© 2020 Deutscher Bundestag WD 6 - 3000 - 001/20 Einzelfragen zur Kostenerstattung für digitale Hilfsmittel für Menschen mit Behinderungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 001/20 Seite 2 Einzelfragen zur Kostenerstattung für digitale Hilfsmittel für Menschen mit Behinderungen Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - 001/20 Abschluss der Arbeit: 13. Februar 2020 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 001/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundlagen der sozialrechtlichen Regelungen für Menschen mit Behinderungen in Deutschland 4 2.1. Begriff der Behinderung 5 2.2. Leistungen zur Teilhabe: Leistungsgruppen und Rehabilitationsträger 5 2.3. Grundzüge der Leistungsermittlung 7 3. Exkurs: Digitale Versorgung-Gesetz 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 001/20 Seite 4 1. Einleitung Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages wurden in Zusammenhang mit Fragen der Kostenerstattung von digitalen Hilfsmitteln für Menschen mit Behinderungen um Auskunft gebeten. Dabei ist zunächst anzumerken, dass das Rehabilitationsrecht in Deutschland durch ein gegliedertes System gekennzeichnet ist. Abhängig vom Verwendungszweck oder Einsatzbereich eines Hilfsmittels, der Behinderungsursache und den individuellen Versicherungsvoraussetzungen können unterschiedliche rechtliche Regelungen gelten und auch verschiedene Kostenträger (Rehabilitationsträger ) zuständig sein. Aufgrund dessen sind die Regelungen bezüglich der Finanzierung von Hilfsmitteln mitunter komplex.1 Nachfolgend sollen daher zunächst überblicksartig die Grundlagen der sozialrechtlichen Regelungen für Menschen mit Behinderungen in Deutschland dargelegt werden. Sodann erfolgt eine kurze Darstellung der einzelnen Leistungsgruppen zur Teilhabe sowie der Kostenträger (Rehabilitationsträger ). Beispielhaft wird ferner kurz die Einbeziehung digitaler Hilfsmittel in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen umschrieben. Abschließend folgen Ausführungen zu dem im Dezember 2019 in Kraft getretenen Digitale-Versorgung -Gesetz, dessen Anwendung jedoch nicht auf Menschen mit Behinderungen beschränkt ist. 2. Grundlagen der sozialrechtlichen Regelungen für Menschen mit Behinderungen in Deutschland Wie ausgeführt finden sich die sozialrechtlichen Bestimmungen für Menschen mit Behinderungen in verschiedenen Gesetzen. Das Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - (SGB IX)2 enthält dabei eine bereichsübergreifende Zusammenfassung von Rechtsvorschriften zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohten Menschen. Ziel des SGB IX ist es, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen und die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen sowie ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch besondere Sozialleistungen (Leistungen zur Teilhabe) zu fördern, vgl. § 1 Satz 1 SGB IX.3 1 REHADAT-Hilfsmittel, Ablauf & Finanzierung der Hilfsmittelversorgung, abrufbar in deutscher Sprache unter https://www.rehadat-hilfsmittel.de/de/ablauf-finanzierung/ (zuletzt abgerufen am 29. Januar 2020). 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (SGB IX), abrufbar in deutscher Sprache unter https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/ (Stand 8. Juli 2019; zuletzt abgerufen am 28. Januar 2020). 3 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Übersicht über das Sozialrecht, 16. Auflage 2019, Kapitel 9, Überblick. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 001/20 Seite 5 2.1. Begriff der Behinderung Nach dem SGB IX sind Menschen mit Behinderungen Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine solche Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht . Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.4 Der Begriff der Behinderung war mit Wirkung zum 1. Januar 2018 neu definiert und sprachlich an Artikel 1 Satz 2 und die Präambel Buchstabe e) des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK) angepasst worden. Die Regelung gründet sich in ihrem Verständnis dabei wesentlich auf das biopsychosoziale Modell der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization - WHO), das der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) zugrunde liegt.5 Diese Begriffsdefinition stellt das Ziel der Teilhabe (participation) an den verschiedenen Lebensbereichen in den Vordergrund. Nach diesem Verständnis manifestiert sich die Behinderung nicht in der körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigung, sondern erst durch die gestörte oder nicht entwickelte Interaktion zwischen dem Individuum und seiner sozialen Umwelt .6 Menschen mit Behinderungen erhalten daher zusätzlich zu den allgemeinen Sozialleistungen besondere Leistungen zur Teilhabe, um ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken .7 2.2. Leistungen zur Teilhabe: Leistungsgruppen und Rehabilitationsträger Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung 4 § 2 Absatz 1 SGB IX. 5 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG), BT-Drs. 18/9522, S. 192. 6 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Übersicht über das Sozialrecht, 16. Auflage 2019, Kapitel 9, Rn. 6. 7 § 1 SGB IX. