© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 007/19 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Anspruch auf jährlich angepasste höhere Regelsätze gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 AsylbLG Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Fazit 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 007/19 Seite 4 1. Allgemeines zum Asylbewerberleistungsgesetz Das Asylbewerberleistungsgesetz ist am 1. November 1993 in Kraft getreten. Es regelt seitdem sowohl die Höhe als auch die Form von Sozialleistungen, welche die Anspruchsberechtigten (§ 1 AsylbLG) vom Staat erhalten können. Das Gesetz war in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand von Änderungen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 18. Juli 20121 konstatiert hat, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, den Umfang des Leistungsanspruchs konkret zu bestimmen und hierbei ein inhaltlich transparentes und sachgerechtes Verfahren anzuwenden, mit welchem die Höhe der Leistungen schlüssig berechnet werden kann, hat es hiermit den Gesetzgeber in die Pflicht genommen, die Grundleistungen mit dem Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes2 neu anzupassen. Hiermit sollte dem vom BVerfG proklamierten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 Abs. 1 GG Rechnung getragen werden. 2. Bestimmung der Grundleistungen nach der Novelle des Asylbewerberleistungsgesetzes Mit der Novelle in Form des Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes im Jahr 2014 sind in § 3 AsylbLG, welcher die Grundleistung für die Anspruchsberechtigten beinhaltet, die Absätze 4 und 5 implementiert worden. Primäres Ziel des Gesetzgebers war es hiermit, die Vorgaben des BVerfG aus dem Urteil vom 18. Juli 2012 umzusetzen .3 Die vom Gesetzgeber eingefügten Neuregelungen beinhalten den Rückgriff auf die nach § 28 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) XII vorgenommene Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Die Berechnung der Regelbedarfe nach § 3 AsylbLG sowie der Bedarfe nach SGB XII und SGB II sollen anhand einer einheitlichen Datengrundlage in Form der EVS erfolgen (§ 3 Abs. 5 AsylbLG).4 In der Gesetzesbegründung ist deshalb von einem grundsätzlich identischen Fortschreibungsmechanismus bei § 3 AsylbLG und dem SGB XII die Rede. Dies impliziert jedoch auch die Verpflichtung seitens des Gesetzgebers, die Regelbedarfsberechnungen bei Vorliegen einer neuen EVS (in der Regel also alle fünf Jahre) jeweils auf dem aktuellsten Stand vorzunehmen.5 1 Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11. 2 Gesetz vom 10. Dezember 2014 – Bundesgesetzblatt Teil I, S. 2187 ff. 3 BT-Drs. 18/2592 vom 22. September 2014, S. 1. 4 BT-Drs. 18/2592 vom 22. September 2014, S. 20. 5 BT-Drs. 18/2592 vom 22. September 2014, S. 25. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 007/19 Seite 5 Zu beachten ist, dass § 3 Abs. 4 und Abs. 5 AsylbLG zwei unterschiedliche Sachverhalte erfassen . Sofern eine aktuelle EVS vorliegt, hat der Gesetzgeber nach §§ 3 Abs. 5 AsylbLG, 28 Abs. 1 SGB XII den Regelbedarf anhand dieser neu ermittelten Werte anzupassen. In den Jahren hingegen , in denen keine neuen Daten aufgrund einer aktuellen EVS vorliegen, ist vielmehr § 3 Abs. 4 AsylbLG in Verbindung mit §§ 28a, 40 SGB XII einschlägig. § 3 Abs. 4 AsylbLG regelt die Fortschreibung des Geldbetrags für alle notwendigen persönlichen Bedarfe (§ 3 Abs. 1 Satz 8 AsylbLG) sowie für den notwendigen Bedarf bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG). Diese