© 2020 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 012/20 Rentenhöhe in Deutschland und Österreich nach 45 Jahren mit einem durchschnittlichen Verdienst Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 012/20 Seite 2 Rentenhöhe in Deutschland und Österreich nach 45 Jahren mit einem durchschnittlichen Verdienst Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 012/20 Abschluss der Arbeit: 30. Januar 2020 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 012/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Problem der länderübergreifenden Vergleichbarkeit sozialer Sicherungssysteme 4 2. Grundprinzipien der österreichischen Pensionsversicherung im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland 4 3. Standardrente in der deutschen Rentenversicherung 5 4. Rentenhöhe in Österreich 6 5. Gegenüberstellung der deutschen Standardrente mit einer vergleichbaren österreichischen Rente 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 012/20 Seite 4 1. Problem der länderübergreifenden Vergleichbarkeit sozialer Sicherungssysteme Die Soziale Sicherung ist geprägt von der jeweiligen kulturellen Tradition, der wirtschaftlichen und der historisch-politischen Entwicklung eines Landes. Auch wenn die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland und die Pensionsversicherung in Österreich auf das Bismarck’sche Sozialversicherungsmodell zurückzuführen sind, weichen die Sicherungssysteme insbesondere hinsichtlich des einbezogenen Personenkreises und des angestrebten Sicherungsziels aus diesem Grunde stark voneinander ab.1 Gemeinsamkeiten der gesetzlichen Alterssicherung in Österreich und Deutschland liegen vor allem in der Finanzierung durch das Umlageverfahren sowie darin, dass sie auf dem Äquivalenzund Solidaritätsprinzip beruhen: Je höher die Beiträge waren und je länger sie gezahlt worden sind, desto höher ist nach dem Äquivalenzprinzip auch die Leistung. Dieser Zusammenhang wird jedoch durch das Solidaritätsprinzip im Sinne eines sozialen Ausgleichs zum Teil erheblich modifiziert. Einem direkten Vergleich zwischen der Alterssicherung in Österreich und der in Deutschland steht beispielsweise entgegen, dass die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland zwar das wichtigste, jedoch nicht das einzige Alterssicherungssystem darstellt. Dagegen gelten in Österreich im Rahmen der im Jahre 2004 verabschiedeten Pensionsharmonisierung für die Alterssicherung nahezu sämtlicher Erwerbstätigen dieselben Regelungen. 2. Grundprinzipien der österreichischen Pensionsversicherung im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland2 In Österreich sind alle gegen Entgelt beschäftigten Arbeitnehmer und Lehrlinge inklusive Bundesbeamte und zum Teil auch Landesbeamte von den durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber selbstverwalteten Pensionsversicherungen erfasst. Die Versicherungspflicht gilt auch für selbständig Tätige und mitarbeitende Familienangehörige. In Deutschland werden Beamte, Landwirte , Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke und die meisten Selbständigen nicht von der Rentenversicherungspflicht erfasst. 1 Zur Problematik des Vergleichs sozialer Sicherungssysteme vgl. Schmidt, Josef „Wohlfahrtsstaaten im Vergleich : Soziale Sicherung in Europa: Organisation, Finanzierung, Leistungen und Probleme; [Forschungsprojekt zum Thema "Stand, Perspektiven und Probleme der Finanzierung von Sozialen Sicherungssystemen in anderen EG-Ländern in Komparativer Perspektive"], 3., aktualisierte und erw. Aufl. 2010, VS-Verl., Wiesbaden S. 99. 