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 001/20 Seite 6 – die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern, – Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden , zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern, – die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder – die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.8 Diese Teilhabeleistungen umfassen ein weites Spektrum an Leistungen und werden in unterschiedliche Leistungsgruppen unterteilt:9 – Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, – Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, – Unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, – Leistungen zur Teilhabe an Bildung, – Leistungen zur Sozialen Teilhabe. Die Leistungen zur Teilhabe oder auch die einzelnen Leistungsgruppen wiederum sind nicht einem eigenständigen Sozialleistungsbereich übertragen. Sie sind vielmehr eingebettet in den Aufgabenbereich einer Reihe von Leistungsträgern, die bei den Leistungen zur Teilhabe als Rehabilitationsträger bezeichnet werden.10 8 § 4 Absatz 1 SGB IX. 9 § 5 SGB IX. 10 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Übersicht über das Sozialrecht, 16. Auflage 2019, Kapitel 9, Rn. 14. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 001/20 Seite 7 Die Rehabilitationsträger, also die Träger der Leistungen für Teilhabe, sind unter anderem die gesetzlichen Krankenkassen, die Bundesagentur für Arbeit, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung , die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die Träger der Eingliederungshilfe.11 Für die Leistungserbringung selbst, darunter auch die Kostenerstattung für Hilfsmittel, sind die jeweils für den zuständigen Rehabilitationsträger einschlägigen Leistungsgesetze maßgebend. Das heißt, welcher Rehabilitationsträger unter welchen Voraussetzungen welche Leistungen zur Teilhabe zu erbringen hat, richtet sich nach den für den einzelnen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen.12 Dementsprechend gelten die bereichsübergreifenden Vorschriften des SGB IX auch nur, soweit in den einzelnen Leistungsgesetzen für den einzelnen Rehabilitationsträger keine abweichende Regelung getroffen wurde.13 Die Rehabilitationsträger wiederum sind zur Zusammenarbeit verpflichtet. Die Leistungen zur Teilhabe sollen trotz der gegliederten Aufgabenverteilung zwischen den Behörden für den Leistungsberechtigten wie aus einer Hand erbracht werden. Dafür gibt es ein besonderes Verfahren, das Teilhabeplanverfahren.14 2.3. Grundzüge der Leistungsermittlung Wie oben unter 2.2 ausgeführt richtet sich die Erbringung von Leistungen, auch von Hilfsmitteln und technischen Arbeitshilfen, für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen aufgrund des gegliederten Systems nach unterschiedlichen Leistungsgesetzen. Je nach Verwendungszweck oder Einsatzbereich eines Hilfsmittels, der Ursache der Behinderung und den individuellen Versicherungsvoraussetzungen können unterschiedliche rechtliche Regelungen und somit auch verschiedene Rehabilitationsträger zuständig sein. Auch ob die Kosten für ein Hilfsmittel erstattet werden können und der Ablauf in Hinblick auf die Beantragung der Finanzierung ist abhängig von den jeweils einschlägigen Regelungen.15 So ist zum Beispiel zu unterscheiden , ob ein Hilfsmittel für die private Nutzung oder die berufliche Tätigkeit eingesetzt werden soll oder ob es sich um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation, der Teilhabe an 11 § 6 SGB IX. 12 § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. 13 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Übersicht über das Sozialrecht, 16. Auflage 2019, Kapitel 9, Rn. 17. 14 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Übersicht über das Sozialrecht, 16. Auflage 2019, Kapitel 9, Rn. 18. 15 REHADAT-Hilfsmittel, Ablauf & Finanzierung der Hilfsmittelversorgung, abrufbar in deutscher Sprache unter https://www.rehadat-hilfsmittel.de/de/ablauf-finanzierung/ (zuletzt abgerufen am 29. Januar 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 001/20 Seite 8 Bildung oder der Sozialen Teilhabe handelt. Letztlich ist die Hilfsmittelversorgung und mögliche Finanzierung jeweils vom Einzelfall abhängig.16 Geregelt sind die Leistungen in den einzelnen Sozialgesetzbüchern der Rehabilitationsträger; die rechtlichen Grundlagen für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung finden sich beispielsweise im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) - Gesetzliche Krankenversicherung. An einer Leistung können auch mehrere Kostenträger beteiligt sein.17 Digitale Hilfsmittel, insbesondere zur Kommunikation und Information, können von der Versorgung im Rahmen mehrerer Leistungsgruppen zur Teilhabe umfasst sein. Aufgrund der unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen gibt es keinen standarisierten Ablauf bei der Versorgung mit Hilfsmitteln. Für die Bedarfsermittlung sind die Rehabilitationsträger verpflichtet , systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel (Instrumente) zu verwenden , um eine einheitliche und überprüfbare Ermittlung des individuellen Rehabilitationsbedarfs zu gewährleisten.18 Grundsätzlich müssen die Leistungen notwendig und geeignet sein, um die oben unter 2.2 genannten Rehabilitationsziele erreichen zu können. Ferner ist zu ermitteln, ob es alternative