Deutscher Bundestag Zur Diskussion um Konzepte wirtschaftlichen Wachstums Info-Brief Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 5 – 3010 - 174/10 Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 2 Zur Diskussion um Konzepte wirtschaftlichen Wachstums Verfasser: Sachstand: WD 5 – 3010 - 174/10 Abschluss der Arbeit: 31. August 2010 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 3 1. Zur Geschichte des Wachstumsbegriffs 4 2. Zur Geschichte des Bruttoinlandsprodukts als Wohlstandsmaß 6 3. Die Diskussion um Wohlstandsmessung und Wachstumskonzepte 8 3.1. Ansätze verbesserter Wohlstandsmessung 8 3.2. Fundamentale Wachstumskritik 11 4. Literaturverzeichnis 13 Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 4 1. Zur Geschichte des Wachstumsbegriffs Der Anfang der heutigen wirtschaftswissenschaftlichen Wachstumstheorie – und somit auch der wirtschaftswissenschaftlichen Verwendung des Wachstumsbegriffs – geht bis in die Zeit der Entstehung der modernen Wirtschaftswissenschaften im 18. Jahrhundert zurück. Die explizite Formulierung von wirtschaftswissenschaftlichen „Wachstumstheorien“ unter dieser Bezeichnung wurde allerdings erst mit dem Beginn der so genannten keynesianischen Wachstumstheorie der 1930/40er Jahre begonnen. Als Begründer der modernen Wirtschaftswissenschaften gilt der britische Nationalökonom Adam Smith, der im Jahr 1776 sein Hauptwerk vom „Wohlstand der Nationen“ vorlegte. Zusammen mit seinen Zeitgenossen und Nachfolgern, u.a. David Ricardo, John Stuart Mill oder in Deutschland dann im 19. Jahrhundert Friedrich List, entwickelte er Theorien darüber, wovon der „Wohlstand “ der Länder und ihrer Bevölkerungen abhängt und auf welche Weise dieser gemehrt werden kann. Dabei standen Fragen wie Arbeitsteilung, Freihandel, Kapitalakkumulation, Bevölkerungsentwicklung oder landwirtschaftliche Erträge im Vordergrund. Für die Klassiker lag das Interesse ihrer Betrachtungen im Produktionsergebnis. In seinem berühmten ersten Kapitel des „Wealth of Nations“ erklärt Smith die Bedeutung der Arbeitsteilung am Beispiel der Stecknadelproduktion . Die Arbeitsteilung führt zu einem starken Anwachsen der Produktionsleistung je eingesetztem Arbeiter, so dass der allgemeine Wohlstand der Bevölkerung steigen kann. Steigender Wohlstand bedeutete für Smith das Anwachsen der Menge konsumierbarer Güter. Implizit beruht das Wachstumskonzept der Klassiker damit auf dem Maßstab des Produktionsergebnisses, ohne dass den Autoren der damaligen Zeit bereits entsprechende statistische Möglichkeiten zur Verfügung standen, um dieses für eine Volkswirtschaft insgesamt zu messen. In einem Beitrag aus dem Jahr 1980 fasst Werner Glastetter die Bedeutung der Arbeiten von Smith für die folgende Entwicklung zusammen: „Mit diesem Lehrgebäude etablierte sich erstmals eine spezifische Wachstumskonzeption, die sich in ihrer Substanz über zwei Jahrhunderte hinweg erhalten hat. Diese Substanz lässt sich dadurch kennzeichnen, daß sie sich letztlich auf zwei Pfeiler abstützte: zielpolitisch auf das ökonomische Wachstum, ordnungspolitisch auf die marktwirtschaftliche Ordnung.“ (Glastetter 1980: 55. Hervorhebungen im Original). Aus dem beschriebenen Wachstumskonzept folgt das Problem der Messung: Nicht nur die Menge der konsumierbaren Güter kann anwachsen, sondern auch deren Qualität kann sich verbessern. Es bedarf also eines Wachstumsmaßes. Ein langfristiger Vergleich der verfügbaren Gütermengen ist nur in Form eines Wertausdrucks möglich. Um Wirtschaftswachstum ganzer Volkswirtschaften langfristig beobachten und messen zu können, bedurfte es in der Folge der Arbeiten der Klassiker also der Entwicklung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Erste theoretische Erfassungsmodelle für die gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten wurden ebenfalls bereits im 18. Jahrhundert entwickelt (Wirtschaftskreislauf von Quesnay). Das heute übliche System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruht auf den Kreislaufzusammenhängen, wie sie in den Arbeiten von John Meynard Keynes (1936) entwickelt wurden. Gleichzeitig entstanden seit dem 19. Jahrhundert immer weiter verbesserte nationale Erfassungssysteme, die die notwendigen statistischen Informationen liefern konnten. Zentrale Größe der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist das Bruttoinlandsprodukt als