2 Vgl. Österreichisches Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Broschüre „Grundlagen des österreichischen Pensionssystems“, Ausgabe 2019, abrufbar im Internet unter https://broschuerenservice .sozialministerium.at/Home/Download?publicationId=652, zuletzt abgerufen am 28. Januar 2020. Rechtsgrundlagen sind in Österreich das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und das Allgemeine Pensionsgesetz (APG). In Deutschland ist die gesetzliche Rentenversicherung im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 012/20 Seite 5 Der Beitragssatz beträgt für Beschäftigte in Österreich 22,8 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit bis zur jährlich neu bestimmten Höchstgrenze.3 Diese beträgt ab 1. Januar 2020 regelmäßig monatlich 5.370,00 Euro. Der Arbeitnehmeranteil beträgt 10,25 Prozent, so dass auf die Arbeitgeber 12,55 Prozent entfallen. Dagegen beträgt der Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung in Deutschland zurzeit 18,6 Prozent des Entgelts, höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze von aktuell monatlich 6.900 Euro. Die Beiträge sind hier von den Versicherten und von den Arbeitgebern je zur Hälfte zu tragen. Das über die Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber finanzierte Umlageverfahren wird in Österreich auch durch die Ausfallhaftung des Bundes ergänzt: Der Betrag, um den die Aufwendungen für die Rentenzahlungen die Erträge aus den gezahlten Beiträgen eines Jahres übersteigen, wird vom Staat aus Steuermitteln übernommen. Ferner wird der für die Gewährung der als Ausgleichszulage gezahlten Mindestrenten erforderliche Aufwand sowie die Mehrausgaben für das Pflegegeld aus Steuermitteln erstattet. In Deutschland beteiligt sich der Bund über Bundeszuschüsse und Erstattungen an der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung. In Österreich beträgt die Regelaltersgrenze für Männer 65 Jahre. Für Frauen erhöht sich die Regelaltersgrenze zwischen den Jahren 2024 und 2033 stufenweise von 60 auf 65 Jahre. In Deutschland wird die Regelaltersgrenze für Männer und Frauen seit dem Jahr 2012 bis zum Jahr 2029 stufenweise vom 65. auf das 67. Lebensjahr angehoben. Unter bestimmten Voraussetzungen und unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen ist in beiden Ländern auch ein vorzeitiger Bezug einer Altersrente möglich. Bis zum Jahr 2040 erfolgt in Österreich eine Angleichung der Alterssicherung der Beamten an die allgemeine Pensionsversicherung. Die völlige leistungsrechtliche Gleichstellung erfolgt für ab 2005 in ein Beamtenverhältnis berufene Personen beziehungsweise ab 1976 geborene Beamte. Für ältere Beamte sind aus Gründen des Vertrauensschutzes Übergangsregelungen vorgesehen, so dass die vollständige Harmonisierung mit gleich hohen Beiträgen und Leistungen erst nach dem Jahr 2040 erreicht sein wird. 3. Standardrente in der deutschen Rentenversicherung Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen, die in Entgeltpunkte umgerechnet werden. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergibt einen vollen Entgeltpunkt. Für die Höhe der Renten ist in Deutschland ein bestimmtes Sicherungsniveau festgelegt, das auf der Standardrente, der so genannten Eckrente, beruht. Diese ergibt sich als Regelaltersrente aus 3 Dachverband der österreichischen Sozialversicherung, Beitragsrechtliche Werte in der Sozialversicherung, Stichtag: 1. Jänner 2020, abrufbar im Internet unter https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/load?contentid =10008.728875&version=1576239770, zuletzt abgerufen am 28. Januar 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 012/20 Seite 6 einer fiktiven Erwerbsbiographie mit insgesamt 45 Entgeltpunkten. Einer Standardrente liegt insoweit eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung für 45 Jahre aufgrund eines durchschnittlichen Verdienstes zugrunde. Im Jahre 2018 betrug die Standardrente 17.296 Euro.4 Das Sicherungsniveau vor Steuern für das jeweilige Kalenderjahr ist nach der gesetzlichen Bestimmung der Verhältniswert aus der verfügbaren Standardrente und dem verfügbaren Durchschnittsentgelt des jeweils betreffenden Kalenderjahres. Die verfügbare Standardrente des jeweiligen Kalenderjahres ist die Standardrente, gemindert um die von den Rentnerinnen und Rentnern zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge. Das verfügbare Durchschnittsentgelt des jeweiligen Kalenderjahres wird ermittelt, indem das verfügbare Durchschnittsentgelt des Vorjahres mit der für die Rentenanpassung maßgebenden Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer und der Veränderung der Nettoquote des jeweiligen Kalenderjahres gegenüber dem Vorjahr