Deutscher Bundestag Zur Frage der Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke auf den Handel mit CO2-Emissionszertifikaten Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2009 Deutscher Bundestag WD 5– 3000-159/09 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 2 Zur Frage der Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke auf den Handel mit CO2-Emissionszertifikaten Verfasser: Ausarbeitung: WD 5– 3000-159/09 Abschluss der Arbeit: 07.12.2009 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 3 1. Folgen einer möglichen Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke auf den europäischen Emissionshandel in der zweiten (2008-2012) und dritten (2012-2020) Handelsperiode 4 1.1. Restlaufzeiten bzw. Reststrommengen der deutschen Kernkraftwerke 4 1.2. Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung auf den EU-Emissionshandel 7 1.2.1. Szenario 1: Laufzeitverlängerung um drei Jahre 10 1.2.2. Szenario 2: Laufzeitverlängerung um fünf Jahre 11 1.2.3. Szenario 3: Laufzeitverlängerung um 10 Jahre 12 1.2.4. Einsparung von Emissionszertifikaten durch mögliche Laufzeitverlängerungen 13 2. Rechtsgrundlagen 15 2.1. Die Richtlinie 2003/87/EG 16 2.2. Die Umsetzung der EH-Richtlinie in nationales Recht 16 2.3. Die Zuteilungsgesetze 16 2.4. Die Richtlinie 2009/29/EG 18 3. Die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke 19 3.1. Die Entscheidung der Kommission vom 28. November 2006 19 3.1.1. Die „absolute Ausschlussfrist“ 31. Dezember 2006 20 3.1.2. Urteil des EuG vom 7. November 2007 21 3.2. Der Nationale Zuteilungsplan 2008 bis 2012 24 3.2.1. Rechtsnatur des Zuteilungsplans 24 3.2.2. Rechtsschutz 24 4. Fazit 25 5. Literaturverzeichnis: 26 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 4 1. Folgen einer möglichen Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke auf den europäischen Emissionshandel in der zweiten (2008-2012) und dritten (2012-2020) Handelsperiode 1.1. Restlaufzeiten bzw. Reststrommengen der deutschen Kernkraftwerke Grundlage des Atomausstiegs in Deutschland ist die „Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000“. Dort wurden für alle deutschen Kernkraftwerke (KKW) so genannte Reststrommengen festgelegt, die wie folgt berechnet wurden (Vereinbarung 2000: Anlage 1, S. 2): 1. Tagesscharfe Berechnung der Restlaufzeit bei einer Regellaufzeit von 32 Kalenderjahren ab Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebes. 2. Berechnung einer Referenzmenge als Durchschnitt der fünf höchsten Jahresproduktionsmengen zwischen 1990 und 1999 für jedes KKW (160,99 TWh/a für die KKW insgesamt). 3. Zuschlag in Höhe von 5,5 % auf die Referenzmenge. 4. Berechnung der Reststrommenge als Produkt aus Restlaufzeit und der um den Zuschlag erhöhten Referenzmenge. Es besteht also ein rechnerisch eindeutiges Verhältnis zwischen der so genannten Restlaufzeit zum Zeitpunkt der Vereinbarung (14.06.2000) und der Reststrommenge eines Kernkraftwerkes. Die entscheidende Größe für die Stilllegung eines Kernkraftwerkes im Rahmen der Vereinbarung ist allerdings nicht ein fixes Datum, sondern das Ende der dem Kraftwerk noch zustehenden Reststrommenge. Das Datum der Stilllegung kann aus zwei Gründen vom Zeitpunkt 32 Jahre nach Beginn des Leistungsbetriebs abweichen: Erstens können Kraftwerke zeitweise außer Betrieb sein oder weniger Strom als in der Referenzrechnung erzeugen. Dementsprechend verlangsamt sich die Produktion der Reststrommenge und das Stilllegungsdatum eines Kraftwerks verschiebt sich nach hinten. Darüber hinaus besteht zweitens prinzipiell die Möglichkeit für die Betreiber, Strommengen von einem Kernkraftwerk auf ein anderes Kernkraftwerk zu übertragen. Die Übertragung von einem neueren auf ein älteres Kernkraftwerk bedarf nach dem aufgrund der Vereinbarung novellierten Atomgesetz einer im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ergehenden Zustimmung des BMU. Das Bundesamt für Strahlenschutz veröffentlicht die monatlichen Veränderungen der Reststrommengen der einzelnen deutschen Kernkraftwerke. Die aktuelle Auflistung reicht bis Ende September 2009 (Anlage 1). Daraus lassen sich zum 01.10.2009 folgende Reststrommengen für die deutschen Kernkraftwerke ablesen (folgende Seite): Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 5 Reststrommengen deutscher Kernkraftwerke zum 01.10.2009 [in GWh] Quelle: http://www.bfs.de/de/kerntechnik/strommengen.html [Stand: 23.11.2009]. Eine mögliche Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke, wie sie der Koalitionsvertrag von Union und FDP vom November 2009 vorsieht, kann auf verschiedenste Arten ausgestaltet werden. Wesentlich für den Emissionshandel der zweiten und dritten Handelsperiode sind dabei einerseits die Gesamtmenge des zusätzlich mit Hilfe der Atomkraft hergestellten Stroms und andererseits die Verteilung der zusätzlichen Strommengen auf die einzelnen Kraftwerke im Zeitverlauf . Entscheidende Größe sind die in der Vereinbarung aus dem Jahr 2000 festgelegten Referenzmengen für die einzelnen deutschen Kernkraftwerke, die für die Berechnung der Reststrommengen anschließend um 5,5 % erhöht wurden. Für alle Kraftwerke ohne das schon damals stillgelegte Mülheim-Kärlich betrug die Referenzstrommenge 161 TWh jährlich (vgl. Vereinbarung 2000, Anlage 1, S. 2). Inklusive des Zuschlags von 5,5 % ergibt sich also eine Größe von 169 TWh Strom für jedes Jahr einer pauschalen Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke. Wie viel zusätzliche Stromproduktion ein zusätzliches Laufzeitjahr für die einzelnen deutschen Kernkraftwerke jeweils im Einzelnen bedeuten würde, ist in der folgenden Tabelle dargestellt (folgende Seite): Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 6 Tabelle 1 Kraftwerk jährliche Referenzstrommenge inklusive 5,5 % Zuschlag in TWh Obrigheim 2,88 Stade 5,26 Biblis A 8,62 Neckarwestheim I 6,40 Biblis B 8,92 Brunsbüttel 5,21 Isar 1 6,95 Unterweser 10,05 Philippsburg 1 7,09 Grafenrheinfeld 10,33 Krümmel 9,70 Gundremmingen B 9,68 Philippsburg 2 11,43 Grohnde 11,70 Gundremmingen C 9,83 Brokdorf 11,43 Isar 2 11,35 Emsland 11,19 Neckarwestheim 2 11,03 Summe aller Kraftwerke 169,04 Quelle: BMU Ohne Laufzeitverlängerung und Strommengenübertragungen sowie längere Stillstände hätten die Kernkraftwerke Biblis A, Neckarwestheim 1, Biblis B, Brunsbüttel und Isar 1 innerhalb der zweiten Emissionshandelsperiode bis 2012 voraussichtlich den Stilllegungszeitpunkt erreicht. Je nach Umfang und Ausgestaltung einer möglichen Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke würde eine solche Maßnahme zur Einsparung von Emissionszertifikaten in der zweiten Handelsperiode durch den Weiterbetrieb dieser Kernkraftwerke führen. Der weitaus größte Teil der Einsparung von Emissionszertifikaten durch eine Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke würde allerdings in der dritten Emissionshandelsperiode (2013-2020) anfallen. Lediglich Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 hatten ursprüngliche Restlaufzeiten bis 2020 oder darüber hinaus. Krümmel und Brokdorf waren bis 2019 terminiert1. Alle anderen Kernkraftwerke wären nach der ursprünglichen Vereinbarung ohne längere Stillstände oder Strommengenübertragungen im Verlauf der dritten Emissionshandelsperiode vom Netz gegangen. 1 Vgl. http://www.tagesschau.de/wirtschaft/meldung94228.html [Stand: 23.11.2009]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 7 1.2. Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung auf den EU-Emissionshandel Um die Frage zu beantworten, wie sich eine mögliche Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke auf den EU-Emissionshandel auswirken würde, muss zunächst überlegt werden, in welchen Zeiträumen welche Mengen Strom im Vergleich zum ursprünglichen Ausstiegsszenario zusätzlich in den deutschen Kernkraftwerken produziert werden würden. Etwaige Strommengenübertragungen oder Stillstandzeiten können in solchen Betrachtungen nicht berücksichtigt werden. Zunächst werden hierzu die aktuellen Restlaufzeiten aus den zum 01.10.2009 noch vorhandenen Reststrommengen und dem Referenzwert der Jahresleistung der einzelnen Kraftwerke ermittelt. Tabelle 2.1 Durchschnittliche Strommenge pro Jahr (TWh/Jahr) Kraftwerk Reststrommenge zum 01.10.2009 in TWh Theoretische Restlaufzeit (Tage ) zum 01.10.2009 Theoretisches Abschaltdatum (Monat) Stand 01.10.2009 2,75 Obrigheim - außer Betrieb außer Betrieb 5,01 Stade 4,8 außer Betrieb außer Betrieb 8,21 Biblis A 4,2 187 April 2010 6,09 Neckarwestheim I 2,9 176 März 2010 8,50 Biblis B 12,2 523 März 2011 4,96 Brunsbüttel 11,0 802 Dezember 2011 6,62 Isar 1 11,8 653 Juli 2011 9,57 Unterweser 26,9 1022 Juli 2012 6,75 Philippsburg 1 18,3 982 Juni 2012 9,83 Grafenrheinfeld 52,2 1945 Februar 2015 9,23 Krümmel 88,2 3499 Mai 2019 9,22 Gundremmingen B 62,5 2479 Juli 2016 10,88 Philippsburg 2 94,6 3167 Juni 2018 11,14 Grohnde 95,3 3134 Mai 2018 9,36 Gundremmingen C 70,9 2753 April 2017 10,88 Brokdorf 108,5 3633 September 2019 10,81 Isar 2 119,3 4031 Oktober 2020 10,65 Emsland 123,0 4196 April 2021 10,51 Neckarwestheim 2 133,6 4644 Juni 2022 160,99 Summe Kraftwerke Quellen: BMU, BfS, eigene Berechnung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 8 In der vorangehenden Tabelle wurden theoretische Abschaltdaten für die einzelnen deutschen Kernkraftwerke berechnet, indem die Reststrommengen zum 01.10.2009 auf die durchschnittliche Jahresleistung, die zur Ermittlung der ursprünglichen Reststrommengen vom BMU verwendet wurden, bezogen wurden. Diese Daten dienen nur einer ungefähren Orientierung. Die tatsächlichen Abschaltdaten werden wegen möglicher Unterschreitungen der Jahresleistung und Stillstandszeiten später als die berechneten Zeitpunkte liegen. Dazu kommt die Möglichkeit von Strommengenübertragungen, die die Bestimmung eines genauen Abschaltdatums im Vorhinein unmöglich machen. Die berechneten Abschaltdaten sollen dennoch dazu verwendet werden, um die Auswirkungen einer möglichen Laufzeitverlängerung auf den Emissionshandel der zweiten und dritten Handelsperiode abzuschätzen. Dazu werden in der nächsten Tabelle für jedes Kernkraftwerk und jede Handelsperiode die Anzahl der Monate und die zusätzlichen Strommengen angegeben, die das jeweilige Kraftwerk in Folge einer Laufzeitverlängerung theoretisch zusätzlich produzieren könnte. Tabelle 2.2 Durchschnittliche Strommenge pro Jahr (TWh/Jahr) Kraftwerk Theoretisches Abschaltdatum (Monat) Stand 01.10.2009 Zusätzliche Monate bis 31.12.2012 (zweite Handelsperiode ) Maximale Zusatzmenge bis 31.12.2012 (zweite Handelsperiode ) in TWh Zusätzliche Monate 2013- 2020 (dritte Handelsperiode ) Maximale Zusatzmenge bis 31.12.2020 (dritte Handelsperiode ) in TWh 2,75 Obrigheim außer Betrieb 5,01 Stade außer Betrieb 8,21 Biblis A April 2010 32 21,9 84 57,5 6,09 Neckarwestheim I März 2010 33 16,7 84 42,6 8,50 Biblis B März 2011 21 14,9 84 59,5 4,96 Brunsbüttel Dez. 2011 13 5,4 84 34,7 6,62 Isar 1 Juli 2011 17 9,4 84 46,3 9,57 Unterweser Juli 2012 5 4,0 84 66,7 6,75 Philippsburg 1 Juni 2012 6 3,4 84 47,3 9,83 Grafenrheinfeld Februar 2015 - - 70 57,3 9,23 Krümmel Mai 2019 - - 19 14,6 9,22 Gundremm. B Juli 2016 - - 53 40,7 10,88 Philippsburg 2 Juni 2018 - - 30 27,2 11,14 Grohnde Mai 2018 - - 31 28,8 9,36 Gundremm. C April 2017 - - 48 37,4 10,88 Brokdorf Sept. 2019 - - 15 13,6 10,81 Isar 2 Oktober 2020 - - 2 1,8 10,65 Emsland April 2021 - - - - 10,51 Neckarwesth. 2 Juni 2022 - - - - Summe 75,7 576,0 160,99 Summe Kraftwer- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 9 ke Quellen: BMU, BfS, eigene Berechnung. Aus Tabelle 2.2 lassen sich grobe Überschlagswerte für die Auswirkungen auf den Emissionshandel durch eine mögliche Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke gewinnen. Im Folgenden sollen drei Szenarien einer Verlängerung der Laufzeiten um drei, fünf und zehn Jahre betrachtet werden. Wie zu Beginn dieser Arbeit beschrieben ist für die Wirkung einer Laufzeitverlängerung weniger das Zeitmaß der Verlängerung als die damit verbundene Erhöhung der Reststrommengen der einzelnen Kernkraftwerke entscheidend. Über den tatsächlichen Produktionspfad im Zeitverlauf können keine exakten Aussagen getroffen werden, da die tatsächlichen Stromerzeugungsmengen von den Referenzwerten abweichen können und außerdem Strommengen zwischen den Kraftwerken übertragen werden können. Zur Vereinfachung sollen für die drei Szenarien folgende Annahmen getroffen werden: Die Verlängerung der Laufzeiten gilt für alle noch im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke im gleichen Maße. Die Verlängerung der Laufzeiten erhöht die noch zur Verfügung stehende Reststrommenge pro Jahr um den Referenzwert ohne Zuschlag von 5,5 %. Die Kernkraftwerke produzieren jeweils jährlich die vom BMU ermittelte Referenzmenge Strom. Es kommt zu keinen Übertragungen von Reststrommengen zwischen den Kraftwerken. Mit diesen Annahmen und den theoretisch ermittelten „Abschaltdaten“ im Fall ohne Laufzeitverlängerung lässt sich ein Anhaltspunkt dafür entwickeln, welche Strommengen aufgrund einer möglichen Laufzeitverlängerung von den deutschen Kernkraftwerken in der zweiten und dritten Emissionshandelsperiode zusätzlich produziert werden würden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 10 1.2.1. Szenario 1: Laufzeitverlängerung um drei Jahre Tabelle 3.1 Zusätzliche Strommengen bei einer Laufzeitverlängerung um drei Jahre (36 Monate) Durchschnittliche Strommenge pro Jahr (TWh/Jahr) Kraftwerk Theoretisches Abschaltdatum (Monat) Stand 01.10.2009 Zusätzliche Monate bis 31.12.2012 (zweite Handelsperiode ) Zusatzmenge bis 31.12.2012 (zweite Handelsperiode ) in TWh Zusätzliche Monate 2013- 2020 (dritte Handelsperiode ) Zusatzmen bis 31.12.2020 (dritte Handelsperiode ) in TWh 2,75 Obrigheim außer Betrieb 5,01 Stade außer Betrieb 8,21 Biblis A April 2010 32 21,9 4 2,7 6,09 Neckarwestheim I März 2010 33 16,7 3 1,5 8,50 Biblis B März 2011 21 14,9 15 10,6 4,96 Brunsbüttel Dez. 2011 13 5,4 23 9,0 6,62 Isar 1 Juli 2011 17 9,4 19 10,5 9,57 Unterweser Juli 2012 5 4,0 31 24,7 6,75 Philippsburg 1 Juni 2012 6 3,4 30 16,9 9,83 Grafenrheinfeld Februar 2015 - - 36 29,5 9,23 Krümmel Mai 2019 - - 19 14,6 9,22 Gundremm. B Juli 2016 - - 36 27,7 10,88 Philippsburg 2 Juni 2018 - - 30 27,2 11,14 Grohnde Mai 2018 - - 31 28,8 9,36 Gundremm. C April 2017 - - 36 28,0 10,88 Brokdorf Sept. 2019 - - 15 13,6 10,81 Isar 2 Oktober 2020 - - 2 1,8 10,65 Emsland April 2021 - - - - 10,51 Neckarwesth. 