© 2021 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 005/21 COVID-19 Infektionen im Licht der gesetzlichen Unfallversicherung und der Dienstunfallfürsorge Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 2 COVID-19 Infektionen im Licht der gesetzlichen Unfallversicherung und der Dienstunfallfürsorge Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 005/21 Abschluss der Arbeit: 10. Februar 2021 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Der Versicherungsfall nach § 7 SGB VII 5 2.1. COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall 5 2.2. COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit 7 2.3. Beweisfragen 8 3. Dienstunfallfürsorge nach § 31 BeamtVG 9 3.1. COVID-19-Erkrankung als Dienstunfall 10 3.2. COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit 11 3.3. Beweisfragen 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 4 1. Einleitung In Deutschland ist es Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung nach den Vorschriften des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten (Prävention, §§ 14 bis 21 SGB VII) und bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit wiederherzustellen (Rehabilitation) und die Versicherten oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen (§ 1 SGB VII). Nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten erbringt die Unfallversicherung neben Heilbehandlungsmaßnahmen und Leistungen zur Teilhabe Geldleistungen an Versicherte und Hinterbliebene in Form von Renten. Nach § 2 SGB VII sind unter anderem alle abhängig Beschäftigten in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert. Beamte sind hingegen von der Pflichtmitgliedschaft nach § 4 SGB VII befreit. Die gesetzliche Grundlage für die Versorgung der Beamten und die Versorgung ihrer Hinterbliebenen bildet das Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG). Nach § 1 BeamtVG regelt das Beamtenversorgungsgesetz die Versorgung der Bundesbeamten. Die Versorgungsansprüche der Beamten der Länder sind durch eigene Ländergesetze geregelt. In § 2 BeamtVG sind die verschiedenen Arten der Versorgung festgelegt. Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, wird ihm und seinen Hinterbliebenen Unfallfürsorge nach den Vorschriften §§ 30 bis 46 BeamtVG gewährt. Die Unfallfürsorge umfasst je nach Einzelfall die Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen, Heilverfahren, Unfallausgleich, Unfallruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag, Unfall-Hinterbliebenenversorgung, einmalige Unfallentschädigung , Schadensausgleich in besonderen Fällen und Einsatzversorgung im Falle eines Einsatzunfalls .1 Eine COVID-19-Erkrankung kann grundsätzlich auch einen Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung und auch der Dienstunfallfürsorge darstellen. Unter welchen Voraussetzungen eine COVID-19-Erkrankung als Arbeitsbeziehungsweise Dienstunfall oder als Berufskrankheit anerkannt werden kann, wird im Folgenden näher betrachtet. 1 Dieser Ausarbeitung liegen zum Teil frühere Beiträge der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zur selben Thematik zugrunde. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 5 2. Der Versicherungsfall nach § 7 SGB VII § 7 Abs. 1 SGB VII benennt Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten als die zentralen Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Begriff „Versicherungsfall“ grenzt das in diesem Zweig der Sozialversicherung versicherte Risiko gegenüber dem unversicherten allgemeinen Lebensrisiko ab. Den näheren Inhalt bestimmen die konkreten Regelungen des § 8 ff. SGB VII.2 Für gesundheitliche Schäden, die keinen Versicherungsfall nach §§ 8 und 9 SGB VII darstellen, sondern aus einer Pflichtverletzung des Arbeitgebers resultieren, haftet der Arbeitgeber nach den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Eine Entschädigung nach den Vorschriften des SGB VII scheidet hingegen aus.3 Ob die Voraussetzungen zur Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit als Versicherungsfall vorliegen, kann nur aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls geprüft und bewertet werden. 