Fortschreibung hat dergestalt zu erfolgen, dass die Geldbeträge jeweils zum 1. Januar eines Jahres entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a SGB XII in Verbindung mit der Verordnung nach § 40 SGB XII angepasst werden sollen. Der Regelungszweck, der sich hinter dem Verweis auf § 28a SGB XII verbirgt , ist folgender: damit die Preisentwicklung in Deutschland hinreichend bei der Fortschreibung der Geldbeträge berücksichtigt werden kann, bedarf es einer Norm, welche den Zeitraum von fünf Jahren – bis eine neue Berechnungsgrundlage in Form einer aktuellen EVS vorliegt – überbrückt.6 Die Höhe des angepassten Geldbetrags ist sodann vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) spätestens bis zum 1. November eines Kalenderjahres für das folgende Kalenderjahr im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben (§ 3 Abs. 4 Satz 3 AsylbLG). Da dem Ministerium kein Ermessensspielraum eingeräumt wird, handelt es sich hierbei um eine Bekanntmachungspflicht .7 3. Erneutes Gesetz zur Anpassung der Bedarfsstufen im Vermittlungsausschuss gescheitert Mit dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes sollten zuvörderst den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Neuermittlung der Bedarfsätze nach § 3 AsylbLG zum 1. Januar 2017 Rechnung getragen werden.8 Hintergrund dieses Vorhabens war das Vorliegen einer neuen EVS aus dem Jahre 2013, was den Gesetzgeber dazu verpflichtet, die Höhe des Geldbetrags für alle notwendigen persönlichen Bedarfe sowie die Höhe des notwendigen Bedarfs auf dieser Grundlage neu festzusetzen (§ 3 Abs. 5 AsylbLG). Dass es die Aufgabe des Gesetzgebers ist, beim Vorliegen einer neuen EVS die Ermittlung der Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz vorzunehmen, normiert § 28 Abs. 1 SGB XII. Aufgrund der Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes erforderte es zur Realisierung dieses Gesetzesvorhabens der Mitwirkung des Bundesrats, der dem Gesetz allerdings die Zustimmung versagte . Die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch die Bundesregierung blieb erfolglos, so dass sich nach dem Grundsatz der sachlichen Diskontinuität das Gesetz mit dem Ablauf der 18. Wahlperiode erledigt hat. 6 Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII § 28a Rn. 1. 7 Hohm in Schellhorn/Hohm/Schneider, 19. Auflage 2015, SGB XII § 3 AsylbLG Rn. 58. 8 BT-Drs. 18/9985 vom 17. Oktober 2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 007/19 Seite 6 4. Die aktuelle Rechtslage Das Scheitern des Gesetzesvorhabens der Bundesregierung im Vermittlungsausschuss hatte zur Folge, dass eine Anpassung der Bedarfssätze in § 3 AsylbLG aufgrund der neuen EVS aus dem Jahr 2013 unterblieben ist. Seit Januar 2017 ist demnach zu konstatieren, dass eine Neuermittlung der Bedarfssätze weder gemäß § 3 Abs. 5 noch gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 AsylbLG erfolgt ist.9 Das Sozialgericht (SG) Stade hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob bei gleichzeitiger Erhöhung des Regelbedarfs nach dem SGB XII für den Kläger auch ein Anspruch auf höhere Leistungen nach § 3 Abs. 4 AsylbLG besteht, obgleich eine Anpassung der Grundleistungen nicht erfolgt ist und das BMAS auch keine Bekanntgabe der aktuellen Höhe der Bedarfe im Bundesgesetzblatt vorgenommen hat.10 4.1. Argumentation des Sozialgerichts Stade Das SG Stade hat die Klage für begründet erachtet und dem Kläger den Anspruch auf höhere Leistungen direkt aus dem Gesetz (§ 3 Abs. 1 Satz 8 und Abs. 2 