© 2021 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 013/21 COVID-19 Infektionen als Arbeitsunfall und Berufskrankheit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 013/21 Seite 2 COVID-19 Infektionen als Arbeitsunfall und Berufskrankheit Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 013/21 Abschluss der Arbeit: 17. Februar 2021 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 013/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Der Versicherungsfall nach § 7 SGB VII 4 2.1. COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall 5 2.2. COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit 6 2.3. Beweisfragen 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 013/21 Seite 4 1. Einleitung In Deutschland ist es Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung nach den Vorschriften des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten (Prävention, §§ 14 bis 21 SGB VII) und bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit wiederherzustellen (Rehabilitation) und die Versicherten oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen (§ 1 SGB VII). Nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten erbringt die Unfallversicherung neben Heilbehandlungsmaßnahmen und Leistungen zur Teilhabe Geldleistungen an Versicherte und Hinterbliebene in Form von Renten. Nach § 2 SGB VII sind unter anderem alle abhängig Beschäftigten in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert. Eine COVID-19-Erkrankung kann grundsätzlich auch einen Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstellen. Unter welchen Voraussetzungen eine COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall oder als Berufskrankheit anerkannt werden kann, wird im Folgenden näher betrachtet.1 2. Der Versicherungsfall nach § 7 SGB VII § 7 Abs. 1 SGB VII benennt Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten als die zentralen Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Begriff „Versicherungsfall“ grenzt das in diesem Zweig der Sozialversicherung versicherte Risiko gegenüber dem unversicherten allgemeinen Lebensrisiko ab. Den näheren Inhalt bestimmen die konkreten Regelungen der §§ 8 ff. SGB VII.2 Für gesundheitliche Schäden, die keinen Versicherungsfall nach §§ 8 und 9 SGB VII darstellen, sondern aus einer Pflichtverletzung des Arbeitgebers resultieren, haftet der Arbeitgeber nach den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Eine Entschädigung nach den Vorschriften des SGB VII scheidet hingegen aus.3 Ob die Voraussetzungen zur Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit als Versicherungsfall vorliegen, kann nur aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls geprüft und bewertet werden. 1 Dieser Ausarbeitung liegen zum Teil frühere Beiträge der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zur selben Thematik zugrunde. 2 Wietfeld in: Beck-Online-Kommentar Sozialrecht, 59. Edition, Stand: 1. Dezember 2020, § 7 SGB VII, Rn. 1. 3 Rolfs in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 21. Auflage 2021, § 7 SGB VII, Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 013/21 Seite 5 2.1. COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII setzt ein Arbeitsunfall ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis voraus, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Gesundheitsschäden sind dabei alle regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustände, auch in der Form einer Verschlimmerung eines bereits bestehenden Leidens.4 Eine Infektion mit COVID-19 kann einen Arbeitsunfall darstellen, wenn der Versicherte sie sich am Arbeitsplatz zugezogen hat.5 Für die zeitliche Begrenzung genügt, dass die zur Erkrankung führende Infektion innerhalb einer Arbeitsschicht an einem bestimmten Tag eingetreten ist. Diese Voraussetzung ist bei einer Bazillenübertragung gegeben, da nach bisherigem Erkenntnisstand eine Infektion mit SARS-CoV-2 schon durch einmalige Kontakte möglich ist. Auch ist anerkannt, dass durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion übertragene Bakterien oder Viren „von außen“ auf den Körper einwirken und somit zu einem Gesundheitsschaden durch bloße Veränderung des menschlichen Zustands führen .6 Ein Arbeitsunfall liegt jedoch nur dann vor, wenn er infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit eingetreten ist. Der Unfall muss somit in einem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit stehen. Bei Beschäftigten sind das sämtliche Tätigkeiten, die dem Beschäftigungsverhältnis zugerechnet werden können.7 Der Gesundheitsschaden muss zudem infolge des versicherten Unfallereignisses objektiv und rechtlich wesentlich verursacht worden sein.8 Vor diesem Hintergrund muss bei einer COVID-19-Erkrankung ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person („Indexperson“) nachweislich stattgefunden haben und spätestens innerhalb von zwei Wochen die Erkrankung eingetreten beziehungsweise der Nachweis der Ansteckung erfolgt sein. Die Intensität des Kontaktes bemisst sich dabei vornehmlich nach der Dauer und der örtlichen Nähe. Hierzu finden sich in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20. August 2020 weitere Informationen.9 Lässt sich keine konkrete Indexperson feststellen, kann im Einzelfall auch eine größere Anzahl nachweislich infizierter Personen innerhalb eines Betriebes im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld 4 Rolfs in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 21. Auflage 2021, § 8 SGB VII, Rn. 1. 