2.1. COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII setzt ein Arbeitsunfall ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis voraus, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Gesundheitsschäden sind dabei alle regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustände, auch in der Form einer Verschlimmerung eines bereits bestehenden Leidens.4 Eine Infektion mit COVID-19 kann einen Arbeitsunfall darstellen, wenn der Versicherte sie sich am Arbeitsplatz zugezogen hat.5 Für die zeitliche Begrenzung genügt, dass die zur Erkrankung führende Infektion innerhalb einer Arbeitsschicht an einem bestimmten Tag eingetreten ist. Diese Voraussetzung ist bei einer Bazillenübertragung gegeben, da nach bisherigem Erkenntnisstand eine Infektion mit SARS-CoV-2 schon durch einmalige Kontakte möglich ist. Auch ist anerkannt, dass durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion übertragene Bakterien oder Viren „von außen“ auf den Körper einwirken und somit zu einem Gesundheitsschaden durch bloße Veränderung des menschlichen Zustands führen .6 Ein Arbeitsunfall liegt jedoch nur dann vor, wenn er infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit eingetreten ist. Der Unfall muss somit in einem sachlichen Zusammenhang 2 Wietfeld in: Beck-Online-Kommentar Sozialrecht, 59. Edition, Stand: 1. Dezember 2020, § 7 SGB VII, Rn. 1. 3 Rolfs in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 21. Auflage 2021, § 7 SGB VII, Rn. 1. 4 Rolfs in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 21. Auflage 2021, § 8 SGB VII, Rn. 1. 5 Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19-Corona-Gesetzgebung – Gesundheit und Soziales, 1. Auflage 2020, § 18 Unfallversicherung, Rn. 8. 6 Seiwert/Witschen in: Die Dreifachwirkung des Arbeitsschutzrechts gegen Risiken der Corona-Pandemie, NZA 2020, Rn. 828. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 6 zur versicherten Tätigkeit stehen. Bei Beschäftigten sind das sämtliche Tätigkeiten, die dem Beschäftigungsverhältnis zugerechnet werden können.7 Der Gesundheitsschaden muss zudem infolge des versicherten Unfallereignisses objektiv und rechtlich wesentlich verursacht worden sein.8 Vor diesem Hintergrund muss bei einer COVID-19-Erkrankung ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person („Indexperson“) nachweislich stattgefunden haben und spätestens innerhalb von zwei Wochen die Erkrankung eingetreten beziehungsweise der Nachweis der Ansteckung erfolgt sein. Die Intensität des Kontaktes bemisst sich dabei vornehmlich nach der Dauer und der örtlichen Nähe. Hierzu finden sich in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20. August 2020 weitere Informationen.9 Lässt sich keine konkrete Indexperson feststellen, kann im Einzelfall auch eine größere Anzahl nachweislich infizierter Personen innerhalb eines Betriebes im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld ausreichen, um als Nachweis für die Verursachung der Erkrankung infolge der versicherten Tätigkeit zu dienen. Dies gilt im Übrigen auch, wenn die Infektion auf dem Weg zur oder von der Arbeit eingetreten ist. Eine alleinige arbeitsbedingt erhöhte Gefahr genügt bei der Übertragung von Infektionskrankheiten für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit jedoch nicht.10 Bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls ist aber stets zu berücksichtigen, ob im maßgeblichen Infektionszeitraum Kontakt zu anderen Indexpersonen außerhalb der versicherten Tätigkeit bestand und ob dies einer Anerkennung als Arbeitsunfall entgegensteht. Im Ergebnis muss in jedem Einzelfall anhand aller vorliegenden Aspekte durch den Unfallversicherungsträger geprüft werden, ob die COVID-19-Erkrankung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit infolge der versicherten Tätigkeit eingetreten ist, damit ein Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII anerkannt werden kann. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat hierzu entsprechende Informationen bereitgestellt.11 Diese Voraussetzungen gelten für alle in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen und damit ohne Einschränkung für alle Beschäftigtengruppen sowie weitere Gruppen von Versicherten. 7 Wietfeld in: Beck-Online-Kommentar Sozialrecht, 59. Edition, Stand: 1. Dezember 2020, § 8 SGB VII, Rn. 6. 8 BSG vom 5. Juli 2016, Az.: B 2 U 5/15 R, Rn. 13. 9 Abrufbar unter: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/AR-CoV- 2/pdf/AR-CoV-2.pdf?__blob=publicationFile&v=6, zuletzt abgerufen am 26. Januar 2021. 10 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 8 SGB VII, Rn. 80b. 11 Abrufbar unter: https://www.dguv.de/de/mediencenter/hintergrund/corona_arbeitsunfall/index.jsp, zuletzt abgerufen am 26. Januar 2021. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 7 2.2. COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit Im Unterschied zu Arbeitsunfällen werden Berufskrankheiten nach § 9 SGB VII regelmäßig dadurch verursacht, dass gefährdende Beschäftigungen über einen längeren Zeitraum ausgeübt werden. Die zeitlich andauernde schädliche Einwirkung der gefährdenden Tätigkeit ist in Abgrenzung zum plötzlich eintretenden Arbeitsunfall das Kennzeichen einer Berufskrankheit.12 Jedoch kann auch eine Berufskrankheit plötzlich auftreten wie beispielsweise eine Infektionskrankheit . Sie erfüllt dann dem Grunde nach auch die Merkmale eines Arbeitsunfalls, ist aber aufgrund der spezialgesetzlichen Regelung des § 9 SGB VII als Berufskrankheit zu behandeln.13 Berufskrankheiten nach § 9 SGB VII sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung hat am 31. Oktober 1997 die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) erlassen, welcher eine umfangreiche Liste von Berufskrankheiten beigefügt ist. Auch für die Anerkennung einer Berufskrankheit muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Krankheit und versicherter Tätigkeit vorliegen.14 Eine COVID-19-Erkrankung kann eine Berufskrankheit im Sinne der Nummer 3101 der Berufskrankheitenliste sein. Die Anerkennung setzt voraus, dass die Betroffenen „im Gesundheitsdienst , in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ waren. Bei diesen Tätigkeiten ist typischerweise von einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko auszugehen. Die Aufzählung ist aber nicht abschließend, sodass auch in anderen Berufszweigen eine Anerkennung als Berufskrankheit grundsätzlich möglich ist. Voraussetzung hierfür ist aber, dass vergleichbare Infektionsrisiken mit COVID-19 festgestellt werden. Das bedeutet, dass eine konkrete Risikoerhöhung in einer weiteren gesamten Branche vorliegen muss, die sich in entsprechend erhöhten Erkrankungszahlen niedergeschlagen haben muss und epidemiologisch nachweisbar ist. Eine Gefährdung in einzelnen Betrieben reicht hierfür nicht aus.15 12 Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19-Corona-Gesetzgebung – Gesundheit und Soziales, 1. Auflage 2020, § 18 Unfallversicherung, Rn. 9. 13 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 9 SGB VII, Rn. 3. 14 Eisenbeis in: Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 5. Auflage 2021, § 17 Nicht- und Schlechtleistung, Rn. 131. 15 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/24562 – Corona als Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Bundestagsdrucksache 19/24982 vom 8. Dezember 2020, S. 6. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 8 Nach Auskunft der DGUV liegen bisher keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vor, dass bestimmte Berufsgruppen, wie beispielsweise Beschäftigte im Einzelhandel oder im öffentlichen Nahverkehr, einem vergleichbar erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.16 Das Bundessozialgericht (BSG) hat im Zusammenhang mit Hepatitis-Infektionen entschieden17, dass die Infektionsgefahr im Wesentlichen danach zu beurteilen ist, wie stark das berufliche Umfeld durchseucht ist und wie hoch die Gefahr nach Art, Häufigkeit und Dauer der Tätigkeit zu bewerten ist.18 Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat zur Prüfung, inwieweit für weitere Berufsgruppen eine Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit in Frage kommen könnte, eine Arbeitsgruppe beim Ärztlichen Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eingerichtet . Die Ergebnisse hierzu bleiben jedoch noch abzuwarten.19 Soweit eine Anerkennung einer COVID-19- Erkrankung für Berufsgruppen außerhalb des Gesundheitsdienstes , der Wohlfahrtspflege und Laboratorien nicht möglich ist, käme unter den unter Punkt 2.1 genannten Voraussetzungen die Anerkennung eines Arbeitsunfalls in Betracht. 2.3. Beweisfragen Die Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit setzt unter anderem voraus, dass sie durch eine versicherte Tätigkeit verursacht wurde, beispielsweise durch einen Kontakt mit einem infizierten Kollegen. Dies umfassend und objektiv zu ermitteln, obliegt nach dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) den Unfallversicherungsträgern. Die Versicherten müssen lediglich im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auf Anforderung entsprechende Fragen beantworten oder sich ärztlichen Untersuchungen und Begutachtungen unterziehen .20 Eine Darlegungs- und Beweisführungspflicht obliegt den Versicherten hingegen nicht.21 Der Unfallversicherungsträger ist somit verpflichtet, alles Notwendige zu veranlassen, um die Beweismöglichkeiten auszuschöpfen. Fragen der Beweislastverteilung stellen sich daher nur, wenn 16 Abrufbar unter: https://www.dguv.de/de/mediencenter/hintergrund/corona_arbeitsunfall/index.jsp, zuletzt abgerufen am 26. Januar 2021. 17 BSG vom 2. April 2009, Az.: B 2 U 30/07 R, Rn. 21. 18 Seiwert/Witschen in: Die Dreifachwirkung des Arbeitsschutzrechts gegen Risiken der Corona-Pandemie, NZA 2020, Rn. 827. 19 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/24562 – Corona als Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Bundestagsdrucksache 19/24982 vom 8. Dezember 2020, S. 4. 20 Ricke in: Corona, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Antworten und offene Fragen, COVuR 2020, Rn. 345, 346. 21 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 9 SGB VII, Rn. 27b. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 9 die erforderlichen Voraussetzungen des Versicherungsfalls trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten nicht nachgewiesen werden konnten. Nach den Regeln der objektiven Beweislast hat ein Versicherter , der aus bestimmten Tatsachen einen Anspruch herleiten will, auch die negativen Folgen hinzunehmen, wenn diese Tatsachen letztendlich nicht festgestellt werden können.22 Im Falle eines sogenannten „Beweisnotstands“ können die Beweisanforderungen im Rahmen der Beweiswürdigung erleichtert werden. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn wegen besonderer Umstände, die dem Versicherten nicht angelastet werden können, Beweismittel nicht oder nicht mehr vorhanden sind. Die Anforderungen an die Beweise dürfen dadurch aber nicht vollständig aufgehoben werden.23 Beweiserleichterungen sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig und führen nur zur Abmilderung der Beweisanforderungen, aber nicht zur Umkehr der Beweislast .24 Nach herrschender Meinung stünde eine gesetzliche Regelung über eine Umkehr der Beweislast nicht in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Beweisgrundsatz, wonach die Beweislast generell denen obliegt, die Ansprüche geltend machen und dass Ausnahmen rechtfertigende Besonderheiten insbesondere für das Recht der Berufskrankheiten nicht