© 2019 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 005/19 Teilaspekte zu Beendigungen von Beschäftigungsverhältnissen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/19 Seite 2 Teilaspekte zu Beendigungen von Beschäftigungsverhältnissen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 005/19 Abschluss der Arbeit: 23. Januar 2019 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Kündigungsschutz in Deutschland 4 2.1. Allgemeine Kündigungsregelung des BGB 5 2.2. Kündigungsschutzgesetz 5 2.2.1. Verhaltensbedingte Kündigung 6 2.2.2. Betriebsbedingte Kündigung 6 2.2.3. Personenbedingte Kündigung 6 2.2.4. Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers 7 2.3. Besonderer Kündigungsschutz 7 2.4. Weiterbeschäftigungsanspruch während des Kündigungsschutzprozesses 8 2.4.1. Betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch 8 2.4.2. Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch 8 3. Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) 8 3.1. Sachlicher Geltungsbereich 8 3.2. Rechtsfolgen unerlaubter Ungleichbehandlungen 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/19 Seite 4 1. Einleitung An die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages wurde die Fragestellung herangetragen , inwieweit es Beschäftigten möglich ist, sich gegen ungerechtfertigte Disziplinarmaßnahmen seitens des Arbeitgebers zu wenden. In Großbritannien ist das Verfahren zu Disziplinarmaßnahmen gegen Beschäftigte in einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis beispielsweise festen Strukturen unterworfen. Ein vergleichbares Verfahren ist im bundesdeutschen Arbeitsrecht nicht existent. Lediglich bei Beamten, Richtern und Soldaten, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zu ihrem Dienstherrn, dem Staat, stehen, wird ein Disziplinarverfahren bei möglichen Dienstvergehen nach den Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes (BDG) durchgeführt. Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, leitet der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren ein und veranlasst die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen. Nach Abschluss der Ermittlungen muss der Dienstvorgesetzte nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob das Disziplinarverfahren einzustellen oder eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen ist. Ein Dienstvergehen liegt vor, wenn der Beamte schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt . Hierunter fallen nicht nur innerdienstliche Pflichtverletzungen. Auch gravierendes Fehlverhalten im Privatbereich kann ein Disziplinarverfahren auslösen, falls das Vergehen Zweifel an der persönlichen Eignung aufwirft oder geeignet ist, das Ansehen des Beamtentums zu beschädigen . Der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu unterrichten. Er muss darüber informiert werden, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Der Katalog möglicher Disziplinarmaßnahmen ist genau festgelegt. Mögliche Maßnahmen sind: Dienstlicher Verweis Geldbuße Kürzung der Dienstbezüge Zurückstufung Entfernung aus dem Dienst Kürzung des Ruhegehalts Aberkennung des Ruhegehalts Das Disziplinarrecht räumt der zuständigen Behörde auch die Möglichkeit ein, bei schwerwiegenden Verstößen gegen Dienstpflichten den betroffenen Beamten vorläufig des Dienstes zu entheben . Gegen diese Maßnahme der Behörde kann der Beamte Rechtsmittel nach dem BDG einlegen . Die Zuständigkeit für dieses Verfahren liegt bei den Verwaltungsgerichten. Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst fallen nicht unter diese Bestimmungen. Für sie gelten die normalen Sanktionen des Arbeitsrechts. 2. Kündigungsschutz in Deutschland Der Kündigungsschutz in Deutschland als Teil des sozialen Arbeitsschutzes ist geprägt vom Sozialstaatsgedanken . Der strukturell unterlegene Arbeitnehmer soll vor willkürlichen Entlassungen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/19 Seite 5 geschützt werden. Diesem Gedanken trägt der allgemeine Kündigungsschutz Rechnung, der im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verankert ist. Im Anwendungsbereich des KSchG bedarf es für eine wirksame Kündigung stets eines besonderen Grundes. Diese Gründe sind im KSchG abschließend normiert. Daneben sind auf Arbeitsverhältnisse auch die Kündigungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anwendbar, die aufgrund ihres allgemeinen Charakters zuerst dargestellt werden. 