tragfähige und gangbare Wege zur Zielerreichung gibt. Ergibt die Prognose, dass die jeweiligen Ziele über mehrere unterschiedliche Wege gleich gut und gleich schnell erreicht werden können, ist zunächst das gesetzlich ausdrücklich festgelegte Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen nach § 8 SGB IX zu beachten. Innerhalb eines danach noch verbleibenden Entscheidungsspielraums gelten grundsätzlich die allgemeinen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.19 Wird ein Hilfsmittel privat genutzt, übernehmen beispielsweise häufig die gesetzlichen Krankenkassen für die bei ihnen versicherten Personen - bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - die Kosten.20 Besondere Bedeutung für die Versorgung mit Hilfsmitteln kommt dabei dem Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband ) zu. Gemäß § 139 SGB V erstellt der Spitzenverband ein systematisch strukturiertes Verzeichnis , in dem die von der Leistungspflicht der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen umfassten Hilfsmittel aufgeführt sind. Das Verzeichnis ist eine Zusammenstellung von Produkten, 16 REHADAT-Hilfsmittel, Ablauf & Finanzierung der Hilfsmittelversorgung, abrufbar in deutscher Sprache unter https://www.rehadat-hilfsmittel.de/de/ablauf-finanzierung/ (zuletzt abgerufen am 29. Januar 2020). 17 REHADAT-Hilfsmittel, Ablauf & Finanzierung der Hilfsmittelversorgung, Antragsverfahren, abrufbar in deutscher Sprache unter https://www.rehadat-hilfsmittel.de/de/ablauf-finanzierung/antrag-widerspruch/antragsverfahren / (zuletzt abgerufen am 29. Januar 2020). 18 § 13 Abs. 1 SGB IX. 19 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Übersicht über das Sozialrecht, 16. Auflage 2019, Kapitel 9, Rn. 20. 20 REHADAT-Hilfsmittel, Ablauf & Finanzierung der Hilfsmittelversorgung, Antragsverfahren, abrufbar in deutscher Sprache unter https://www.rehadat-hilfsmittel.de/de/ablauf-finanzierung/hilfsmittel-fuer-private-nutzung /kostentraeger/ (zuletzt abgerufen am 12. Februar 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 6 - 3000 - 001/20 Seite 9 die aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes grundsätzlich verordnungsfähig sind.21 Das Hilfsmittelverzeichnis gliedert sich in Anlehnung an das jeweilige Therapieziel in 37 unterschiedliche Produktgruppen .22 Zu der Produktgruppe Kommunikationshilfen gehört zum Beispiel auch behinderungsgerechte Software für Kommunikationssysteme.23 Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung das Hilfsmittelverzeichnis lediglich eine unverbindliche Auslegungs- und Orientierungshilfe ist, das keinen unmittelbaren Rechtsanspruch vermittelt. Gleichzeitig ist das Hilfsmittelverzeichnis auch nicht abschließend im Sinne einer ‚Positivliste‘; im Einzelfall können daher auch solche Hilfsmittel von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen umfasst sein, die nicht in dem Verzeichnis aufgeführt sind.24 3. Exkurs: Digitale Versorgung-Gesetz Im Dezember 2019 ist das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz - DVG)25 in Kraft getreten. Mit dem Gesetz wurde ein Leistungsanspruch der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen auf digitale Gesundheitsanwendungen geschaffen. Das bedeutet, dass künftig Ärztinnen und Ärzte Apps verschreiben können. Die Kosten dafür zahlt die gesetzliche Krankenversicherung. Der Anspruch gilt grundsätzlich für alle Versicherten, nicht nur für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen .26 Der Begriff „Digitale Gesundheitsanwendungen“ umfasst Software und andere auf digitalen Technologien basierende Medizinprodukte mit gesundheitsbezogener Zweckbestimmung (zum Beispiel „Gesundheits-Apps“). Der Leistungsanspruch umfasst dabei nur solche digitalen Gesundheitsanwendungen , die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e SGB V aufgenommen wurden und entweder nach Verordnung des behandelnden Arztes oder mit Genehmigung der Krankenkasse angewendet werden.27 *** 21 Butzer/Lungstras in: Becker/Kingreen, SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung, 6. Auflage 2018, Rn. 1. 22 GKV-Spitzenverband, Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes, abrufbar in deutscher Sprache unter https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home.action# (zuletzt abgerufen am 12. Februar 2020). 23 GKV-Spitzenverband, Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes, Produktgruppe: 16 "Kommunikationshilfen ", abrufbar in deutscher Sprache unter https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/produktartlisteZurPG_input .action?paramGruppeId=16 (zuletzt abgerufen am 12. Februar 2020). 24 Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 22/11 R -, Rn. 13. 25 Gesetz vom 9. Dezember 2019 - Bundesgesetzblatt Teil I 2019 Nr. 49, S. 2562. 26 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Digitale-Versorgung-Gesetz / Medical Apps, abrufbar in deutscher Sprache unter https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/DVG/_node.html (zuletzt abgerufen am 13. Februar 2020). 27 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Digitale-Versorgung-Gesetz / Medical Apps, abrufbar in deutscher Sprache unter https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/DVG/_node.html (zuletzt abgerufen am 13. Februar 2020).