© 2017 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 014/17 Einzelfragen zum Entwurf eines Entgelttransparenzgesetzes Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 2 Der Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 014/17 Abschluss der Arbeit: 23. März 2017 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Entgeltgleichheitsgebot 5 2.1. Grundsatz 5 2.2. Mittelbare Diskriminierung 5 3. Individueller Auskunftsanspruch 6 3.1. Grundsatz 6 3.2. Beschränkung auf bis zu zwei Entgeltbestandteile 6 3.3. Beschränkung auf denselben Betrieb 7 3.4. Beschäftigtenbegriff 10 3.5. Beschränkung auf Beschäftigungsgruppen 11 3.1. Mindestbeschäftigtenzahl 11 3.2. Durchsetzung 12 4. Sozialpartner als Adressaten des Entgelttransparenzgesetzes 13 5. Privilegierung tariflicher Regelungen 14 5.1. Angemessenheitsvermutung 14 5.2. Erleichterungen der Auskunftspflicht 15 5.3. Tarifanwendende Arbeitgeber 15 5.4. Entgeltgruppen und Eingruppierung 16 6. Privilegierung kollektivrechtlicher Entgeltregelungen der Kirchen 17 7. Betriebliche Prüfverfahren 18 8. Fazit 19 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 4 1. Einleitung Derzeit befindet sich der Regierungsentwurf eines Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG-E)1 in der parlamentarischen Beratung. Das Gesetz soll durch Förderung transparenterer Entgeltstrukturen dazu beitragen, die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen bei gleicher und gleichwertiger Tätigkeit im Arbeitsleben zu schließen und Entgeltgleichheit für beide Geschlechter in der Praxis herzustellen. Es sieht dazu im Wesentlichen die Einführung eines individuellen Auskunftsanspruchs zur Überprüfung der Entgeltgleichheit in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten vor und regelt außerdem Rechte des Betriebsrates in diesem Zusammenhang, die freiwillige Durchführung betrieblicher Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit in Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten sowie Berichtspflichten für Arbeitgeber. Das Gesetzgebungsvorhaben folgt einer entsprechenden Vereinbarung im Koalitionsvertrag.2 Der vorliegende Regierungsentwurf, dem - ausgehend von einem ersten Referentenentwurf vom Dezember 20153 (im Folgenden als RefE bezeichnet) - eine intensive und langwierige Ressortabstimmung vorausging, wird von den Experten vielfach kritisch diskutiert. Dies wurde auch in der öffentlichen Anhörung deutlich, die der Ausschuss für Familie, Senioren Frauen und Jugend in seiner Sitzung am 6. März 2017 zum Thema Entgeltgleichheit durchführte. So werden dem Entwurf aus der Rechtswissenschaft sprachliche Unklarheiten sowie handwerkliche und inhaltliche Mängel entgegengehalten, die die Anwendbarkeit der Bestimmungen in der Praxis in Zweifel ziehen könnten.4 Kritik an den einzelnen Regelungen des Entwurfs wird aber zum Teil auch von Praktikern und politischen Akteuren geäußert.5 Vor allem die Opposition im Deutschen Bundestag stellt daher zum Teil in Frage, ob der Gesetzentwurf geeignet sei, das angestrebte Ziel zu erreichen . 1 Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen , Bundestagsdrucksache 18/11133 vom 3. Februar 2017. 2 Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 103. Abrufbar im Internetauftritt der Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen /2013/2013-12-17-koalitionsvertrag.pdf (letzter Abruf: 9. März 2017). 3 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Entwurf eines Gesetzes für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern, Bearbeitungsstand: 9. Dezember 2015, abrufbar im Internetauftritt des Mittelstandsverbundes - ZGV: http://www.mittelstandsverbund.de/media/84e1d811-efb7- 4139-916d-e0436cca2455 (letzter Abruf: 9. März 2017). 4 Vgl. insbesondere Thüsing, Gregor in seiner schriftlichen Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ausschussdrucksache 18(13)107k vom 2. März 2017, abrufbar im Internetportal des Deutschen Bundestages: http://www.bundestag.de/ausschuesse18/a13/anhoerungen/stellungnahmen -inhalt/494410 (letzter Abruf: 9. März 2017); Thüsing, Gregor: Fünf Schritte zu einem besseren Entgelttransparenzgesetz , in: BB 2017, S. 565-568; sowie zum ursprünglichen Referentenentwurf: Thüsing, Gregor: Lohngleichheit statt Bürokratie - Anmerkungen zum Entwurf eines Gesetzes für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen. BB 2016, S. 223-2240 (2236 f.). 5 Vgl. hierzu die schriftlichen Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, abrufbar im Internetportal des Deutschen Bundestages: http://www.bundestag.de/ausschuesse 18/a13/anhoerungen/stellungnahmen-inhalt/494410 (letzter Abruf: 9. März 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 5 Im Folgenden soll auf einige wenige ausgewählte Einzelfragen eingegangen werden, die in diesem Zusammenhang aufgeworfen wurden. 2. Entgeltgleichheitsgebot 2.1. Grundsatz Nach § 3 Abs. 1 EntgTranspG-E ist eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile verboten. § 7 EntgTranspG-E wiederholt dieses Verbot, indem er formuliert, dass für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeren Entgelt vereinbart oder gezahlt werden dürfe. 2.2. Mittelbare Diskriminierung § 3 Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG-E definiert die mittelbare geschlechtsbezogene Entgeltbenachteiligung , lässt dabei aber Ausnahmen zu, wenn sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Dabei orientiert sich der Gesetzentwurf wörtlich an der Formulierung des § 3 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), auf dessen Begründung in der Entwurfsbegründung Bezug genommen wird.6 Eine beispielhafte Aufzählung in Betracht kommender zulässiger Differenzierungsmerkmale enthält § 3 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG-E. Danach können insbesondere arbeitsmarkt-, leistungs- und arbeitsergebnisbezogene Kriterien ein unterschiedliches Entgelt rechtfertigen, sofern ein sachliches Erfordernis vorliegt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wurde. Die Entwurfsbegründung hebt zutreffend hervor, dass die genannten Kriterien dem Grundsatz nach durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rechtfertigung mittelbarer geschlechtsbezogener Diskriminierung anerkannt sind.7 Die sachliche Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit ihrer Anwendung muss in jedem Einzelfall nachgewiesen werden. Die ausdrückliche Aufnahme dieser Kriterien in den Wortlaut des Gesetzes begegnet vor diesem Hintergrund keinen Bedenken. 