2.1. Allgemeine Kündigungsregelung des BGB Die Kündigung von Dienstverträgen ist in den §§ 621 ff. BGB geregelt. Eine ordentliche Kündigung von Arbeitsverhältnissen ist innerhalb der Fristen des § 622 BGB möglich. Hierfür bedarf es keines besonderen Kündigungsgrundes. Allerdings ist zu beachten, dass § 622 BGB häufig durch besondere Kündigungsschutzregeln verdrängt wird. § 622 BGB hat daher nur einen begrenzten Anwendungsbereich, wenn es um die Kündigung von Arbeitsverhältnissen in Unternehmen geht. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung in § 626 BGB gilt dagegen für alle Dienst- und Arbeitsverhältnisse und findet sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer Anwendung . Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. In der Praxis haben sich Fallgruppen herausgebildet, die die Generalklausel des § 626 BGB konkretisieren . Gründe, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, sind etwa die Nichterfüllung der Arbeitspflichten oder wiederholter Alkoholkonsum während der Arbeitszeit. 2.2. Kündigungsschutzgesetz § 1 Abs. 1 KSchG bestimmt den persönlichen, zeitlichen und gegenständlichen Geltungsbereich des KSchG. Kündigungsschutz genießen danach nur Arbeitnehmer. Nach allgemeinen Grundsätzen gilt als Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener Tätigkeit verpflichtet ist. Besonderen Kündigungsschutz genießt ein Arbeitnehmer erst nach Ablauf der Wartezeit, wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Der Geltungsbereich des KSchG wird zudem durch § 23 KSchG begrenzt, der für kleinere Betriebe und Verwaltungen die Unanwendbarkeit des KSchG bestimmt. Für sie gilt § 622 BGB. Für Betriebe mit mehr als zehn Arbeitnehmern gelten dagegen spezielle Kündigungsschutzvorschriften . Das KSchG beschränkt die im Zivilrecht grundsätzlich bestehende Kündigungsfreiheit von Verträgen mit einer längeren Laufzeit, sogenannte Dauerschuldverhältnisse, zugunsten des Arbeitnehmers bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen auf sozial gerechtfertigte Kündigungen . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/19 Seite 6 Die danach zulässigen Kündigungsgründe sind in § 1 Abs. 2 KSchG abschließend geregelt. Danach ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse , die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. 2.2.1. Verhaltensbedingte Kündigung Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer rechtswidrig und schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt, das heißt insbesondere die Arbeit verweigert oder bewusst eine unzureichende Leistung erbringt oder das Betriebsklima stark belastet. Dabei ist nicht von dem Standpunkt des jeweiligen Arbeitgebers auszugehen, sondern es gilt ein objektiver Maßstab. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Arbeitnehmer, dem wegen eines nicht vertragsgerechten Verhaltens gekündigt werden soll, grundsätzlich zunächst abzumahnen, damit er sein Fehlverhalten korrigieren kann. Die Arbeitsgerichte prüfen in einem mehrstufigen Verfahren zunächst, ob der Kündigungsgrund an sich geeignet ist, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Dabei haben die Gerichte vor allem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Anschließend erfolgt eine umfassende Interessenabwägung. 2.2.2. Betriebsbedingte Kündigung Eine betriebsbedingte Kündigung setzt voraus, dass „dringende betriebliche Erfordernisse“ einer Weiterbeschäftigung des Arbeitsnehmers entgegenstehen, beispielsweise bei Arbeitsmangel durch das Ausbleiben von Aufträgen oder eine Stilllegung des Betriebes. Hieran werden hohe Anforderungen gestellt. Der Betrieb muss belegen, dass für die Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers kein Bedarf mehr besteht. Allgemeine Aussagen über eine schlechte Geschäftslage reichen dagegen nicht aus. Der Wegfall von Arbeitsplätzen setzt eine sogenannte unternehmerische Entscheidung zur Personalreduzierung voraus. Diese ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie tatsächlich vorliegt und ob durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer wirklich entfällt. Zu prüfen ist dabei, ob eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz möglich ist. Welchen Arbeitnehmern dann konkret gekündigt wird, hängt von der Sozialauswahl ab, die bei betriebsbedingten Kündigungen zwingend durchzuführen ist und die der personellen Konkretisierung der dringenden betrieblichen Erfordernisse dient. Die soziale Auswahl muss sich auf den gesamten Betrieb erstrecken. Nach den in § 1 Abs. 3 KSchG abschließend aufgezählten Gesichtspunkten ist dann unter den vergleichbaren Arbeitnehmern derjenige zu ermitteln, den eine Kündigung am wenigsten hart treffen würde. Hierfür sind die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und mögliche Behinderungen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. 