© 2017 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 006/17 Fragen zum Rentenniveau Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 006/17 Seite 2 Fragen zum Rentenniveau Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 006/17 Abschluss der Arbeit: 2. Februar 2017 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 006/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zum Begriff des Rentenniveaus 4 2. Tatsächlich gezahlte Durchschnittsrente für sozialpolitische Betrachtung ungeeignet 4 3. Verteilung der tatsächlich gezahlten Renten nach Höhe der Versicherungsjahre sowie nach Höhe des Rentenzahlbetrages (Rentenzahlbetragsklassen) 5 4. Sicherungsniveau vor Steuern als maßgebende sozialpolitische Größe 5 5. Prognosen über das zukünftige Sicherungsniveau 6 6. Rentenniveau im Vergleich zum Versorgungsniveau der Beamten 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 006/17 Seite 4 1. Zum Begriff des Rentenniveaus Mit einem Rentenniveau wird das Verhältnis von Renten zu Erwerbseinkommen wiedergegeben.1 Konkret wird das Rentenniveau jeweils so definiert, wie dies für den jeweiligen Zweck für sinnvoll gehalten wird. Dementsprechend gibt es - je nach verwendeter Definition des Begriffs - unterschiedliche Berechnungsmethoden. So kann ein Rentenniveau beispielsweise auf folgenden Ausgangsdaten beruhen: Rente im Verhältnis zum Erwerbseinkommen einer bestimmten Person (individuelles Rentenniveau), Durchschnittliche Rente im Verhältnis zum durchschnittlichen Erwerbseinkommen einer bestimmten Personengruppe (allgemeines Rentenniveau), Bruttorente im Verhältnis zum Bruttoerwerbseinkommen (Bruttorentenniveau), Nettorente im Verhältnis zum Nettoerwerbseinkommen (Nettorentenniveau), Verhältnis der Rente zum letzten Erwerbseinkommen, Verhältnis der Rente zum im Erwerbsleben im Durchschnitt erzielten Erwerbseinkommen. Für die sozialpolitische Diskussion von besonderer Bedeutung ist das für die gesetzliche Rentenversicherung maßgebliche in § 154 Abs. 3 Nr. 2 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelte Sicherungsniveau vor Steuern, das unter Ziffer 3 näher erläutert wird. Zur Unterscheidung des Sicherungsniveaus vor Steuern von dem früher gebräuchlichen Nettorentenniveau ist in der Anlage der Aktuelle Begriff „Rentenniveau als Sicherungsziel in der Alterssicherung“ beigefügt . Anlage 1 2. Tatsächlich gezahlte Durchschnittsrente für sozialpolitische Betrachtung ungeeignet Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Insoweit fließen auch die Beiträge aus einem 13. oder 14. Monatsgehalt in die Rentenberechnung ein. Der durchschnittliche monatliche Bruttozahlbetrag der Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung betrug laut der Rentenbestandsstatistik 2015 in Deutschland 822 Euro.2 Bei der Berechnung des Durchschnittswerts ist jedoch die Dauer und Höhe der Beitragszahlung nicht berücksichtigt worden. Die Höhe der tatsächlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Durchschnittsrenten ist deshalb für die sozialpolitische Betrachtung ungeeignet. So entspräche 1 U.a. Clemens, Johannes (2012). Ökonomische und demographische Rahmenbedingungen der Rentenpolitik in Deutschland. In: Eichenhofer-Rische-Schmähl (Hrsg.). Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI. Köln, Luchterhand, Kapitel 4, Rd. 44. 2 Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Rentenversicherung in Zeitreihen, Oktober 2016, S. 201. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 006/17 Seite 5 die tatsächlich gezahlte Durchschnittsrente im Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttojahresentgelt in Höhe von 35.363 Euro einem Rentenniveau von lediglich 27,89 Prozent.3 Aus der tatsächlich gezahlten durchschnittlichen Rente können im Übrigen keine Rückschlüsse auf die Einkommenssituation der älteren Generation gezogen werden. Hintergrund hierfür ist, dass sich die Höhe der Renten von geringen Beträgen von wenigen Euro bis zu hohen Renten über 2.000 Euro im Monat verteilt. Den Kleinstrenten liegen meist nur kurze Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde , zum Beispiel wenn durch einen Wechsel des Berufs ein Übergang von der gesetzlichen Rentenversicherung in die Beamtenversorgung bzw. andere Alterssicherungssysteme erfolgt ist