2 Juni 2022 - - - - Summe 75,7 247,1 160,99 Summe Kraftwerke Quellen: BMU, BfS, eigene Berechnung. Unter den getroffenen Annahmen würde eine Laufzeitverlängerung um drei Jahre bedeuten, dass bis zum Ende der zweiten Handelsperiode (31.12.2012) kein weiteres Kernkraftwerk vom Netz gehen müsste und im Vergleich zum ursprünglich geplanten Atomausstieg 75,7 TWh Strom zusätzlich durch die deutschen Kernkraftwerke produziert würden. Auf die dritte Emissionshandelsperiode würde durch eine solche Laufzeitverlängerung eine zusätzliche Stromproduktion von 247,1 TWh entfallen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 11 1.2.2. Szenario 2: Laufzeitverlängerung um fünf Jahre Tabelle 3.2 Zusätzliche Strommengen bei einer Laufzeitverlängerung um fünf Jahre (60 Monate) Durchschnittliche Strommenge pro Jahr (TWh/Jahr) Kraftwerk Theoretisches Abschaltdatum (Monat) Stand 01.10.2009 Zusätzliche Monate bis 31.12.2012 (zweite Handelsperiode ) Zusatzmenge bis 31.12.2012 (zweite Handelsperiode ) in TWh Zusätzliche Monate 2013- 2020 (dritte Handelsperiode ) Zusatzmen bis 31.12.2020 (dritte Handelsperiode ) in TWh 2,75 Obrigheim außer Betrieb 5,01 Stade außer Betrieb 8,21 Biblis A April 2010 32 21,9 28 19,2 6,09 Neckarwestheim I März 2010 33 16,7 27 13,7 8,50 Biblis B März 2011 21 14,9 39 27,6 4,96 Brunsbüttel Dez. 2011 13 5,4 47 18,4 6,62 Isar 1 Juli 2011 17 9,4 43 23,8 9,57 Unterweser Juli 2012 5 4,0 55 43,9 6,75 Philippsburg 1 Juni 2012 6 3,4 54 30,4 9,83 Grafenrheinfeld Februar 2015 - - 60 49,1 9,23 Krümmel Mai 2019 - - 19 14,6 9,22 Gundremm. B Juli 2016 - - 53 40,7 10,88 Philippsburg 2 Juni 2018 - - 30 27,2 11,14 Grohnde Mai 2018 - - 31 28,8 9,36 Gundremm. C April 2017 - - 48 37,4 10,88 Brokdorf Sept. 2019 - - 15 13,6 10,81 Isar 2 Oktober 2020 - - 2 1,8 10,65 Emsland April 2021 - - - - 10,51 Neckarwesth. 2 Juni 2022 - - - - Summe 75,7 390,2 160,99 Summe Kraftwerke Quellen: BMU, BfS, eigene Berechnung. Bei einer Laufzeitverlängerung um fünf Jahre würde unter den getroffenen Annahmen eine zusätzliche Stromerzeugungsmenge von 390,2 TWh auf die dritte Emissionshandelsperiode entfallen , dazu kommen wiederum die 75,7 TWh aus der zweiten Emissionshandelsperiode. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 12 1.2.3. Szenario 3: Laufzeitverlängerung um 10 Jahre Tabelle 3.3 Zusätzliche Strommengen bei einer Laufzeitverlängerung um zehn Jahre (120 Monate) Durchschnittliche Strommenge pro Jahr (TWh/Jahr) Kraftwerk Theoretisches Abschaltdatum (Monat) Stand 01.10.2009 Zusätzliche Monate bis 31.12.2012 (zweite Handelsperiode ) Zusatzmenge bis 31.12.2012 (zweite Handelsperiode ) in TWh Zusätzliche Monate 2013- 2020 (dritte Handelsperiode ) Zusatzmen bis 31.12.2020 (dritte Handelsperiode ) in TWh 2,75 Obrigheim außer Betrieb 5,01 Stade außer Betrieb 8,21 Biblis A April 2010 32 21,9 84 57,5 6,09 Neckarwestheim I März 2010 33 16,7 84 42,6 8,50 Biblis B März 2011 21 14,9 84 59,5 4,96 Brunsbüttel Dez. 2011 13 5,4 84 34,7 6,62 Isar 1 Juli 2011 17 9,4 84 46,3 9,57 Unterweser Juli 2012 5 4,0 84 66,7 6,75 Philippsburg 1 Juni 2012 6 3,4 84 47,3 9,83 Grafenrheinfeld Februar 2015 - - 70 57,3 9,23 Krümmel Mai 2019 - - 19 14,6 9,22 Gundremm. B Juli 2016 - - 53 40,7 10,88 Philippsburg 2 Juni 2018 - - 30 27,2 11,14 Grohnde Mai 2018 - - 31 28,8 9,36 Gundremm. C April 2017 - - 48 37,4 10,88 Brokdorf Sept. 2019 - - 15 13,6 10,81 Isar 2 Oktober 2020 - - 2 1,8 10,65 Emsland April 2021 - - - - 10,51 Neckarwesth. 2 Juni 2022 - - - - Summe 75,7 576,0 160,99 Summe Kraftwerke Quellen: BMU, BfS, eigene Berechnung. Bei einer Laufzeitverlängerung um zehn Jahre würde unter den getroffenen Annahmen kein deutsches Kernkraftwerk bis zum Ende der dritten Emissionshandelsperiode vom Netz gehen, und neben den zusätzlichen 75,7 TWh der zweiten Handelsperiode würde eine zusätzliche Stromerzeugung von 576 TWh auf die dritte Emissionshandelsperiode entfallen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 13 1.2.4. Einsparung von Emissionszertifikaten durch mögliche Laufzeitverlängerungen Die Produktion zusätzlicher Mengen Strom durch deutsche Kernkraftwerke bedeutet im Vergleich zum ursprünglich geplanten Ausstiegsszenario, dass die entsprechenden Strommengen nicht durch alternative Erzeugungsarten hergestellt werden müssen. Strom aus Kernkraftwerken ist weitgehend frei von CO2-Emissionen, da keine fossilen Brennstoffe verwendet werden. Je nachdem, welche Erzeugungsart verwendet würde, um den Strom von abgeschalteten Kernkraftwerken zu ersetzen, ergibt sich aus einer möglichen Laufzeitverlängerung eine entsprechende Einsparung von CO2-Emissionen. Im Folgenden soll die Menge der eingesparten Emissionen für zwei Alternativen abgeschätzt werden. Die erste verwendet die Annahme, dass die fehlenden Strommengen durch einen Strommix ersetzt würden, dessen Emissionen dem Durchschnitt der Emissionen der derzeitigen deutschen Stromerzeugung entsprechen (ca. 600 g CO2 pro Kilowattstunde Strom2). Die zweite Alternative unterstellt, dass die Ersatzmengen mit einem größeren Anteil fossiler Energieträger bereitgestellt würden (800 g CO2 pro Kilowattstunde Strom). Daraus ergeben sich folgende Abschätzungen3: Laufzeitverlängerung CO2-Einsparung (in Tonnen) 2. Handelsperiode CO2-Einsparung (in Tonnen) 3. Handelsperiode 600g CO2/kWh 800g CO2/kWh 600g CO2/kWh 800g CO2/kWh 3 Jahre 45,4 Mio. 60,6 Mio. 148,3 Mio. 197,7 Mio. 5 Jahre 45,4 Mio. 60,6 Mio. 234,1 Mio. 312,2 Mio. 10 Jahre 45,4 Mio. 60,6 Mio. 345,6 Mio. 460,8 Mio. Quelle: eigene Berechnung aus Tabellen 3.1,3.2,3.3. Die durch eine mögliche Laufzeitverlängerung eingesparten CO2-Emissionen bedeuten im System des EU-Emissionshandels keine entsprechende Verringerung der Gesamtemissionen, da deren Umfang durch die Menge an zugeteilten Zertifikaten für die jeweilige Handelsperiode im Vorhinein festgesetzt ist. Entsprechend würde eine Laufzeitverlängerung Zertifikate in entsprechendem Umfang für andere Verwendungen freisetzen. Ohne weitere Maßnahmen würde das Angebot an Zertifikaten relativ zur Nachfrage entsprechend ansteigen und der Preis für Emissionszertifikate sinken.4 Die Erfordernisse des Klimaschutzes könnten so gegenüber dem ursprünglichen Ausstiegsszenario mit geringeren Kosten erreicht werden. Gleichzeitig werden andere Maßnahmen zum Klimaschutz je nach Stärke des Preiseffektes unrentabler. Zur Darstellung der Größenordnung der möglichen Effekte wird im Folgenden die Zahl der jährlich in den Ländern des EU- Emissionshandels verfügbaren Emissionszertifikate (2008-2012: 2,08 Mrd. t, 2013-2020: 1,97 Mrd. t- 1,72 Mrd. t) zu den Folgen einer möglichen Laufzeitverlängerung in Bezug gesetzt. 2 Vgl. http://www.uba.de/energie/archiv/co2-strommix.pdf [Stand: 01.12.2009]. 3 Laut Pressemeldungen kommt das Umweltbundesamt in internen Berechnungen zu Zahlen in einer vergleichbaren Größenordnung. Vgl. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,655684,00.html [Stand: 01.12.2009]. 4 Dieser Effekt gilt genau so wie im Fall eines beschleunigten Ausbaus Erneuerbarer Energien unter dem EU-Emissionshandelssystem. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 14 Laufzeitverlängerung Durchschnittliche jährliche CO2- Einsparung 2010-2012 in Prozent der Gesamtmenge der 2. Handelsperiode (2,08 Mrd. t für Europa) Durchschnittliche jährliche CO2- Einsparung 2013-2020 in Prozent der Gesamtmenge der 3. Handelsperiode (ca. 1,85 Mrd. t für Europa) 600g CO2/kWh 800g CO2/kWh 600g CO2/kWh 800g CO2/kWh 3 Jahre 0,7 % 1,0 % 1,0 % 1,3 % 5 Jahre 0,7 % 1,0 % 1,6 % 2,1 % 10 Jahre 0,7 % 1,0 % 2,3 % 3,1 % Quelle: eigene Berechnung. Für den Rest der 2. Handelsperiode (2010-2012) würden also jedes Jahr Zertifikate im Umfang von durchschnittlich 0,7-1,0 % der jährlichen europäischen Gesamtmenge freigesetzt. Je nach Szenario könnte dieser Wert im Durchschnitt der 3. Handelsperiode bis auf über 3 % ansteigen. Eine seriöse Abschätzung, wie sehr eine solche Entwicklung zum Absinken des Preises für CO2- Emissionszertifikate im Vergleich zum ursprünglich geplanten Atomausstieg führen würde, ist an dieser Stelle nicht möglich. Wenn solche Effekte vermieden werden sollen, müsste die Zahl der verfügbaren Zertifikate um die durch mögliche Laufzeitverlängerungen freigesetzten Mengen verringert werden. Dies gilt allerdings nur für Zertifikate, die durch ein relatives Zurückbleiben der Stromerzeugung von bereits mit Zertifikaten ausgestatteten Kraftwerken freigesetzt werden. Soweit (in der zweiten Handelsperiode) zusätzliche Zertifikate für Neuanlagen aus der entsprechenden Reserve aufgrund einer Laufzeitverlängerung nicht abgerufen werden, entsteht auch kein Überangebot auf dem Zertifikatemarkt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 15 2. Rechtsgrundlagen Im April 2002 genehmigte die Europäische Union mit der Entscheidung des Rates 2002/358/EG5 das Kyoto-Protokoll6, das eine Reduktion der EU-Treibhausgasemissionen um 8 % bis zur Periode 2008- 2012 gegenüber 1990 vorgibt. In derselben Entscheidung wurde auch festgehalten, wie dieser Zielwert zwischen den einzelnen europäischen Ländern aufzuteilen ist. Die EU-interne Lastenverteilung wurde bereits im Juni 1998 beschlossen ("Burden Sharing Agreement"). Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen und industriellen Situation in den EU-Mitgliedsstaaten sind den jeweiligen Gegebenheiten der Länder angepasste Reduktionsverpflichtungen vorgesehen. So wurde beispielsweise als Zielvorgabe für Deutschland eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 21 % in dem Zeitraum 2008 - 2012 festgelegt. Der Deutsche Bundestag verabschiedete in der 14. Legislaturperiode auf Betreiben der damaligen Bundesregierung das Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1351). Diesem Gesetz gingen – wie bereits oben festgestellt -Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und vier betroffenen Energieversorgungsunternehmen voraus, die in einer Vereinbarung zum Atomausstieg vom 14. Juni 2000 mündeten. Während das Atomgesetz7 bis zur Gesetzesänderung im Jahr 2002 den Zweck verfolgte, die Nutzung der Atomenergie zu fördern, hat es nunmehr vor allem das Ziel, die Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität geordnet zu beenden (§ 1 Nr. 1 Atomgesetz). Dieser neue Gesetzeszweck wird zum einen dadurch realisiert, dass das Atomgesetz nun ein Verbot von Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb neuer Kraftwerke vorsieht (§ 7 Abs. 1 S. 2 Atomgesetz). Gleichzeitig sind die bestehenden Betriebserlaubnisse für Kernkraftwerke begrenzt worden (§ 7 Abs. 1 lit. a) – b) Atomgesetz). Zu diesem Zweck wurde mit der Industrie im Rahmen der genannten Vereinbarung einvernehmlich für jedes einzelne Kraftwerk festgelegt, wie viel Strom dort jeweils noch produziert werden darf (Festlegung von Reststrommengen).8 Nach Erreichen dieser festgelegten Strommengen sind die Kraftwerke stillzulegen; für jedes Kraftwerk wurde entsprechend dem sogenannten Atomkonsens auf der Basis einer Regellaufzeit von 32 Jahren eine Restlaufzeit errechnet. Auch wenn mit der seinerzeitigen Änderung des Atomgesetzes ein „endgültiger Ausstieg“ bezweckt war, dürfte grundsätzlich – dies kann bereits an dieser Stelle festgestellt werden – ein späterer Gesetzgeber von Verfassungs wegen ein neues Gesetz über den „Ausstieg vom Ausstieg“ beschließen.9 5 Entscheidung des Rates 2002/358/EG vom 25. April 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen (ABl. L 130 vom 15.05.2002, S. 1). 6 Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Kyoto- Protokoll) vom 11.12.1997 (BGBl. 2002 II S. 966). 7 Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz ) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.07.1985 (BGBl. I S. 1565), zuletzt geändert durch Art. 1 Zehntes ÄndG vom 17.03.2009 (BGBl. I S. 556). 8 Dies wurde durch § 7 Abs. 1 a S. 1 i. V. m. der Anlage 3, Spalte 2 Atomgesetz umgesetzt. 9 Vgl. bspw. Kloepfer, DVBl. 2007, S. 1191, 1194 mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 16 In ihrem Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode betrachten CDU, CSU und FDP die Kernenergie als eine „Brückentechnologie“, bis sie durch erneuerbare Energien verlässlich ersetzt werden könne. Hiernach bestehe die Bereitschaft, die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke unter Einhaltung der strengen deutschen und internationalen Sicherheitsstandards zu verlängern. Das Neubauverbot im Atomgesetz bleibe bestehen. In einer möglichst schnell zu erzielenden Vereinbarung mit den Betreibern seien zu den Voraussetzungen einer Laufzeitverlängerung nähere Regelungen zu treffen, und es müsse für alle Beteiligte Planungssicherheit gewährleistet werden.10 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen eine Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke hat (a) auf die Entscheidung der Kommission vom 29. November 2006 über den nationalen Plan zur Zuteilung von Treibhausgasemissionszertifikaten (Nationaler Allokationsplan 2008 bis 2012), (b) den nationalen Zuteilungsplan von 2008 bis 2012 und (c) die erteilten Berechtigungen für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012. Zunächst sind jedoch in diesem Zusammenhang die Wesentlichen Rechtsgrundlagen dieser Fragestellungen voranzustellen (Ziffer 2.). 2.1. Die Richtlinie 2003/87/EG Das europäische Emissionshandelssystem beruht auf der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.10. 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L Nr. 275, S. 32)11 – nachfolgend EH-Richtlinie genannt – und schreibt den Mitgliedstaaten vor, Nationale Allokationspläne aufzustellen, in denen sie die Gesamtmenge der Emissionsrechte festlegen müssen, die innerhalb eines ersten Dreijahreszeitraums für ihr Land zur Verfügung stehen soll. Er bestimmt insbesondere die Anzahl der Emissionsrechte, die den Unternehmen anfänglich zugeteilt wird. 2.2. Die Umsetzung der EH-Richtlinie in nationales Recht Die Umsetzung der EH-Richtlinie erfolgte durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgas-Emissionszertifikaten in der Gemeinschaft vom 8.7.2004 (BGBl. I S. 1578), dessen Art. 1 das eigentliche Treibhausgas- Emissionshandelsgesetz (TEHG) enthält. 2.3. Die Zuteilungsgesetze Der Nationale Allokationsplan für die Bundesrepublik Deutschland 2005 – 2007, der durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Anfang 2004 vorgelegt worden war, wurde in der Rechtsform des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhaus -Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (Zuteilungsgesetz 2007 – 10 Vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP, 17. Legislaturperiode; Wachstum. Bildung. Zusammenhalt .; S. 29/132; abrufbar im Internet unter: http://www.cdu.de/doc/pdfc/091024-koalitionsvertragcducsu -fdp.pdf [Stand: 23.11.2009]. 