Wertmaßstab der in einem Jahr in einer Volkswirtschaft produzierten Güter und Dienstleistungen. Die Bruttoinlandsproduktrechnung konnte damit den gesuchten Wertmaßstab liefern, um den von Smith und den anderen Klassikern beschriebenen Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 5 „Wohlstand der Nationen“ abzubilden. Die meisten so genannten „alternativen“ Ansätze zur Charakterisierung von Wirtschaftswachstum lassen sich auf alternative Methoden der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zurückführen. Denn mehr als das eigentlich biologische Wachstumsprinzip ist die Frage umstritten, welche Größen überhaupt als Ziel von Wachstum und Wirtschaftspolitik angesehen werden sollen. Mit der statistischen und theoretischen Erfassung des Inlandproduktes von Volkswirtschaften konnte das Wirtschaftswachstum seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vermehrt Gegenstand eigenständiger, formaler wirtschaftswissenschaftlicher Analyse werden. Dabei bildete sich schnell die Unterscheidung zwischen der Betrachtung kurzfristiger, instabiler Schwankungen des Bruttoinlandsproduktes („Konjunkturtheorie“) und des langfristigen Trends seiner Entwicklung („Wachstumstheorie“) heraus. Im Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften aus dem Jahr 1980 wird folgende Definition gegeben: „Unter wirtschaftlichem Wachstum versteht man eine fortwährende Zunahme des realen wirtschaftlichen Outputs. Es handelt sich also um unbegrenztes Wachstum.“ (Helmstädter 1980: 476). Wobei auch zum damaligen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen wurde, dass das fortwährende Wachstum gering sein oder gar Null betragen könnte. Wichtig ist in der gegebenen Definition der Aspekt des langfristigen Entwicklungspfades einer Volkswirtschaft (ohne Berücksichtigung von Konjunkturschwankungen) als Gegenstand der Wachstumstheorie. Im Zuge der Weiterentwicklung der keynesianischen Theorie in den 1930er und 1940er Jahren entstand die Klasse von wachstumstheoretischen Modellen keynesianischer Ausprägung, deren Grundlagen auf Arbeiten von Harrod und Domar beruhen. In den 1950er Jahren entwickelten sich in Folge von Arbeiten von Solow und Swan die Modelle der neoklassischen Wachstumstheorie in Abgrenzung zur keynesianischen Sichtweise. Deren Kritik in den 1950er und 1960er Jahren wurde wiederum in Fortentwicklung der keynesianischen Modelle von Vertretern der so genannten postkeynesianischen Schule vorgetragen (z. B. Kaldor). Die „Neue Wachstumstheorie“ der letzten Jahrzehnte knüpft wiederum stärker an die neoklassische Sichtweise an und konzentriert sich auf die Analyse von Inputfaktoren wie z.B. Humankapital und deren Relevanz für (endogene ) Wachstumsprozesse (z.B. Mankiw, Romer, Weil). Eine Sonderstellung im Kanon der modernen Wirtschaftswissenschaften nimmt die ökonomische Theorie des österreichischamerikanischen Ökonomen Joseph Schumpeter ein, die er bereits in den 1930er und 1940er Jahren entwickelte und die sich in wichtigen Teilen ebenfalls mit Entwicklungs- und Wachstumsphänomenen von Volkswirtschaften beschäftigt. Wachstum als um konjunkturelle Schwankungen bereinigte, wertmäßige, preisbereinigte Zunahme des wirtschaftlichen Outputs beschreibt die in den Wirtschaftswissenschaften weitgehend anerkannte, noch heute gültige Definition des Begriffs. Diese Definition ist kaum umstritten. Insofern unterlag der Kern des Wachstumsbegriffs seit der Zeit der Klassiker keiner prinzipiellen Wandlung. Während lange Zeit das Bruttosozial- bzw. Bruttoinlandsprodukt oder das Volkseinkommen nach den Definitionen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung als Maßstab für den „wirtschaftlichen Output“ in gleicher Weise anerkannt waren, hat sich im Laufe der Entwicklung der Wachstumstheorie eine Debatte darüber entwickelt, ob damit die Zielgröße des „Wohlstands der Nationen“ angemessen erfasst wird. Bereits seit der Zeit der Klassiker wurde Kritik an der Wachstumskonzeption im Smith‘schen Sinne geübt. Der Kernpunkt der Kritik, der über den Zeitverlauf hinweg aus verschiedensten Richtungen vorgetragen worden ist, bezieht sich auf die Verbindung von wirtschaftlichem Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 6 Wachstum als Erhöhung des Outputs mit dem Ziel der „Steigerung des Wohlstandes“. Bereits Spätklassiker wie Mills trugen Bedenken vor, Wachstum mit steigendem