WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Deutscher Bundestag WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Fragen zur Finanzierung beim Bau von Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 2 Fragen zur Finanzierung beim Bau von Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Abschluss der Arbeit: 15.12.2011 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Finanzverfassungsrechtliche Aspekte in der Finanzierung von Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen 4 2.1. Fragestellung 4 2.2. Grundsatz der Konnexität von Aufgabenverantwortung und Ausgabentragung 5 2.3. Ausgabenfinanzierung bei der Bundesauftragsverwaltung 6 2.4. Ausgabenteilung bei Überschneidung verschiedener Aufgaben 7 2.5. Exkurs: Diskussion der „unechten Gemeinschaftsaufgabe“ vor dem Hintergrund von Stuttgart 21 9 3. Kontrollzuständigkeiten in den Finanzierungsfragen 11 4. Zur Finanzierung des Lückenschlusses der A 31 (Emslandautobahn) und zu den Finanzierungsplanungen der Küstenautobahn 12 4.1. Finanzierung des Lückenschlusses der A 31 (Emslandautobahn) 12 4.2. Finanzierung der Küstenautobahn A 20 15 4.3. Bewertung von PPP-Projekten im Verkehrssektor 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 4 1. Einleitung Der Arbeit liegen komplexe Fragen sowohl zur finanzverfassungsrechtlichen Basis im Bundesfernstraßenbau als auch zur Finanzierung des Lückenschlusses der A 31 (Emslandautobahn) und der Planungen zur Finanzierung der Küstenautobahn zugrunde. Die Fragestellung beruht dabei auf der These, die geltenden Finanzierungsregelungen erlaubten es reichen Bundesländern eher als ärmeren, Projekte schneller zu realisieren als nach dem Bundesverkehrswegeplan. In dieser Ausarbeitung wird den verschiedenen Aspekten der Fragestellung in unterschiedlichen Abschnitten nachgegangen, da grundsätzliche Fragen der (Finanz-) Verfassung von den zuständigen Fachbereichen Verfassung und Verwaltung (WD 3, Patrizia Robbe) einerseits und Haushalt und Finanzen (WD 4, Moritz Müller-Kabisch) andererseits beantwortet wurden, während die Fragen zur konkreten Finanzierung der beiden in Rede stehenden Autobahnen vom Fachbereich WD 5 (Katja Meyer zu Heringdorf) recherchiert wurden. 2. Finanzverfassungsrechtliche Aspekte in der Finanzierung von Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen 2.1. Fragestellung1 Bereits im Vorfeld dieser Arbeit war dem Auftraggeber eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) vom Frühjahr 20112 übermittelt worden, in der es zu der Kofinanzierung von Fernstraßen durch Bundesländer heißt: „ 1 Autorenhinweis: Einleitung und Gliederungspunkt 2.1 von WD 5. 2 Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 25.5.2011 (Vorgang WD 5 188/11) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 5 Mit dem Auftrag wurde u.a. erfragt, ob dieses tatsächlich einhellige Rechtsauffassung sei. 2.2. Grundsatz der Konnexität von Aufgabenverantwortung und Ausgabentragung3 Nach Art. 104a Abs. 1 GG tragen Bund und Länder „gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt“. Dieser Grundsatz der Konnexität von Aufgabenverantwortung und Ausgabentragung ist nicht nur ein Gebot, eigene Ausgabenlasten zu tragen, sondern auch grundsätzlich ein Verbot, fremde Ausgaben zu finanzieren.4 Zugleich beinhaltet der Konnexitätsgrundsatz das grundsätzliche Verbot der Mischfinanzierung. 5 Der Bund darf daher weder Länderaufgaben finanzieren noch die Länder zur Finanzierung von Bundesaufgaben heranziehen. 3 Autorenhinweis: Kapitel 2.2. bis 2.4 von WD 4 4 BVerwGE 81, 312 (314); Siekmann, in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 12.; Schmehl, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz, 2011, Art. 104a Rn. 25. 5 Kube, in Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand: 01.10.2011, Art. 104a Rn. 5; Hellermann , in: v. Mangold/Klein/Starck, Grundgesetz Band III, 6. Aufl. 2010, Art. 104a Rn. 55; Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 104a Rn. