© 2018 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 157/18 Anwendung von Außenwirtschaftsrecht an Universitäten und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 157/18 Seite 2 Anwendung von Außenwirtschaftsrecht an Universitäten und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 157/18 Abschluss der Arbeit: 4.12.2018 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 157/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) 4 3. Die Rechtsgrundlagen der Exportkontrolle und die Tätigkeit der BAFA 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 157/18 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages sind gefragt worden, welche Gesetze und Verordnungen des deutschen und EU-Außenwirtschaftsrechts sowie des US-amerikanischen Exportkontrollrechts an deutschen Universitäten und außeruniversitären Wissenschaftsorganisationen angewandt werden und in welcher Weise dies erfolgt. Gefragt ist auch nach der Möglichkeit und rechtlichen Situation von Vor-Ort-Kontrollen zur internationalen Rüstungskontrolle und Proliferationsprävention an den Universitäten und außeruniversitären Wissenschaftsorganisationen . Insoweit in diesem Kontext nach der Reichweite der extraterritorialen Ausübung von Hoheitsgewalt durch die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) gefragt wurde, wird auf den Sachstand des Fachbereichs WD 2 „Zur extraterritorialen Ausübung von Hoheitsgewalt“ (WD 2 – 176/18) hingewiesen. 2. Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) Das BMWi hat sich zu den dorthin übermittelten Fragen wie folgt geäußert1: "Nach dem US „Arms Export Control Act (AECA)“, administrativ umgesetzt durch die „International Traffic in Arms Regulations (ITAR)“, und dem „Export Administration Act (EAA)“, administrativ umgesetzt durch die „Export Administration Regulations (EAR)“ bestehen drei US-Exportkontrollprogramme zum Schutz außen- und sicherheitspolitischer Interessen der US-Regierung. Die Exportkontrollen sind bei Lieferungen von Rüstungsgütern und Dual-use-Gütern aus den USA ins Ausland vorgesehen. Diese Maßnahmen der klassischen Exportkontrolle umfassen sowohl Erkundigungen vor Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung an US-Exporteure ("pre-licence-checks") wie auch nachträgliche Endverbleibskontrollen vor Ort ("post-shipment-controls", vergleichbar mit der auch im deutschen Exportkontrollsystem – in geringerem Umfang - bestehenden Möglichkeit zur Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen des Endverbleibs nach der Ausfuhr bestimmter Rüstungsgüter im Ausland, bzw. bestimmter durch die Nuclear Suppliers Group gelisteter Güter mit doppeltem Verwendungszweck in Iran). Die US-Maßnahmen werden durch Mitarbeiter von US-Behörden durchgeführt (U.S. Department of Commerce, U.S. Department of State oder U.S. Department of Defense bzw. Mitarbeiter der US-Botschaften/Konsulate) und umfassen dabei auch stichprobenweise Kontrollen des Endverbleibs vor Ort bei den jeweiligen Abnehmern der US-Waren im Bestimmungsland . Dies können Privatpersonen und Unternehmen, aber auch Wissenschaftsund Forschungseinrichtungen sein. Da es sich hierbei nicht um Maßnahmen der deutschen oder europäischen Exportkontrollpolitik handelt, besteht hierfür im deutschen und europäischen Recht keine Rechtsgrundlage ; maßgebend für die Kontrollen ist das Einverständnis des Abnehmers der aus den USA bezogenen Waren, die US-Exportbestimmungen einzuhalten, sowie sein Einverständnis zur Durchführung von konkreten Kontrollen. Ohne dieses Einverständnis finden die 1 Email vom 28.11.2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 157/18 Seite 5 US-Kontrollen nicht statt. Andererseits können aufgrund von US-Bestimmungen bei Verweigerung der Zustimmung zu "post-shipment-controls" durch den ausländischen Abnehmer die US-Behörden die notwendige US-Ausfuhrgenehmigung verweigern. Deutsche und europäische Exportkontrollregeln gelten für Wissenschaftler gleichermaßen wie für Privatpersonen und Unternehmen. Nationale Kontrollen für Universitäten, universitäre Institute, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder Forschende als Einzelpersonen in Deutschland bestehen in Form der antragsbasierten Ausfuhrkontrolle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Überprüfungen durch den Zoll sowie durch Strafverfolgungsbehörden bei Verstößen gemäß Außenwirtschaftsgesetz, Außenwirtschaftsverordnung und EU-Verordnungen. Vor-Ort-Kontrollen können bei Außenwirtschaftsprüfungen in Deutschland durch den Zoll (§ 23 Abs. 2 