Satz 2 AsylbLG) zugebilligt. Das Gericht stützt sich bei seiner Argumentation auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Kopplung der Leistungserhöhung in § 3 AsylbLG an die Erhöhung der Regelbedarfe nach dem SGB XII, weil diese Bindung (identischer Fortschreibungsmechanismus) in § 3 Abs. 4 und Abs. 5 AsylbLG an die Regelsätze aus dem SGB XII vom Gesetzgeber so vorgesehen ist. Auf diese Weise schlussfolgert das Gericht, dass mit der Erhöhung des Regelbedarfs nach dem SGB XII ebenfalls eine entsprechende Erhöhung der Leistungen nach § 3 AsylbLG korrespondiert. Nach Auffassung des SG Stade gehen somit die Erhöhung nach SGB XII und die Erhöhung des Regelbedarfs nach § 3 Abs. 4 AsylbLG Hand in Hand. Da der Wortlaut des § 3 Abs. 4 Satz 1 AsylbLG („werden […] fortgeschrieben“) keinen Ermessensspielraum gewährt und somit zu erkennen gibt, dass eine weitere Entscheidung des Gesetz- oder Verordnungsgebers hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ nicht mehr zu erfolgen hat, gebe schon allein diese Norm die Verpflichtung zur Anpassung der Regelbedarfe vor, argumentiert das Gericht . Was die in § 3 Abs. 4 Satz 3 AsylbLG festgesetzte Bekanntgabe der aktuellen Höhe der Bedarfe im Bundesgesetzblatt seitens des BMAS anbelangt, führt das SG Stade aus, dass das Unterlassen der Bekanntgabe nicht zur Folge haben dürfe, dass die gesetzlich angeordnete Anpassung der Regelbedarfe ausbleiben könne. Die Bekanntgabe sei nicht Prämisse für die Anpassung der Leistungen. Vielmehr komme ihr primär die Funktion zu, die Leistungsträger rechtzeitig über die aktuelle Höhe der Bedarfe in Kenntnis zu setzen, was lediglich für eine einheitliche Gesetzesanwendung 9 BT-Drs. 19/6663 vom 21. Dezember 2018, S. 51. 10 Sozialgericht Stade, Urteil vom 13. November 2018 – S 19 AY 15/18. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 007/19 Seite 7 förderlich sei.11 Der Bekanntmachung kommt nach dieser Auffassung somit keine Verbindlichkeit zu.12 Des Weiteren hebt das SG Stade in seinem Urteil hervor, dass die nicht erfolgte Neufestsetzung bei Vorliegen einer aktuellen EVS, so wie es § 3 Abs. 5 AsylbLG vorschreibt, nicht zur Konsequenz haben dürfe, dass nun auch keine Erhöhung nach § 3 Abs. 4 AsylbLG mehr zu erfolgen habe. Mit anderen Worten bleibe die Verpflichtung zur Anpassung der Regelbedarfe nach § 3 Abs. 4 AsylbLG unabhängig davon bestehen, ob der Gesetzgeber die Höhe der Regelbedarfe anhand einer neuen EVS in einem Bundesgesetz neu ermittelt hat. 4.2. Die Auffassung der Bundesregierung Die Bundesregierung teilt die Auffassung des SG Stade, dass eine Fortschreibung der in § 3 AsylbLG aufgeführten Regelbedarfe auch ohne die gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 AsylbLG genannte Bekanntgabe der aktuellen Leistungssätze durch das BMAS im Bundesgesetzblatt zu erfolgen habe, nicht.13 Vielmehr vertritt die Bundesregierung den Standpunkt, dass eine Fortschreibung für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 gemäß § 3 Abs. 4 AsylbLG deshalb nicht erfolgen konnte, weil der Bundesrat seine Zustimmung zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes aus 2016, mit welchem der Gesetzgeber seiner Verpflichtung aus § 3 Abs. 5 AsylbLG zur Anpassung der Regelbedarfe aufgrund der aktuellen EVS nachkommen wollte, verwehrt hat.14 Mithin war der Bundesregierung nach ihrer Auffassung die Anpassung aus rechtlichen Gründen nicht möglich.15 Ferner beruft sich die Bundesregierung darauf, dass das BVerfG16 klar gemacht habe, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, die