11 Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 (ABl. L 140 vom 505.06.2009, S. 63); die Richtlinie 2003/87/EG ist im Internet abrufbar in ihrer jeweils konsolidierten Fassung unter: http://eurlex .europa.eu/Notice.do?val=286659:cs&lang=de&list=286659:cs,&pos=1&page=1&nbl=1&pgs=10&hwords= [Stand: 23.11.2009]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 17 ZuG 2007) vom 31.08.2004 (BGBl. I S. 2211) umgesetzt, während der Nationale Allokationsplan 2008 bis 2012 rechtsverbindlich wurde durch das Gesetz über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2008 - 2012 (Zuteilungsgesetz 2012– ZuG 2012) vom 07.08.2007 (BGBl. I S. 1788).12 In Ergänzung hierzu erging jeweils die Verordnung über die Zuteilung von Treibhausgas- Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 vom 26.08.2004 (BGBl. I S. 2211) sowie die Verordnung über die Zuteilung von Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 (Zuteilungsverordnung 2012 – ZuV 2012) vom 13. August 2007 (BGBl. I Nr. 1941). Der Vorgang der Zuteilung der Emissionszertifikate an die Verantwortlichen/Betreiber lässt sich auf diesen Rechtsgrundlagen in fünf Phasen untergliedern: - Zunächst ist ein nationaler Zuteilungsplan (Nationaler Allokationsplan) aufzustellen; - dieser Plan ist den anderen Mitgliedstaaten zu übermitteln und der Kommission vorzulegen , die ihn ganz oder teilweise ablehnen kann. - In einer dritten Phase ist auf der Grundlage des Planes ein Gesetz zu beschließen, auf dessen Basis die Zuteilung erfolgt. - Nach Maßgabe dieses Gesetzes werden von der zuständigen Behörde – dem Umweltbundesamt – Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) – auf Antrag der betroffenen Emissionsverursacher Zuteilungsentscheidungen in Form von Verwaltungsakten erlassen, in denen festgelegt wird, wie viele Berechtigungen jeder Emissionsverursacher für die Zuteilungsperiode erhält und in welchen Teilmengen sie jährlich ausgegeben werden. - Schließlich wird mit der Ausgabe der Berechtigungen an die Antragsteller der letzte Schritt vollzogen. Das Zuteilungsgesetz legt gleichzeitig die Gesamtzahl zuzuteilender Zertifikate fest und bestimmt die Regeln, nach denen die Anzahl der Zertifikate errechnet wird, die für jede erfasste Anlage anfangs kostenlos zugeteilt werden sollen. Die dargestellten Rechtsgrundlagen des Emissionshandels können nicht als abschließend betrachtet werden; hinzuweisen ist beispielsweise auf das Projekt-Mechanismen-Gesetz.13 Des Weiteren ist am 2. Februar 2009 die Richtlinie 2008/101/EG14 12 Das ZuG 2012 ist enthalten in Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel im Hinblick auf die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 vom 07.08.2007 (BGBl. I S. 1788). 13 Gesetz über projektbezogene Mechanismen nach dem Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom 11.12.1997 (Projekt-Mechanism-Gesetz – ProMechG) vom 22.09.2005 (BGBl. I S. 2816), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 25.10.2008 (BGBl. I S. 2074); s. dazu Hohmuth/Wolf, NuR 2009, 470 ff. 14 Richtlinie 2008/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft (ABl. L vom 13.01.2009, S. 3); s. hierzu Pegatzky /Nixdorf, Aktuelle Entwicklungen beim Emissionshandel für die Luftfahrt, NJW 2009, S. 1395 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 18 zur Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausemissionszertifikaten in der EG in Kraft getreten. Neben der kostenlosen Vergabe an Anlagenbetreiber sieht das ZuG 2012 eine Veräußerung von Teilen der Gesamtzuteilungsmenge vor. Die Veräußerung kann gemäß § 21 Absatz 1 Satz 1 ZuG 2012 entweder durch Verkauf an den Handelsplätzen für Berechtigungen oder durch Versteigerung erfolgen. Das Versteigerungsverfahren ist dabei spätestens ab dem Jahr 2010 anzuwenden. Der für 2008 und 2009 vorgesehene kontinuierliche Verkauf von Emissionsberechtigungen an zwei der bestehenden Emissionshandelsbörsen hat bislang erfolgreich funktioniert und wurde von den Anlagenbetreibern gut angenommen. Für die Versteigerung ist daher eine an diesen positiven Erfahrungen angelehnte börsennahe Lösung vorgesehen. § 21 Absatz 2 ZuG 2012 ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Ablösung des Verkaufsverfahrens durch die Einsetzung eines Versteigerungsverfahrens vorzusehen. Die entsprechende Emissionshandels-Versteigerungsverordnung 2012 (EHVV 2012),15 die am 23. Juli 2009 in Kraft getreten ist, legt die zuständige Stelle sowie die Regeln für die Durchführung des Verfahrens fest. Als zuständige Stelle benennt die Verordnung die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt. Trotz der Fortschritte bei der CO2-Reduktion16 wird jedoch von Teilen der insbesondere rechtswissenschaftlichen Literatur bei einer Bewertung der aufgeführten Rechtsgrundlagen im Ergebnis die Auffassung vertreten, dass mit dem derzeitigen Emissionshandel ein System aufgebaut worden sei, das sich vor allem durch seinen Hang zur Überversorgung mit Zertifikaten selbst hinter das Licht führe und das darüber hinaus noch durch eine erhebliche Zahl externer Faktoren nahezu funktionsunfähig gemacht werde. Insbesondere die massive Einpreisungspolitik der Energiekonzerne führten die erdachten Mechanismen ad absurdum.17 2.4. Die Richtlinie 2009/29/EG18 In der am 23. April 2009 von der EU beschlossenen dritten Handelsphase kommt es bei der Vergabe der Zertifikate zu weitreichenden Änderungen. Statt Nationaler Allokationspläne schreibt die Kommission eine EU-weite Gesamtobergrenze für CO2-Emissionen vor. Diese wird im Jahr 2013 nur noch 1,97 Mrd. t CO2 betragen. Die Menge wird danach jährlich um 1,74 Prozent gesenkt, um sie schließlich im Jahr 2020 auf 1,72 Milliarden Tonnen oder 79 Prozent der Emissionen des Jahres 2005 zu begrenzen. Künftig sollen auch andere klimaschädliche Substanzen in das Emissionshandelssystem miteinbezogen werden. Zudem gilt das System ab 2013 grundsätzlich für alle Industrieunternehmen mit einem jährlichen Kohlendioxidausstoß von mehr als 10.000 Tonnen und damit für 95 Pro- 15 Verordnung über die Versteigerung von Emissionsberechtigungen nach dem Zuteilungsgesetz 2012 (Emissionshandels-Versteigerungsverordnung 2012 – EHVV 2012) vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 2048). 16 Vgl. hierzu Peine, Neuere Entwicklungen im Emissionshandelsrecht der Bundesrepublik Deutschland, EurUP 2008, S. 102 (105). 17 Vgl. im Einzelnen Beckmann/Fisahn, Probleme des Handels mit Verschmutzungsrechten, ZUR 2009, S. 299 (307). 18 Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2009 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifkaten (ABl. L 140 vom 05.06.2009, S. 63). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 19 zent der europäischen Industrie. Ausnahmen sind jedoch für energieintensive und exportorientierte Unternehmen vorgesehen. Während in der ersten und zweiten Phase die Emissionszertifikate überwiegend gratis verteilt wurden, werden diese in Zukunft verstärkt durch Versteigerung vergeben. 2013 soll der Anteil der auktionierten Zertifikate 20 Prozent betragen und in den folgenden Jahren soll der Anteil Schritt für Schritt auf 70 Prozent (2020) und schließlich 100 Prozent (2025) erhöht werden. Darüber hinaus kommt es zu einer Neuregelung der Vergabe von Gratiszertifikaten. Jene Zertifikate, die weiterhin kostenfrei bleiben , werden in Zukunft nicht mehr nach dem sogenannten Grandfathering (die Orientierung an historischen Emissionen der Anlage) vergeben, sondern nach dem Prinzip der besten verfügbaren Technologie (best available technology, BAT, Orientierung am technischen Standard der Anlagenklasse). Einem Stahlwerk etwa werden nicht mehr danach Zertifikate zugeteilt, wie viel CO2 es bisher ausgestoßen hat, sondern gemessen an dem Maßstab, wie hoch der Ausstoß eines modernen und effizienten Stahlwerks der gleichen Größenordnung ist. Energieintensive Betriebe, die zu den umweltfreundlichsten zehn Prozent ihrer Branche in Europa zählen, werden mit Gratisemissionszertifikaten belohnt.19 Nach Art. 3 der Richtlinie 2009/29/EG vom 23. April 2009 gilt die Richtlinie 2003/87/EG in der durch die Richtlinie 2004/101/EG, die Richtlinie 2008/101/EG und die Verordnung (EH) Nr. 219/2009 geänderten Fassung weiterhin bis zum 31. Dezember 2012. 