5 Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19-Corona-Gesetzgebung – Gesundheit und Soziales, 1. Auflage 2020, § 18 Unfallversicherung, Rn. 8. 6 Seiwert/Witschen in: Die Dreifachwirkung des Arbeitsschutzrechts gegen Risiken der Corona-Pandemie, NZA 2020, Rn. 828. 7 Wietfeld in: Beck-Online-Kommentar Sozialrecht, 59. Edition, Stand: 1. Dezember 2020, § 8 SGB VII, Rn. 6. 8 BSG vom 5. Juli 2016, Az.: B 2 U 5/15 R, Rn. 13. 9 Abrufbar unter: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/AR-CoV- 2/pdf/AR-CoV-2.pdf?__blob=publicationFile&v=6, zuletzt abgerufen am 10. Februar 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 013/21 Seite 6 ausreichen, um als Nachweis für die Verursachung der Erkrankung infolge der versicherten Tätigkeit zu dienen. Dies gilt im Übrigen auch, wenn die Infektion auf dem Weg zur oder von der Arbeit eingetreten ist. Eine alleinige arbeitsbedingt erhöhte Gefahr genügt bei der Übertragung von Infektionskrankheiten für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit jedoch nicht.10 Bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls ist aber stets zu berücksichtigen, ob im maßgeblichen Infektionszeitraum Kontakt zu anderen Indexpersonen außerhalb der versicherten Tätigkeit bestand und ob dies einer Anerkennung als Arbeitsunfall entgegensteht. Im Ergebnis muss in jedem Einzelfall anhand aller vorliegenden Aspekte durch den Unfallversicherungsträger geprüft werden, ob die COVID-19-Erkrankung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit infolge der versicherten Tätigkeit eingetreten ist, damit ein Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII anerkannt werden kann. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat hierzu entsprechende Informationen bereitgestellt.11 Diese Voraussetzungen gelten für alle in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen und damit ohne Einschränkung für alle Beschäftigtengruppen sowie weitere Gruppen von Versicherten. 2.2. COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit Im Unterschied zu Arbeitsunfällen werden Berufskrankheiten nach § 9 SGB VII regelmäßig dadurch verursacht, dass gefährdende Beschäftigungen über einen längeren Zeitraum ausgeübt werden. Die zeitlich andauernde schädliche Einwirkung der gefährdenden Tätigkeit ist in Abgrenzung zum plötzlich eintretenden Arbeitsunfall das Kennzeichen einer Berufskrankheit.12 Jedoch kann auch eine Berufskrankheit plötzlich auftreten wie beispielsweise eine Infektionskrankheit . Sie erfüllt dann dem Grunde nach auch die Merkmale eines Arbeitsunfalls, ist aber aufgrund der spezialgesetzlichen Regelung des § 9 SGB VII als Berufskrankheit zu behandeln.13 Berufskrankheiten nach § 9 SGB VII sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung hat am 31. Oktober 1997 die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) erlassen, welcher eine umfangreiche Liste von Berufskrankheiten beigefügt ist. Auch für die Anerkennung 10 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 8 SGB VII, Rn. 80b. 11 Abrufbar unter: https://www.dguv.de/de/mediencenter/hintergrund/corona_arbeitsunfall/index.jsp, zuletzt abgerufen am 10. Februar 2021. 12 Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19-Corona-Gesetzgebung – Gesundheit und Soziales, 1. Auflage 2020, § 18 Unfallversicherung, Rn. 9. 13 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 9 SGB VII, Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 013/21 Seite 7 einer Berufskrankheit muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Krankheit und versicherter Tätigkeit vorliegen.14 Eine COVID-19-Erkrankung kann eine Berufskrankheit im Sinne der Nummer 3101 der Berufskrankheitenliste sein. Die Anerkennung setzt voraus, dass die Betroffenen „im Gesundheitsdienst , in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ waren. Bei diesen Tätigkeiten ist typischerweise von einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko auszugehen. Die Aufzählung ist aber nicht abschließend, sodass auch in anderen Berufszweigen eine Anerkennung als Berufskrankheit grundsätzlich möglich ist. Voraussetzung hierfür ist aber, dass vergleichbare Infektionsrisiken mit COVID-19 festgestellt werden. Das bedeutet, dass eine konkrete Risikoerhöhung in einer weiteren gesamten Branche vorliegen muss, die sich in entsprechend erhöhten Erkrankungszahlen niedergeschlagen haben muss und epidemiologisch nachweisbar ist. Eine Gefährdung in einzelnen Betrieben reicht hierfür nicht aus.15 Nach Auskunft der DGUV liegen bisher keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vor, dass bestimmte Berufsgruppen, wie