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 6 Hintergrund dieser Regelung ist, dass die vor der Finanzreform 1969 häufig anzutreffende finanzielle Einflussnahme des Bundes auf die Länder durch die Möglichkeit einer Mischfinanzierung von bestimmten Aufgaben unterbunden werden sollte.6 Ausnahmen vom Grundsatz der Konnexität finden sich in den Aufgabenbereichen, für die das Grundgesetz eine Mischverwaltung regelt. Dazu gehören die Gemeinschaftsaufgaben und die Verwaltungszusammenarbeit nach Art. 91a bis Art. 91e GG, die folglich auch gemeinsam finanziert werden. Auch in der Ausgabenfinanzierung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung wird eine Ausnahme zum Grundsatz der Konnexität gesehen.7 2.3. Ausgabenfinanzierung bei der Bundesauftragsverwaltung Art. 104a Abs. 2 GG regelt, dass der Bund im Fall der Bundesauftragsverwaltung die sich daraus ergebenden Kosten trägt. Jedoch trägt der Bund hierbei nur die Zweckausgaben, nicht aber die Verwaltungskosten.8 Hergeleitet wird diese Differenzierung aus Art.104a Abs. 5 GG („lex specialis“)9, der bestimmt, dass Bund und Länder stets die Verwaltungskosten für ihre Behörden zu tragen haben, unabhängig davon, ob sie eigene oder fremde Aufgaben wahrnehmen. Unter den Verwaltungskosten sind nach der Gesetzesbegründung die „Kosten des Verwaltungspersonals und der Verwaltungseinrichtungen“ zu verstehen.10 In der Literatur ist diese Umschreibung dahingehend konkretisiert worden, dass davon die Kosten für die Unterhaltung und den Betrieb des administrativen Apparates erfasst werden, welche die Tätigkeit der Verwaltung ermöglichen (also Personalkosten und Ausgaben für Dienstgebäude, Geräte, Fahrzeuge etc.).11 Hingegen werden unter Zweckausgaben diejenigen Aufwendungen verstanden, die bei der Verwirklichung des Verwaltungszwecks entstehen. Diese Aufwendungen werden durch die „Erfüllung der eigentlichen Sachaufgaben“ verursacht. 12 6 Kloepfer, Verfassungsrecht I – Grundlagen, Staatsorganisationsrecht, Bezüge zum Völker- und Europarecht -, 2011, § 26 Rn. 42. 7 Kloepfer, Verfassungsrecht I – Grundlagen, Staatsorganisationsrecht, Bezüge zum Völker- und Europarecht -, 2011, § 26 Rn. 43. Zum Streit, ob Art. 104a Abs. 2 GG lediglich Klarstellungscharakter im Verhältnis zu Abs. 1 hat, vgl. Heintzen, in: Münch/Kunig, GGK III, 5. Aufl. 2003, Art. 104a Rn. 36. 8 Kloepfer, Verfassungsrecht I – Grundlagen, Staatsorganisationsrecht, Bezüge zum Völker- und Europarecht -, 2011, § 26 Rn. 45. 9 Kube, in Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand: 01.10.2011, Art. 104a Rn. 29. 10 BT-Drs. 5/2861, Tz. 302. 11 Siekmann, in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 9.; Henneke, in: Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG - Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 13. 12 Siekmann, in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 7 Die Abgrenzung zwischen Zweck- und Verwaltungskosten ist gesetzlich nicht geregelt und muss daher von Fall zu Fall nach allgemeinen Kriterien entschieden werden.13 Beim Fernstraßenbau sind die Bau- und Erhaltungskosten Zweckausgaben.14 Bereits in der Gesetzesbegründung wird auf die in der Praxis schwierige Zuordnung von Baunebenkosten hingewiesen .15 Nach dem Finanzanpassungsgesetz werden beim Fernstraßenbau nur die Kosten für die Einschaltung Dritter wie beispielsweise Architekten als Zweckausgaben behandelt und durch eine Pauschale abgegolten. Die Kosten der Baubehörden der Länder sind Verwaltungskosten.16 2.4. Ausgabenteilung bei Überschneidung verschiedener Aufgaben In bestimmten Fällen kann es dazukommen, dass sich Aufgabenbereiche des Bundes und der Länder überschneiden. Hierbei müssten die Zuständigkeiten eindeutig abgegrenzt und die Finanzierungsverantwortungen entsprechend zugewiesen werden. Dies gelte insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr.17 Davon zu unterscheiden seien die Fälle, bei denen nur eine bloße faktische Überschneidung von Aufgaben vorliege. Als Beispiele werden hier die Beteiligung verschiedener Baulastträger am Bau von Verkehrswegekreuzungen, die Errichtung und Finanzierung öffentlicher Einrichtungen und die Kostenaufteilung im öffentlichen Personenverkehr genannt.18 Hierbei wird eine anteilmäßige Finanzierung überwiegend als zulässig und geboten angesehen.19 Auch Vereinbarungen zwischen den Beteiligten über eine Aufteilung der Lasten nach Maßgabe der jeweiligen Aufgabenzuständigkeit seien zulässig20. Diese könnten zwar die verfassungsrechtlich bzw. gesetzlich vorgegebene Aufgabenverteilung nicht ändern, jedoch könnten sie sie für den Einzelfall konkretisieren und 13 Kloepfer, Verfassungsrecht I – Grundlagen, Staatsorganisationsrecht, Bezüge zum Völker- und Europarecht -, 2011, § 26 Rn. 45. 