oder eine nicht versicherte selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Eine niedrige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sagt dementsprechend wenig über das Gesamteinkommen im Alter aus. Auch weichen die Rentenhöhen neben den Unterschieden in Ost und West auch für Männer und Frauen im Durchschnitt stark voneinander ab. Gleiches gilt für den aus den gezahlten Renten nach Häufigkeit gewichteten Mittelwert als Median -Rente, der in der Statistik der Deutschen Rentenversicherung nicht bestimmt wird. 3. Verteilung der tatsächlich gezahlten Renten nach Höhe der Versicherungsjahre sowie nach Höhe des Rentenzahlbetrages (Rentenzahlbetragsklassen) Aussagekräftiger als der errechnete durchschnittliche Rentenzahlbetrag ist die in der Statistik der Deutschen Rentenversicherung ausgewiesene Verteilung der tatsächlich gezahlten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Altersrenten nach Höhe der Versicherungsjahre sowie nach Höhe des Rentenzahlbetrages. Aus den sich daraus ergebenden Rentenzahlbetragsklassen kann der am häufigsten gezahlte Rentenzahlbetrag entnommen werden. Danach erhalten die meisten männlichen Versicherten eine monatliche Rente zwischen 1.200 und 1.350 Euro. Der entsprechende Auszug aus der Statistik der Deutschen Rentenversicherung 2015, Band 206, Bestandsrenten ist als Anlage beigefügt.4 Anlage 2 4. Sicherungsniveau vor Steuern als maßgebende sozialpolitische Größe Als sozialpolitische Größe ist im deutschen Rentenrecht daher das Sicherungsniveau vor Steuern festgelegt, das auf der so genannten Eck- oder Standardrente beruht. Bis zum Jahr 2020 soll das 3 822 Euro x 12 = 9.864 Euro : 35.363 Euro = 27,89 Prozent. 4 Der umfassende Statistikband ist abrufbar im Internet unter: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein /de/Inhalt/6_Wir_ueber_uns/03_fakten_und_zahlen/03_statistiken/02_statistikpublikationen/25_statistikband _rente_2015.pdf?__blob=publicationFile&v=4, zuletzt abgerufen am 1. Februar 2017. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 006/17 Seite 6 Sicherungsniveau vor Steuern 46 % und bis zum Jahr 2030 43 % nicht unterschreiten. Das Sicherungsniveau vor Steuern betrug im Jahr 2015 nach vorläufiger Berechnung 47,7 vom Hundert.5 Einer für die Berechnung des Renten- bzw. Sicherungsniveaus als fiktive Größe herangezogenen Standardrente liegt eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung für 45 Jahre aufgrund eines durchschnittlichen Verdienstes zugrunde. Als Sicherungsniveau wird der Verhältniswert aus der verfügbaren Standardrente und dem verfügbaren Durchschnittsentgelt bezeichnet . Verfügbare Standardrente ist die ohne Berücksichtigung der auf sie entfallenden Steuern um den allgemeinen Beitragsanteil zur Krankenversicherung und den Beitrag zur Pflegeversicherung geminderte Standardrente. Verfügbares Durchschnittsentgelt ist das Durchschnittsentgelt ohne Berücksichtigung der darauf entfallenden Steuern, gemindert um den durchschnittlich zu entrichtenden Arbeitnehmersozialbeitrag einschließlich des durchschnittlichen Aufwands zur zusätzlichen Altersvorsorge. Die im Mittel für das Jahr 2015 errechnete Standardrente beträgt brutto 1.300,92 Euro.6 Der Standardrente liegt eine idealtypische Erwerbsbiographie zugrunde. Das Sicherungsniveau der Standardrente entspricht beiläufig sowohl dem Verhältnis der Rente zum letzten Erwerbseinkommen als auch dem Verhältnis der Rente zum im Erwerbsleben im Durchschnitt erzielten Erwerbseinkommen . In der Realität dürfte wohl eher anzunehmen sein, dass zu Beginn der Erwerbsbiographie niedrigere und am Ende höhere Einkommen erzielt worden sein dürften. 5. Prognosen über das zukünftige Sicherungsniveau Das Sicherungsniveau vor Steuern wird nach dem Jahr 2024 unter 47 Prozent und anschließend bis zum Jahr 2030 auf 44,5 Prozent sinken.7 Aktuelle Modellrechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zeigen, dass das Sicherungsniveau vor Steuern nach geltendem Recht bis zum Jahr 2045 auf unter 42 Prozent sinken würde, soweit keine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt.8 Die Studie Altersvorsorge in Deutschland 2005 (AVID 2005) dient als Datengrundlage zur Abschätzung künftiger Alterseinkommen ohne Prognosen über das zukünftige Sicherungsniveau im Alter zu enthalten. Ein Vergleich der Kohorten von 1942 bis 1946 mit den von 1957 bis 1961 geborenen Rentenversicherten ergibt etwa gleichhohe Altersrenten für westdeutsche Männer, während jüngere westdeutsche Frauen aufgrund höherer Beitragsleitung höhere Altersrenten zu erwarten haben. Dagegen wird sich die Altersrente für jüngere ostdeutsche Versicherte - verglichen 5 Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Rentenversicherung in Zeitreihen, Oktober 2016, S. 258. 