2.2.3. Personenbedingte Kündigung Bei der personenbedingten Kündigung liegen die Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in der Person des Arbeitnehmers. Die persönlichen Verhältnisse oder Eigenschaften des Arbeitnehmers müssen gewissermaßen eine „Störquelle“ für das Arbeitsverhältnis darstellen. Eine personenbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Ein Verschulden des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich, weil im Gegensatz zur verhaltensbedingten Kündigung der Kündigungsgrund nicht auf einem steuerbaren Verhalten beruht. Häufigster Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/19 Seite 7 Fall der personenbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen langanhaltender Krankheiten oder häufiger Kurzerkrankungen, die zur Arbeitsunfähigkeit führen. 2.2.4. Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers Wird einem Arbeitnehmer gekündigt, obwohl ein Kündigungsgrund nach dem KSchG tatsächlich nicht vorliegt, hat der gekündigte Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine finanzielle Abfindung gegen seinen Arbeitgeber. Nach § 9 Abs. 1 KSchG ist hierfür neben einem Antrag des Arbeitnehmers die Feststellung des Arbeitsgerichts erforderlich, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht wirksam aufgelöst worden ist und dass dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Die Höhe der Abfindung bemisst sich nach § 10 KSchG. Danach ist als Abfindung grundsätzlich ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Die Höhe der Abfindung steigt also proportional zum Lebensalter und zur Dauer der Betriebszugehörigkeit an. Im Einzelfall hat das Arbeitsgericht über die Höhe der Abfindung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Hierbei hat das Gericht alle Umstände zu berücksichtigen, die eine Erhöhung oder Ermäßigung der Abfindung als angemessen erscheinen lassen, so etwa die für den Arbeitnehmer eintretenden Folgen des Arbeitsplatzverlustes. Bei betriebsbedingten Kündigungen hat der Arbeitnehmer gemäß § 1a Abs. 1 KSchG auch dann einen Abfindungsanspruch, wenn die Kündigung rechtmäßig war. Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung, soweit der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung auf die betrieblichen Gründe und den Abfindungsanspruch bei Verstreichenlassen der Klagefrist hinweist. Nach § 1a Abs. 2 KSchG beträgt die Höhe der Abfindung 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. 2.3. Besonderer Kündigungsschutz Das deutsche Arbeitsrecht kennt darüber hinaus spezielle Kündigungsverbote, die der besonderen Situation der Betroffenen Rechnung tragen. Der besondere Kündigungsschutz besteht zusätzlich zum allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz und gilt in der Regel auch bei außerordentlichen Kündigungen. Der Verstoß gegen ein Kündigungsverbot führt in Verbindung mit § 134 BGB zur Unwirksamkeit der Kündigung. So besteht ein Verbot der Kündigung wegen Betriebsübergang. Besonderen Kündigungsschutz genießen auch Betriebsratsmitglieder und Auszubildende. Wegen sozialer Umstände besonders geschützt sind insbesondere Schwangere und Mütter bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung, Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme von Elternzeit, schwerbehinderte Menschen, Arbeitnehmer bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung oder bei Inanspruchnahme von Pflegezeit zur häuslichen Pflege pflegebedürftiger Angehöriger sowie Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme der Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/19 Seite 8 Familienpflegezeit. Der Arbeitgeber darf diesen Arbeitnehmern nicht oder nur ausnahmsweise nach Einholung der vorherigen Zustimmung einer staatlichen Behörde kündigen. 2.4. Weiterbeschäftigungsanspruch während des Kündigungsschutzprozesses Solange das Arbeitsverhältnis fortbesteht, hat der Arbeitnehmer nicht nur Anspruch auf Gehalt, sondern auch auf die Annahme seiner Arbeitsleistung. Erst mit Ende des Arbeitsverhältnisses endet auch der Beschäftigungsanspruch. Wird nach einer Kündigung vom Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben, kann der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterbeschäftigt zu werden. 2.4.1. Betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch Nach § 102 Abs. 