Wohlstand zu identifizieren . Im 19. Jahrhundert wiesen vor allem Marx und seine Anhänger darauf hin, dass das wirtschaftliche Wachstum mit der Verelendung einer ganzen Klasse, nämlich der Arbeiterschaft, einherginge . Zum Ende des 19. Jahrhunderts befürchteten Staatssozialisten wie Adolph Wagner eine Unterversorgung mit staatlicher Infrastruktur im Zuge des Wirtschaftswachstums. In der Weltwirtschaftskrise arbeitete John Meynard Keynes heraus, dass langfristiges Wirtschaftswachstum nicht vor den Auswirkungen von Konjunkturschwankungen schützen könne. Als Anfangspunkt der modernen Wachstumskritik können die Arbeiten im Auftrag des Club of Rome gelten. Die im Jahr 1972 erschienene Studie „Grenzen des Wachstums“ von Dennis H. Meadows sagte voraus, dass sowohl die Bevölkerungsentwicklung als auch die Umweltbelastungen sowie die Endlichkeit der natürlichen Rohstoffe natürliche Hürden für einen unbegrenzten Wachstumsprozess darstellen würden, der nach Ansicht der Autoren mittelfristig zum Erliegen kommen müsse. Während die Voraussage, dass Bevölkerungsentwicklung und Rohstoffknappheit das Outputwachstum begrenzen könnten, in der Folgezeit nicht in der angenommenen Form bestätigt wurde, hat die Meadows-Studie vor allem bezüglich der Umweltauswirkungen des wirtschaftlichen Wachstums noch heute große Bedeutung. Denn infolge dieser Arbeit wurden zum ersten Mal analytische Konzepte entwickelt, die klar aufzeigen konnten, dass wirtschaftliches Wachstum , gemessen als Erhöhung des Sozialproduktes, nicht identisch ist mit der Erhöhung gesellschaftlichen Wohlstandes. In der ökonomischen Theorie waren solche Phänomene mit der Theorie Öffentlicher Güter und Externer Effekte schon seit den 1920er Jahren erfasst. Ihre analytische Verbindung zur Wachstumstheorie hatte aber bis dahin gefehlt. Jetzt wurde deutlich: Wirtschaftliches Wachstum im klassischen Sinn ist nicht identisch mit der Vermehrung des „Wohlstands der Nationen“, da bestimmte Effekte wie die Umweltzerstörung – heute vor allem die Klimaveränderung – nicht über Markttransaktionen erfasst werden und somit nicht oder nur teilweise in die Sozialproduktberechnung mit eingehen. So kann zwar der Output an konsumierbaren Gütern und Dienstleistungen wachsen, der Wohlstand einer Volkswirtschaft durch die Verringerung natürlicher Ressourcen aber gleichzeitig zurück gehen. Während infolge der Debatte um die „Grenzen des Wachstums“ in den 1970er Jahren auch unter Wirtschaftswissenschaftlern vor allem über die Notwendigkeit eines Endes des Sozialproduktwachstums diskutiert wurde, hat sich im Zuge der Entwicklung der „Ecological Economics“ seit den 1980er Jahren das Konzept des „nachhaltigen Wachstums“ als Teil einer Konzeption „nachhaltiger Entwicklung“ herausgebildet. Deren Vertreter teilen die prinzipielle Skepsis gegenüber einer Erhöhung des Bruttoinlandsproduktes in der Regel nicht. Stattdessen haben sie versucht, Bedingungen zu formulieren, unter denen ökonomische Wachstumsprozesse nachhaltig sein können. Dazu zählt vor allem die Berücksichtigung von externen Effekten bezüglich der Umwelt und dem Wohlergehen zukünftiger Generationen in der eigentlichen Zielgröße des Sozialproduktes . Seit dieser Zeit sind der Wachstumsbegriff der Klassiker und die damit einhergehende Konzeption modifiziert worden („Qualitatives Wachstum“), um den Anforderungen der Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen. 2. Zur Geschichte des Bruttoinlandsprodukts als Wohlstandsmaß Das „Bruttoinlandsprodukt“ ist ein Begriff der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und umfasst den Gesamtwert aller für den Endverbrauch zur Verfügung stehenden Waren und Dienstleistungen , die innerhalb einer Volkswirtschaft im Lauf eines Jahres produziert wurden. Es ent- Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 7 spricht im Wesentlichen dem Bruttoproduktionswert einer Volkswirtschaft abzüglich der in der Produktion verwendeten Vorleistungen. Damit bildet das BIP im Wesentlichen den „Wohlstand der Nation“ im Sinne von Adam Smith als „Summe der konsumierbaren Güter (und Dienstleistungen )“ ab – mit der Einschränkung, dass nur solche Größen in das BIP einfließen, für die monetäre Größen (am Markt) beobachtbar sind. Die Vorläufer der modernen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gehen zurück bis ins 17. Jahrhundert, als Sir William Petty eine