14 Siekmann, in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 11; Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz- Kommentar, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 104a Rn. 18. 15 BT-Drs. 5/2861, Tz. 302. 16 Henneke, in: Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG - Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 13. 17 Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 18. 18 Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – Kommentar, 11. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 3. 19 BVerwGE 81, 312 (314); Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 18.; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – Kommentar, 11. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 3; Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 104a Rn. 21. 20 BVerwGE 81, 312 (314); Henneke, in: Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG - Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 13; Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 104a Rn. 21; kritisch dazu Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 18.; Carl, Finanzierungskompetenz und Finanzierungsverantwortung des Bundes auf dem Gebiet der sektoralen Wirtschaftsförderung , DÖV 1986, 581 (585); Fromm, Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1992, 536 (538). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 8 eine Teilung der Ausgaben nach Maßgabe der Verantwortung der verschiedenen Verwaltungsträger für die Erledigung der Sachaufgabe vornehmen.21 So hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seinem Urteil vom 15.03.198922 entschieden, dass Art. 104a Abs. 1 GG jedoch nicht verbiete, „dass Bund und Länder oder Gemeinden in Wahrnehmung jeweils eigener Aufgabenzuständigkeiten zur Erreichung eines bestimmten Ziels zusammenarbeiten und dabei Vereinbarungen über eine Kostenaufteilung nach dem Maß ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Wahrnehmung der Aufgabe abschließen; er gebietet insofern allenfalls , dass jeder diejenigen Kosten trägt, die dem Anteil seiner Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung entspricht“. Hintergrund dieser Entscheidung war ein Vertrag, in dem sich die Deutsche Bundesbahn verpflichtete, gegen Erstattung der Betriebskosten durch die Gemeinde auf einer vorhandenen Bundesbahnstrecke besondere Züge für die Schülerbeförderung zu betreiben und hierfür einen besonderen Haltepunkt einzurichten und zu unterhalten. Das BVerwG führte in diesem Zusammenhang weiter aus, dass Art. 104a Abs. 1 GG nicht verbiete , „dass Bund und Länder einschließlich der Gemeinden in einem Aufgabenbereich der Leistungsverwaltung (Daseinsvorsorge) zusammenarbeiten, in dem sich – wie im öffentlichen Personenverkehr – die Kompetenzen zur Aufgabenwahrnehmung überschneiden.“ In Bereichen ausschließlicher Verwaltungskompetenzen des Bundes oder der Länder dürfe jedoch keine Mitfinanzierung erfolgen.23 Einerseits ist in diesen Fällen keine Ausnahme zum Verbot der Mischfinanzierung zu sehen. Im rechtlichen Sinne liege keine Mischfinanzierung vor, da trotz der faktischen Überschneidung von verschiedenen Aufgabenbereichen die Ausgabenlast jedenfalls nach Maßgabe der Aufgabenverantwortung zu verteilen sei.24 Zu dem vom BVerwG entschiedenen Fall wird teilweise die Ansicht vertreten, dass es sich insofern um einen Fall der Mischverwaltung handelte, bei der sich die Frage der Kostenteilung anders darstellte. 25 Andererseits werden von Teilen der Literatur solche Vereinbarungen zu einer Ausgabenteilung kritisch gesehen. So werde bezweifelt, dass die Entscheidung des BVerwG der Lastenverteilungsregel des Art. 104a Abs. 1 GG, die auf einer klaren und eindeutigen Trennung der Zuständigkeiten beruhe, gerecht geworden sei.26 Ferner seien solche Vereinbarungen nicht unbedenklich, da 21 Hellermann, in: v. Mangold/Klein/Starck, Grundgesetz Band III, 6. Aufl. 2010, Art. 104a Rn. 54. 