6 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 49 f. 7 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 49 f. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH; ähnlich auch BAG, Urteil vom 16. Oktober 2014 - 6 AZR 661/12 Rn. 41, 50. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 6 3. Individueller Auskunftsanspruch 3.1. Grundsatz Zur Überprüfung des Entgeltgleichheitsgebots sollen Beschäftigte nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Entg- TranspG-E einen individuellen Auskunftsanspruch haben. Der Anspruch erstreckt sich nach § 11 Abs. 1 EntgTranspG-E auf Auskunft über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung sowie auf Angaben zum Entgelt für eine Vergleichstätigkeit des jeweils anderen Geschlechts (Vergleichsentgelt ). Der Anspruch ist jedoch nach § 10 Abs. 1 Satz 3 EntgTranspG-E auf Auskunft zum durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt im Sinne des § 5 Abs. 1 EntgTranspG-E und zu höchstens zwei weiteren Entgeltbestandteilen beschränkt. Die Entwurfsbegründung nennt als Beispiele Leistungs- oder Erschwerniszulagen.8 Es wird in Frage gestellt, ob der Auskunftsanspruch in der beschriebenen Form dem Anspruch des Gesetzes gerecht werde, die Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern fördern. 3.2. Beschränkung auf bis zu zwei Entgeltbestandteile So werden Zweifel geäußert, inwieweit die in § 10 Abs. 1 Satz 3 EntgTranspG-E vorgesehene Beschränkung des Auskunftsanspruchs auf zusätzlich bis zu zwei Entgeltbestandteile vor dem Hintergrund des in § 3 Abs. 1 EntgTranspG-E formulierten Verbots der Entgeltbenachteiligung „im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile“ gerechtfertigt sei. Im Anhörungsverfahren sprachen sich deshalb mehrere politische Akteure gegen eine Limitierung der abfragbaren Entgeltbestandteile aus.9 Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) machte in ihrer schriftlichen Stellungnahme dagegen trotz dieser Beschränkung „erhebliche Belastungen und teure Bürokratie für den Arbeitgeber“ geltend.10 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der ursprüngliche EntgTranspG-RefE eine derartige Beschränkung nicht vorsah. Nach der Begründung zum Regierungsentwurfdient die durch § 10 Abs. 1 Satz 3 EntgTranspG-E vorgenommene Beschränkung „dazu, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Recht auf individuelle Auskunft für Beschäftigte und dem damit einhergehenden Aufwand für den Arbeitgeber“.11 8 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 60. 9 Vgl. schriftliche Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) vom 22. Februar 2017, Ausschussdrucksache 18(13)107j, S. 14; schriftliche Stellungnahme des Katholischen Deutschen Frauenbundes e.V. (KDFB), Ausschussdrucksache 18(13)107d vom 27. Februar 2017, S. 2; schriftliche Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (DJB) vom 24. Februar 2017, Ausschussdrucksache 18(13)107g, S. 7. 10 Schriftliche Stellungnahme der BDA vom 27. Februar 2017, Ausschussdrucksache 18(13)107i, S. 1, 3. 11 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 58 sowie S. 78 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 7 Zum Zweck der Regelung wird in der Entwurfsbegründung hervorgehoben, dass die Auskunftsersuchenden dadurch in die Lage versetzt werden sollen, gezielt zusätzlich den Entgeltbestandteil zu erfragen, bei dem sie eine Ungleichbehandlung vermuten.12 Dabei trifft das Gesetz keine Vorauswahl über die Entgeltbestandteile, über die Auskunft verlangt werden kann. Vielmehr sind die Auskunftsersuchenden frei in der Bestimmung der Entgeltbestandteile, über die sie zusätzlich Auskunft verlangen, sodass sich der Arbeitgeber nicht hinsichtlich bestimmter Bestandteile mehr oder weniger an das Entgeltgleichheitsgebot gebunden fühlen dürfte als hinsichtlich anderer . Er muss vielmehr stets damit rechnen, dass sämtliche Entgeltbestandteile angefragt werden können. In der Praxis wird auch ein Bedürfnis für zusätzliche Auskünfte zu einer größeren Zahl von Entgeltbestandteilen selten bestehen, da die Vermutung einer über alle Entgeltbestandteile reichenden Geschlechterdiskriminierung bei einem Arbeitgeber die Ausnahme sein dürfte. Dass der Grundsatz des gleichen Entgelts nach der Rechtsprechung des EuGH für jeden einzelnen Entgeltbestandteil gewährleistet sein muss,13 steht zu einer Beschränkung des Entgelttransparenzanspruchs auf zwei frei auswählbare Entgeltbestandteile nicht im Widerspruch. Denn im Fall einer Klage auf der Grundlage der Auskunft müssen Beschäftigte nach § 22 AGG lediglich Indizien beweisen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Hierzu dürfte aber auch die Darlegung eines unterschiedlichen Gesamtentgelts ausreichen. Mithin wird die Entgelttransparenz durch § 10 Abs. 1 Satz 3 EntgTranspG-E zwar geringfügig eingeschränkt , die Einschränkung ist aber mit Blick auf die vom Gesetzgeber beabsichtigte Entlastung der Arbeitgeber von unangemessenem Bürokratieaufwand nachvollziehbar. 3.3. Beschränkung auf denselben Betrieb § 12 EntgTranspG-E regelt die räumliche und personelle Reichweite des Auskunftsanspruchs nach § 10 EntgTranspG-E. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG-E umfasst die Auskunftspflicht nur Entgeltregelungen in demselben Betrieb und bei demselben Arbeitgeber. Damit sind Vergleiche über die Grenzen des einzelnen Betriebs hinaus sowie zwischen verschiedenen Arbeitgebern oder gar branchenweite Vergleiche ausgeschlossen. Auch diese Beschränkung war im Entg- TranspG-RefE noch nicht vorgesehen. Zu Recht weist aber die Entwurfsbegründung zunächst darauf hin, dass der Arbeitgeber für den Auskunftsanspruch „einheitliche Quelle“ im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist und als übergeordnete organisatorische Instanz in der Lage, dadurch aufgedeckte geschlechtsspezifische Entgeltunterschiede zu beseitigen.14 Das an den Arbeitgeber gerichtete Verbot der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts nach § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG-E kann sich denklogisch 12 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 58. 