erste Schätzung für das Volkseinkommen und das Vermögen in England vornahm. Die statistische Ermittlung des Volkseinkommens war der erste zentrale Baustein der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Damit stand und steht die Ermittlung einer dem heutigen Bruttoinlandsprodukt entsprechenden Größe im Mittelpunkt einer eigenen wissenschaftlichen Teildisziplin. Als eigentlicher Begründer der modernen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kann der Franzose Francois Quesnay angesehen werden. Er stellte in seinem Hauptwerk (1758) die Wirtschaft zum ersten Mal als Kreislauf dar. Er teilte die Bevölkerung eines Landes in drei Klassen ein: die produktive Klasse der Landwirte, die Klasse der Bodeneigentümer und die „sterile“ Klasse der Gewerbetreibenden und Händler. Als einzige Quelle des Wohlstandes galt für Quesnay die Landwirtschaft, die das Gesamtprodukt hervorbringt. In Deutschland wurde eine erste Schätzung des Volkseinkommens für Preußen im Jahr 1805 durch Leopold Krug vorgenommen. Das Volkseinkommen war für ihn ein Maßstab zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines ganzen Volkes. Krug summierte die Beiträge der einzelnen Wirtschaftsbereiche , gemessen in Reichsthalern, zur Summe des jährlichen Nationaleinkommens auf (vgl. Reich 2002: 157. Brümmerhoff 2007: 8). Während weitere Versuche für Preußen und andere deutsche Staaten im Laufe des 19. Jahrhunderts vor allem als Hilfsmittel der Regierungsführung und als Aufgabe der Statistiker gesehen wurde, beschäftigten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch zunehmend wieder theoretische Nationalökonomen mit der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. So wurde in dieser Zeit die Identität des Volkseinkommens mit der nationalen Produktion (abzüglich der volkswirtschaftlichen Abschreibungen) erkannt. Nach dem Ersten Weltkrieg gab es die erste amtliche Volkseinkommensberechnung in Deutschland, die das Statistische Reichsamt im Wesentlichen mit Hilfe der Steuerstatistik vornahm. Auch hier wird der Zusammenhang zwischen gemessenem Inlandsprodukt und (besteuertem) Markteinkommen deutlich. Die Volkseinkommensberechnung wurde seit dieser Zeit regelmäßig im Statistischen Jahrbuch veröffentlicht (vgl. Reich 2002: 158). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auf Grundlage der von John Meynard Keynes weiterentwickelten Kreislauftheorie internationale Standardsysteme für die OECD bzw. die Vereinten Nationen entwickelt, die vor allem mit dem Namen Richard Stone verbunden sind. Derzeit stammt die aktuelle Auflage des United Nations System of National Accounts aus dem Jahr 2008, die europäische Version ist das „Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen“ aus dem Jahr 1995 (ESVG 1995). Während in Deutschland zunächst das Volkseinkommen (≈BIP vermindert um die volkswirtschaftlichen Abschreibungen), später dann das Bruttosozialprodukt (Inländerprodukt) zentrale Größen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung waren, hat sich das Bruttoinlandsprodukt im Zuge der internationalen Standardisierung als Zentrum der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung etabliert. Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 8 3. Die Diskussion um Wohlstandsmessung und Wachstumskonzepte Die Diskussion um einen „neuen Wachstumsbegriff“ lässt sich in zwei Strängen zusammenfassen . Der erste Ansatzpunkt ist die Kritik am BIP als Wohlstandsmaß. Die daran anknüpfende Wachstumskritik bezieht sich auf die Verengung des Wohlstandsbegriffs auf Wirtschaftswachstum in Form einer BIP-Zunahme. Die Debatte um eine verbesserte Wohlstandsmessung wird von Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern auf der ganzen Welt geführt und ist im Mainstream der ökonomischen Forschung angesiedelt. Der zweite Ansatzpunkt knüpft einerseits in neomalthusianischer Tradition an die „Grenzen des Wachstums“ an, wie sie vom Club of Rome dargestellt wurden. Andererseits beziehen viele Autoren Ansätze marxistischer Kapitalismuskritik mit in ihre Analyse ein. Diese Denkrichtung steht in der Regel außerhalb der traditionellen ökonomischen Wissenschaft und kritisiert das Wachstumsprinzip und die damit verbundene marktwirtschaftliche Ordnung fundamental. 