22 BVerwGE 81, 312, 314. 23 BVerwGE 81, 312, 314. 24 Hellermann, in: v. Mangold/Klein/Starck, Grundgesetz Band III, 6. Aufl. 2010, Art. 104a Rn.55. 25 Prokisch, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 105. Lfg. Mai 2003, Art. 104a Rn. 115. 26 Fromm, Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 1992, 536 (538). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 9 eine Kompetenzverschiebung auch mit Zustimmung der Beteiligten nicht zulässig sei. Die Kompetenzverteilung nach dem Grundgesetz sei nicht disponibel.27 Allein das Ziel der frühzeitigen Realisierung einer Maßnahme kann die Mischfinanzierung in jedem Fall nicht rechtfertigen. Es müssen sich zugleich nach dem Grundgesetz immer auch Kompetenzen von Bund und Ländern für die Finanzierung ergeben. 2.5. Exkurs: Diskussion der „unechten Gemeinschaftsaufgabe“ vor dem Hintergrund von Stuttgart 2128 Im Zusammenhang mit der rechtlichen Zulässigkeit von „Stuttgart 21“ hat das Thema neue Aktualität erlangt. Die neueste Diskussion hierzu stellt sich wie folgt dar: Nach einer Meinung in Rechtsprechung29 und Literatur30 steht Art. 104a Abs. 1 GG einer solchen, mitunter als „unechte Gemeinschaftsaufgabe“31 bezeichneten Mischfinanzierung nicht entgegen. „Unechte Gemeinschaftsaufgaben“ sind nicht weiter gesetzlich oder durch Verwaltungsvorschriften definiert. Allerdings wird von Dolde32 als Vertreter der Ansicht, „unechte Gemeinschaftsaufgeben “ seien von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes gedeckt, angeführt, dass bestimmte gesetzliche Bestimmungen eine gemeinsame Finanzierungskompetenz bei sich überschneidender Aufgabenverantwortung von Bund und Ländern als verfassungsrechtlich zulässig voraussetzten. Es seien dies z. B.: § 9 S. 1 Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG), wonach die Durchführung der in den Bedarfsplan aufgenommenen Baumaßnahmen im Bereich der Investitionen in Schienenwege der Eisenbahnen sowie deren Finanzierung einer Vereinbarung zwischen der Eisenbahn des Bundes, deren Schienenwege ausgebaut werden sollen, und denjenigen Gebietskörperschaften oder Dritten bedürfen, die den Bau oder Ausbau finanzieren, und 27 Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 18; Carl, Finanzierungskompetenz und Finanzierungsverantwortung des Bundes auf dem Gebiet der sektoralen Wirtschaftsförderung, DÖV 1986, 581 (585). 28 Autorenhinweis: Kapitel 2.5 von WD 3. 29 So etwa BVerwGE 81, 312 ff. 30 Dolde/Porsch, in: NVwZ 2011, S. 833 ff., S. 834; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Art. 104a Rn. 3; Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl., 2009, Art. 104a Rn. 18; Heintzen, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, 5. Aufl., 2003, Art. 104a Rn. 25; Hellermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG , Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 104a Rn. 51. 31 Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, 1972, S. 24 f. 32 Dolde/Porsch, in: NVwZ 2011, S. 833 ff., S. 835. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 10 § 12 Abs. 3 Wasserstraßengesetz (WaStrG), wonach Vereinbarungen über die Finanzierung von Ausbauvorhaben bezüglich Bundeswasserstraßen als möglich vorausgesetzt werden, soweit der Bund durch den Ausbau und Neubau auch Aufgaben der allgemeinen Daseinsfürsorge oder des Umweltschutzes erfüllt, die den Ländern obliegen, und §§ 11 Abs. 2, 12 Nr. 2, 13 Abs. 1 Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG), wonach die gemeinsame Finanzierung von Kreuzungsbauten durch die Bahn und den Träger der Straßenbaulast vorgesehen ist. Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Mischfinanzierungen bei verschränkter Aufgabenverantwortung von Bund und Länden mit Art. 104a Abs. 1 GG ist nach Ansicht der Befürworter der „unechten Gemeinschaftsaufgaben“ aber, dass jeder diejenigen Kosten trage, die dem Anteil seiner Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung entspreche.33 Für die Bemessung des jeweiligen Anteils existierten keine exakten Maßstäbe.34 Den Vertragsparteien komme die Befugnis zu, die vorgegebene Aufgabenverteilung im Einzelfall zu konkretisieren und die Ausgaben nach dem Gewicht der jeweiligen Verantwortlichkeiten der