13 Vgl. Schriftliche Stellungnahme des DJB (Fn. 9), S. 7, unter Bezugnahme auf die Vorabentscheidung des EuGH, Urteil vom 17. Mai 1990 - Rs C 262/88, Fn. 34, Antwort 3. 14 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 61. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 8 nur auf den eigenen Wirkungsbereich des Arbeitgebers erstrecken, sodass Vergleiche ausschließlich mit Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber möglich sind. Darauf muss sich auch der Auskunftsanspruch beschränken. Dies gilt nach dem oben Gesagten auch, wenn ein Betrieb von mehreren Arbeitgebern gemeinsam geführt wird. Eine Beschränkung auf denselben Betrieb enthalten § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG-E dagegen ihrem Wortlaut nach nicht. Vielmehr erfasst das Entgeltgleichheitsgebot danach alle Beschäftigungsverhältnisse eines Arbeitgebers. Auch aus der Begründung des EntgTranspG-E geht eine Beschränkung des Gebots auf einen Betrieb eines Arbeitgebers nicht hervor. Danach nehme § 3 Abs. 1 EntgTranspG-E Bezug auf Art. 4 der EU-Richtlinie 2006/54/EG15,16 die für eine Betriebsbezogenheit keinen Anhalt bietet, und § 7 gehe zurück auf die Formulierung des § 612 Abs. 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in der bis zum Inkrafttreten des AGG gültigen Fassung und nehme im Übrigen die Regelung des § 7 Abs. 1 AGG auf.17 Beide lassen ebenfalls eine Beschränkung auf einen Betrieb auch unter Berücksichtigung der Kommentarliteratur nicht erkennen. Auch ein Rückgriff auf den von der Rechtsprechung entwickelten arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der eine sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung verbietet, führt insoweit nicht weiter. Zwar galt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nach früherer Auffassung grundsätzlich für Arbeitnehmer desselben Betriebes bzw. derselben Dienststelle, jedoch gehen herrschende Meinung und Rechtsprechung heute von einer Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für das gesamte Unternehmen eines Arbeitgebers aus.18 Der Gesetzentwurf strebt aber ausweislich der Begründung eine enge Kooperation der Betriebspartner zur Erreichung der mit dem Entgelttransparenzgesetz verfolgten Ziele an. „Arbeitgeber und betriebliche Interessenvertretungen sollen durch die mit dem Gesetz bereitgestellten Instrumente in ihrer sozialpartnerschaftlichen Verantwortung gestärkt werden, indem sie das Prinzip ‚gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit‘ zum Thema machen und damit als Aufgabe aller Akteure im Betrieb wahrnehmen.“19 Dabei sollen „die betrieblichen Interessenvertretungen […] entsprechend ihrer Mitverantwortung als betriebliche Sozialpartner eine Schlüsselposition bei der Beseitigung von Nachteilen und Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz einnehmen.“20 Dem entsprechen die in den § 6 Abs. 1 und §§ 13 bis 15 15 Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung), ABl. EU L 204, S. 23. 16 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 48. 17 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 56. 18 Vgl. z.B. Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017, § 611 BGB Rn. 583 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). 19 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 21. 20 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 9 EntgTranspG-E vorgenommenen umfangreichen Aufgabezuweisungen an die betriebliche Interessenvertretung . Der Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats ist auf die Grenzen des Betriebs im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne (§ 1 des Betriebsverfassungsgesetzes - BetrVG)21 beschränkt. Das Betriebsverfassungsrecht genießt in Deutschland als Ergänzung der grundrechtlich garantierten Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes - GG) eine hohe Bedeutung. Geprägt wird es in besonderem Maße von der Kooperation zwischen den Arbeitgebern und den betrieblichen Interessenvertretungen, die auch in der Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG zum Ausdruck kommt. Nach der Begründung des EntgTranspG-E soll „durch die aktive Einbeziehung der betrieblichen Interessenvertretungen bei der Beantwortung des individuellen Auskunftsanspruchs sowie auch bei einer freiwilligen Durchführung der betrieblichen Prüfverfahren die gleichstellungspolitische Verantwortung der betrieblichen Interessensvertretungen noch einmal hervorgehoben“ werden.22 Vor dem dargelegten Hintergrund erscheint die gesetzgeberische Entscheidung, den Betriebsrat eng in die Auskunftserteilung einzubinden, jedenfalls nicht sachfremd und begründet die Beschränkung des Auskunftsrechts auf den Betrieb.23 Der vom Deutschen Juristinnenbund e.V. (DJB) im Rahmen der öffentlichen Anhörung erhobene Einwand, durch die Beschränkung des Auskunftsanspruchs auf denselben Betrieb, ermögliche man dem Arbeitgeber, die Vergleichbarkeit von Tätigkeiten durch Aufteilung größerer betrieblicher Einheiten in verschiedene Betriebe, absichtlich zu unterbinden,24 trifft theoretisch zu. Er unterstellt jedoch anders als der Regierungsentwurf, der davon ausgeht, dass geschlechterbezogene Entgeltdiskriminierung zumeist mittelbar und unbewusst erfolgt,25 einen grundsätzlich böswilligen Arbeitgeber und verkennt, dass die Schaffung mehrerer hinreichend kleiner Betriebe durch willkürliche Aufteilung eines einheitlichen Betriebes vor dem Hintergrund des von der Rechtsprechung entwickelten Betriebsbegriffs26, nicht ohne Weiteres möglich ist, ohne organisatorisch in das Unternehmen einzugreifen, was betriebswirtschaftlich nicht immer sinnvoll sein dürfte. Der erhobene Einwand ist daher nicht geeignet, die vor dem Hintergrund einer beabsichtigten 21 Da eine Legaldefinition fehlt, ist als Betrieb nach der ständigen Rechtsprechung des BAG „die organisatorische Einheit anzusehen, innerhalb derer der Unternehmer allein oder zusammen mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt“, vgl. Richardi in Richardi: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, 15. Aufl. 2016, § 1 BetrVG Rn. 17 mit zahlreichen Nachweisen . 22 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 24. 