zu begründen sind, zumal die gesetzliche Unfallversicherung auch auf der Ablösung der zivilrechtlichen Haftpflicht des Arbeitgebers beruht und eine Umkehr der Beweislast in einem zivilrechtlichen Schadensersatzverfahren auch nicht in Betracht käme.25 3. Dienstunfallfürsorge nach § 31 BeamtVG Aus dem Beamtenverhältnis ergibt sich für Beamte die Pflicht zum vollen Einsatz ihrer Arbeitskraft (§ 34 Satz 1 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG, § 61 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz – BBG). Diese Pflicht umfasst auch die Verpflichtung des Beamten, die typischen Berufsgefahren zu übernehmen. Der Dienstpflicht des Beamten steht die Verpflichtung des Dienstherrn zu Fürsorge und Schutz vor den Gefahren, die sich aus der Natur der Dienstleistung ergeben, gegenüber. Auf diese Weise soll im öffentlichen Interesse an einer effektiven Aufgabenwahrnehmung die Bereitschaft eines Beamten zur Dienstpflichterfüllung gestärkt werden, da er damit rechnen kann, dass die Folgen dienstlich bedingter Körperschäden nicht von ihm allein getragen werden müssen .26 22 Wietfeld in: Beck-Online-Kommentar Sozialrecht, 59. Edition, Stand: 1. Dezember 2020, § 8 SGB VII, Rn. 4. 23 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 8 SGB VII, Rn. 261. 24 Ricke in: Corona, Arbeitsunfall und Berufskrankheit – aktueller Stand, COVuR 2020, Rn. 801. 25 Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 111. Ergänzungslieferung September 2020, § 9 SGB VII, Rn. 27b. 26 BVerwG vom 25. Oktober 2012, Az.: 2 C 41.11, Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 10 Die beamtenrechtliche Unfallfürsorge nach §§ 30 ff. BeamtVG dient dazu, Beamte vor den Folgen von im Dienst erlittenen Beschädigungen oder durch den Dienst hervorgerufener Krankheiten zu schützen beziehungsweise diese zu beheben oder auszugleichen. Damit soll eine sachgerechte Risikoverteilung, wie sie der Dienstunfallfürsorge entspricht, erreicht werden. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben.27 Die Ansprüche der Unfallfürsorge sind somit das Äquivalent zum Recht der gesetzlichen Unfallversicherung , jedoch mit beamtenrechtlichen Besonderheiten. Für Soldaten sind die speziellen Unfallfürsorgevorschriften separat im Soldatenversorgungsgesetz (SVG) geregelt. 3.1. COVID-19-Erkrankung als Dienstunfall Dienstunfall ist nach § 31 Abs. 1 BeamtVG ein auf äußerer Einwirkung beruhendes plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist und einen Körperschaden verursacht hat. Auch der Dienstunfall muss in einem sachlichen Zusammenhang mit der Dienstausübung stehen. Die Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann eine COVID-19-Erkrankung auslösen und unter Umständen als Dienstunfall nach Maßgabe des § 31 BeamtVG anerkannt werden.28, 29 Beide Übertragungswege (Tröpfcheninfektion und Schmierinfektion) stellen eine „ äußere Einwirkung “ im Sinne des Dienstunfallrechts dar.30 Dass die Schwere der Erkrankung auch von der körpereigenen Veranlagung der individuellen Person abhängig zu sein scheint, ändert nichts daran , dass die zur Erkrankung führende Infektion ihren Ursprung stets in einer nicht inneren Ursache findet (siehe Tz. 31.1.1.2 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVGVwV) vom 5. Februar 2018). Da die Infizierung punktuell und unvermittelt erfolgt, stellt sie grundsätzlich auch ein „plötzliches Ereignis“ dar. Darüber hinaus muss das potenzielle Dienstunfallereignis „örtlich und zeitlich bestimmbar“ sein, das heißt, es muss nachgewiesen sein, wann und wo es sich zugetragen hat. Da sich eine Infektion regelmäßig nicht nach Ort und Zeit näher bestimmen lässt, reicht auch die bloße Eingrenzbarkeit des Zeitraums der Infektion oder die abstrakte Bestimmbarkeit ihres Zeitpunkts sowie die 27 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 18. 