Deutscher Bundestag Zugangsvoraussetzungen für ausländische Anbieter im schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) in Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich und Dänemark Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2009 Deutscher Bundestag WD 5 – 3000 - 151/09 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 2 Zugangsvoraussetzungen für ausländische Anbieter im schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) in Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich und Dänemark Verfasser: Ausarbeitung: WD 5 – 3000 - 151/09 Abschluss der Arbeit: 18. November 2009 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Europarechtliche Vorgaben 4 2.1. Die vier Eisenbahnpakete 4 2.2. Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 5 3. Deutschland 6 3.1. Der Zugang zur Eisenbahninfrastruktur nach § 14 AEG 7 3.2. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Nr. 1 AEG 8 3.3. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Nr. 3 AEG 11 3.4. Der Liberalisierungsindex 2007 Bahn 13 4. Frankreich 14 4.1. Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben 15 4.2. Der Liberalisierungsindex 2007 Bahn 16 5. Großbritannien 17 6. Niederlande 19 7. Dänemark 20 8. Ergebnis 22 9. Literaturverzeichnis 24 10. Anlagenverzeichnis 26 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 4 1. Einleitung Seit Anfang der 90iger Jahre ist der Zugang für ausländische Eisenbahnverkehrsunternehmen stetig erweitert worden. Während für den Güterverkehr der Zugang zur Eisenbahninfrastruktur in der Europäischen Union (EU) nunmehr nahezu umfassend rechtlich sichergestellt wird, haben die Mitgliedstaaten im Bereich des schienengebundenen Personenverkehrs die Möglichkeit, nationale Interessen zu bewahren. Gleichwohl ist die Tendenz festzustellen, auch für diesen Bereich eine weitgehende Öffnung für ausländische Anbieter des schienengebundenen Personenverkehrs, insbesondere bei grenzüberschreitenden Verkehren, herbeizuführen. Wegen der ausgeprägten Überlagerung mit europarechtlichen Vorgaben werden deshalb zunächst unter Ziffer 2. die Angleichungsbemühungen der EU dargestellt; hierbei ist auch das Vergaberecht für den angesprochenen Bereich von besonderer Bedeutung, der ebenfalls für den schienengebundenen Personenverkehr eine zunehmende Angleichung erfährt. Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, wie sich im Einzelnen die Zugangsvoraussetzungen zur Eisenbahninfrastruktur für ausländische Anbieter im schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) in Deutschland, Frankreich, Großbritannien , den Niederlanden und Dänemark gestalten. 2. Europarechtliche Vorgaben Die Art. 70 bis 80 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG-Vertrag) enthalten besondere primärrechtliche Vorschriften für den Verkehrsbereich, die für Beförderungen und Transporte im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr gelten. Der Verkehr stellt zugleich Mittel und Gegenstand des gemeinsamen Marktes dar. Nationale Verkehrsregulierungen können eine ähnlich wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfalten wie Zölle und mengenmäßige Beschränkungen; sie sind deshalb Gegenstand europäischer Deregulierungs- und Vereinheitlichungsbemühungen . Zur Umsetzung der Ziele des EG-Vertrages im Eisenbahnbereich ist die Gemeinschaft seit Anfang der 90er Jahre verstärkt sekundärrechtlich tätig geworden, insbesondere durch die Richtlinie 91/440/EWG. 1 2.1. Die vier Eisenbahnpakete Das sogenannte Erste Eisenbahnpaket umfasst die im Februar 2001 verabschiedeten Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG und 2001/14/EG. Das Zweite Eisenbahnpaket beinhaltet die folgenden vier Bereiche: Sicherheitsrichtlinie (Richtlinie 2004/49/EG), Änderung der Interoperabilitätsrichtlinie (Richtlinie 2004/50/EG), Änderung der Richtlinie 91/440/EWG (Richtlinie 2004/51/EG) und die Einrichtung einer europäischen Eisenbahnagentur (Verordnung (EG) Nr. 881/2004).2 Im September 2007 haben das Europäische Parlament und der Rat das Dritte Eisenbahnpaket verabschiedet , das die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 über Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr und unter anderem die Marktöffnung für grenzüberschreitende Verkehrsdienste zum 1. Januar 2010 (Richtlinie 2007/58/EG) umfasst. Darüber hinaus hat die Kommission der Europäischen Union (EU) mit ihrer Entscheidung vom 13. Dezember 2006 ein Viertes Eisenbahnpaket initiiert, das insbesondere die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung von Fahrzeugzulas- 1 Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29.07.1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft , (ABl. L 237 vom 24.08.1991, S. 25); abrufbar im Internet in ihrer jeweils konsolidierten Fassung : http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31991L0440:DE:NOT [Stand: 09.11.2009]. 