit und Weltmarktintegration einerseits und selektivem Protektionismus andererseits. Neben (…) Innovation kann die Schweiz als wichtigste Wettbewerbsvorteile auch die qualifizierten Arbeitskräfte und einen relativ flexiblen Arbeitsmarkt ins Feld führen. Hohe wirtschaftliche Priorität haben folglich die Förderung von Humankapital, Forschung und Entwicklung und der Wettbewerbsfähigkeit allgemein durch (sektorale) Deregulierung und Weltmarktintegration .“48 Um Entwicklungen und Weiterentwicklungen in Technologie und Wissenschaft voranzutreiben, werden hochqualifizierte Fachkräfte benötigt, was zu einer steigenden Zahl von Forscherinnen und Forschern führte. Das Schweizer Magazin „Die Volkswirtschaft“ sieht hinsichtlich von Innovationen noch Handlungsbedarf bei der Finanzierung von akademischen Start-ups, bei der Internationalisierung der 47 SGB, Dossier 115 vom 30. März 2016, http://www.sgb.ch/themen/wirtschaft/verteilung/artikel/details/dossier- 115-vertrags-und-lohnverhandlungen-20152016/ (zuletzt abgerufen am 4. Mai 2017). 48 Krumm, Thomas (2013), Das politische System der Schweiz, Ein internationaler Vergleich, Oldenburg Verlag München, S. 286-287. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 16 FuE von Großunternehmen und bei wirtschaftlichen Sachzwängen, die innovative kleine und mittlere Unternehmen überwinden müssen.49 4. Frankreich Frankreich gehört zu den größten Volkswirtschaften der Welt.50 Zu den wichtigsten Großnternehmen gehören der Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus SE(Hauptsitz Toulouse), der Reifenhersteller Michelin, Total SA (Mineralölverarbeitung), der Fahrzeughersteller Groupe PSA (Peugeot, Citroën und DS), die Luxusgüterkonzerne LVMH (Moët Hennessy - Louis Vuitto), Hermès und die Kering Group (u.a. Gucci, Puma, Saint Laurent, etc.). Deutschland war 2015 wichtigster bilateraler Handelspartner für Frankreich (Handelsvolumen 2015: 170,1 Milliarden Euro). Weitere wichtige Handelspartner Frankreichs sind China, Italien, Belgien, USA, Spanien, Niederlande und das Vereinigte Königreich.51 Frankreich hat viele Klein- und Kleinstbetriebe, jedoch nur wenige mittelständische Unternehmen . „Erst Anfang 2013 wurde die Mittelstandsbank Banque publique d’investissement (BIP) gegründet , die klein- und mittelgroße Betriebe mit zinsgünstigen Krediten versorgen kann. Im Frühjahr 2015 wurden neue Maßnahmen zur Gewährung von Subventionen an solche Betriebe bis zu 300 Mitarbeitern beschlossen, sofern sie Neueinstellungen vornehmen.“52 In Frankreich gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer über 18 Jahren ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn (salaire minimum interprofessionnel de croissance - SMIC). Die Höhe des SMIC wird jährlich zum 1. Januar von der Regierung festgelegt. Seit dem 1. Januar 2017 beträgt er 9,76 Euro. Frankreich gehört zu den Ländern in Europa, die einen sehr geringen gewerkschaftlichen Organisationsgrad haben. „Die Gewerkschaftsbewegung (ohne die Gewerkschaften der Landwirte und der Freiberufler) besteht aus acht Organisationen unterschiedlicher Größe sowie einigen unabhängigen Gewerkschaften (mehrheitlich im Privatsektor). Es gibt zwei große Gewerkschaftsverbände , die Confédération générale du travail (CGT) und die Confédération Démocratique du Travail (CFDT); einen mittelgroßen, die CGT-Force ouvrière (CGT-FO); zwei kleinere Gewerkschaftsverbände , die Confédération Francaise des Travailleurs Chrétiens (CFTC) und die Union naitonale des syndicats autonomes (UNSA); einen Gewerkschaftsverband für leitende Angestellte , der ebenfalls eine beschränkte Mitgliederzahl aufweist; die Confédération Française de l’Encadrement (CFE-CGC); sowie einen relativ neuen Verband von bescheidener Größe, Union 49 Foray, Dominique (2016), Die Schweiz – ein innovationsstarkes Land, in: Die Volkswirtschaft, Das Magazin für Wirtschaftspolitik, 89. Jahrgang, Heft Nr. 5/2016. 50 Siehe: Statista, Die 20 Länder mit dem größten Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2016 (in Milliarden US-Dollar ), https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157841/umfrage/ranking-der-20-laender-mit-dem-groesstenbruttoinlandsprodukt / (zuletzt abgerufen am 9. Mai 2017). 51 Auswärtiges Amt (2017), Länderinformationen Frankreich, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik /Laender/Laenderinfos/Frankreich/Wirtschaft_node.html (zuletzt abgerufen am 20. April 2017.) 