6 Vgl. Fn. 2, 15.611 Euro : 12 = 1.300,92 Euro. 7 Aktueller Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung vom 2. Dezember 2016, Bundestags-Drucksache 18/10570, S. 39. 8 Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Gesamtkonzept zur Alterssicherung, Berlin, November 2016, S. 26, Abrufbar im Internet unter http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Rente/gesamtkonzept-alterssicherung -detail.pdf;jsessionid=A262C18BFE7C2DA489A2C8B2AC47A961?__blob=publicationFile&v=9, zuletzt abgerufen am 1. Februar 2017. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 006/17 Seite 7 mit der älteren Generation – verringern, da sich unter anderem die geänderte Zusammensetzung der Alterseinkommen nach der Wiedervereinigung auswirken wird. 9 Nach der Studie verändert sich die projizierte Altersrente der von 1957 – 1961 geborenen gegenüber der Rente der von 1942 – 1946 geborenen Versicherten in Prozent wie folgt:10 Westdeutschland Ostdeutschland Männer Frauen Männer Frauen + 0,5 + 7,6 - 15,2 -12,1 6. Rentenniveau im Vergleich zum Versorgungsniveau der Beamten Die gesetzliche Rentenversicherung hat die Funktion einer Regel- oder Basissicherung, die für aktuell etwa 17,7 Millionen Versicherte durch eine betriebliche Altersversorgung ergänzt wird.11 Dagegen deckt die Beamtenversorgung einen größeren Teil des Sicherungsbedarfs der Zielgruppe ab als die gesetzliche Rentenversicherung. Sie fasst als bifunktionale Altersversorgung die Regeloder Basissicherung und die ergänzende Betriebsrente zu einer Gesamtleistung zusammen. Vor diesem Hintergrund ist die häufig publizistisch vorgenommene Gegenüberstellung der durchschnittlich gezahlten Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Ruhegehältern von Beamten untauglich. Hinzu kommt, dass den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Gegensatz zu denen aus der Beamtenversorgung meist weniger Jahre einer Erwerbstätigkeit zugrunde liegen. So senken die Renten, die nur auf wenigen Beitragsjahren beruhen , den Durchschnittsbetrag der tatsächlich gezahlten Renten beträchtlich. Für die Einbeziehung in die Rentenversicherung kommt es ferner nicht auf die berufliche oder akademische Qualifikation der Versicherten an, während dies für die Berufung in ein Beamtenverhältnis von grundlegender Bedeutung ist. Schließlich sind die Einkommen von Beamten während der aktiven Erwerbstätigkeit im Durchschnitt höher als die in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Verdienste. Die Leistungen an Ruhestandsbeamte sind daher auch nicht infolge einer höchstmöglichen Berücksichtigung aufgrund einer Beitragsbemessungsgrenze wie in der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt. Aufgrund des Lebenszeitprinzips handelt es 9 Frommert, Dina; Ohsmann, Sabine; Rehfeld Uwe G.: Altersvorsorge in Deutschland 2005 (AVID 2005) – Die neue Studie im Überblick. In: Deutsche Rentenversicherung 1/2008, S. 10; 10 Eigene Berechnung aus Abbildung 1 zur Fn. 7. 11 Aktueller Alterssicherungsbericht der Bundesregierung vom 2. Dezember 2016, Bundestags-Drucksache 18/10571, S. 132. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 006/17 Seite 8 sich bei Beamten in der Regel um lückenlose Erwerbsbiographien. Die ist, wie dargestellt, in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht der Fall.12 *** 12 Auszug aus: Leistungen der Rentenversicherung und der Beamtenversorgung des Bundes - Entwicklung und gesetzliche Regelungen mit größerer Tragweite seit Ende der 70er Jahre. Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 5. August 2013, Az. WD 3 - 3000 - 141/13, WD 6 - 3000 - 077/13. Abrufbar im Internet unter https://www.bundestag.de/blob/412454/e0417d00f4ceaabd13c7b090405324ae/wd-6- 077-13-pdf-data.pdf, zuletzt abgerufen am 1. Februar 2017.