3.1. Ansätze verbesserter Wohlstandsmessung Schon lange vor den Veröffentlichungen des Club of Rome war die Gleichsetzung des gesellschaftlichen Wohlstandes mit dem (physischen) Output einer Volkswirtschaft gemessen in Sozialproduktgrößen kritisiert worden (vgl. Helmstädter 1980). Brisanz gewann diese Kritik um so mehr, als sich Regierungen entwickelter Volkswirtschaften auf das Sozialproduktwachstum als wirtschaftspolitische Zielgröße festlegten, wie z.B. die Bundesrepublik Deutschland im Stabilitäts - und Wachstumsgesetz aus dem Jahr 1967. Dabei hatte bereits in den 1920er Jahren (Pigou et al.) die Wirtschaftswissenschaft analytisch aufgezeigt, dass es wirtschaftliche Phänomene gibt, die nicht durch Markttransaktionen und Marktpreise vermittelt werden und deren Vernachlässigung zu Beeinträchtigungen der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt führen. In der Folge entstand die Theorie Öffentlicher Güter und Externer Effekte, ohne aber zunächst die Maßgröße des BIP in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu beeinflussen. Erst die in den 1960er/70er Jahren entstehende Umweltökonomik verband die vorhandenen Theoriebausteine mit dem Versuch, alternative Wohlstandsmaße zu entwickeln. Mittlerweile sind darunter einige Ansätze, die zu Lehrbuchstoff im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung geworden sind (vgl. Brümmerhoff 2007: 276-282. Frenkel/John 2006: 160-194). Bei der Kritik am BIP als Wohlstandsindikator hat sich im Laufe der Jahre eine Vielzahl unterschiedlicher Argumente herausgebildet (vgl. : Brümmerhoff 2007: 276-278. Frenkel/John 2006: 160-163. UBA 2010: 11-24). - Das monetär ausgedrückte BIP gibt keine Auskunft über seine Zusammensetzung aus Gütern und Dienstleistungen. - Das BIP gibt keine Auskunft über die Einkommensverteilung. - Unentgeltliche staatliche Leistungen werden nur mit den Inputpreisen erfasst, eine Bewertung mit Marktpreisen erfolgt nicht. - Freizeit oder Mühe bei seiner Erstellung gehen in die BIP-Größe nicht ein. - Die Schattenwirtschaft bleibt unerfasst. - Soziale oder politische Faktoren wie soziale Sicherheit, Aufstiegsmöglichkeiten, politische Freiheit, Bildung, Lebenserwartung etc. finden im BIP keinen Ausdruck. - Nicht marktmäßig erfasste Vermögensveränderungen, insbesondere Schädigungen der Umwelt und Verminderungen natürlicher Ressourcen bleiben im BIP unberücksichtigt . Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 9 - Das gilt insbesondere auch für das Wohlstandspotential zukünftiger Generationen und die Verschuldung der öffentlichen Haushalte. - Mit der Ausrichtung auf BIP-Wachstum können Mittel und Zweck verwechselt werden , da wirtschaftliches Wachstum kein Selbstzweck, sondern lediglich Mittel zu Zielen wie menschlicher Entwicklung, Fortschritt oder Glück darstellt. - Nichtmarktleistungen wie z.B. Haushaltsarbeit bleiben bei der BIP-Erfassung unberücksichtigt . - Kompensatorische Leistungen, die zur Beseitigung von Schäden, Krankheiten oder Unfällen führen, gehen positiv in die Höhe des BIP ein. Es ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, einen vollständigen Überblick über die diskutierten Neuansätze zur alternativen Wohlstandsmessung über das BIP hinaus zu geben. Deshalb sollen im Folgenden nur einige Beispiele angeführt werden: - Einer der ältesten Versuche der modernen Zeit, das BIP zu einem geeigneten Wohlstandsindikator auszubauen, stammt von Tobin/Nordhaus (1973). Sie versuchten, nur tatsächlich „nützliche“, dem Endzweck des Konsums dienliche Größen in ihre Wohlstandsberechnungen einfließen zu lassen. Das BIP wurde von ihnen um alle Aktivitäten , die selbst keinen Konsumnutzen erbringen, bereinigt (z.B. Investitionen, Ausgaben für Verteidigung oder Fahrten zur Arbeit etc.). Ebenso wurden Abzüge für externe Kosten wie Luftverschmutzung oder Lärmbelästigung vorgenommen. In privaten Haushalten erbrachte Leistungen, die nicht vom Markt erfasst werden, rechneten Tobin /Nordhaus hingegen hinzu. Ihren so erzielten Wert nannten sie Measure of Economic Welfare (MEW) (vgl. : Brümmerhoff 2007: 278-280. Frenkel/John 2006: 164- 165). - Aus dem gleichen Jahr stammt der Vorschlag von Juster (1973), die Inlandsproduktberechnung um eine Vermögensrechnung zu ergänzen. Diese sollte neben dem materiellen Vermögen auch das immaterielle Vermögen, Humankapital, das soziale Vermögen und das natürliche Vermögen umfassen. Hiervon ausgehend schlägt Juster vor, das BIP um die Veränderung der Vermögensgrößen zu