52 Kempf, Udo (2017), Das politische System Frankreichs, 5. Auflage, Springer VS. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 17 syndicale Solidaires (US Solidaires), der Gewerkschaften unter dem Banner ‚Solidaires‘ versammelt . Und schließlich der mehrheitlich aus Lehrpersonal bestehende Gewerkschaftsbund Fédération syndicale Unitaire (FSU), der am Rande auch in anderen Erwerbskategorien des Staates und der Gebietskörperschaften vertreten ist. Zusammen zählen diese Organisationen knapp zwei Millionen Mitglieder, was ca. acht Prozent der französischen Gehaltsempfänger entspricht. Knapp über 15 Prozent der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind gewerkschaftlich organisiert (Staat, Gebietskörperschaften und Gesundheitssektor), knapp 15 Prozent derjenigen der großen staatlichen Unternehmen (oder solchen, die es bis vor kurzem waren) und ungefähr fünf Prozent der Beschäftigten im Privatsektor. (…) Allerdings darf von der geringen Mitgliederzahl nicht auf die Präsenz der Gewerkschaften in den Betrieben und am Arbeitsplatz geschlossen werden.“53 „Im Gegensatz zu den unselbstständig Beschäftigten sind die Arbeitgeber in Frankreich hochgradig organisiert. Drei Unternehmerdachverbände mit freiwilliger Mitgliedschaft – MEDEF, CGPME und UPA – sind vom Staat als repräsentativ anerkannt worden, wodurch sie privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungsprozessen und insbesondere zum sozialen Dialog besitzen und an der Verwaltung der Arbeitslosenversicherung und anderer Sozialfonds teilnehmen. In der ‚Konföderation französischer Unternehmen‘ (MEDEF), deren Mitgliederdomäne alle Unternehmen außerhalb der Landwirtschaft umfasst, überwiegen die Interessen der Großunternehmen. Die ‚Allgemeine Konföderation von kleinen und 281 mittleren Unternehmen‘ (CGPME) nimmt Unternehmen unter fünfhundert Beschäftigten auf, und die ‚Handwerksunion‘ (UPA) vertritt die Interessen von Mikrounternehmen. (…) In den 2000er-Jahren wurden meist mehr als die Hälfte der Branchenkollektivverträge für allgemeinverbindlich erklärt. Vor allem aufgrund der häufigen und sehr weite Bereiche betreffenden Allgemeinverbindlichkeitsverordnungen liegt der kollektivvertragliche Deckungsgrad in Frankreich sehr hoch, nämlich bei rd. 90%, und damit deutlich über dem Durchschnitt der EU-27 von 66% (2008). Ohne diese Praxis der Allgemeinverbindlichkeitserklärung bestünde in Frankreich aufgrund der Schwäche der Gewerkschaften die Gefahr einer raschen und weitgehenden Erosion der Kollektivverträge : Die Spaltung in einen gewerkschaftlich organisierten, von Kollektivverträgen erfassten Sektor und eine gewerkschaftsfreie, kollektivvertragsfreie Zone würde einen Deregulierungs- und Lohnsenkungswettbewerb auslösen, und die Anreize für Unternehmen, sich der kollektiven Regelung zu entziehen, würden stark steigen. (…)“ Die lohnpolitische Bedeutung der Branchenkollektivverträge hat sich im Zuge der seit den 1980er-Jahren bestehenden Dezentralisierungstendenz zumeist darauf reduziert, je branchenspezifische Mindestlöhne festzulegen (Lohnkollektivverträge) und die Lohnstruktur nach Qualifikationen zu definieren (sog. Klassifikationsabkommen, über deren Anpassung alle fünf Jahre verhandelt werden muss). (…) Der lohnpolitische Stellenwert der sehr hohen Deckungsrate der Kollektivverträge in Frankreich, der v. a. aus den viele Wirtschaftszweige betreffenden Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von 53 Pernot, Jean-Marie (2010), Friedrich Ebert Stiftung, Internationale Politikanalyse, Die Gewerkschaften in Frankreich , S. 3, http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/07495.pdf (zuletzt abgerufen am 20. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 18 Branchenkollektivverträgen durch den Arbeitsminister resultiert, ist aus obigen Gründen zu relativieren : – In Branchenlohnkollektivverträgen werden zumeist nur Mindestlöhne und die qualifikationsbezogenen Lohnstufen festgelegt. – Die kollektivvertraglichen Mindestlohnregelungen vieler Branchen sind obsolet, weil die betreffenden Lohnsätze unter dem SMIC liegen. Die Unterbindung eines Lohnsenkungswettbewerbs erfolgt somit nicht in erster Linie durch Branchenkollektivverträge und die Allgemeinverbindlichkeitserklärungen derselben, sondern durch den gesetzlichen Mindestlohn. Während die Lohnentwicklung in den Großunternehmen maßgeblich durch die Unternehmenskollektivverträge bestimmt wird, ist für die Lohndynamik in den KMU54, wo die Gewerkschaften nur schwach vertreten sind, die SMIC-Anhebung von entscheidender Bedeutung.