3. Die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke Nach einer Pressemitteilung der Nachrichtenagentur Deutscher Depeschendienst (ddp) vom 8. Oktober 2009 hat das Umweltbundesamt (UBA) im Falle von Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke Anpassungen beim Emissionshandel angemahnt. Das UBA rechne mit einem Überangebot von Emissionshandelszertifikaten und einem damit verbundenen Rückgang der Preise. Um diesen „Kollateralschaden“ auszugleichen, müssten die Budgets nach unten korrigiert werden. Nach Berechnungen des UBA müsste das Emissionsbudget für den Zeitraum 2010 - 2012 pro Jahr um ca. 20 Mio. Tonnen CO2 gesenkt werden, wenn die Laufzeiten der sieben ältesten Atomkraftwerke verlängert würden.20 Nachfolgend wird deshalb die Frage geprüft, ob die Kommission ihre Entscheidung für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 nachträglich vor dem Hintergrund einer möglichen Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke anpassen kann. 3.1. Die Entscheidung der Kommission vom 28. November 2006 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass nach § 7 des THEG die Bundesregierung für jede Zuteilungsperiode einen nationalen Zuteilungsplan beschließt. Dieser ist wiederum die Grundlage für ein entsprechendes Gesetz über den nationalen Zuteilungsplan, auf dessen Grundlage die Zuteilung an die Verantwortlichen/Betreiber erfolgt. Der Zuteilungsplan enthält eine Festlegung der Gesamtmenge der Emissionsberechtigungen der in der Zuteilungsperiode zuzuteilenden Berech- 19 Vgl. hierzu auch Wegener, Die Novelle des EU-Emissionshandelssystems, ZUR 2009, S. 283 ff. 20 Vgl. z. B. Spiegel online vom 18.10.2009: „Atomkraft macht Klimakiller billiger“ abrufbar im Internet unter: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,655684,00.html [Stand: 02.12.2009]; Anti-Atom- Nachrichten: „UBA: Emissionshandel bei AKW-Laufzeitverlängerung anpassen“; abrufbar im Internet unter : http://www.contratom.de/news/newsanzeige.php?newsid=18313 [Stand: 30.11.2009]; ebenso trading .house.net vom 07.10.2009, abrufbar im Internet unter: http://www.direktbroker.de/newskurse /details/Politik-News/%C3%9Cberangebot+++UBA:+Laufze/20576413 [Stand: 02.12.2009]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 20 tigungen sowie Regeln, nach denen die Gesamtmenge der Berechtigungen an die Verantwortlichen /Betreiber für die einzelnen Tätigkeiten zugeteilt und ausgegeben wird. Die Gesamtmenge der zuzuteilenden Berechtigungen soll in einem angemessenen Verhältnis zu Emissionen aus verschiedenen volkswirtschaftlichen Sektoren21 stehen, die nicht in den Anwendungsbereich des THEG fallen. Die Regelungen für zusätzliche Neuanlagen und Anlagenerweiterungen nach Beginn der ersten Zuteilungsperiode (2005 – 2007) werden in den jeweiligen Gesetzen über die nationalen Zuteilungspläne für die Zuteilungsperioden 2005 bis 2007 und 2008 bis 2012 so ausgestaltet, dass, sobald die in den Gesetzen vorgesehene Reserve erschöpft ist, zusätzlich ausreichend Berechtigungen für eine kostenlose Zuteilung zur Verfügung stehen. Im Einzelnen ist das Verfahren über die Aufstellung des nationalen Zuteilungsplanes in § 8 THEG geregelt. Für die zweite Handelsperiode (2008 – 2012) wurde ein nationaler Zuteilungsplan durch die Bundesregierung beschlossen und fristgemäß zum 30. Juni 2006 an die Kommission weitergeleitet. Die Kommission hat diesen Zuteilungsplan unter gewissen Modifikationen in ihrer Entscheidung vom 28. November 200622 gebilligt. Die Bundesregierung hat gegen diese Entscheidung keine Rechtsmittel eingelegt; Teile der Literatur23 betrachten die Entscheidung der Europäischen Kommission gleichwohl als gemeinschaftsrechtswidrig. Sie bedeute ein Zurückdrängen der mitgliedstaatlichen Gestaltungskompetenzen im Emissionshandelsrecht als einem Politikbereich mit erheblicher wirtschafts-, energie- und umweltpolitischer Bedeutung. Die Entscheidung markiere den Ausgangspunkt hin zu einer direkten Steuerung der Zuteilungsmengen und –regeln durch die Kommission. Die Kommission kann ihre Entscheidung über die Nationalen Allokationspläne – dies kann bereits an dieser Stelle festgestellt werden nur in sehr engen Grenzen im Hinblick auf sich geänderte Ausgangsbedingungen anpassen. Aus grundsätzlichen Erwägungen lehnt die Kommission eine sogenannte Ex-Post-Korrektur der durchschnittlichen Gesamtmenge von Emissionszertifikaten und wohl auch eine wie auch immer geartete Korrektur „nach unten“ ab. 3.1.1. Die „absolute Ausschlussfrist“ 31. Dezember 2006 In ihrer Entscheidung vom 29. November 2006 über den nationalen Plan zur Zuteilung von Treibhausgasemissionszertifikaten weist die Kommission darauf hin, dass das gesamte Verfahren, also die Übermittlung der nationalen Zuteilungspläne, deren Bewertung und mögliche Ablehnung durch die Kommission sowie die endgültigen Zuteilungsentscheidungen der Mitgliedstaaten , in der EH-Richtlinie nach einem knappen Zeitplan geregelt sei, um sicherzustellen, dass das System reibungslos funktioniere und für die Marktteilnehmer mit möglichst geringen Unsicherheiten behaftet sei. Infolgedessen dürften die Mitgliedstaaten nach der in Art. 11 Abs. 2 der EH- Richtlinie vorgesehenen Frist bis zum 31. Dezember 2006 keine anderen Änderungen der nationalen Zuteilungspläne (einschließlich der vorgesehenen Gesamtmenge der Zertifikate) vorschla- 21 Energie, Industrie, Verkehr, private Haushalte, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen. 22 Abgedruckt in: Frenz, TEHG, Kommentar, 2. Auflage 2007, S. 653 ff. 23 Zur Rechtswidrigkeit der Kommissionsentscheidung vom 29.11.2006 zum Entwurf des deutschen Allokationsplans für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012: Spieth/Hamer, Emissionshandel: Zertifikatebewirtschaftung durch Brüssel, NVwZ 2007, S. 867 (871); vgl. auch Korte, Gebundenheit und Freiheit der Mitgliedstaaten bei der Zuweisung von Ausstoßmengen nach der Emissionshandels-Richtlinie, ZUR 2008, S. 195 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 21 gen als die in der einschlägigen Entscheidung der Kommission über den jeweiligen nationalen Zuteilungsplan vorgesehenen Änderungen. Die Auslegung der in Art. 11 Abs. 2 der EH-Richtlinie genannten Frist „31. Dezember 2006“ als „absolute Ausschlussfrist“ sei angemessen, um ein ausgewogenes Verhältnis zu erreichen zwischen dem Interesse des Mitgliedstaates, nach eigenem Ermessen wesentliche Aspekte festzulegen, und dem Interesse der Gemeinschaft, das Funktionieren des Emissionshandelssystems zu gewährleisten.24 Demnach würde eine Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke nicht zu einer modifizierten Entscheidung durch die Kommission führen. 