korrigieren, um so zu einem wohlstandsorientierten Inlandsprodukt zu kommen (vgl. Frenkel/John 2006: 163-164). - Neuere Ansätze haben oft vom Ziel eines einzelnen, aus dem BIP abgeleiteten Indikator Abstand genommen und stattdessen versucht, die Gesamtwohlfahrt von Ländern mit Hilfe eines Systems Sozialer Indikatoren abzubilden. Die OECD hat in den 1980er Jahren versucht, ein für alle Mitgliedstaaten verbindliches Indikatorsystem auszuarbeiten , das die Vergleichbarkeit von Staaten in acht Hauptzielbereichen herstellen sollte: Gesundheit, Bildung, Arbeitsleben, Freizeit, Güter und Dienstleistungen, Umwelt, Sicherheit und Recht sowie gesellschaftliche Chancen und Beteiligung (vgl. Frenkel /John 2006: 165-167). Die Vereinten Nationen erstellen seit 1990 den so genannten „Human Development Index“ (HDI), der die Entwicklung eines Landes mit Hilfe von drei Indikatoren zusammenfasst: Lebenserwartung, Ausbildung und Pro-Kopf- Einkommen (vgl. Frenkel/John 2006: 168-170). - Ein wichtiger und etablierter Bereich der alternativen Wohlstandsmessung ist der Versuch , die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zu einer „Umweltökonomischen Gesamtrechnung “ zu erweitern. Entsprechende Bemühungen des Statistischen Bundesamtes gehen schon auf die Zeit zum Ende der 1980er Jahre zurück. Die Konzeption ist vom Statistischen Bundesamt bis heute vorangetrieben worden. Vom Ziel eines um Umwelteffekte korrigierten „Ökosozialproduktes“, das analog zum BIP mit einer einzi- Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 10 gen Zahl wiedergegeben werden könnte, hat man sich allerdings wegen großer methodischer , statistischer Erfassungs- und Bewertungsprobleme verabschiedet.1 - Einen aktuellen Versuch der Zusammenführung unterschiedlicher Kritikpunkte an der Aussagekraft des BIP als Wohlstandsindikator mit Schwerpunkt auf den Erfordernissen einer nachhaltigen Entwicklung haben Diefenbacher/Zieschank 2010 im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) vorgelegt (vgl. UBA 2010). Sie schlagen einen nationalen Wohlfahrtsindex vor, der die meisten der weiter oben genannten Schwächen der traditionellen BIP-Rechnung berücksichtigt. - Im Kontext der internationalen Bemühungen um eine „Nachhaltige Entwicklung“ ist die Diskussion um die Angemessenheit von nationalen Berichtsystemen bereits vor dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise intensiv geführt worden. So stellte der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung des Deutschen Bundestags im November 2007 fest, „dass das Bruttoinlandsprodukt als alleiniger Maßstab für den wirtschaftlichen Wohlstand nicht ausreicht“. Im Juni 2007 beteiligte sich auch die OECD in führender Weise an der Diskussion im 2. Weltforum über „Measuring and Fostering Progress of Society“, das in seiner Abschlusserklärung explizit Wohlstandsindikatoren jenseits der BIP-Messung fordert. Im Herbst des gleichen Jahres beteiligte sich auch die EU gemeinsam mit dem Club of Rome, dem WWF, der Weltbank, der OECD, der VN und internationalen Statistikeinrichtungen an der hochkarätig besetzten Konferenz „Beyond GDP“. Dieser Prozess mündete in der Mitteilung der EU- Kommission „GDP and beyond – Measuring Progress in a changing world“ vom August 2009 (COM 2009 433 final) (vgl. UBA 2010: 25-29). - Bereits im Jahr 2008 hatte der französische Präsident Nicolas Sarkozy eine Kommission unter dem Vorsitz der Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz und Amartya Sen eingesetzt , die die Grenzen der Aussagefähigkeit des BIP analysieren und Vorschläge für eine Erweiterung der Informationsbasis machen sollte. Der Endbericht der Kommission wurde am 14.9. 2009 in Paris vorgestellt.2 Das 292 Seiten umfassende Dokument stellt die derzeit beste verfügbare wissenschaftliche Zusammenfassung der Problematik dar. Ausführlich werden die Probleme der BIP-Berechnung vorgestellt und neuere Ansätze der Wohlfahrtsmessung diskutiert. - „Bruttoglücksprodukt“: Dieser Ansatz geht auf das Land Bhutan im Himalaya zurück, wo im Jahr 1972 der König des Landes das Konzept des „Gross National Happiness“ (GNH) als Leitbild für sein Land etablierte. Das GNH basiert auf vier Säulen: Ökonomische Entwicklung, Schutz der Umwelt, Kraft der Kultur und gute Regierungsführung. Seit dieser Zeit trägt der Ministerpräsident des Landes einmal jährlich vor dem Parlament die Entwicklung des