Aufgabenträger festzulegen.35 Dies könne etwa durch eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung oder in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgen.36 Es bestehe ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum der Beteiligten im Hinblick auf die jeweiligen Interessen und deren finanzielle Bewertung.37 Die Klarheit und Stabilität der Kompetenzräume nehme hierdurch keinen Schaden.38 Nach den allgemeinen Regeln über Beurteilungsspielräume sei die einvernehmliche Festlegung der Kostenanteile im Übrigen gerichtlicher Überprüfung eine Stück weit entzogen.39 Die vertragliche Kostenlastverteilung sei im Einzelfall aber dann als bedenklich einzustufen, wenn sie in einem groben Missverhältnis zum Maß der Verantwortung der beteiligten Aufgabenträger stehe und deshalb Gefahr laufe, gegen die grundgesetzliche Kompetenzordnung zu verstoßen.40 Kritisch mit der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der „unechten Gemeinschaftsaufgabe “ setzt sich dagegen Hans Meyer auseinander: Die unechte Gemeinschaftsaufgabe existiere nach dem Grundgesetz nicht.41 Nach Art. 30 GG seien Aufgaben des Staates dem Bund oder den Ländern zugewiesen. Daran knüpfe Art. 104a Abs. 1 GG an. Der Begriff der „unechten Gemein- 33 BVerwGE 81, 312 (314). 34 Dolde/Porsch, in: NVwZ 2011, S. 833 ff., S. 837. 35 Dolde/Porsch, in: NVwZ 2011, S. 833 ff., S. 837. 36 Heintzen, in: v. Münch/Kunig, Art. 104a Rn. 25; Hellermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 104a Rn. 51. 37 Dolde/Porsch, in: NVwZ 2011, S. 833 ff., S. 837; Heintzen, in: v. Münch/Kunig, Art. 104a Rn. 25. 38 Heintzen, in: v. Münch/Kunig, Art. 104a Rn. 25. 39 Heintzen, in: v. Münch/Kunig, Art. 104a Rn. 25. 40 Dolde/Porsch, in: NVwZ 2011, S. 833 ff., S. 837. 41 Meyer, Finanzverfassungsrechtliche Fragen des Stuttgarter Bahnkonflikts, Rechtsgutachten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg, S. 21, z. B. abzurufen unter: http://www.dhvspeyer .de/kropp/361362.rechtsgutachten_prof_hans_meyer_finanzve.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 11 schaftsaufgabe“ sei im Übrigen zumeist für finanziell bescheidene Randerscheinungen herangezogen worden.42 Die sich hiermit befassenden Gerichtsentscheidungen hätten diese Figur mehrheitlich abgelehnt, allein das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 1989 zur Schülerbeförderung 43 erkläre die Mitfinanzierung durch die Gemeinde – ohne nähere Begründung – als mit Art. 104a Abs. 1 GG vereinbar.44 Im Ergebnis verneint Meyer jedenfalls, dass die Figur der „unechten Gemeinschaftsaufgabe“ für das Großprojekt „Stuttgart 21“ zutreffe, denn der dort in Frage stehende Schienenbau sei eindeutig und ohne Abgrenzungsprobleme eine Bundesaufgabe. Der Rekurs auf die „Daseinsvorsorge“ führe hier nicht weiter.45 3. Kontrollzuständigkeiten in den Finanzierungsfragen46 Sofern zwischen Bund und Land Streit über Art und Umfang der Finanzierungsrechte und -pflichten besteht, die in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag oder einer Verwaltungsvereinbarung festgelegt wurden, so dürfte hierfür das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art) zuständig sein. Denn Gegenstand dieser bundesverwaltungsgerichtlichen Verfahren sind vor allem Auseinandersetzungen, bei denen es um die Abgrenzung gegenseitiger Hoheitsbefugnisse (Kompetenzen) von Bund oder Ländern oder von Ländern geht.47 Im Unterschied zur verfassungsrechtlichen Streitigkeit, die als Bund-Länderstreit vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig gemacht werden müsste (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG), ist in Bezug auf die Überprüfung einer Finanzierungsvereinbarung in der Regel die Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gegeben, weil es um Fragen geht, die die Reichweite der Ansprüche und Einzelheiten aus einem verwaltungsrechtlichen Gestaltungsrahmen betrifft. Verfassungsrechtliche Vorfragen hat das BVerwG im Rahmen des Verwaltungsrechtsweges und seiner eigenen sachlichen Zuständigkeit inzident zu klären.48 Gemäß Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG ist der Bundesrechnungshof für die Prüfung der Rechnung und die Wirtschaftlichkeit- und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung zuständig . Geprüft wird danach der Vollzug des Haushaltsplans, d. h. alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes, welche den im Haushaltsplan vorgesehenen Einnahmen und Ausgaben gegenüberzustellen sind (Rechnungslegung des Bundesfinanzministers).49 Darüber hinaus kann der Bun- 42 Meyer, S.21. 