3.1.2. Urteil des EuG vom 7. November 2007 Auch bereits nach der Entscheidung der Kommission zum ersten Nationalen Allokationsplan für die Handelsperiode 2003 – 2007 sollte die einmal festgelegte Zuteilung von Berechtigungen nicht mehr nachträglich geändert werden dürfen. Mit ihrer Entscheidung vom 7. Juli 2004 zum deutschen Allokationsplan gab die Kommission zwar grünes Licht für die Ausgabe von Emissionszertifikaten . Sie beanstandete jedoch aus grundsätzlichen Erwägungen sogenannte „Ex-Post- Regelungen“, die der deutsche Gesetzgeber zur Vermeidung von Überallokationen und Missbrauch im Zuteilungsgesetz 2007 (ZuG 2007) eingeführt hatte. Dies stieß bei der Bundesregierung auf Unverständnis, da die von der Kommission kritisierten deutschen Regeln den Betrug mit nicht benötigten Zertifikaten unterbinden sollten. Die Bundesregierung klagte daher gegen die Kommission vor dem Europäischen Gericht (EuG) in erster Instanz . Die EU-Kommission hatte der Bundesregierung insbesondere untersagt, überschüssige Zertifikate einzuziehen, wenn sich etwa die ursprünglichen Angaben eines Anlagebetreibers als unzutreffend erwiesen. Ziffer 10 des Anhangs III zur Emissionsrichtlinie macht für die nationalen Zuteilungspläne nicht nur eine Liste der Anlagen verbindlich, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat unter die Emissionshandelsrichtlinie fallen, sondern auch die Angabe der diesen Anlagen jeweils im Einzelnen zuzuteilenden Zertifikate. Diese sollen jedes Jahr weitgehend proportional ausgegeben werden und müssen im Vorhinein feststehen.25 Das EuG hat nunmehr in seinem Urteil vom 7. November 2007 – Rs T-374/04 –26 Ex-Post- Kontrollen bzw. Ex-Post-Korrekturen als zulässig erachtet. Hiernach verstoßen nachträgliche Anpassungen des Nationalen Allokationsplans durch einen Mitgliedstaat nicht generell gegen die EH-Richtlinie. Inhaltlich bezog sich das in Rede stehende Gerichtsurteil auf die Entscheidung der Kommission vom 7. Juli 2004 zum ersten Nationalen Allokationsplan für die Bundesrepublik Deutschland. In dieser Entscheidung hatte die Kommission bestimmte Regelungen des deutschen Nationalen Al- 24 Vgl. Ziffer 29 und 30 der Entscheidung der Kommission vom 28.11.2006 zum NAP 2008 bis 2012, abgedruckt in: Frenz, TEHG, Kommentar, S. 670/671. 25 Vgl. Ziffer 2.2. der Mitteilung der Kommission vom 29.11.2006 über die Bewertung der nationalen Pläne für die Zuteilung von Zertifikaten für Treibhausgasemissionen im zweiten Zeitraum des EU- Emissionshandelssystems mit Bezug auf die Entscheidungen der Kommission über die nationalen Zuteilungspläne Deutschlands, Griechenlands, Irlands etc., KOM(2006) 725 endg. 26 Auszugsweise abgedruckt in: ZUR 2008, S. 200. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 22 lokationsplans (NAP I) für die erste Zuteilungsperiode von 2005 bis 2007 vor allem wegen einer vermeintlichen Unvereinbarkeit mit der EH-Richtlinie abgelehnt. Betroffen waren insbesondere sog. Ex-Post-Korrekturen „nach unten“. In diesem Zusammenhang betonte der EuG zunächst, dass die Zulässigkeit nachträglicher Anpassungen weder im Wortlaut der EH-Richtlinie noch in den Kriterien des Anhangs III zur Aufstellung von Allokationsplänen ausdrücklich geregelt sei. Daher stehe den innerstaatlichen Stellen wegen Art. 249 Abs. 3 des EG-Vertrages eine an sich unbeschränkte Handlungsfreiheit bei der Wahl der Form und der Mittel und damit auch bei der Konzeption des NAP zu. Bei der Auslegung der EH-Richtlinie in systematischer Hinsicht zieht das EuG zunächst die Bedeutung der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung in Art. 11 Abs. 1 S. 2 im Rahmen des Zuteilungsverfahrens als Argument für die Zulässigkeit nachträglicher Änderungen „nach unten“ heran. Denn das Verfahren reiche von der Konzeption des NAP und einer ersten Anhörung der Bevölkerung über die darauf folgende Übermittlung an die ablehnungsbefugte Kommission - ggf. mit anschließender Allokationsplanänderung – bis zur endgültigen Zuteilung der Zertifikate unter Einhaltung der Vorgaben des NAP nach einer zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung, verbunden mit der Pflicht zur angemessenen Berücksichtigung der in diesem Zusammenhang gemachten Bemerkungen . Die Ergänzungen im Rahmen der zweiten Anhörung seien jedoch ohne Wert, wenn die Kommission nochmals auf die Allokation einwirken dürfe und so das Vorbringen der Öffentlichkeit quasi nachträglich überstimmen könne. Folglich zeige das in der EH-Richtlinie niedergelegte Verfahren , dass Abweichungen vom NAP und damit auch Ex-Post-Korrekturen nach erfolgter Plangenehmigung durch die Kommission den Mitgliedstaaten möglich seien. Für die Richtigkeit dieses Schlusses spreche ebenfalls, dass im Falle einer in diesem Kontext erfolgten Gemeinschaftsrechtsverletzung ein Einschreiten der Kommission auf der Basis der allgemeinen Aufsichtszuständigkeiten aus den Art. 211, 226 EG-Vertrag möglich bleibe. Daneben stellt das EuG im Rahmen seiner systematischen Auslegung auf die selbstbeschränkende Wirkung der seitens der Kommission konzipierten Hinweise für die Auslegung der Kriterien des Anhangs III der EH-Richtlinie ab, um die Zulässigkeit von Ex-Post-Korrekturen nach unten zu begründen. Es handele sich bei diesen Hinweisen der Kommission um ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften, mit deren Hilfe die mitgliedstaatlichen Spielräume bei der Konzeption nationaler Allokationspläne möglichst klar und genau zu beschreiben seien. Da sich nun aber aus diesen Interpretationshilfen zu Anhang III der EH-Richtlinie keine konkrete Aussage zur Frage der Zulässigkeit nachträglicher Anpassungen gewinnen lasse, gehe diese Regelungslücke zulasten der Kommission. Denn sie müsse sich als Hinweisgeber das Fehlen ausdrücklicher Vorgaben in den Grenzen höherrangigen Gemeinschaftsrechts entgegenhalten lassen und könne den Mitgliedstaaten deshalb nicht die Konzeption von Ex-Post-Korrekturen verbieten, ohne gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes bzw. der Rechtssicherheit zu verstoßen. Wie bereits oben festgestellt, beziehen sich die Entscheidungsgründe des EuG auf die erste Handelsperiode der Jahre 2005 bis 2007. Noch vor Urteilsverkündung hatte die Kommission für die zweite Handelsperiode (2008 – 2013) ein entsprechendes Verbot von Ex-Post-Korrekturen in ih- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 23 rer Mitteilung vom 29. November 200627 aufgenommen und damit durch für die Mitgliedstaaten ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften konkretisiert. Hiernach sind Ex-Post-Anpassungen grundsätzlich nach Verabschiedung der endgültigen Zuteilungsentscheidung unzulässig.28 Für die Periode 2005 – 2007 wurde für die Stilllegung des AKW Stade und des AKW Obrigheim eine Kompensationsmenge von insgesamt 1,5 Mio. t CO 2 pro Jahr vorgesehen. Diese Kompensation stellte eine Übergangsregel dar und wurde auf die erste Handelsperiode beschränkt. Ab der Periode 2008 – 2012 werden Ersatzinvestitionen für stillgelegte Kernkraftwerke mit Zertifikaten aus der Reserve für Neuanlagen ausgestattet.29 Hierzu trifft der NAP II folgende Feststellung:30 „Gemäß der Festlegung des NAP I erfolgt in der Periode 2008 – 2012 für neu errichtete Anlagen als Ersatz für still zu legende Atomkraftwerke eine Zuteilung aus der Reserve für Neuanlagen.“ Diese Formulierung ist so zu verstehen, dass grundsätzlich eine Zuteilung aus der Reserve für Neuanlagen erfolgt, selbst wenn die Neuanlage ursprünglich als Ersatz für diese Kernkraftwerke gedacht war. Dies hat zur Folge, dass auch für Ersatz- oder Neuanlagen für ursprünglich stillzulegende Kernkraftwerke keine Erweiterung der Gesamtmenge der zuteilbaren Berechtigungen in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 erfolgt. Wie bereits oben festgestellt hätte eine mögliche Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke Einfluss auf das Marktgeschehen im Emissionshandel. Laufzeitverlängerungen würden Emissionsberechtigungen für andere Verwendungen freisetzen. Das so freigesetzte Angebot an Zertifikaten würde relativ zur Nachfrage entsprechend ansteigen und der Preis für Emissionszertifikate sinken .31 Wenn allerdings Ersatz- oder Neuanlagen aufgrund einer Laufzeitverlängerung nicht wie ursprünglich geplant in Betrieb gehen, tritt der Angebotseffekt auf dem Zertifikatemarkt im entsprechenden Umfang nicht ein, da eine Zuteilung aus der Neuanlagenreserve unterbleibt. Das EU-Emissionshandelssystem für die Zuteilungsperiode 