28 Baßlsperger in: Infektionsschutzmaßnahmen in der Dienststelle und die Rolle des Personalrats – Dargestellt unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten “Corona-Krise“, PersV 2020, Rn. 254. 29 Leihkauff in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 91. Update November 2020, 16. Auswirkungen der Corona-Pandemie, Rn. 113. 30 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 11 Kenntnis der Orte, an denen sich der Beamte während dieser Zeit aufgehalten hat, für eine Anerkennung als Dienstunfall nicht aus.31 Vielmehr muss das Schadensereignis nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) auf Grund genauer Angaben zu Ort und Zeitpunkt Konturen erhalten, die es von anderen Ereignissen abgrenzen und eine Verwechslung ausschließen.32 Das Erfordernis wird immer dann erfüllt, wenn sich das Unfallereignis auf eine Arbeitsschicht begrenzen lässt.33 Dieser Nachweis muss allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erbracht werden. Bisher hält das Bundesverwaltungsgericht es im Rahmen des Dienstunfallrechts für „fast ausnahmslos“ ausgeschlossen, dass sich die Ansteckung mit einer Infektionskrankheit mit der erforderlichen Genauigkeit bestimmen lässt.34 Bei einer COVID-19-Infektion ließe sich wegen der hohen Spannweite von einem bis 14 Tage Inkubationszeit kaum auf einen konkret infektionsauslösenden Kontakt zu einem Infizierten mit der erforderlichen Sicherheit schließen. Hinzu kommt, dass sich Ansteckungsmöglichkeiten auch im Privatsektor nicht gänzlich ausschließen lassen. Danach dürfte der Nachweis einer örtlich und zeitlich bestimmbaren COVID-19-Infektion nur in speziell gelagerten Einzelfällen gelingen, beispielsweise beim Anspucken eines Polizisten durch eine nachweislich infizierte Person bei ansonsten nur risikolosen Kontakten.35 Weiterhin muss für die Anerkennung als Dienstunfall aufgrund der Dienstausübung eine besondere , über die Allgemeingefahr einer Ansteckung hinausgehende Infektionsgefahr bestanden haben , und die Erkrankung nicht nur bei Gelegenheit des Dienstes eingetreten sein.36 3.2. COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit Der Begriff des Dienstunfalls erfordert die Verletzung des Beamten durch ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis. Bei Schädigungen durch länger andauernde schädliche Einflüsse sowie durch Infektionen fehlt es an dem Merkmal der Plötzlichkeit und der örtlichen und zeitlichen Bestimmbarkeit. Damit fallen Dauereinwirkungen , auch wenn sie vom dienstlichen Bereich ausgehen, nicht unter den Begriff des Unfalls. Nach § 31 Abs. 3 BeamtVG gilt jedoch die Erkrankung eines Beamten an bestimmten Krankheiten unter gewissen Voraussetzungen als Dienstunfall. Es muss sich zum einen um eine Erkrankung han- 31 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 13. 32 BVerwG vom 25. Februar 2010, Az.: 2 C 81/08, Rn. 14. 33 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 12. 34 BVerwG vom 19. Januar 2006, Az.: 2 B 46.05, Rn. 6. 35 Günther/Fischer in: Dienstunfallrechtliche Fragen bei COVID-19-Infektionen von Beamten, Unter welchen Umständen besteht bei einer Infektion Dienstunfallschutz? – Teil 1, 7. Dezember 2020, PUBLICUS, S. 5. 36 Leihkauff in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 91. Update November 2020, 16. Auswirkungen der Corona-Pandemie, Rn. 113. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 12 deln, die in bestimmter Weise dienstbezogen und zum anderen in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten -Verordnung ausdrücklich aufgeführt ist.37 Die in Betracht kommenden Krankheiten bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung. Auch Infektionskrankheiten können nach den Einzelfallumständen als Berufskrankheit anerkannt werden. Vor dem Hintergrund, dass eine Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung als Dienstunfall nach § 31 Abs. 1 BeamtVG nur in seltenen Fällen erfolgen wird, stellt sich die Frage, ob sich stattdessen eine COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG qualifizieren lässt. Dazu ist es erforderlich, dass sich das neue Virus unter eine der in der Anlage zur Berufskrankheiten -Verordnung abschließend aufgeführten Krankheiten subsumieren lässt und der Beamte dieser Krankheit nach Art seiner dienstlichen Verrichtung besonders ausgesetzt ist.38 Auch im Rahmen der Dienstunfallfürsorge kommt für eine COVID-19-Erkrankung nur eine Berufskrankheit 3101 der Anlage 1 zur BKV in Betracht. Soweit Beamte nicht im Gesundheitsdienst , in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig sind, müssen sie durch ihre Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt sein. Gemäß der Verwaltungsvorschrift 31.3.1.4 BeamtVGVwV ist dafür erforderlich, dass die Tätigkeit des Beamten eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes in sich birgt, diese Gefährdung für die dienstliche Verrichtung typisch und erheblich höher ist als die der übrigen Bevölkerung, wobei es nicht auf die individuelle Gefährdung des Beamten aufgrund seiner Veranlagung, sondern auf die für die Tätigkeit typisch erhöhte Gefährdung ankommt.39 Die Infektionsgefahr ist dabei auch hier nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum einen vom Grad der Durchseuchung des Tätigkeitsumfelds des Beamten und zum anderen von der Übertragungsgefahr bei der konkreten Tätigkeit abhängig.40 Auch reicht die bloße Anwesenheit in einem Seuchengebiet für sich allein nicht. Ebenso wenig ist das gelegentliche Zusammentreffen mit erkrankten Personen ausreichend für die Anerkennung einer Berufskrankheit im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG.41 Für Beamte dürfte eine erhöhte Infektionsgefahr nur bei besonderen Fallgestaltungen in Betracht kommen, etwa wenn ein Polizist eine Diensthandlung in einer besonders vom COVID-19-Virus 37 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 116. 38 Baßlsperger in: Infektionsschutzmaßnahmen in der Dienststelle und die Rolle des Personalrats – Dargestellt unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten “Corona-Krise“, PersV 2020, Rn. 254. 39 BVerwG vom 9. November 1960, Az.: VI C 144/58, VerwRspr. 1961, Rn. 560. 40 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 117. 41 BVerwG vom 11. Februar 1965, Az.: II C 11.62, Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 13 betroffenen Einrichtung oder einem besonders durchseuchten Gebiet vornimmt. Vor diesem Hintergrund wird bei normaler Dienstausübung der Nachweis einer besonderen Infektionsgefahr eher selten gelingen, wobei stets die besonderen Umstände des Einzelfalls zu betrachten sind. Der Beamte trägt die objektive Beweislast dafür, dass er nach Art seiner dienstlichen Tätigkeit der Gefahr der Erkrankung an dieser Krankheit besonders ausgesetzt war, an der er tatsächlich erkrankt ist und dass die Erkrankung zu den von § 31 Abs. 3 BeamtVG erfassten Krankheiten gehört . Ist der Beamte dagegen in seiner dienstlichen Tätigkeit nicht einer besonderen Gefahr ausgesetzt, die eine bestimmte Erkrankung als typische Folge dieses Dienstes erscheinen lässt, sondern trifft er lediglich dienstlich mit einer erkrankten Person zusammen, muss er die Folgen tragen, wenn sich nicht feststellen lässt, dass er sich bei dieser Gelegenheit angesteckt hat.42 Soweit dem Beamten der Nachweis einer erhöhten Infektionsgefahr gelingt und die Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 BeamtVG erfüllt sind, obliegt es gemäß 31.3.1.3 BeamtVGVwV dem Dienstherrn nachzuweisen, dass die Infektion in nichtdienstlichem Zusammenhang stattgefunden hat, um eine Anerkennung als Berufskrankheit abzulehnen. Die hier bestehende Beweisschwierigkeit des Dienstherrn wirkt sich dann zugunsten des Beamten bei der Anerkennung der Infektion als Berufskrankheit aus.43 3.3. Beweisfragen Auch Ansprüche im Rahmen der Dienstunfallfürsorge können nur dann vom Beamten geltend gemacht werden, wenn zwischen dem eingetretenen Körperschaden und der Dienstausübung