“55 „65 % der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Frankreich werden von Unternehmen durchgeführt. 2011 waren in Frankreich 14.000 Unternehmen im Bereich Forschung und Entwicklung aktiv, darunter 84 % kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Von den 28,8 Milliarden Euro, die die Wirtschaft in diesem Jahr in FuE investiert hat, haben die 250 größten Unternehmen 61 % ausgegeben. Dabei ist eine Konzentration auf sechs Branchen zu verzeichnen, deren Aufwendungen rund 50% des privatwirtschaftlichen FuE-Budgets ausmachen (in Klammern: Anteil an den privatwirtschaftlichen FuE-Aufwendungen 2012): – Automobilindustrie (14,9 %) – Pharmazeutische Industrie (10,4 %) – Luft- und Raumfahrtindustrie (10,6 %) – Informationsdienstleistungen (6,7 %) – Chemische Industrie (5,4 %) – Mess- und Navigationsgeräte (5,1 %) – Computerindustrie (4,9 %) Die öffentlichen Forschungseinrichtungen arbeiten vor allem im Rahmen der Cluster (Pôles de compétivité) mit Unternehmen zusammen, kooperieren aber auch in der Doktorandenausbildung (Stichwort CIFRE). Die Regierung fördert privatwirtschaftliche Forschung steuerlich (Crédit 54 KMU = kleinere und mittlere Unternehmen. 55 Mesch, Michael (2015) in: Marterbauer/Mesch/Zuckerstätter (Hrsg.), Nationale Arbeitsbeziehungen und Lohnpolitik in der EU 2004-2014, Wirtschaftswissenschaftliche Tagungen der AK Wien, Reihe Band 18, S. 281, 295, 298, 299. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 19 d’impôt recherche) und ist bestrebt, die öffentlich-private Kooperation im FuE-Bereich deutlich auszubauen.“56 5. Niederlande Die Niederlande gehören zu den größten Exportnationen weltweit.57 Der überwiegende Teil der Exporte geht in die EU. „In den Niederlanden gibt es neun sogenannte Topsektoren, die von der Regierung als bedeutend für die aktuelle und zukünftige Wirtschaftsentwicklung eingestuft werden . Diese sind: Agrarwirtschaft & Lebensmittel, Logistik, High-Tech Systeme & Materialien, Kreativwirtschaft , Gesundheit & Life Sciences, Gartenbau, Chemische Industrie, Energie und Wasser .“58 „In den Niederlanden gibt es drei große gewerkschaftliche Dachverbände, die insgesamt 1,9 Millionen Mitglieder organisieren. Die größte Gewerkschaft, die Federatie Nederlandse Vakbeweging (FNV), repräsentiert rund 1,4 Millionen Mitglieder, der Christelijk Nationaal Vakverbond (CNV) vereint rund 350.000 Mitglieder und der kleinste Dachverband, die Vakcentrale Voor Middengroepen en Hoger Personeelder (MHP), umfasst 160.000 Mitglieder. (…) Tarifverhandlungen werden hauptsächlich auf Branchenebene geführt, in großen Unternehmen gibt es aber auch zunehmend mehr Firmentarifverträge. (…) Gewerkschaften und Arbeitgeber orientieren sich in den Tarifverhandlungen an generellen Empfehlungen, die in den traditionellen Herbsttagungen tripartistisch von Staat, Arbeitgebern und Gewerkschaften unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Aussichten erarbeitet werden. Hierfür tritt die Stichting van de Arbeid (Arbeitsstiftung), ein bipartistisches ständiges Verhandlungsorgan von Gewerkschaften und Arbeitgebern, mit der Regierung in Verhandlungen.“59 Die Niederlande verfügen über ein umfassendes Tarifvertragssystem. Eine hohe Anzahl von Tarifverträgen wird für allgemeinverbindlich erklärt. Insgesamt werden deutlich mehr als 80 Pro- 56 Kooperation international, Forschungs- und Innovationslandschaft: Frankreich, http://www.kooperation-international .de/laender/europa/frankreich/bildungs-forschungs-und-innovationslandschaft/forschungs-und-innovationslandschaft /#c21681 (zuletzt abgerufen am 24. April 2017). 57 Siehe: Statista, Die 20 größten Exportländer weltweit im Jahr 2015 (in Milliarden US-Dollar), https://de.statista .com/statistik/daten/studie/37013/umfrage/ranking-der-top-20-exportlaender-weltweit/ (zuletzt abgerufen am 9. Mai 2017). 58 Außenwirtschaftsportal Bayern, Exportbericht Niederlande, Dezember 2016, http://www.auwi-bayern .de/awp/inhalte/Anhaenge/Exportbericht-Niederlande.pdf (zuletzt abgerufen am 27. April 2017). 