Regelbedarfe neu festzusetzen und dass dies nicht durch eine Verordnung vorgenommen werden dürfe.17 Allerdings ist auch dem gesetzgeberischen Willen aus § 3 Abs. 4 und Abs. 5 AsylbLG Rechnung zu tragen und dieser sieht nur im Hinblick auf die Neufestsetzung der Regelbedarfe auf Grundlage einer neuen EVS die Anpassung durch Bundesgesetz vor (§§ 3 Abs. 5 AsylbLG, 28 SGB XII). Für die Jahre, in denen keine aktuelle EVS vorliegt, soll daher die Anpassung allein durch Verordnung und Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt erfolgen (§§ 3 Abs. 4 AsylbLG, 40 SGB XII). 11 Frerichs in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, 1. Überarbeitung, § 3 AsylbLG Rn. 179. 12 Ebd. 13 Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages zur 70. Sitzung, Plenarprotokoll 19/70 vom 12. Dezember 2018, S. 8182 (A). 14 BT-Drs. 19/6663 vom 21. Dezember 2018, S. 51. 15 Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages zur 73. Sitzung, Plenarprotokoll 19/73 vom 16. Januar 2019, S. 8564 (D). 16 Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09. 17 Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages zur 73. Sitzung, Plenarprotokoll 19/73 vom 16. Januar 2019, S. 8565 (A). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 007/19 Seite 8 Die Aussage der Bundesregierung dürfte dahingehend interpretiert werden können, dass für die Anpassung der Regelbedarfe nach § 3 Abs. 4 AsylbLG zwingend zuvor die Neufestsetzung aufgrund einer neuen EVS nach § 3 Abs. 5 AsylbLG zu erfolgen hat. Hat der Gesetzgeber die neue EVS also nicht umsetzen können, weil beispielsweise die Zustimmung des Bundesrats unterblieben ist, dann könne auch keine Anpassung per Verordnung und Bekanntgabe im Bundesgesetzblatt nach § 3 Abs. 4 AsylbLG erfolgen. Die Bundesregierung sieht die Erforderlichkeit einer Aktualisierung der Leistungssätze. Aus diesem Grund ist das BMAS damit betraut worden, einen neuen Gesetzentwurf zu erarbeiten.18 5. Fazit Die Frage, ob sich aus dem Asylbewerberleistungsgesetz ein Anspruch auf jährlich angepasste Regelsätze – und zwar unabhängig von einer Bekanntgabe durch das BMAS – ergibt, wird vom SG Stade und der Bundesregierung unterschiedlich bewertet. Folgt man dem SG Stade, dann hat die Bekanntgabe tatsächlich nur deklaratorische Wirkung und soll lediglich der Information sowie der einheitlichen Rechtsanwendung im Bundesgebiet dienen. Folgt man hingegen der Auffassung der Bundesregierung, die sich auf die Wesentlichkeitsrechtsprechung des BVerfG berufen könnte , wonach wesentliche Entscheidungen von demokratisch legitimierten Gesetzgeber zu treffen seien19, dann kann die jährliche Anpassung immer nur dann erfolgen, wenn zuvor die Regelbedarfe auf der Grundlage der aktuellen EVS in einem Bundesgesetz ermittelt worden sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die EVS auch vorsehen kann, dass Regelbedarfe wieder sinken können. Gegen das Urteil des SG Stade ist das Rechtsmittel der Berufung eingelegt worden; das Berufungsverfahren ist derzeit noch anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob das Landessozialgericht der Rechtsauffassung des SG Stade folgen wird und ob es bei dieser streitigen Frage noch zu einer höchstrichterlichen Klärung durch das Bundessozialgericht kommen wird. *** 18 Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages zur 73. Sitzung, Plenarprotokoll 19/73 vom 16. Januar 2019, S. 8565 (A). 19 Siehe Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Juli 1998 – 1 BvR 1640/97.