ein kausaler Zusammenhang besteht. Zeigt ein Beamter einen Dienstunfall seinem Dienstvorgesetzten an, so hat die Behörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 24 Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) sowohl im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht als auch gemäß § 45 Abs. 3 BeamtVG alle ihr zugänglichen Beweis- und Erkenntnismittel, die zum Nachweis des Dienstunfalls führen könnten, heranzuziehen und auszuwerten, wobei dem Beamten eine Mitwirkungspflicht zukommt . Im Übrigen obliegt die Beweislast dem Beamten beziehungsweise seinen Hinterbliebenen . Lassen sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen trotz Ausschöpfung aller Mittel nicht zweifelsfrei klären, geht dies nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen zu Lasten des Beamten (siehe auch Ausführungen zu § 45 BeamtVGVwV).44 Für das Vorliegen eines Dienstunfalls beziehungsweise einer Berufskrankheit ist stets der volle Beweis zu erbringen. Dieser muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen.45 42 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 121. 43 Günther/Fischer in: Dienstunfallrechtliche Fragen bei COVID-19-Infektionen von Beamten, Unter welchen Umständen besteht bei einer Infektion Dienstunfallschutz? – Teil 2, 14. Dezember 2020, PUBLICUS, S. 2, 3. 44 Weinbrenner in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, 147. Update Oktober 2020, 15.1.3.2 Beweislast. 45 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 72. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/21 Seite 14 Dies gilt auch für den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Körperschaden .46 Mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ ist ein Beweis erbracht, wenn ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass kein vernünftiger die Lebensverhältnisse überschauender Mensch noch zweifelt (45.3.1.4 BeamtVGVwV). Auch eine Beweisnot mindert die Beweislast des Beamten nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederholt entschieden, dass auch im Beamtenrecht entstehende Beweisschwierigkeiten keine von den allgemeinen Beweisgrundsätzen abweichende mildere Beurteilung der Beweisanforderungen rechtfertigen.47 Es gibt bisher keinen Grundsatz, dass statt der „mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ ausreicht, wenn der Beamte – auch unverschuldet – erforderliche Beweismittel nicht benennen kann und auch die Verwaltung nicht in der Lage ist, die erforderlichen Beweise heranzuziehen. Dies gilt auch dann, wenn der Beamte den Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Körperschaden nicht beweisen kann, weil nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft die Entstehung bestimmter Krankheiten noch nicht geklärt ist.48 Auch ist die Umkehr der Beweislast zulasten des Dienstherrn nach 45.3.1.5 BeamtVGVwV ausgeschlossen.49 Im Übrigen ist der Grundsatz der Gesetzesbindung der Beamtenversorgung gemäß § 3 Abs. 1 BeamtVG zu beachten, der eine von gesetzlichen Voraussetzungen abweichende Gewährung von Versorgungsleistungen aus anderen Erwägungen heraus nicht zulässt. Ob und inwieweit die Rechtsprechung künftig von den allgemeinen Maßstäben des Dienstunfallrechts abrücken wird und die damit bisher gültige Trennlinie zwischen dem Risikobereich des Dienstherrn und dem des Beamten durch Beweiserleichterungen verschiebt, bleibt abzuwarten.50 *** 46 BVerwG vom 11. März 1997, Az.: 2 B 127/96, Rn. 5. 47 Wilhelm in: GKÖD Bd. I, Kommentar BeamtVG – Unfallfürsorge –, Lieferung 13/20, § 31 BeamtVG, Rn. 121. 48 Weinbrenner in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, 147. Update Oktober 2020, 15.1.3.4 Beweisnot. 49 BVerwG vom 28. April 2011, Az.: 2 C 55/09, Rn. 3. 50 Günther/Fischer in: Dienstunfallrechtliche Fragen bei COVID-19-Infektionen von Beamten, Unter welchen Umständen besteht bei einer Infektion Dienstunfallschutz? – Teil 2, 14. Dezember 2020, PUBLICUS, S. 3.