angepasst wird. Die Nettoquote des jeweiligen Kalenderjahres wird ermittelt, indem vom Wert 100 Prozent der vom Arbeitnehmer zu tragende Anteil des im Bundesanzeiger bekannt gegebenen Gesamtsozialversicherungsbeitragssatzes des betreffenden Kalenderjahres abgezogen wird. Das Sicherungsniveau wird über die Rentenanpassungen gesteuert. Folgt die Rentenanpassung der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter bleibt das Sicherungsniveau gleich. Durch den Nachhaltigkeitsfaktor in der Formel für die Rentenanpassung ist eine allmähliche Niveausenkung beabsichtigt. Die Anpassung der Renten sowie die Festsetzung des Beitragssatzes und des Bundeszuschusses sind in einen selbstregulierenden Mechanismus eingebunden. Die für 2018 berechnete Standardrente in Höhe von 17.296 Euro entsprach einem Sicherungsniveau vor Steuern von 48,1 Prozent, welches bis zum Jahr 2025 nicht unter 48 Prozent und bis zum Jahr 2030 nicht unter 43 Prozent betragen soll. 4. Rentenhöhe in Österreich Zum 1. Januar 2005 wurde in Österreich ein einheitliches harmonisiertes Pensionsrecht geschaffen . Diese Bestimmungen gelten für nach dem 31. Dezember 1954 geborene Versicherte. Bei der Anwendung des neuen Rechts sind diverse Übergansregelungen zu beachten. 4 Deutsche Rentenversicherung Bund, Rentenversicherung in Zeitreihen, Oktober 2019, S. 250, abrufbar im Internet unter https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistiken-und-Berichte /statistikpublikationen/rv_in_zeitreihen.pdf;jsessionid=353865DD9749ED315EBFDC6F6929C7A2.delivery 1-2-replication?__blob=publicationFile&v=1, zuletzt abgerufen am 28. Januar 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 012/20 Seite 7 Grundsätzlich werden für jedes Beitragsjahr 1,78 Prozent des versicherten Arbeitsentgelts, das der Beitragsbemessung zugrunde lag, für die spätere Rente gutgeschrieben und nach der Lohnentwicklung angepasst.5 Nach 45 Beitragsjahren aufgrund eines durchschnittlichen Verdienstes beträgt die Jahresrente rechnerisch insoweit (1,78 Prozent x 45 Jahre =) rund 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes . Im Jahr 2018 betrug das Bruttojahreseinkommen der unselbständig Erwerbstätigen 33.221 Euro.6 Daraus ergibt sich unter Außerachtlassung der Übergangsregelungen für vor dem 1. Januar 1955 geborene Versicherte und für vor dem Jahr 2005 zurückgelegte Beitragszeiten bei 45 Jahren mit einer Beitragszahlung aufgrund eines durchschnittlichen Verdienstes eine Jahresrente von (33.221 Euro x 80 Prozent =) 26.576,80 Euro. 5. Gegenüberstellung der deutschen Standardrente mit einer vergleichbaren österreichischen Rente Einer aus der österreichischen Pensionsversicherung überschlägig für das Jahr 2018 berechneten Rente in Höhe von 26.576,80 Euro, der eine Beitragszahlung aus einem Durchschnittsverdienst für 45 Jahre zugrunde liegt, steht die für dasselbe Jahr bestimmte Standardrente aus der deutschen Rentenversicherung in Höhe von 17.296 Euro gegenüber. Dabei handelt es sich jeweils um Bruttobeträge . Die Differenz der Renten in Deutschland und Österreich ergibt sich aus den unterschiedlichen Sicherungszielen. So soll ein Versicherter in Österreich, der mit 65 Jahren und 45 Versicherungsjahren in den Ruhestand geht, 80 Prozent seines durchschnittlichen Bruttoerwerbseinkommens als Pension erhalten, während die Altersrente eines Standardrentners in Deutschland mit 45 Entgeltpunkten derzeit 48,1 Prozent des verfügbaren Durchschnittsentgelts, also nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge , aber vor Abzug der Steuern, beträgt. *** 5 Vgl. Fn. 2 und Deutsche Rentenversicherung Bund, Broschüre „Meine Zeit in Österreich“, S. 27, abrufbar im Internet unter https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/international /europaeische_vereinbarungen/meine_zeit_oesterreich.pdf?__blob=publicationFile&v=1, zuletzt abgerufen am 28. Januar 2020. 6 Bundesanstalt Statistik Österreich, abrufbar im Internet unter https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen _und_gesellschaft/soziales/personen-einkommen/jaehrliche_personen_einkommen/020054.html, zuletzt abgerufen am 28. Januar 2020.