2 Vgl. hierzu im Einzelnen Hermes, in: Hermes, Georg/ Gerstner Stephan (2006), Allgemeines Eisenbahngesetz , Beck’scher AEG-Kommentar, 1. Auflage 2006, B Einf., Rdnr. 33 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 5 sungen vorsieht.3 Neben diesen europäischen eisenbahnrechtlichen Vorschriften sind auch vergaberechtliche Regelungen in den jeweiligen Mitgliedsländern der EU beim Zugang zur Eisenbahninfrastruktur für ausländische Anbieter im schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) von entscheidender Bedeutung. 2.2. Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 Am 3. Dezember 2009 tritt die Verordnung (EG) Nr. 1370/20074 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße in Kraft, durch die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Vergabe von Dienstleistungen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs einen neuen europarechtlichen Rahmen erhält. Die Verordnung normiert vor allem das Verfahrensregime für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Verkehrsbereich. Im Schienenpersonennahverkehr ermöglicht die Verordnung auf Grund der Besonderheiten dieses Verkehrssektors die sogenannte Direktvergabe. Den Mitgliedstaaten der EU ist es gleichwohl gestattet, auch für diesen Sektor, insbesondere im schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV), wettbewerbliche Vergabeverfahren durchzuführen. Gemäß Art. 249 Abs. 2 des EG-Vertrages stellt die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 mit Inkrafttreten am 3. Dezember 2009 unmittelbar anwendbares Recht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union dar, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland , Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und in Dänemark. Als vorrangiges Recht überlagern die Regelungen dieser Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 damit eventuell entgegenstehendes nationales Recht.5 Die Verordnung bietet gleichwohl erstmals einen Rechtsrahmen, insbesondere für die Vergabe von öffentlichen Personennahverkehrsdienstleistungen auf dem Gebiet des Eisenbahn- und Straßenverkehrs für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union.6 Die Besonderheiten des Eisenbahnsektors haben den Verordnungsgeber veranlasst, in diesem Bereich von der Durchsetzung einer weiteren Marktöffnung abzusehen und eine Direktvergabe generell zu gestatten. Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sieht in Art. 5 Abs. 6 eine Direktvergabemöglichkeit von Eisenbahnverkehrsdienstleistungen vor, die es den Mitgliedstaaten gestattet, diese ohne Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens direkt zu vergeben. Gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung hat die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zuständige Behörde sicherzustellen, dass die geplante Vergabe mindestens ein Jahr im Voraus europaweit bekannt gegeben wird. Nach Art. 7 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1370 besteht zudem eine ex post- Informationspflicht über den wesentlichen Inhalt des Auftrages sowie gemäß Art. 7 Abs. 4 eine 3 Vgl. hierzu die Übersicht, Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V. (Hrsg.), Die europäischen Eisenbahnpakete – Inhalte und Umsetzung der europäischen Verkehrspolitik, Hintergrundpapier 03/2008 – Anlage 1 -. 4 Vom 23.10.2007 (ABl. L 315 vom 03.12.2007, S. 1) – Anlage 2 -. Zum Prozess der Marktöffnung und Harmonisierung der Gemeinschaft und deren Umsetzung in Deutschland, vgl. Sellmann, Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrsrechts, NVwZ 2009, S. 149 ff. 5 Vgl. Otting/Scheps, Direktvergabe von Eisenbahnverkehrsdienstleistungen nach der neuen Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, S. 499 (504) – Anlage 3 -. Otting/Scheps, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen für Direktvergaben im Verkehrssektor nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, DÖV 2009, S. 364 ff.; Wittig/Schimanek, Sondervergaberecht für Verkehrsdienstleistungen – Die neue EU-Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, NZBau 2008, S. 222 ff.; vgl. auch zum eigenwirtschaftlichen Verkehr Ziekow, NVwZ 2009, S. 865 (871). 