59 Institut der deutschen Wirtschaft Köln, IW-Gewerkschaftsspiegel 4/2011 vom 29. November 2011, https://www.iwkoeln.de/studien/iw-gewerkschaftsspiegel/beitrag/53298 (zuletzt abgerufen am 4. Mai 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 20 zent aller Beschäftigten durch einen Tarifvertrag erfasst. Dabei liegen die tarifvertraglich vereinbarten Mindestlöhne in der Regel deutlich oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns.60 Der Mindestlohn wird zweimal jährlich, nämlich am 1. Januar und am 1. Juli, der Entwicklung der Tariflöhne angepasst. Er beträgt für Arbeitnehmer ab 23 Jahre seit dem 1. Januar 2017 9,52 Euro.61 Nach dem IMD-Ranking zur Wettbewerbsfähigkeit liegen die Niederlande im Jahr 2016 auf Platz acht.62 „Seit 2012 konzentriert die niederländische Regierung ihre wirtschaftspolitischen Maßnahmen auf ausgewählte wichtige Branchen, die einen überdurchschnittlichen Beitrag zur niederländischen Wirtschaft leisten und in denen es eine starke Verbindung zwischen wissenschaftlichen Instituten und führenden Unternehmen gibt. Hierzu zählen folgende Industrien: Wasser, Energie, Agrar- und Lebensmittel, Hightech und Chemie.“63 „Unternehmen können von Steuervorteilen für Projekte im Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) profitieren. Die WSBO-Regelung (Wet Bevordering Speur- en Ontwikkelingswerk) bietet eine Ermäßigung der insgesamt abzuführenden Lohnsteuer von Arbeitnehmern im Bereich FuE. Für Bruttolohnkosten bis 250.000 Euro beträgt der absetzbare Betrag 35% (bei Start-ups: 50%) und 14% für darüber hinausgehende Beträge. Bewerben können sich in den Niederlanden ansässige Unternehmen, vom Start-up bis zum Multinational sowie Selbstständige. Auch Institute, die für Firmen forschen, können die Förderung erhalten. Das Budget beträgt 2014 rund 756 Mio. Euro und 2015 etwa 794 Mio. Euro. (…) Eine weitere Regelung zur Forschungsförderung ist die Innovation Box. Unternehmensgewinne aus Patenten oder einem erfolgreichen WSBO-Projekt unterliegen einem Körperschaftssteuersatz von 5% (allgemeiner Körperschaftssteuersatz: 25%). WSBO und RDA lassen sich mit der Innovation Box kombinieren. “64 60 Schulten (Redaktion)/Böhlke/Burgess/Vincent/Wagner, Faire Arbeit – Fairer Wettbewerb, Umsetzung und Kontrolle von Mindestlöhnen Europäische Erfahrungen und was Deutschland von ihnen lernen kann, Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH, Arbeitspapiere 49, http://www.gib.nrw.de/service/downloaddatenbank /umsetzung-und-kontrolle-von-mindestloehnen-europaeische-erfahrungen-und-was-deutschland-vonihnen -lernen-kann (zuletzt abgerufen am 27. April 2017). 61 Statista, Gesetzliche Mindestlöhne pro Stunde in Ländern der Europäischen Union (Stand: Januar 2017) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37401/umfrage/gesetzliche-mindestloehne-in-der-eu/, (zuletzt abgerufen am 27. April 2017). 62 http://www.imd.org/globalassets/wcc/docs/scoreboard-2016.pdf (zuletzt abgerufen am 2. Mai 2017). 63 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Clustermanagement-Organisationen in den Niederlande, http://www.clusterplattform.de/CLUSTER/Redaktion/DE/Standardartikel/Cluster_Europa/niederlandelang .html;jsessionid=79BAF4DD48977C7D366742DDE17B4F36 (zuletzt abgerufen am 27. April 2017). 64 GTAI, Nationale Investitionsförderung – Niederlande, https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte /suche,t=nationale-investitionsfoerderung--niederlande,did=1140734.html (zuletzt abgerufen am 27. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 21 6. Österreich „Österreich verzeichnete mit nur 0,8 % im Jahr 2015 bereits das vierte Jahr in Folge ein sehr gedämpftes Wirtschaftswachstum. Der private Konsum wurde von rückläufigen real verfügbaren Haushaltseinkommen und pessimistischer Konsumentenstimmung gedämpft. Da sich Exporte und Importe parallel beschleunigten, ging von den Nettoexporten kein wesentlicher Beitrag zum BIP-Wachstum aus. (…) Ausgelöst durch Analysen der OeNB65 im Rahmen ihrer Wirtschaftsprognose vom Juni 2015 entspann sich eine rege Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft. Insbesondere deutliche Verluste von Exportmarktanteilen am deutschen Markt bei Maschinen und Fahrzeugen, vor allem in der Kfz-Zulieferindustrie, wurden als Signal für mögliche Wettbewerbsfähigkeitsprobleme identifiziert.