43 BVerwGE 81, 312 ff. 44 Meyer, S. 22f. 45 Meyer, S. 23. 46 Autorenhinweis: Kapitel 3 von WD 3. 47 Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., 2003, § 50 Rn. 3. 48 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 21. Erglfg., 2011, § 50 Rn. 9, abzurufen unter: http://beckonli - ne.beck.de/Default.aspx?vpath=bibdata/komm/SchochKoVwGO_21/VwGO/cont/SchochKoVwGO.VwGO.p50.gl II.gl2.gla.glcc.htm#FNID0EIK6CB. 49 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 114 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 12 desrechnungshof auch eine rechnungsunabhängige Finanzkontrolle, d. h. generell die Haushaltsund Wirtschaftsführung unabhängig von der Rechnungslegung, prüfen. In Bezug auf die Frage der Kompetenz des Bundesrechnungshofs für die Kontrolle von Finanzierungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern ist folgendes zu beachten: Die Kontrolle durch den Bundesrechnungshof bezieht sich im allgemeinen nur auf die Bundesverwaltung und findet ihre Grenze in der bundesstaatlichen Kompetenzordnung. Denn nach Art. 109 Abs. 1 GG ist die Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern selbstständig. Im Verhältnis zu Ländern und Gemeinden darf sich die Prüfung des Bundesrechnungshofs nur auf die Bereiche erstrecken, wo der Bund die Ausgabenverantwortung besitzt.50 Im Übrigen sind die Landesrechnungshöfe zuständig . Bei Kompetenzüberlappungen ist - etwa bei Mischfinanzierungen - eine Kooperation vorgesehen.51 Das Gesetz sieht gemeinsame Prüfungen vor, wenn mehrere Rechnungshöfe zuständig sind (siehe § 45 S. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG); § 93 Bundeshaushaltsordnung (BHO)). In der Praxis arrangieren sich die Rechnungshöfe mit Lösungsmodellen für kompetenzüberschneidende Aufgaben, die prüfungsfreie Räume und Doppelprüfungen vermeiden und Erfahrungsaustausch gewährleisten.52 Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Rechnungshöfe grundsätzlich auf finanzwirtschaftliche Vorgänge beschränkt sind. Im Rahmen der Ordnungsmäßigkeitskontrolle haben sie aber die gesamte Rechtsordnung (Art. 20 Abs. 3 GG) zu beachten. Es ist die rechnerische Richtigkeit, aber auch die Rechtmäßigkeit zu prüfen. Daher darf der Bundesrechnungshof und - entsprechend in ihrem Kompetenzbereich - die Landesrechnungshöfe sogar Haushaltsansätze und ihre Verwendung als verfassungswidrig beanstanden.53 Folglich dürften der jeweils zuständige Rechnungshof bzw. mehrere zuständige Rechnungshöfe im Falle der gemeinsamen Prüfung in Bezug auf Mischfinanzierungsvereinbarungen wohl nicht nur den wirtschaftlich und haushalterisch korrekten Einsatz der Mittel überprüfen, sondern auch die Verfassungsmäßigkeit der Vereinbarung im Hinblick auf die Frage, ob eine Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern im Einzelfall der Finanzverfassung entspricht. Allerdings handelt es sich insoweit nur um ein Beanstandungsrecht ohne rechtliche Verbindlichkeit.54 4. Zur Finanzierung des Lückenschlusses der A 31 (Emslandautobahn) und zu den Finanzierungsplanungen der Küstenautobahn 55 4.1. Finanzierung des Lückenschlusses der A 31 (Emslandautobahn) Zur Finanzierung des Lückenschlusses der Emslandautobahn hat das BMVBS sich dahingehend eingelassen, 50 Jarass,in: Jarass/Pieroth, Art. 114 Rn. 6. 51 Isensee, Finanzkontrolle im Bundesstaat, in Zeitschrift für öffentliches Recht (ZÖR) 2008, S. 29 ff., S. 39. 52 Isensee, in: ZÖR 2008, S. 29 ff., S. 39. 53 Heintzen, v. Münch/Kunig, Art. 114 Rn. 25. 54 BVerfGE 20, 56 (96); Heun, in: Dreier, GG, 2. Aufl, Bd. III, 2008, Art. 114 Rn. 28. 