23 Unverständlich bleibt in diesem Zusammenhang freilich die Formulierung in der Begründung zu § 12 Abs. 2 Nr. 2 EntgTranspG-E, wonach „ein Vergleich von mehreren Betrieben eines Arbeitgebers innerhalb einer Region oder eines Gebietes zulässig“ sein soll, Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 62. 24 Schriftliche Stellungnahme des DJB (Fn. 9), S. 12; ähnlich auch die schriftliche Stellungnahme des DGB (Fn. 9); S. 15. 25 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 18. 26 Siehe oben Fn. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 10 Förderung der Rolle der Betriebsräte getroffene gesetzgeberische Entscheidung grundsätzlich in Frage zu stellen. 3.4. Beschäftigtenbegriff § 5 Abs. 2 Nr. 1-6 EntgTranspG-E definiert den Beschäftigtenbegriff des Gesetzentwurfs. Danach werden alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamten des Bundes sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, Richterinnen und Richter des Bundes, Soldatinnen und Soldaten, die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten sowie die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten vom persönlichen Anwendungsbereich erfasst. Vom Beschäftigtenbegriff des EntgTranspG-E sind zwar alle Beschäftigten in der Privatwirtschaft sowie im öffentlichen Dienst des Bundes, der Länder und der Kommunen erfasst. Er erstreckt sich jedoch nicht auf Beamtinnen und Beamte der Länder und der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter der Länder, weil dem Bundesgesetzgeber für die Regelung der Rechtsverhältnisse dieser Statusgruppen von Verfassungs wegen die Gesetzgebungsbefugnis fehlt (vgl. Art. 70 Abs. 1 GG).27 Während in § 5 Abs. 2 Nr. 3 EntgTranspG-RefE entsprechend der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 AGG auch die Gruppe der so genannten arbeitnehmerähnlichen Personen zusammen mit den Heimarbeitnehmern dem Beschäftigtenbegriff zugeordnet wurden, zählt § 5 Abs. 2 EntgTranspG-E diese Gruppe nicht zu den Beschäftigten im Sinne des EntgTranspG-E. Eine arbeitnehmerähnliche Person zeichnet sich zwar durch wirtschaftliche Abhängigkeit und soziale Schutzbedürftigkeit aus und ist insoweit mit einem Arbeitnehmer vergleichbar, er ist aber im Gegensatz zum Arbeitnehmer nicht persönlich abhängig, insbesondere nicht dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers unterworfen, sondern wird als selbständiger Unternehmer aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags für einen Auftraggeber bzw. Besteller tätig.28 Insoweit handelt es sich keinesfalls um eine lediglich „formale Einstufung“29. Die daraus erzielte Vergütung ist mit einem Arbeitsentgelt und dessen Bestandteilen nicht vergleichbar. Wo die Voraussetzungen für eine selbständige Tätigkeit nicht gegeben sind, sind die Betroffenen als Scheinselbständige zur Gruppe der Arbeitnehmer zu zählen. 27 Vgl. dazu auch Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 23, 25, 57. 28 Vgl. z.B. Franzen in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 29017, § 12a TVG, Rn. 4-6. 29 So aber die schriftliche Stellungnahme der DGB (Fn. 9), S. 5; vgl dazu auch die Rechtsprechung des BAG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 10 AZB 14/10, Rn. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 11 3.5. Beschränkung auf Beschäftigungsgruppen Die Auskunftspflicht nach § 10 EntgTranspG-E beschränkt sich auf Vergleichstätigkeiten innerhalb der jeweiligen Beschäftigungsgruppe nach § 5 Abs. 2 EntgTranspG-E. Einen Vergleich der Beschäftigtengruppen untereinander lässt § 12 Abs. 2 Nr. 3 EntgTranspG-E demgegenüber nicht zu. Diese im ursprünglichen Referentenentwurf noch nicht enthaltene Beschränkung dürfte den zum Teil erheblichen Unterschieden der Rechtsverhältnisse der einzelnen Statusgruppen geschuldet sein, die in jeweils eigenen Gesetzen geregelt sind und untereinander letztlich nicht vergleichbar sind. 3.6. Mindestbeschäftigtenzahl Der Auskunftsanspruch nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG-E besteht gemäß § 12 Abs. 1 EntgTranspG-E nur in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten. Mit dieser Beschränkung sollen nach der Begründung des Regierungsentwurfs kleine und großenteils auch mittelständische Unternehmen von den zu erwartenden Bürokratiekosten für die Erfüllung des individuellen Auskunftsanspruchs entlastet werden. Die Grenze von 200 Beschäftigten für den Auskunftsanspruch knüpfe an die im Betriebsverfassungsrecht im Zusammenhang mit dem Einsichtsrecht des Betriebsausschusses in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter nach § 80 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG anerkannte Betriebsgröße an.30 Denn ein Betriebsausschuss ist nach § 27 Abs. Satz 2 BetrVG in Verbindung mit § 9 Satz 1 BetrVG ab einer Betriebsgröße von 201 Beschäftigten zu bilden. Zunächst ist die Grundannahme plausibel, dass die Auskunftserteilung bezogen auf jeden Einzelfall für kleinere Betriebe einen größeren Aufwand erfordert als in größeren betrieblichen Einheiten , so dass es angemessen erscheint, kleinere Betriebe von der Verpflichtung auszunehmen. Zur Bestimmung einer angemessenen Grenzgröße lässt sich im vorliegenden Rahmen keine Aussage treffen. Die im Gesetzentwurf vorgenommene Anknüpfung erscheint keineswegs zwingend, zumal das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Einklang mit der herrschenden Meinung im Schrifttum ein Einsichtsrecht nach § 80 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG dem Betriebsratsvorsitzenden oder einem dazu bestimmten Betriebsratsmitglied auch in kleineren Betrieben zugesteht.31 Andererseits lassen sich auch keine Gründe vortragen, die die Festlegung einer Mindestbeschäftigtenzahl von mehr als 200 für den individuellen Auskunftsanspruch sachwidrig oder sonst ungeeignet oder unangemessen erscheinen lassen. 30 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 43, 61. 