beispielsweise Beschäftigte im Einzelhandel oder im öffentlichen Nahverkehr, einem vergleichbar erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.16 Das Bundessozialgericht (BSG) hat im Zusammenhang mit Hepatitis-Infektionen entschieden,17 dass die Infektionsgefahr im Wesentlichen danach zu beurteilen ist, wie stark das berufliche Umfeld durchseucht ist und wie hoch die Gefahr nach Art, Häufigkeit und Dauer der Tätigkeit zu bewerten ist.18 Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat zur Prüfung, inwieweit für weitere Berufsgruppen eine Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit in Frage kommen könnte, eine Arbeitsgruppe beim Ärztlichen Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eingerichtet . Die Ergebnisse hierzu bleiben jedoch noch abzuwarten.19 14 Eisenbeis in: Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 5. Auflage 2021, § 17 Nicht- und Schlechtleistung, Rn. 131. 15 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/24562 – Corona als Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Bundestagsdrucksache 19/24982 vom 8. Dezember 2020, S. 6. 16 Abrufbar unter: https://www.dguv.de/de/mediencenter/hintergrund/corona_arbeitsunfall/index.jsp, zuletzt abgerufen am 10. Februar 2021. 17 BSG vom 2. April 2009, Az.: B 2 U 30/07 R, Rn. 21. 18 Seiwert/Witschen in: Die Dreifachwirkung des Arbeitsschutzrechts gegen Risiken der Corona-Pandemie, NZA 2020, Rn. 827. 19 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/24562 – Corona als Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Bundestagsdrucksache 19/24982 vom 8. Dezember 2020, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 013/21 Seite 8 Soweit eine Anerkennung einer COVID-19- Erkrankung für Berufsgruppen außerhalb des Gesundheitsdienstes , der Wohlfahrtspflege und Laboratorien nicht möglich ist, käme unter den unter Punkt 2.1 genannten Voraussetzungen die Anerkennung eines Arbeitsunfalls in Betracht. 2.3. Beweisfragen Die Anerkennung einer COVID-19-Ekrankung als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit setzt unter anderem voraus, dass sie durch eine versicherte Tätigkeit verursacht wurde, beispielsweise durch einen Kontakt mit einem infizierten Kollegen. Dies umfassend und objektiv zu ermitteln, obliegt nach dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) den Unfallversicherungsträgern. Die Versicherten müssen lediglich im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auf Anforderung entsprechende Fragen beantworten oder sich ärztlichen Untersuchungen und Begutachtungen unterziehen .20 Eine Darlegungs- und Beweisführungspflicht obliegt den Versicherten hingegen nicht.21 Der Unfallversicherungsträger ist somit verpflichtet, alles Notwendige zu veranlassen, um die Beweismöglichkeiten auszuschöpfen. Fragen der Beweislastverteilung stellen sich daher nur, wenn die erforderlichen Voraussetzungen des Versicherungsfalls trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten nicht nachgewiesen werden konnten. Nach den Regeln der objektiven Beweislast hat ein Versicherter , der aus bestimmten Tatsachen einen Anspruch herleiten will, auch die negativen Folgen hinzunehmen, wenn diese Tatsachen letztendlich nicht festgestellt werden können.22 Im Falle eines sogenannten „Beweisnotstands“ können die Beweisanforderungen im Rahmen der Beweiswürdigung erleichtert werden. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn wegen besonderer Umstände, die dem Versicherten nicht angelastet werden können, Beweismittel nicht oder nicht mehr vorhanden sind. Die Anforderungen an die Beweise dürfen dadurch aber nicht vollständig aufgehoben werden.23 Beweiserleichterungen sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig und führen nur zur Abmilderung der Beweisanforderungen, aber nicht zur Umkehr der Beweislast .24 Nach herrschender Meinung stünde eine gesetzliche Regelung über eine Umkehr der Beweislast nicht in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Beweisgrundsatz, wonach die Beweislast generell denen obliegt, die Ansprüche geltend machen und dass Ausnahmen rechtfertigende Besonderheiten insbesondere für das Recht der Berufskrankheiten nicht zu begründen sind, zumal die 20 Ricke in: Corona, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Antworten und offene Fragen, COVuR 2020, Rn. 345, 346. 21 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 9 SGB VII, Rn. 27b. 22 Wietfeld in: Beck-Online-Kommentar Sozialrecht, 59. Edition, Stand: 1. Dezember 2020, § 8 SGB VII, Rn. 4. 23 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 8 SGB VII, Rn. 261. 24 Ricke in: Corona, Arbeitsunfall und Berufskrankheit – aktueller Stand, COVuR 2020, Rn. 801. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 013/21 Seite 9 gesetzliche Unfallversicherung auch auf der Ablösung der zivilrechtlichen Haftpflicht des Arbeitgebers beruht und eine Umkehr der Beweislast in einem zivilrechtlichen Schadensersatzverfahren auch nicht in Betracht käme.25 *** 25 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 9 SGB VII, Rn. 27b.