“66 Zentraler Aspekt des Wirtschaftsberichts für das Jahr 2016, den das Bundesministerium für Wissenschaft , Forschung und Wirtschaft in Zusammenarbeit mit allen Bundesressorts erstellt hat, ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. „Dabei werden folgende Schwerpunkte gesetzt: – weitere Entbürokratisierung und Deregulierung, – Umsetzung der großen Steuerreform 2015/2016; außerdem werden in Summe die Lohnnebenkosten der Unternehmen stufenweise bis 2018 um bis zu 1 Mrd. Euro pro Jahr gesenkt. – Forcierung von Zukunftsinvestitionen zur Stärkung der Wachstumskräfte der österreichischen Wirtschaft (z.B. Start-up-Paket), dazu zählen auch die Digitalisierungsoffensive und Maßnahmen für den Arbeitsmarkt sowie die Beschäftigungssituation, – Fortsetzung der Strukturreformen.“67 Die Gewerkschaften sind im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) organisiert. Es gibt neun Landesorganisationen. Die Mitgliederzahl liegt derzeit bei rund 1,2 Millionen Personen. Daneben gibt es die Arbeiterkammern. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem die Vertretung der Interessen der Mitglieder, die Mitbestimmung und Kontrolle der Rechtssetzung, Bildung, Ausbildung und Weiterbildung. Sie sind Selbstverwaltungskörper des öffentlichen Rechts und beruhen auf gesetzlichen Regelungen. Sie agieren unabhängig und unterstehen der staatlichen Aufsicht, wahrgenommen durch das Bundesministerium für Soziales, Arbeit und Konsumentenschaft. Für Ar- 65 Anmerkung: OeNB = Oesterreichische Nationalbank. 66 Gnan, Ernest, Kronberger, Ralf (2016), Editorial: Österreichs schwaches Wachstum wirft Fragen zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf – schwierige Verhandlungen um TTIP in: Schwerpunkt Außenwirtschaft 2015/2016 Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA (TTIP), Facultas Verlags- und Buchhandels AG, Wien, S. 12,13. 67 Der Wirtschaftsbericht ist abrufbar unter: https://www.bmwfw.gv.at/Wirtschaftspolitik/Wirtschaftspolitik/Seiten /Wirtschaftsbericht.aspx Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 22 beitnehmer gilt das Prinzip der Pflichtmitgliedschaft von Gesetzes wegen. Es gibt rund drei Millionen Mitglieder. Von der Pflichtmitgliedschaft befreit sind Beamte und Beschäftigte in der Landwirtschaft . Rund 98 Prozent der unselbstständig Beschäftigten in Österreich fallen unter einen Kollektivvertrag .68 Es gibt keinen gesetzlichen Mindestlohn in Österreich. Die Mindestlöhne werden durch Tarifverträge festgelegt. Das durchschnittliche Monatsentgelt (brutto) eines Arbeitsnehmers betrug 2015 rund 3.500 Euro.69 Die Tariflöhne stiegen 2016 nominell um durchschnittlich 1,4 Prozent.70 Dem Wirtschaftspolitischen Datenblatt, das das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft erstellt ist zu entnehmen, dass die Bruttoreallöhne pro Kopf jährlich um 0,2 Prozent steigen würden. Damit bliebe die Entwicklung der Reallöhne leicht hinter jener der Arbeitsproduktivität zurück und sollte keinen inflationstreibenden Effekt entfalten. Die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten würden sich 2017 bis 2021 um 1,6 Prozent pro Jahr erhöhen.71 Nach dem IMD-Ranking zur Wettbewerbsfähigkeit liegt Österreich im Jahr 2016 auf Platz 24.72 „Mit dem Ziel, bis 2020 im Rahmen der EU 2020 Strategie eine F&E-Quote von 3,76 Prozentpunkte des BIP zu erreichen und den Aufstieg Österreichs in die Gruppe der Innovation Leader zu schaffen, hat die Bundesregierung eine Strategie für Forschung, Technologie und Innovation erarbeitet, die, einer konsistenten Vision folgend, strategische Ziele und Maßnahmen für die mittel - bis langfristige österreichische FTI-Politik auf Basis der Ergebnisse der Systemevaluierung des Forschungsförderungssystems, des Forschungsdialogs sowie der vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung vorgelegten FTI-Empfehlungen bis 2020 festlegt. Diese Strategie wurde am 8. März 2011 im Ministerrat beschlossen.“73 68 Einen Überblick über die Kollektivverträge bietet der folgende Link: http://www.kollektivvertrag .at/cms/KV/KV_0. 69 Wirtschaftskammer Österreich, Löhne und Gehälter, http://wko.at/statistik/jahrbuch/lohn-einkommenVGR.pdf (zuletzt abgerufen am 2. Mai 2017). 70 Auswärtiges Amt, Länderinformation Österreich, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik /Laender/Laenderinfos/Oesterreich/Wirtschaft_node.html (zuletzt abgerufen am 27. April 2017). 