AWG) und im Ausfuhrgenehmigungsverfahren durch das BAFA (§ 23 Abs. 3 AWG) vorgenommen werden. BMWi und BAFA sensibilisieren betroffene Wissenschaftseinrichtungen regelmäßig durch Veranstaltungen und Informationsmaterial. Auch Deutschland führt nachträgliche Endverbleibskontrollen vor Ort im Ausland, ggf. auch bei Universitäten und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen, durch. Innerstaatlich ist dies in § 21 Absatz 5 Außenwirtschaftsverordnung geregelt bzgl. Vor-Ort-Kontrollen des Endverbleibs nach der Ausfuhr bestimmter aus Deutschland ausgeführter Rüstungsgüter im Ausland. Gemäß VO (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran in der derzeit gültigen Fassung können außerdem bestimmte durch die Nuclear Suppliers Group gelistete Güter mit doppeltem Verwendungszweck nach der Ausfuhr aus Deutschland in Iran bzgl. der zivilen Endverwendung kontrolliert werden."2 3. Die Rechtsgrundlagen der Exportkontrolle und die Tätigkeit der BAFA Nationale Rechtsgrundlage für die Exportkontrolle ist das Außenwirtschaftsgesetz (AWG)3 in Verbindung mit der Außenwirtschaftsverordnung (AWV)4 sowie das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG)5. Das Außenwirtschaftsgesetz und die Außenwirtschaftsverordnung wurden 2013 grundlegend modernisiert, sprachlich überarbeitet und gestrafft.6 Beide Regelungswerke 2 Fettungen durch den Verfasser des Sachstands. 3 Außenwirtschaftsgesetz vom 6. Juni 2013 (BGBl. I S. 1482), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2789) https://www.gesetze-im-internet.de/awg_2013/ (abgerufen am 20.11.2018). 4 Außenwirtschaftsverordnung vom 2. August 2013 (BGBl. I S. 2865), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 13. Dezember 2017 (BAnz AT 20.12.2017 V1), https://www.gesetze-im-internet .de/awv_2013/BJNR286500013.html#BJNR286500013BJNG003200000 (abgerufen am 20.11.2018). 5 Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), zuletzt geändert durch Artikel 6 Absatz 2 des Gesetzes vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) (abgerufen am 20.11.2018) https://www.gesetze-im-internet.de/krwaffkontrg/ (abgerufen am 20.11.2018). 6 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Aussenwirtschaft/aussenwirtschaftsrecht.html (abgerufen am 27.11.2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 157/18 Seite 6 werden in regelmäßigen Abständen durch entsprechende Änderungsgesetze und -verordnungen an aktuelle rechtliche Vorgaben, insbesondere aufgrund von EU-Regelungen, angepasst. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat die Einschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs auf seiner Homepage detailliert dargestellt: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Aussenwirtschaft/aussenwirtschaftsrecht.html In diesem Regelungswerk finden sich Ermächtigungsgrundlagen für Eingriffe in die grundsätzliche bestehende Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs. Auf Grundlage des AWG können Handlungen durch Rechtsverordnungen beschränkt werden (§ 4 Abs. 1 AWG). § 4 Abs. 1 Nr. 1 AWG erlaubt, den Außenwirtschaftsverkehr zu beschränken, soweit es die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verlangt. Dahinter steht der Gedanke, dass die Sicherheit der staatlichen Gemeinschaft ein dem wirtschaftlichen Einzelinteresse übergeordnetes Rechtsgut darstellt.7 Auch Einzeleingriffe sind in Form von Verwaltungsakten möglich , um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für bestimmte Rechtsgüter abzuwenden (§ 6 Abs. 1 AWG). Die Regelungen zielen auf wirtschaftliche Betätigung, konnten aber immer schon auch Hochschulen und Forschungseinrichtungen betreffen.8 Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat zur Information über Technologietransfer und Non-Proliferation einen Leitfaden für Industrie und Wissenschaft herausgebracht .9 Darin finden sich auch für Hochschulen und Forschungseinrichtungen spezifische Hinweise . Das Merkblatt richtet sich sowohl an Unternehmen als auch an Wissenschaftler in Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die über technisches Know-how verfügen und dieses Wissen grenzüberschreitend oder an nicht im Inland ansässige Personen weitergeben. *** 7 Stein/Thoms, in: Rüsken, Zollrecht, 1. Aufl. 2002, 180. Lieferung, § 4 AWG, Rn. 4, m.w.N. 8 Vgl. schon https://www.hu-berlin.de/de/forschung/services/forschungsfoerderung (abgerufen am 28.11.2018). 9 http://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Aussenwirtschaft/afk_merkblatt_technologietransfer.html (abgerufen am 30.11.2018).