55 Autorenhinweis: Kapitel 4 von WD 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 13 56 Die Recherchen in öffentlich zugänglichen Materialien zeigen, dass das Land seinen Beitrag in Kooperation mit unterschiedlichen Partnern finanziert hat. Eckhard Lammers beziffert die Aufteilung der 225 Mio. DM Landesbeteiligung wie folgt: 120 Mio. DM Land Niedersachsen, 105 Mio DM die Region, davon - 66 Mio. DM die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim und - 16 Mio. DM die Unternehmen in den Kammerbezirken Münster, Osnabrück- Emsland, Oldenburg und Ostfriesland und Papenburg - 23 Mio. DM die Niederlande (Regionale Wirtschaft und Nordost-Provinzen).57 Diese Quelle stimmt jedenfalls in der Aufteilung zwischen Bund und Land mit der Stellungnahme des BMVBS überein, . Andere öffentlich zugängliche Quellen liefern andere Zahlen. So berichtet die IHK Osnabrück-Emsland im Januar 2005 von folgender Finanzierung des Lückenschlusses: Gesamtvolumen rund 250 Mio. € davon 135 Mio. Euro vom Bund finanziert (inkl. EU-Mittel) restliche 115 Mio. Euro setzen sich wie folgt zusammen: - 61,4 Mio. Euro Land Niedersachsen - 53,7 Mio. € durch die Region, davon - 17,9 Mio. € Landkreis Emsland, - 10,0 Mio. € Landkreis Grafschaft Bentheim, - 5,6 Mio. € Landkreise Aurich, Leer, Stadt Emden, - 11,9 Mio. € Niederländische Partner (inkl. EU-Mittel) - 8,3 Mio. € Regionale Wirtschaft58 Dabei sind zwei Dinge zu berücksichtigen: der Bericht der IHK Osnabrück-Emsland bezieht sich auf die Lage nach Fertigstellung des Projekts, während der Artikel von Lammers noch vor Baubeginn erschienen ist. Dementsprechend wird auch in unterschiedlichen Währungen gerechnet: bei Lammers erscheinen noch DM-Angaben, während die IHK Osnabrück-Emsland bereits in Euro rechnet. Auf der Seite der IHK Emden findet sich folgende Aufstellung: 56 E-Mail des BMVBS 57 Lammers, Eckhard, Kooperation und Innovation in der Infrastrukturpolitik: Der Lückenschluss der A 31, in: Informationen zur Raumentwicklung, 2001, Heft 8, S. 511 ff., S. 512 (Anlage 1). 58 A 31: Der Weg ist frei!, IHK Osnabrück-Emsland, Wirtschaft Osnabrück-Emsland Nr. 1, Januar 2005, S. 4 ff., S. 5. (Anlage 2) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 14 Finanzierung des Lückenschlusses (420 Mio. DM / 215 Mio. €): (Fertigstellung 2005 statt frühestens 2015, gemäß Vertrag von 3/2001) - Bund (Vorfinanzierung durch Land bis 2010)+Land: 315 Mio. DM / 161,3 Mio. € - Region (Mitfinanzierung 2001 – 2005: 105 Mio. DM / 53,7 Mio. € davon: Landkreise 65,4 Mio. DM / 33,5 Mio. € Niederlande: 23,3 Mio. DM / 11,9 Mio. € Wirtschaft: 6,3 Mio. DM / 8,3 Mio. €59. In dieser Rechnung sind der Anteil der Finanzierung, der beim Land verbleibt, und der Anteil des Bundes nicht getrennt ausgewiesen. Auch ist hier von einer Vorfinanzierung durch das Land die Rede. Von einer Vorfinanzierung spricht auch Jürgen Deiters60 und führt dies als Grund an, weshalb dieses Projekt kein Modell für die Zukunft sei, da es künftige Haushalte zu stark belaste. Er bewertet allerdings die Sponsoringaktion als eine Aktion, die bereits Nachahmung gefunden hat. Ob die Behauptung, dass eine Vorfinanzierung erfolgt sei, zutrifft und falls ja, wie diese ausgesehen hat, konnte aus den dem Fachbereich bis zum Abgabetermin der Arbeit zugänglichen Quellen nicht abschließend recherchiert werden. Das BMVBS hat zur Frage der Zulässigkeit von Vorfinanzierungen ausgeführt: J 59 http://www.ihk-emden.de/index.php?sid=3fr2gj6etg2ets4tk3ispghgrjkic0dq&m=1&hid=291 . 60 Deiters, Jürgen, Regionale Initiativen zum Ausbau des Fernstraßennetzes – Beispiele aus dem nördlichen Westfalen , Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), http://www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Verkehr/Strasse/Fernstrassen (abgerufen 14.12.2011). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 15 “62 4.2. Finanzierung der Küstenautobahn A 20 Die sogenannte „Küstenautobahn“ A 20 befindet sich bislang noch im Planungsstadium. Der aktuelle Projektstand findet sich auf den Internetseiten der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr.63 Einen Überblick über die Entwicklung der Planungen zur Küstenroute gibt die IHK Schleswig-Holstein auf der Internetseite.64 Dem lässt sich entnehmen, dass im Bundesverkehrswegeplan 2003 die Nord-West-Umfahrung Hamburgs mit Elbquerung, von Lübeck bis zu A 26, weiterhin als „Vordringlicher Bedarf“, die niedersächsische Weiterführung der A 20 als A 2265 (Küstenautobahn) als „Weiterer Bedarf“ eingestuft wurde. Letzteres bestätigt auch eine Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim BMVBS, Enak Ferlemann, vom 19. Juli 2011 auf die Anfrage der Abgeordneten Dorothea Steiner (MdB).66 Werbekampagnen für die Umsetzung der Planungen für die A 20 sind bereits angelaufen, so z.B. die Aktion „ 20 Trucks für die Küstenroute A 20“.67 Zur generellen Möglichkeit von Mitfinanzierungen hat das BMVBS ausgeführt: Weiter heißt es: 62 E-Mail des BMVBS 63 http://www.strassenbau.