71 Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Wirtschaftspolitisches Datenblatt Center 1/1 Stand: 19. April 2017, www.bmwfw.gv.at/Wirtschaftspolitik/Documents/Wirtschaftspolitisches%20Datenblatt .pdf (zuletzt abgerufen am 2. Mai 2017). 72 http://www.imd.org/globalassets/wcc/docs/scoreboard-2016.pdf (zuletzt abgerufen am 2. Mai 2017). 73 Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, https://wissenschaft.bmwfw.gv.at/bmwfw/forschung /national/strategie-der-bundesregierung-fuer-forschung-technologie-und-innovation/ (zuletzt abgerufen am 2. Mai 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 23 Darüber hinaus hat Österreich eine nationale „Open Innovation Strategie“ entwickelt. „Im Zuge eines breiten Beteiligungsprozesses, in welchen nicht nur Stakeholder aus Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft sondern auch die Zivilbevölkerung eingebunden waren, wurde eine Open Innovation Strategie für Österreich erstellt. Diese umfasst neben einer Analyse des nationalen und internationalen Status Quo zum Thema Open Innovation, eine Vision für 2025 und konkrete Maßnahmen zur Umsetzung.“74 7. Belgien Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind die Pharmazie- bzw. Chemie-, sowie die Nahrungsmittelbranche . Deutschland zählt zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern Belgiens, zusammen mit den Niederlanden und Frankreich. Belgien ist ein Hochlohnland. Die Arbeitskosten liegen in Belgien erheblich über dem EU-Durchschnitt . Hinter Dänemark mit 42,70 Euro hatte Belgien im Jahr 2015 mit 41,10 Euro die höchsten Arbeitskosten je geleistete Stunde.75 Der Mindestlohn beträgt 9,28 Euro (Stand 1. Januar 2017).76 Nach Angaben von GTAI würden im Rahmen der Tarifverhandlungen die Sozialpartner im Nationalen Arbeitsrat eine zweijährige Richtschnur festlegen. Auf dieser Grundlage handelten dann viele eigene Kommissionen (Commissions Paritaires/Joint Committes) die jeweiligen Branchentarifverträge (Collectieve Arbeidsovereenkomsten - CAO; Conventions Collectives de Travail - CCT) aus. Diese speziellen Abkommen beträfen fast alle Branchen und 90 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse . Gründend auf den CAO könnten dann im privaten Sektor noch individuelle Lohnverhandlungen in den einzelnen Unternehmen geführt werden, die fast ausschließlich zu weiteren Zu- und kaum zu Abschlägen gegenüber CAO führen dürften. Auch den Mindestlohn würden die Sozialpartner bestimmen. Dieser sei zwar seit 2012 praktisch eingefroren, im Regelfall von Beschäftigten mit über 21 Jahren und einer Betriebszugehörigkeit von mindestens einem Jahr mit monatlich 1.501,82 Euro trotzdem hoch. Überdies gebe es in Belgien auf Branchenebene individuelle , meist höhere Mindestlöhne.77 „Nach dem Gesetz über die ‚Beschäftigungsförderung und den vorbeugenden Schutz der Wettbewerbsfähigkeit ‘ von 1996 sollte die Lohnentwicklung in Belgien mit der Lohnentwicklung in den drei Nachbarländern Frankreich, Deutschland und den Niederlanden übereinstimmen, um die Arbeitskosten unter Kontrolle zu halten. Doch konnte dieses Gesetz nicht verhindern, dass die 74 Quelle: openinnovation.gv.at, eine Initiative der österreichischen Bundesregierung, http://openinnovation.gv.at/ (zuletzt abgerufen am 2. Mai 2017). 75 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 143 vom 26. April 2016, EU-Vergleich der Arbeitskosten 2015: Deutschland auf Rang acht, https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen /2016/04/PD16_143_624.htm (zuletzt abgerufen am 3. Mai 2017). 76 Statista, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37401/umfrage/gesetzliche-mindestloehne-in-der-eu/ (zuletzt abgerufen am 4. Mai 2017). 77 GTAI, Lohn- und Lohnnebenkosten – Belgien, Stand 10. Juni 2016, https://www.gtai.de/GTAI/Navigation /DE/Trade/Maerkte/Geschaeftspraxis/lohn-und-lohnnebenkosten,t=lohn-und-lohnnebenkosten--belgien ,did=1470282.html (zuletzt abgerufen am 3. Mai 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 24 Löhne in Belgien trotz eines langsameren Produktivitätswachstums im Zeitraum 2005-2010 schneller gestiegen sind als in den drei Nachbarländern.