GNH Bhutans vor (vgl. Braun 2009: 1-13). Das GNH gilt als Maß gesellschaftlichen Fortschritts. Diese alternative Wohlstandsmessung hat eine eigene Variante der Wachstumsdiskussion in Asien begründet. In Bangkok fand im November 2007 bereits die dritte internationale Konferenz über Gross National Happiness statt, ein Jahr später folgte eine weitere Konferenz in der Hauptstadt Bhutans, Thimphu . Systematisch gehört das GNH in den oben beschriebenen Bereich der sozialen Indexierung. Allerdings weisen Diefenbacher/Zieschank darauf hin, dass das GNH zumindest in Bhutan über die Funktion eines einfachen Indikators hinaus geht, da es 1 Die Entwicklung und der Stand der Umweltökonomischen Gesamtrechnung ist bei Frenkel/John 2006: 170-186 ausführlich dargestellt. 2 Abrufbar unter http://www.stiglitz-sen-fitoussi.fr/en/index.htm [Stand: 19.7.2010]. UBA 2010: 30-32 bietet eine kurze Zusammenfassung der Hauptergebnisse auf Deutsch. Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 11 als Grundlage des weiteren gesellschaftlichen Ausbaus angesehen wird und sogar über die Demokratie als Leitbild hinaus weist. Die ursprünglichen vier Säulen des Bruttoglücksproduktes sind bis heute zu neun Kategorien verfeinert worden: Lebensstandard , Gesundheit, psychisches Wohlbefinden, Bildung, Ökologie, Gemeinschaft, Zeitnutzung , Kultur und gute Regierungsführung (vgl. UBA 2010: 29). Besonders weitreichend erscheint aus westlicher Perspektive der Anspruch, nicht nur materielle, sondern auch geistige und spirituelle Wohlfahrtsgrößen zum Ziel nationaler Politik zu machen.3 Den in diesem Abschnitt knapp vorgestellten Beiträgen und vielen weiteren Arbeiten mit dem gleichen Ansatz ist gemein, dass sie die traditionelle Konzeption des Wirtschaftswachstums als Zielgröße der Politik insofern kritisieren, als dass sie die verwendete Indikatorgröße, nämlich das BIP, für unzureichend halten. Sie fordern die Neuorientierung mit Hilfe verbesserter Wohlstandmaße . Dass die Verbesserung des weltweiten Wohlstandes Wachstumsprozesse, auch des BIP, erfordert, wird von den meisten Autoren hingegen nicht prinzipiell bezweifelt. 3.2. Fundamentale Wachstumskritik Den Vertretern einer prinzipiellen Wachstumskritik geht es zumeist erst in zweiter Linie um eine verbesserte Wohlstandsmessung. Sie kritisieren vielmehr das Wachstumsprinzip und eine darauf ausgerichtete Wirtschaftsordnung selbst. Anknüpfend an die Denktradition der Bevölkerungstheorie von Thomas Malthus (1798) weisen sie auf die Unmöglichkeit dauerhafter exponentieller Wachstumsprozesse in einem begrenzten System hin. Insbesondere die Bevölkerung und der physische Output könnten nach dieser Ansicht nicht unbegrenzt wachsen, ohne die Tragfähigkeit der weltweiten Ressourcen zu überfordern. Solche Autoren lehnen zumeist selbst die Idee eines rein qualitativen Wachstums ab und fordern die Umorientierung zu einem „Gleichgewichtsdenken “. Sie sehen in vielen Bereichen eine „Sättigung“ mit Gütern und Dienstleistungen, die weitere Wachstumsprozesse unmöglich bzw. überflüssig mache (vgl. Polster: 2010: 16-17). Die meisten Vertreter solcher Beiträge halten Einschnitte im Konsumniveau der westlichen Gesellschaften für unvermeidlich und sehen Entwicklungschancen ärmerer Länder hauptsächlich in einer globalen Umverteilung. Diese Art der Wachstumskritik ist in der Regel mit einer Ablehnung bzw. Skepsis gegenüber dem marktwirtschaftlichen Wirtschaftsmodell verbunden, da es auf Kapitalakkumulation beruhe. Um die Verzinsung eines stetig wachsenden Kapitalstocks zu gewährleisten, sei der Kapitalismus quasi „automatisch“ zu immer weiterem Wachstum verpflichtet. Erst eine Abkehr vom Prinzip des Privateigentums am Kapital könne daher den erforderlichen „Gleichgewichtszustand“ hervorbringen . Die fundamentale Wachstumskritik wird somit sowohl von einer Denkrichtung vertreten, die den „Sättigungsgedanken“ und die ökologische Tragfähigkeit des Planeten in den Vordergrund stellt, als auch von neomarxistischen Autoren, die die Wachstumsproblematik mit Kapitalismuskritik verbinden. Ausgangspunkt der Autoren sind in vielen Fällen die Arbeiten des Club of Rome und die marxistische Literatur zur Kapitalakkumulation. Die meisten Beiträge der neuen Wachstums- 3 Eine aktuelle und umfassende Darstellung des GNH-Konzepts und der konkreten „Glücksmessung“ findet sich bei Braun 2009. Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 12 skeptiker bedienen sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten bei beiden Ansätzen. Neuere Beispiele hierfür sind Wendler 2008, Exner/Lauk/Kulterer 2008, Butterweck 2009.4 Ein sehr plakatives Beispiel für die Positionen einer neomalthusianischen und neomarxistischen Wachstumskritik ist der Band „Grüner Kapitalismus. Krise, Klimawandel und kein Ende des Wachstums“ von Stefan Kaufmann und Tadzio Müller (2009). Auf knapp 270 Seiten setzen sich die Autoren mit dem Konzept eines „Grünen Kapitalismus“ auseinander, der in den USA als „Green New Deal“ bezeichneten Idee, Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Der Green New Deal und ähnliche Überlegungen stehen in einem engen Zusammenhang mit den im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Versuchen von Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern , verbesserte Wohlstandsmessungen vorzunehmen. Im Gegensatz zu diesen Wissenschaftlern halten Kaufmann/Müller die Marktwirtschaft als Wirtschaftssystem insgesamt für überholt. Auf den ersten gut 200 Seiten des Buches stellen die Autoren die Ansätze nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung im Rahmen des „Green New Deal“ als ökologisch verbrämten Wachstumskapitalismus dar, der nach ihrer Ansicht die Grundprobleme nicht zu lösen vermag. Ihrem Gegenvorschlag einer „Sozialökologischen Transformation“ widmen sie allerdings lediglich etwa 30 Seiten, so dass das Werk vor allem als gute Illustration einer fundamentalen Kritik am derzeitigen Mainstream der Wachstumsdiskussion angesehen werden kann.5 4 Siehe die Literaturverzeichnisse dieser in der Bibliothek des Deutschen Bundestags vorhandenen Werke für weitere (auch internationale) Beiträge. 5 Siehe auch hier die Literaturhinweise für aktuelle Beiträge zur Thematik. Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 13 4. Literaturverzeichnis: – Braun, Alejandro Adler (2009): Gross National Happiness in Bhutan: A Living Example of an Alternative Approach to Progress. – Brümmerhoff, Dieter[Hg.] (2002): Lexikon der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. München [u.a.]. – Brümmerhoff, Dieter (2007): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen . München [u.a.]. – Butterweck, Hellmut (2009): Die Rache des Geldes. Sankt Augustin. – EU-Kommission (2009): MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄ- ISCHE PARLAMENT. Das BIP und mehr. Die Messung des Fortschritts in einer Welt im Wandel. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2009:0433:FIN:DE:PDF [Stand: 19.07.2010]. COM 2009 433 final. 12 S. – Exner, Andreas/Lauk, Christian/ Kulterer, Konstantin (2008): Die Grenzen des Kapitalismus. Wien. – Frenkel, Michael/John, Klaus Dieter (2006): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. München. – Glastetter, Werner (1971): Wachstumskonzeption und politische Ökonomie. Köln. – Glastetter, Werner (1980): Problematisierung und Neuorientierung der Wachstumskonzeption. In: Religiöser Sozialismus und Wirtschaftsordnung. Gütersloh. S.54-73. – Helmstädter, Ernst (1980): Wachstumstheorie I: Überblick. Artikel. In: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften (hg. von Willi Albers), Bd. 8, S. 475-492. – Helpman, Elhanan (2004): The Mystery of Economic Growth. Cambridge/London. – Kaufmann, Stephan/Müller, Tadzio (2009): Grüner Kapitalismus. Krise, Klimawandel und kein Ende des Wachstums. Berlin. – Luks, Fred (2001): Die Zukunft des Wachstums. Marburg. – Polster, Werner (2010): Und immer wieder die Wachstumsfrage – weil es die zentrale Frage ist. In: Kommune 5/2009, S. 16-21. – Reich, Utz-Peter (2002): Geschichte der VGR. Artikel in Brümmerhoff [Hg.] 2002, S.157-160. – Stiglitz, Joseph E./Sen, Amartya/Fitoussi, Jean-Paul (2009): Report by the Commission on the Measurement of Economic Performance and Social Progress. 292 S. http://www.stiglitz-senfitoussi .fr/en/index.htm [Stand: 19.07.2010]. Wissenschaftliche Dienste Info-Brief WD 5 – 3010 - 174/10 Seite 14 – Seiter, Stephan [Hg.] (2005): Neuere Entwicklungen in der Wachstumstheorie und der Wachstumspolitik . Marburg. – Suntum, Ulrich van (2005): Die unsichtbare Hand. Berlin et al. – Umweltbundesamt (UBA) (2010): Diefenbacher, Hans/Zieschank, Roland. Wohlfahrtsmessung in Deutschland. Dessau-Roßlau. – Wendler, Jürgen (2008): Wahrer Wohlstand. Berlin.