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=21165&article_id=78624&_psmand= 135, (Stand vom 1.11.2011, abgerufen am 14.12.2011). 64 http://www.kuestenroute.de/mehr-wissen/die-kuestenroute-von-der-vergangenheit-bis-heute/ . 65 Inzwischen auch A 20. 66 BT-Drs. 17/6658 vom 22.7.2011, S. 74, zu Frage 99. 67 http://www.kuestenroute.de/mehr-machen/20-trucks-fuer-die-kuestenroute/ . Siehe auch die Seiten des Fördervereins für die A 20 http://www.pro-a20.com/deutsch/index.html . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 16 68 4.3. Bewertung von PPP-Projekten im Verkehrssektor Die Finanzierung des Lückenschlusses der A 31 wurde teilweise als vorbildliches Modell für PPP-Modelle im Verkehrssektor bewertet. Dabei wurde die Bereitschaft der Wirtschaft, in den Lückenschluss zu investieren, durch ein Gutachten der Universität Münster zu Kosten und Nutzen des Lückenschlusses unterstützt, das eine überzeugende volkswirtschaftliche Rendite voraussagte . 69 Im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen mit PPP-Projekten im Verkehrssektor können im Rahmen dieser Arbeit nur einzelne Hinweise gegeben werden. So hat der Präsident des Bundesrechnungshofs als Beauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung im Jahr 2009 ein Gutachten zu Öffentlich Privaten Partnerschaften im Bundesfernstraßenbau vorgelegt.70 Darin werden die beiden bislang vom BMVBS unter der Bezeichnung „A-Modell“ oder „F-Modell“ bekannten Finanzierungsmodelle untersucht und Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt. Zum A-Modell wird festgestellt, dieses weise strukturelle Nachteile auf, die die Umsetzung eines Projektes mit Hilfe des A-Modells verteuerten.71 Zum F-Modell wird festgestellt, dass dieses aufgrund der damit zusammen hängenden praktischen Umsetzungsprobleme im Anwendungsbereich nicht ausgedehnt werden sollte.72 Aktuell hat im Jahr 2011 Erik Gawel Stand und Perspektiven der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG) untersucht.73 In seinem Fazit stellt er fest, vor dem Hintergrund der leeren Kassen der öffentlichen Hand müssten in Deutschland privatwirtschaftliche Lösungen in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zunehmen. Schließlich plädiert er dafür, aufgrund der Schwierigkeiten der derzeit zur Anwendung gebrach- 68 E-Mail des BMVBS an 69 S. z.B. Interview der Hannoverschen Wirtschaftszeitung mit dem Leiter der Kreisverwaltung des Landkreises Emsland Hermann Bröring vom 22.10.2004, http://www.hwzonline.de/showartikel.php?id=503&table=newsartikelarchiv&bildpfad=newsartikel . 70 http://bundesrechnungshof.de/bundesbeauftragter-bwv/ergebnisse-des-bwv-1/sonstige-gutachten-berichtebwv /05-V3-2006-0201.pdf (Stand: 15.12.2011) . 71 http://bundesrechnungshof.de/bundesbeauftragter-bwv/ergebnisse-des-bwv-1/sonstige-gutachten-berichtebwv /05-V3-2006-0201.pdf (Stand: 15.12.2011), S. 32. 72 http://bundesrechnungshof.de/bundesbeauftragter-bwv/ergebnisse-des-bwv-1/sonstige-gutachten-berichtebwv /05-V3-2006-0201.pdf (Stand: 15.12.2011), S. 44. 73 Gawel, Erik, Verkehrsinfrastrukturfinanzierung nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG) – Stand und Perspektiven. Teil 1 in InfrastrukturRecht (IR) Heft 1, 2011, S. 4 ff., Teil 2 in Infrastruktur Recht (IR) Heft 2, 2011, S. 29 ff (Anlage 3) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000/190/11, WD 3 – 3000/357/11, WD 4 – 3000 – 224/11 Seite 17 ten Modelle das FStrPrivFinG künftig auf den Neu- bzw. Ausbau von Teilstrecken und Teilnetzen zu erweitern und benennt hierfür notwendige Rahmenbedingungen.74 74 Gawel, Erik, Verkehrsinfrastrukturfinanzierung nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG) – Stand und Perspektiven, hier: Teil 2 in InfrastrukturRecht (IR) Heft 2, 2011, S. 29 ff., S. 33.