“78 „Um dem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit und dessen negativen Auswirkungen auf die Exportleistung Einhalt zu gebieten, haben die belgischen Behörden in den vergangenen Jahren in den Lohnfindungsprozess eingegriffen. Es wurden Lohnzurückhaltungsmaßnahmen ergriffen, wie etwa eine Begrenzung von Reallohnerhöhungen und eine Aussetzung der Lohnindexierungssysteme . Darüber hinaus wurden Kürzungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen beschlossen. Um sicherzustellen, dass die Korrektur von Dauer ist, sind jedoch im Einklang mit den Empfehlungen des Rates aus den vergangenen Jahren strukturelle Reformen des Lohnfindungssystems erforderlich. Obwohl die Regierung eine Überarbeitung des Gesetzes von 1996 über die Beschäftigungsförderung und die vorbeugende Sicherung der Konkurrenzfähigkeit plant, das die Grundlage für die alle zwei Jahre stattfindende Festlegung der ‚Lohnnorm' durch die Sozialpartner bildet , sind bislang nur wenige Fortschritte erzielt worden. Die Gewährleistung einer formelleren Bindung der Löhne an die Produktivität würde dazu beitragen, an den jüngsten Fortschritten festzuhalten und ein erneutes Auftreten früherer Probleme zu verhindern.“79 Die belgische Regierung will Innovationen fördern durch die Zuteilung einer Innovationsprämie an kreative Mitarbeiter durch den Arbeitgeber. Seit dem 1. Januar 2006 ist deshalb diese Prämie von der Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen befreit. Jeder Mitarbeiter ist aufgerufen , durch innovative Vorschläge einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit seines Unternehmens leisten. Die Innovation muss dabei nicht nur auf Produkte, Prozesse und Dienstleistungen bezogen sein, sondern kann beispielsweise eine effiziente Produktionssteuerung oder das Arbeitsumfeld umfassen.80 Nach Angaben des „Acatech-BDI-Innovationsindikators 2015“ zeichnet sich Belgien durch ein gut funktionierendes, ausbalanciertes Innovationssystem aus.81 78 Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2011 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2011 und zur Stellungnahme des Rates zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Belgiens für 2011-2014, (2011/C 209/01), https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Europa/Euro_auf_einen _Blick/2011-09-08-ratsempfehlungen_nrp_anl1_belgien.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (zuletzt abgerufen am 4. Mai 2017). 79 Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2016 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2016 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2016, (2016/C 299/09), http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016H0818(09)&from=DE (zuletzt abgerufen am 4. Mai 2017). 80 Weitere Informationen unter: Föderaler Öffentlicher Dienst Wirtschaft, K.M.B., Mittelstand und Energie, Die Innovationsprämie Belohnung für einen kreativen Arbeitnehmer? Ja natürlich! Dank einer steuerlichen Entlastung für Innovationsprämien, http://economie.fgov.be/de/binaries/innovationspraemie_tcm328-112079.pdf (zuletzt abgerufen am 3. Mai 2017). 81 http://www.innovationsindikator.de/fileadmin/2015/PDF/Innovationsindikator_2015_Web.pdf (zuletzt abgerufen am 3. Mai 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 25 Laut einer Pressemitteilung von Eurostat lagen die FuE-Ausgaben im Jahr 2015 in Belgien bei 2,45 Prozent des BIP.82 Im nationalen Reformprogramm 2014 ist das Ziel Belgiens festgelegt bis 2020 3,0 Prozent seines BIP in FuE zu investieren. 8. Fazit Bei einer Betrachtung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit wird Deutschland oft als Beispiel herangezogen und unterstellt, dass die gemäßigte Lohnpolitik für den prosperierenden Exportsektor verantwortlich sei. Einige empirische Studien haben die kausale Beziehung zwischen Exportleistung und Lohnentwicklung untersucht und haben andere Schlussfolgerungen gezogen.83 Vielmehr spielten die nicht-preislichen Wettbewerbsfaktoren (z.B. Fachkenntnisse, Technologie, Design, Kundendienst, Marketingstrategie etc.) eine entscheidende Rolle für den Wettbewerb. Die hier aufgeführten Länder sind durch eine eher moderate Lohnentwicklung gekennzeichnet. In den skandinavischen Ländern, in der Schweiz und in Österreich gibt es im Gegensatz zu Frankreich, den Niederlanden und Belgien keinen gesetzlich festgelegten Mindestlohn. In Schweden können die Tarifparteien über autonome Branchentarifverträge Lohnuntergrenzen setzen, die jedoch in der Regel höher sind