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer ordentlichen Kündigung weiterbeschäftigen, wenn der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhoben hat und gleichzeitig seine Weiterbeschäftigung verlangt hat. Zuvor muss der Betriebsrat der Kündigung form- und fristgerecht widersprochen haben. Nur bei offensichtlich unbegründetem Betriebsratswiderspruch kann der Arbeitgeber auf Antrag vom Arbeitsgericht von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entbunden werden. 2.4.2. Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch Neben dem gesetzlichen Weiterbeschäftigungsanspruch gibt es den sogenannten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch. Dieser beruht auf richterlicher Rechtsfortbildung. Nach den vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entwickelten Regeln zur Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses ist ein eventueller Beschäftigungsanspruch immer das Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers. In den Fällen , in denen die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam erfolgt ist oder die Unwirksamkeit der Kündigung im Kündigungsschutzprozess bereits in der ersten oder zweiten Instanz festgestellt wurde. 3. Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ein deutsches Bundesgesetz, das Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll. Zur Verwirklichung dieses Ziels erhalten die durch das Gesetz geschützten Personen Rechtsansprüche gegen Arbeitgeber, wenn diese ihnen gegenüber gegen die gesetzlichen Diskriminierungsverbote verstoßen. In seinem arbeitsrechtlichen Teil gilt das Gesetz für Arbeitnehmer und Auszubildende, aber auch für Stellenbewerber. Für Beamte, Richter und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes findet es im Dienstrecht entsprechende Anwendung. 3.1. Sachlicher Geltungsbereich Sachlich bezieht sich das Gesetz nach § 2 Abs. 1 AGG unter anderem auf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 005/19 Seite 9 die Bedingungen für den Zugang zu Erwerbstätigkeit sowie für den beruflichen Aufstieg, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen , den Zugang zu Berufsberatung, Berufsbildung, Berufsausbildung, beruflicher Weiterbildung sowie Umschulung und praktischer Berufserfahrung, die Mitgliedschaft und Mitwirkung in Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen und Vereinigungen, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören. 3.2. Rechtsfolgen unerlaubter Ungleichbehandlungen Im Arbeitsverhältnis sind Vereinbarungen, die gegen Diskriminierungsverbote verstoßen gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Liegen ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen vor, hat der Mitarbeiter nach § 13 AGG ein Beschwerderecht. Der Arbeitgeber muss dann gegen die Beschäftigten, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen , die geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung ergreifen, wie zum Beispiel Abmahnung, Versetzung, Kündigung, oder bei einer Benachteiligung durch Dritte, Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter. Bei Belästigungen kann darüber hinaus ein Leistungsverweigerungsrecht bestehen. Ergreift der Arbeitgeber keine oder ungeeignete Maßnahmen, um eine Belästigung zu beenden, so kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verweigern, wenn und soweit dies zu seinem Schutz erforderlich ist. Der Anspruch auf das Arbeitsentgelt bleibt in diesem Fall bestehen. Daneben hat der Mitarbeiter einen Schadensersatzanspruch, der sich auf den Ersatz von Vermögensschäden richtet. Der Mitarbeiter hat nach § 15 AGG auch einen vom Verschulden des Arbeitgebers unabhängigen Entschädigungsanspruch, der bei Nichtvermögensschäden einen angemessenen Ausgleich in Geld für die erlittene Ungleichbehandlung vorsieht. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs richtet sich unter anderem nach der Art und Schwere der Interessensschädigung, dem Anlass und den Beweggründen des Arbeitgebers, der Dauer, dem Grad des Verschuldens des Arbeitgebers sowie danach, ob es sich um einen Wiederholungsfall handelt. Das Bundesarbeitsgericht spricht bei vergleichbaren Fällen einer Ungleichbehandlung einen Entschädigungsanspruch von mindestens einem Monatsgehalt zu. Das AGG sieht für den Fall einer diskriminierenden Nichteinstellung einen Höchstbetrag von drei Monatsgehältern vor. Diese Begrenzung entfällt aber, wenn der Bewerber ohne die Diskriminierung auf jeden Fall eingestellt worden wäre. Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG besteht jedoch trotzdem kein Anspruch auf Einstellung. ***