2008 - 2012 basiert auf der Festlegung einer nationalen Gesamtemissionsmenge des Emissionshandelssektors (ETS-Cap) für jeden Mitgliedstaat . Diesen ETS-Cap schlägt jeder Mitgliedstaat in seinem NAP vor. Die Kommission hat den deutschen Allokationsplan mit der Maßgabe einiger Änderungen gebilligt. Die Bundesrepublik Deutschland hat den geänderten ETS-Cap im Zuteilungsgesetz 2012 (ZuG 2012) umgesetzt. Auf der Basis der Zuteilungsregeln im ZuG 2012 haben die Betreiber zum Beginn der Zuteilungsperiode 2008 - 2012 Zuteilungsbescheide über die Menge der kostenlosen Zuteilung erhalten . Eine Abweichung der Emissionsentwicklung von der ursprünglichen Emissionsprognose ist für die festgelegte Gesamtmenge innerhalb der laufenden Zuteilungsperiode unerheblich. Dies gilt auch für eine Veränderung der Rahmenbedingungen, die der ursprünglichen Emissionsprognose zugrunde lagen. Dies ist gerade der Sinn des Emissionshandels, nur das Emissionsziel vor- 27 Mitteilung der Kommission vom 29.11.2006 über die Bewertung der nationalen Pläne für die Zuteilung von Zertifikaten für Treibhausgasemissionen im zweiten Zeitraum des EU-Emissionshandelssystems, KOM(2006) 725 endgültig, Ziffer 2.2. S. 9/10. 28 Vgl. Mitteilung der Kommission vom 29.11.2006, KOM(2006) 725 endgültig S. 10. 29 Vgl. NAP I, a. a. O.; S. 20. 30 Vgl. NAP II, a. a. O.; S. 46. 31 Siehe oben; so auch im Ergebnis die Einschätzung des UBA. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 24 zugeben, aber den Weg, auf dem diese Emissionsminderung erreicht wird, den Anreizen des Marktes zu überlassen. Dies gilt auch für die Frage der Entwicklung des deutschen Kraftwerksparks . Vor diesem Hintergrund kommt für die EU-Kommission – wenn überhaupt – allenfalls ein Einschreiten wegen der Verletzung des Gemeinschaftsrechts auf der Grundlage der allgemeinen Aufsichtszuständigkeiten aus den Art. 211, 226 EG-Vertrag in Betracht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die beabsichtigten Laufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken zu Wettbewerbsverzerrungen im Handel mit Emissionszertifikaten führen. 3.2. Der Nationale Zuteilungsplan 2008 bis 2012 Entsprechendes gilt zu den rechtlichen Auswirkungen der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke auf den Nationalen Zuteilungsplan und die erteilten Berechtigungen für die Handelsperiode 2008 bis 2012. Der Nationale Allokationsplan 2008 – 2012 (NAP II) baut auf den im Zuteilungsgesetz 2007 (ZuG 2007) festgelegten Budgetverteilungen auf und führt einige Regelungen fort, die für Anlagen im Rahmen des ZuG 2007 getroffen wurden und in die zweite Handelsperiode hineinreichen. Der NAP II besteht aus dem sogenannten Makroplan, der die Aufteilung und Gesamtzahl der Emissionszertifikate beschreibt. Daneben enthält er einen sogenannten Mikroplan , der die Regeln, Methoden und Kriterien für die beabsichtigte Zuteilung an die Betreiber sowie die Größe des Reservefonds festlegt. Auch hier erfolgt im NAP II keine Erweiterung der Gesamtmenge der zuteilbaren Berechtigungen in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012. Wie bereits oben festgestellt bedeuten die durch eine mögliche Laufzeitverlängerung eingesparten CO2-Emissionen im System des EU- Emissionshandels keine entsprechende Verringerung der Gesamtemissionen, da deren Umfang durch die Menge an zugeteilten Zertifikaten für die Handelsperiode 2008 – 2012 im Vorhinein (Burden Sharing-Vereinbarung) festgesetzt ist. 3.2.1. Rechtsnatur des Zuteilungsplans Die EH-Richtlinie und das TEHG enthalten keine Aussage zur Rechtsform des nationalen Zuteilungsplans . Er fungiert lediglich als verwaltungsinterner Vorbereitungsakt zur Abstimmung mit der Kommission und hat selbst keine Außenwirkung. Eine Verwaltungsaktqualität scheidet ebenso aus wie das Institut einer Allgemeinverfügung. Die rechtliche Bedeutung des nationalen Zuteilungsplanes beschränkt sich auf die Erfüllung der von Art. 9 Abs. 1 EH-Richtlinie geforderten Notifikationspflicht. Er hat daher auch keine rechtliche Bedeutung als Vorlage im Sinne von Art. 76 GG für das Zuteilungsgesetz, sondern bildet einen bloßen nicht justiziablen Regierungsakt in Form eines Beschlusses, wie Art. 7 Abs. 1 TEHG festlegt. Deutlich wird dies in der Gesetzesbegründung zu der dem Zuteilungsplan nach § 8 Abs. 2 TEHG beizufügenden und gleichfalls der Kommission zu übergebenden Auflistung der tätigkeitsbezogenen Zuteilungsmengen. Sie „dient allein dem Zweck der Überprüfung des Plans durch die Kommission“; Rechtsverbindlichkeit kommt ihr nicht zu.32 3.2.2. Rechtsschutz Der Rechtsschutz gegen Pläne orientiert sich an der Rechtsform des Planhandelns; ist die Rechtsform des Plans (beispielsweise als Satzung) ausdrücklich normiert, dann richtet sich die gericht- 32 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 15/2328, S. 12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 25 liche Kontrollmöglichkeit danach.33 Die Rechtsform, in der der NAP II umgesetzt wurde, ist hier ein Bundesgesetz, nämlich das Zuteilungsgesetz 2012. Zulässige Rechtsschutzart – allerdings nicht für den Bürger – ist zunächst das Verfahren der abstrakten Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht .34 Rechtsschutz des Verantwortlichen35/Betreibers kommt allenfalls unmittelbar gegen das Zuteilungsgesetz 2012 und in erster Linie durch eine Verfassungsbeschwerde in Betracht.36 Die Erfolgsaussichten einer unmittelbar gegen ein Bundesgesetz gerichteten Verfassungsbeschwerde dürften allerdings als eher gering einzustufen sein. 4. Fazit Zusammenfassend lässt sich die Frage, ob die Kommission im Fall einer Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke die Anpassung der Festlegungen im Zuteilungsgesetz oder im Nationalen Allokationsplan verlangen kann, bspw. durch Absenkung der an die Energiewirtschaft zugeteilten Menge an Berechtigungen oder durch Absenkung der Gesamtmenge der deutschen Emissionen, wie folgt beantworten. Der oben dargestellte Grundsatz des EU-Emissionshandels, das nationale ETS-Cap und die Zuteilungsmengen für die betroffenen Anlagen vor dem Beginn einer Zuteilungsperiode festzulegen und dann unverändert bestehen zu lassen (so genanntes „Ex-Ante-Prinzip“), verbietet eine nachträgliche Korrektur dieser Festlegungen durch die Kommission, auch für den Fall, dass die Rahmenbedingungen von den prognostizierten Ansätzen abweichen sollten. Eine nachträgliche Änderung des Emissionsbudgets oder anderer wesentlicher Regeln (so genannte „Ex-Post- Korrekturen“ der Fundamentaldaten)37 dürfte die Grundlagen für Entscheidungen der Marktteilnehmer erheblich beeinträchtigen und möglicherweise zu nicht akzeptablen Irritationen am Markt führen. 33 Vgl. Körner/Vierhaus, TEHG, Kommentar, 2005, § 7 Rdnr. 13 unter Nachweis auf Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, § 56 Rdnr. 24. 34 Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG; 13 Nr. 6 in Verbindung mit §§ 76 ff. BVerfGG. Zum Rechtsschutz vgl. auch Diederichsen /Erking, Der Nationale Allokationsplan – Rechtsform und Rechtsschutz, ET 2004, S. 200 ff. 35 Vgl. Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 7 TEHG. 36 Gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 13 Nr. 8a in Verbindung mit § 90 BVerfGG. 37 Vgl. aber auch Weishaar, Ex-Post-Korrektur im Europäischen CO2-Handel: Auswirkungen der Rechtsprechung für Deutschland, EurUP 2008, S. 148 (151). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5– 3000-159/09 Seite 26 5. 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