als die gesetzlichen Mindestlöhne in den meisten europäischen Ländern. Auch in Dänemark werden die Löhne auf Branchenebene verhandelt. Lohn- und Arbeitsbedingungen werden hauptsächlich durch kollektive, zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden getroffene, Tarifverträge reguliert. Der Staat spielt bei der Festlegung von Löhnen und Arbeitsbedingungen in Dänemark keine aktive Rolle. In Finnland basiert die Einkommenspolitik auf zentral ausgehandelten Vereinbarungen, die das Ergebnis einer tripartistischen Kooperation zwischen den zentralen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden und der Regierung sind. Durch Arbeitsmarktreformen will die finnische Regierung die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Der von den Sozialpartnern vereinbarte Pakt für Wettbewerbsfähigkeit soll ein neues Modell für das Lohnwachstum schaffen, das die Löhne in verschiedenen Sektoren an die Löhne in denjenigen Sektoren koppelt, die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind. Norwegen wurde durch den Ölpreisverfall vor neue Herausforderungen gestellt. Flächentarifverträge auf der Ebene der Dachverbände und der Branche sind das vorherrschende Modell, das oft durch betriebliche Verhandlungen ergänzt wird. Zu einem gemeinsamen Verständnis der wirt- 82 Eurostat, Pressemitteilung 238/2016 vom 30. November 2016, http://ec.europa.eu/eurostat /documents/2995521/7752015/9-30112016-BP-DE.pdf/4a567899-61d5-4921-a0a0-ea7bdbba39aa (zuletzt abgerufen am 3. Mai 2017). 83 Beispiel: Felipe/Kumar (2011), Unit Labor Costs in the Eurozone: The Competitiveness Debate Again, Levy Economics Institute, Working Paper No. 651, http://www.levyinstitute.org/pubs/wp_651.pdf (zuletzt abgerufen am 4. Mai 2017). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 6 - 3000 - 015/17 Seite 26 schaftlichen Lage zwischen den Sozialpartnern soll der „Technische Berechnungsausschuss“ beitragen , an dem die Gewerkschafts- und Arbeitgeberverbände, der Staat und das norwegische Amt für Statistik beteiligt sind. In der Schweiz ist die wirtschaftspolitische Zielfindung wohl durch einen hohen Grad branchenspezifischer Selbstregulierung durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverneigungen gekennzeichnet . Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) ist die größte Arbeitnehmerorganisation der Schweiz. Die Vertrags- und Lohnverhandlungen für die Jahre 2015 und 2016 waren nach Angaben des SGB durchwachsen und hätten die wirtschaftlichen Erfolge nicht widergespiegelt. In Frankreich gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer über 18 Jahre ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn (SMIC), der einen Lohnsenkungswettbewerb unterbindet. Während die Lohnentwicklung in den Großunternehmen maßgeblich durch die Unternehmenskollektivverträge bestimmt wird, ist für die Lohndynamik in den kleinen und mittleren Unternehmen die SMIC-Anhebung von entscheidender Bedeutung. In den Niederlanden werden Tarifverhandlungen hauptsächlich auf Branchenebene geführt. Die Gewerkschaften und Arbeitgeber orientieren sich in den Tarifverhandlungen an generellen Empfehlungen , die in den traditionellen Herbsttagungen tripartistisch von Staat, Arbeitgebern und Gewerkschaften unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Aussichten erarbeitet werden. In Österreich hat die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit oberste Priorität. Neben anderen Maßnahmen sollen die Lohnnebenkosten der Unternehmen stufenweise bis 2018 um bis zu eine Milliarde Euro pro Jahr gesenkt werden. In Belgien soll nach dem Gesetz über die ‚Beschäftigungsförderung und den vorbeugenden Schutz der Wettbewerbsfähigkeit‘ von 1996 die Lohnentwicklung mit der Lohnentwicklung in den drei Nachbarländern Frankreich, Deutschland und den Niederlanden übereinstimmen, um die Arbeitskosten unter Kontrolle zu halten. Dennoch stiegen die Löhne im Zeitraum 2005-2010 schneller sind als in den drei Nachbarländer. Es wurden Lohnzurückhaltungsmaßnahmen ergriffen , wie etwa eine Begrenzung von Reallohnerhöhungen und eine Aussetzung der Lohnindexierungssysteme sowie Kürzungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen beschlossen. In allen Ländern werden zur Stärkung der nicht-preislichen Wettbewerbsfähigkeit Maßnahmen in den Bereichen Innovationen und FuE gefördert. ***