31 Vgl. Kania in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht (Fn. 18) § 80 BetrVG Rn. 29; Waskow in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, Kommentar, § 80 BetrVg Rn. 29, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BAG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 12 Der DJB erkennt darin einen Verstoß gegen die Empfehlung 2014/124/EU der Europäischen Kommission 32, die eine Untergrenze von lediglich 50 Beschäftigten vorsehe.33 Empfehlungen der Kommission sind für die Mitgliedstaaten jedoch nicht verbindlich. Die Berliner Wasserbetriebe hielten im Rahmen der öffentlichen Anhörung eine Ausweitung des Auskunftsanspruchs auf kleinere Betriebe ausdrücklich für wünschenswert, da der Entwurf in der vorliegenden Form lediglich 40 Prozent der Beschäftigten in Deutschland erfasse.34 Eine Beschränkung könnte sich aber allenfalls dann als unangemessen darstellen, wenn nur eine verschwindende Minderheit von dem Auskunftsanspruch erfasst werden könnte, sodass die Regelung letztlich wirkungslos bliebe; dies ist aber hier nicht der Fall. Bei der Bestimmung der Mindestzahl von Beschäftigten für das Bestehen des Auskunftsanspruchs ist auch zu berücksichtigen, dass nach 12 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG-E aus Gründen des Beschäftigtendatenschutzes ein Vergleichsentgelt nur für Gruppen von mindestens sechs Beschäftigten angegeben werden darf, was umso seltener der Fall sein dürfte, je kleiner ein Betrieb ist. Vor diesem Hintergrund dürfte sich der Gesetzgeber mit der Festlegung eine Grenze von 200 Beschäftigten in § 10 Abs. 1 EntgTranspG-E im Rahmen des legislativen Gestaltungsspielraums bewegen . 3.7. Durchsetzung Der individuelle Auskunftsanspruch nach § 10 EntgTranspG-E verfolgt keinen Selbstzweck, sondern soll die Durchsetzung des Anspruchs auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit erleichtern.35 Die zu erlangenden Informationen sollen „helfen, Hinweise auf potentielle Benachteiligungen in der Entgeltstruktur zu erhalten und sind grundsätzlich notwendig, um eine potentielle Klage auf gleiches Entgelt abzuwägen und gegebenenfalls erfolgreich begründen zu können.“36 Der Verweis auf den Rechtsweg zur Geltendmachung der Entgeltsansprüche entspricht grundsätzlich dem Charakter des Arbeitsentgelts als Leistung im Rahmen des gegenseitigen zivilrechtlichen Arbeitsvertrages , der im Wesentlichen nach den Regeln des BGB zu beurteilen ist. Eine behördliche Kontrolle der Auskunftserteilung ist im EntgTranspG-E nicht vorgesehen, auch werden keine Sanktionen für den Fall angeordnet, dass der Arbeitgeber Auskünfte trotz Ersuchens nicht erteilt. Der Anspruch müsste vielmehr im Verweigerungsfall ebenfalls klageweise durchgesetzt werden. 32 Empfehlung der Kommission vom 7. März 2014 zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch Transparenz (2014/124/EU), ABl. EU L 69 S. 112. 33 Schriftliche Stellungnahme des DJB (Fn. 9), S. 9. 34 Schriftliche Stellungnahme der Berliner Wasserbetriebe vom 22. Februar 2017, Ausschussdrucksache 18(13)107h, S. 3, 8; siehe dazu auch Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 22. 35 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 22. 36 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 57. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 13 Allerdings ist die klageweise Durchsetzung der Auskunftserteilung unter Umständen entbehrlich, weil § 15 Abs. 5 EntgTranspG-E für den Fall, dass der Arbeitgeber seine Auskunftspflicht nach § 11 EntgTranspG-E verletzt, eine Beweislastumkehr mit der Folge bewirkt, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht der Arbeitnehmer Indizien vortragen muss, die eine Entgeltdiskriminierung vermuten lassen, sondern der Arbeitgeber beweisen muss, dass er das Entgeltgleichheitsgebot eingehalten hat. Damit erhält der oder die Beschäftigte zwar tatsächlich nicht die begehrte Auskunft, wird aber vor Gericht so gestellt als sei eine Auskunft erteilt worden, die die vermutete Entgeltdiskriminierung stützt. Freilich sind die betroffenen Beschäftigten mangels Auskunft nicht in vollem Umfang in der Lage, das Für und Wider einer Klage abzuwägen, und bleiben dem Prozessrisiko ausgesetzt, dass der Arbeitgeber den Gegenbeweis erbringt. Vor diesem Hintergrund haben der DGB und das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG) wie auch der DJB und der KDFB in der öffentlichen Anhörung bedauert, dass in den Gesetzentwurf kein Verbandsklagerecht aufgenommen wurde und die Beschäftigten stattdessen auf die Individualklage verwiesen werden.37 4. Sozialpartner als Adressaten des Entgelttransparenzgesetzes Der EntgTranspG-E richtet sich auch an die Tarifvertragsparteien in ihrer Eigenschaft als private Arbeitgeber. Insoweit unterliegen sie wie alle anderen Arbeitgeber mit Betrieben von in der Regel mehr als 200 Beschäftigten der Auskunftspflicht sowie ggf. den weiteren dort statuierten Verpflichtungen . Die Sozialpartner sollen aber im Rahmen des Entgelttransparenzgesetzes auch in ihrer Funktion als Garanten bei der Verfolgung des Ziels der Beseitigung geschlechtsbezogener Entgeltdiskriminierung angesprochen werden. So sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EntgTranspG-E Arbeitgeber, Tarifvertragsparteien und die überbetrieblichen Interessenvertreter aufgefordert, im Rahmen ihrer Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten an der Verwirklichung der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern mitzuwirken. Damit wird die in § 17 Abs. 1 AGG verankerte soziale Verantwortung der Sozialpartner in diesem Zusammenhang wiederholt. Nach der Entwurfsbegründung soll daneben auch die Berücksichtigung des Gedankens der Entgeltgleichheit im Rahmen der Tarifverhandlungen gefördert werden.38 Eine rechtliche Verpflichtung hierzu lässt sich dem Regierungsentwurf nicht entnehmen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 EntgTranspG-E müssen die Tarifvertragsparteien zudem Vertreterinnen und Vertreter zur Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots benennen. 37 Vgl. schriftliche Stellungnahme des DGB (Fn. 9), S. 5; schriftliche Stellungnahme des BUG, Ausschussdrucksache 18(13)107c vom 24. Februar 2017; schriftliche Stellungnahme des DJB (Fn. 24), S. 2; schriftliche Stellungnahme des KDFB (Fn. 9), S. 2. 38 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 56. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 14 5. Privilegierung tariflicher Regelungen 5.1. Angemessenheitsvermutung Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 EntgTranspG-E gilt für tarifvertragliche und gesetzliche Entgeltregelungen die Vermutung der Angemessenheit. Zur Angemessenheitsvermutung, die im ursprünglichen EntgTranspG-RefE noch nicht enthalten war, wird in der Entwurfsbegründung auf die Rechtsprechung des BAG Bezug genommen, das die Vermutung der Angemessenheit tariflicher Bestimmungen aus der Funktion der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) ableitet, die als verfassungsrechtliches Korrektiv zur strukturellen Unterlegenheit der Arbeitnehmer ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Vergütungen und Arbeitsbedingungen ermögliche.39 Der Arbeitsrechtsexperte Thüsing weist darauf hin, dass die von der Rechtsprechung angenommene Angemessenheitsvermutung lediglich das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis betreffe, bisher aber nicht als relational zu anderen Vergütungen verstanden werde. Er räumt jedoch ein, dass „dem Umstand tariflicher Verhandlungen ein Indiz dafür zukommen kann, ob die Leistung gleichwertig oder nicht gleichwertig ist“, und schlägt eine entsprechend Umformulierung des § 4 Abs. 5 EntgTranspG-E vor.40 Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch die grundsätzliche Verpflichtung der Sozialpartner auf den Gleichheitssatz. Als Vereinigungen privaten Rechts sind die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung zwar „nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Gleichwohl müssen sie aufgrund der Schutzpflichtfunktion der Grundrechte bei ihrer tariflichen Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 1 und 3 GG beachten.“41 Damit bieten die Verhandlungen der gleichgewichtigen Sozialpartner auch eine gewisse Gewähr für geschlechtergerechte Gestaltung der Tarifnormen. Dem entsprechen in der Entwurfsbegründung angeführte empirische Befunde, wonach dort, wo Tarifverträge gelten und Betriebsräte mitwirken, die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen deutlich kleiner sei. Der Entwurf solle daher bewusst Tarifbindung und Sozialpartnerschaft stärken .42 Vor dem dargelegten Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, Tarifnormen die widerlegbare Vermutung einer Richtigkeit auch in Bezug auf die festgelegten Entgeltgruppen zuzugestehen. 39 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 53 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BAG. 40 Thüsing, schriftliche Stellungnahme (Fn. 4), S. 5. 41 Vgl. BAG, Urteil vom 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03, vgl. dazu auch Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 53 f. 42 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 18. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 15 5.2. Erleichterungen der Auskunftspflicht In § 11 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG-E werden die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung, über die neben der Angabe des Vergleichsentgelts Auskunft zu erteilen ist, nach § 11 Abs. 3 Entg- TranspG-E näher definiert als „Informationen zur Festlegung des eigenen Entgelts sowie des Entgelts für die Vergleichstätigkeit“. Eine so definierte Darlegung der Entgeltfindung müsste mithin einerseits an der eigenen Tätigkeit und andererseits an der Vergleichstätigkeit ansetzend die Festlegung des jeweiligen Entgelts im Einzelnen nachzeichnen. Aufgrund der den tariflichen Entgeltregelungen zukommenden Angemessenheitsvermutung, die wie dargelegt auch die Relation der Entgeltgruppen untereinander betrifft, regelt § 11 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG-E Erleichterungen hinsichtlich der Auskunftserteilung für tarifgebundene und tarifanwendende Arbeitgeber sowie für Fälle gesetzlicher Entgeltregelungen. Danach sind, wenn die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung auf gesetzlichen Regelungen, auf tarifvertraglichen Entgeltregelungen oder auf einer bindenden Festsetzung nach § 19 Absatz 3 des Heimarbeitsgesetzes beruhen, als Antwort auf das Auskunftsverlangen die Nennung dieser Regelungen und die Angabe, wo die Regelungen einzusehen sind, ausreichend. Auch § 11 Abs. 3 Entg- TranspG-RefE sah für gesetzlich oder tariflich festgelegte Entgeltregelungen bereits entsprechende Erleichterungen vor. Die Regelung trägt nach der Begründung des EntgTranspG-E dem Umstand Rechnung, dass das Benachteiligungspotential bei individuellen oder frei verhandelten Entgeltregelungen höher sei als in gesetzlichen oder tarifvertraglichen Entgeltregelungen. Sie diene darüber hinaus der Stärkung der Tarifbindung.43 Zu berücksichtigen ist aber auch, dass die Auskunftspflicht nach § 11 Abs. 1 EntgTranspG-E Angaben zu den Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung erfasst, die in § 11 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG-E näher definiert sind. Werden diese Kriterien und Verfahren zur Entgeltfindung von den Koalitionspartnern festgelegt, kann der Arbeitgeber, der sie im Betrieb lediglich anwendet, darüber gar keine weitere Auskunft erteilen und damit nicht zu besserer Transparenz beitragen. Dabei befinden sich tarifgebundene und tarifanwendende Arbeitgeber im Sinne der Definition des § 5 Abs. 4 und 5 EntgTranspG-E in derselben Situation. 5.3. Tarifanwendende Arbeitgeber Zum Teil wird die Privilegierung von lediglich tarifanwendenden Arbeitnehmern in Frage gestellt , die in § 5 Abs. 5 EntgTranspG-E näher definiert werden. Voraussetzung ist danach, dass sie im Geltungsbereich eines Entgelttarifvertrages oder Entgeltrahmentarifvertrages die tariflichen Regelungen zum Entgelt durch schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten verbindlich und inhaltsgleich für alle Tätigkeiten und Beschäftigten übernommen haben, für die diese tariflichen Regelungen zum Entgelt angewendet werden. Ob diese Voraussetzungen auf den jeweils Auskunft erteilenden Arbeitgeber zutreffen, der sich auf die Vereinfachungen nach den §§ 11 Abs. 2 Satz 2 und 14 EntgTranspG-E beruft, wird weder behördlich noch durch die Parteien des angewandten Tarifvertrages kontrolliert. Bei Zweifeln 43 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 60. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 16 hierüber ist dies vielmehr im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geltend zu machen und zu prüfen. Der Einbeziehung dieser Arbeitgebergruppe könnte entgegengehalten werden, dass damit zwar die Anwendung von Tarifverträgen gefördert werden könne, nicht aber die nach der Begründung angestrebte Tarifbindung.44 Jedoch dürfte es generell als im Sinne des EntgTranspG-E wünschenswert anzuerkennen sein, wenn Arbeitgeber in verstärktem Maße auf Entgeltregelungen zurückgreifen , die zwischen gleichwertigen Koalitionspartnern ausgehandelt sind und damit eine Gewähr für die Berücksichtigung der Entgeltgerechtigkeit zwischen Frauen und Männern bieten. Ein Bedürfnis nach Einbeziehung auch der lediglich tarifanwendenden Arbeitgeber dürfte sich darüber hinaus aus den unter 5.2 angeführten praktischen Beschränkungen der Auskunftsfähigkeit solcher Arbeitgeber ergeben. 5.4. Entgeltgruppen und Eingruppierung Kommen bei einem Arbeitgeber tarifvertragliche Entgeltregelungen zur Anwendung, ist seine Auskunftspflicht nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG-E auf die Information über die dort zugrunde gelegten Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung beschränkt. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass die vom Arbeitgeber vorgenommene Eingruppierung nach den tariflich vorgegebenen Kriterien nicht Gegenstand des Auskunftsanspruchs sein sollen. Eine ausdrückliche Einbeziehung der Eingruppierung war auch im ursprünglichen EntgTranspG-RefE nicht enthalten . Dies wird zum Teil kritisch bewertet.45 Zwar ist die Argumentation nicht von der Hand zu weisen, dass Entgeltungleichheit auch die Folge unrichtiger Eingruppierung in die tariflichen Entgeltgruppen sein kann. Eine eindeutige und nachvollziehbare Fassung der Eingruppierungsvorgaben im Tarifvertrag durch die Koalitionspartner sollte es ermöglichen, derartige Fälle auf ein Minimum zu begrenzen. Würden aufgrund des verbleibenden Restrisikos unerkannt bleibender geschlechtsbezogener Entgeltdiskrimininierung die tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgeber verpflichtet, für jede einzelne der miteinander zu vergleichenden Tätigkeiten die Gründe für die Eingruppierung im Einzelfall nachvollziehbar zu machen, würde die beabsichtigte Privilegierung der Tarifanwendung konterkariert und letztlich unwirksam. Da dies auch dem erklärten Ziel, die Anwendung tarifvertraglicher Entgeltregelungen in den Betrieben zu fördern, abträglich sein dürfte, erscheint die gesetzgeberische Entscheidung, die Erleichterung der Auskunftspflicht nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Entg- TranspG-E nicht durch eine Auskunftspflicht hinsichtlich der Eingruppierungsentscheidung zu relativieren, vertretbar. 44 Vgl. Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 60. 45 Vgl. z.B. die schriftliche Stellungnahme des DGB (Fn. 9), S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 17 6. Privilegierung kollektivrechtlicher Entgeltregelungen der Kirchen Nach § 11 Absatz 4 EntgTranspG-E gelten für kollektivrechtliche Entgeltregelungen der Kirchen oder der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften, die auf dem sog. „Dritten Weg“ vereinbart wurden, dieselben Erleichterungen im Auskunftsverfahren wie für tarifliche und gesetzliche Entgeltregelungen. Die Erleichterung trägt der Entwurfsbegründung zufolge dem Umstand Rechnung , „dass auch die Entgeltregelungen der Kirchen und der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften nicht individuell vom Arbeitgeber festgelegt und auch nicht frei verhandelt werden und somit die Benachteiligungspotentiale bei diesen Entgeltregelungen insoweit geringer sind als bei einseitig von Arbeitgeber festgelegten oder frei zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber verhandelten Entgeltregelungen.“46 Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 bis Art. 141 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) billigt den Religionsgemeinschaften das Recht zu, ihre Angelegenheiten innerhalb des für alle geltenden Gesetzes selbständig zu ordnen und zu verwalten. Dieses Selbstbestimmungsrecht umfasst auch das Recht, eigene kollektivrechtliche Arbeitsrechtsregelungen zu schaffen. Bei diesen Regelungen des Dritten Weges handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des BAG nicht um Tarifverträge im Sinne des Tarifvertragsgesetzes.47 Wegen der ihnen innewohnenden „institutionalisierten Zwangsschlichtung“ böten sie keine den Tarifverträgen vergleichbare Gewähr und könnten daher im Rahmen der Nutzung gesetzlicher Tariföffnungsklauseln nicht mit Tarifverträgen gleichgestellt werden.48 Zu Recht nehmen daher die kirchlichen Entgeltreglungen nicht an der Angemessenheitsvermutung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 EntgTranspG-E teil. Die fehlende „Waffengleichheit“ hebt der DGB aber auch in seiner Kritik an der Regelung des § 11 Abs. 4 Entg- TranspG-E hervor.49 Die zitierte Rechtsprechung könnte zu Zweifeln hinsichtlich der Gleichbehandlung im Rahmen der Auskunftserteilung Anlass geben. Das BAG betont jedoch, dass die Rechtsfrage der Gleichstellung stets bezogen auf die konkrete gesetzliche Regelung zu beantworten sei.50 Vorliegend geht es nicht um die Nutzung von Öffnungsklauseln, sondern um Privilegierung der Nutzer kollektivrechtlich ausgehandelter Entgeltregelungen durch vereinfachte Auskunftserteilung. Hier ist es nicht erforderlich, dass die Regelungen des Dritten Weges hinsichtlich ihrer Richtigkeitsgewähr in vollem Umfang den von den Tarifvertragspartnern ausgehandelten Tarifverträgen entsprechen . Vielmehr kommt vorliegend dem in der Begründung des EntgTranspG-E hervorgehobenen verringerten Benachteiligungspotential der durch gleichgewichtige Partner kollektivrechtlich ausgehandelten Entgeltregelungen gegenüber einseitigen Bestimmungen oder Individualarbeitsverträgen 46 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 61. 47 Vgl. BAG, Urteil vom 17. November 2005 - 6 AZR 160/05, BAG, Urteil vom 24. Juni 2014 - 1 AZR 1044/12. 48 BAG, Urteil vom 25. März 2009 - 7 AZR 710/07. 49 Schriftliche Stellungnahme des DGB (Fn. 9), S. 15. 50 BAG, Urteil vom 25. März 2009 (Fn. 48), Rn. 44. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 18 besondere Bedeutung zu. Die Entgeltregelungen des Dritten Wegs sind im Übrigen von den kirchlichen Arbeitgebern wie tarifliche Normen gleichermaßen verpflichtend auf alle Arbeitsverhältnisse anzuwenden und machen so die von ihnen erfassten Entgeltgruppen untereinander vergleichbar . Vor diesem Hintergrund dürfte die Erstreckung der erleichterten Auskunftserteilung auf kollektivrechtlichen Entgeltregelungen der Kirchen nicht zu beanstanden sein. 7. Betriebliche Prüfverfahren Nach § 17 Abs. 1 EntgTranspG-E sind private Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten aufgefordert, mithilfe betrieblicher Prüfverfahren ihre Entgeltregelungen und die verschiedenen gezahlten Entgeltbestandteile sowie deren Anwendung regelmäßig auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes zu überprüfen. Demgegenüber sah der ursprüngliche Referentenentwurf vor, den Einsatz betrieblicher Entgeltprüfverfahren für alle privaten Arbeitgeber dieser Größe verpflichtend anzuordnen (§ 16 Abs. 1 EntgTranspG-RefE). Die nun vorgesehene Freiwilligkeit bei der Verwendung von Entgeltprüfverfahren wird vielfach für unzureichend erachtet. Der DGB bezeichnet sie gar als „die größte Schwachstelle des Entwurfs“. 51 Nach § 13 Abs. 1 EntgTranspG-RefE sollte außerdem ausschließlich der Einsatz durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zertifizierter Verfahren erlaubt sein. Auch auf diese Vorgabe wurde im vorliegenden EntgTranspG-E verzichtet, was bei den Verfechtern der verpflichtenden Anwendung betrieblicher Entgeltprüfverfahren ebenfalls auf Kritik stößt. Die Verfahren müssen jedoch den in § 18 Abs. 2 EntgTranspG-E niedergelegten besonderen Voraussetzungen entsprechen . Der Arbeitgeber soll aber grundsätzlich frei in der Wahl von Analysemethoden und Arbeitsbewertungsverfahren sein. Thüsing hält die Regelung der Entgeltprüfverfahren in der Gestaltung des EntgTranspG-E allerdings für eine „Totgeburt“52 und begründet dies mit § 20 Abs. 2 Satz 1 des EntgTranspG-E, wonach die Beschäftigten über die Ergebnisse des freiwillig durchgeführten Prüfverfahrens zu informieren sind. Stelle sich dabei das Vorliegen geschlechtsbezogener Entgeltdiskriminierung heraus , müsse der Arbeitgeber mit einer Klagewelle rechnen.53 Er hält es bei dieser Regelung für unwahrscheinlich , dass sich Arbeitgeber für die Anwendung von Entgeltprüfverfahren entscheiden. 51 Schriftliche Stellungnahme des DGB (Fn. 9), S. 18; vgl. dazu auch die schriftliche Stellungnahme des DJB (Fn. 9), S. 10 sowie Platen, Henrike von, schriftliche Stellungnahme vom 26. Februar 2017, Ausschussdrucksache 18(13)107e, S. 3. 52 Thüsing, schriftliche Stellungnahme (Fn. 4), S. 8. 53 Thüsing, schriftliche Stellungnahme (Fn. 4), S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 19 Dem lässt sich entgegenhalten, dass die niedrigschwellige Nutzung betrieblicher Entgeltprüfverfahren , die nach der Entwurfsbegründung auch auf bestimmte Tätigkeiten oder einzelne Betriebsteile beschränkt werden kann,54 grundsätzlich in besonderer Weise geeignet ist, die Akzeptanz dieser Verfahren bei den Arbeitgebern zu fördern. Dass die freiwillige Anwendung von Entgeltprüfungsverfahren zur Beseitigung geschlechtsbezogener Entgeltdiskriminierung in letzter Konsequenz als Werbebotschaft sogar das Image eines Unternehmens prägen kann, beweisen die Berliner Wasserbetriebe.55 Sich als Unternehmen zu präsentieren, das die Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern in besonderer Weise fördert, könnte in Zeiten drohenden Fachkräftemangels die Personalgewinnung erleichtern und damit diesen Arbeitgebern einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Mag auch der dem politischen Kompromiss geschuldete Verzicht auf die flächendeckende verpflichtende Anwendung betrieblicher Entgeltprüfungsverfahren vielfach bedauert werden, so dürfte doch auch der freiwillige Einsatz solcher Verfahren seine Wirkung zeitigen und dem angestrebten Ziel der Förderung der Entgeltgerechtigkeit nutzen. 8. Fazit Bei dem vorliegenden Regierungsentwurf zum Entgelttransparenzgesetz handelt es sich um einen politischen Kompromiss, um den ganz augenscheinlich hart gerungen wurde. Dies wird bereits aus den gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf vorgenommenen Veränderungen ersichtlich . Dass dabei auch der vorgesehene Titel des Gesetzentwurfs eine Reduzierung seines Anspruchs signalisiert, hat er aber womöglich gar nicht verdient, denn auch die gegenüber dem Referentenentwurf zum Teil deutlich verringerten Verpflichtungen der Arbeitgeber vermögen Entgelttransparenz herzustellen. Während in den schriftlichen Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung am 6. März 2017 der geltend gemachten Mängel wegen das Gesetz zum Teil als wirkungslos bezeichnet wurde, schien daher in der Anhörung selbst unter den Sachverständigen die Auffassung zu überwiegen, dass auch ein zahlreichen kompromissbedingten Änderungen unterworfener Gesetzentwurf geeignet sein könne, die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern zu fördern. Denn während in den Augen der Befürworter wesentliche Bestandteile des Entwurfs zur Geltendmachung der Rechte der Beschäftigten zurückgenommen und relativiert wurden, hat er für die Skeptiker an Akzeptanz für die Arbeitgeber gewonnen. Dies könnte vor allem im Hinblick auf die Sensibilisierung der Arbeitgeber für die Bedeutung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern als „wesentliche Rahmenbedingung für nachhaltiges 54 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 69. 55 Schriftliche Stellungnahme der Berliner Wasserbetriebe (Fn. 34). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 6 - 3000 - 014/17 Seite 20 Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit“56, und das Erfordernis von Entgelttransparenz als „Voraussetzung für Aufdeckung und Beseitigung potentieller Entgeltbenachteiligung “57, zur Schaffung gegenseitigen Vertrauens von besonderer Bedeutung sein. Auch der vom Fachausschuss ebenfalls um Stellungnahme gebetene Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung vertritt die Überzeugung, dass „mit dem Gesetz ein wichtiger gesellschaftspolitischer Beitrag geleistet“ und die damit verfolgten Ziele nachhaltig gefördert würden.58 *** 56 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 20. 57 Bundestagsdrucksache 18/11133 (Fn. 1), S. 21. 58 Stellungnahme des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung vom 15. Februar 2017 (Ausschussdrucksache 18(13)105.