6 Vgl. hierzu auch ausführlich Heiß, Die neue EG-Verordnung für den öffentlichen Personenverkehr – ein Überblick unter Berücksichtigung der Situation in Deutschland, VerwArch. 2009, S. 113 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 6 Begründungspflicht bezüglich der Entscheidung für eine Direktvergabe an Stelle eines offenen Ausschreibungsverfahrens. Mit diesen Verfahrensanforderungen geht der Verordnungsgeber inhaltlich über den vom europäischen Primärrecht geforderten Transparenzmaßstab im Bereich Eisenbahnverkehrsdienstleistungen hinaus. Die Verfahrensanforderungen der Verordnung können auch bereits vor deren Inkrafttreten als Maßstab für eine Direktvergabe auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AEG7 gelten. Bei der Einhaltung der von der Verordnung geforderten Bekanntmachungspflichten steht eine Direktvergabe von Eisenbahnverkehrsdienstleistungen auch bereits vor Inkrafttreten der Verordnung – jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland8 – im Einklang mit dem europäischen Recht. 3. Deutschland Die Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe der Trennung von Netz und Betrieb hat in Deutschland nicht zu einer vollständigen organisatorischen Trennung der beiden Bereiche geführt . Vielmehr sind sie über die DB Holding, die als Management-Holding ausgestaltet ist, nach wie vor verbunden. Die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Erbringung von Eisenbahndienstleistungen sind im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) festgelegt. Dieses Gesetz stellt das deutsche Eisenbahnwesen auf eine zusammenfassende neue Grundlage, indem es Vorgaben des Gemeinschaftsrechts umsetzt, teilweise aber auch über diese hinaus geht wie beispielsweise bei der Bestimmung der Zugangsberechtigten in § 14 AEG. Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl. I S. 1138) hat das AEG eine umfassende Novellierung erfahren. Daraus ergeben sich für die Bundesnetzagentur neue Zuständigkeitsbereiche im Rahmen der Eisenbahnregulierung. Die Bundesnetzagentur übernimmt die Aufsicht über den Wettbewerb auf der Schiene und ist somit verantwortlich für die Gewährung eines diskriminierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur .9 Die Fachaufsicht liegt im Bereich der Eisenbahnregulierung beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), die organisatorische Zuständigkeit verbleibt im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Die Aufgaben der Bundesnetzagentur im Rahmen der Eisenbahnregulierung ergeben sich in erster Linie aus den §§ 14 bis 14f AEG, die durch die Regelungen der Eisenbahninfrastruktur- Benutzungsverordnung10 ergänzt werden. 7 Vom 27.12.1993 (BGBl. I S. 2378, ber. 1994 I S. 2439), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2542). 8 Vgl. hierzu auch DB Mobility Networks Logistics, Die neue Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße – Weiterentwicklung des nationalen Rechtsrahmens, Positionspapier April 2008 – Anlage 4 -. 9 Vgl. hierzu Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas. Telekommunikation, Post und Eisenbahn (Hrsg.), Marktuntersuchung Eisenbahnen 2008, Juni 2008; ders., Genehmigung lang laufender Rahmenverträge gemäß § 14a Abs. 2 AEG – Kundeninformation; jeweils abrufbar im Internet unter: http://www.bundesnetzagentur.de/enid/0997fc9f569d3c60b25b5dcf4d5073e6,0/Bundesnetzagentur/Sachg ebiete_nq.html [Stand: 13.11.2009]. 10 Verordnung über den diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur und über die Grundsätze zur Erhebung von Entgelt für die Benutzung der Eisenbahninfrastruktur (Eisenbahninfrastruktur- Benutzungsverordnung – EIBV) vom 03.06.2005 (BGBl. I S. 1566). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 7 3.1. Der Zugang zur Eisenbahninfrastruktur nach § 14 AEG Zentrale Vorschrift für den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur ist § 14 AEG und insbesondere für ausländische Anbieter im SPNV dessen Abs. 3. § 14 Abs. 1 bis 3a AEG; er hat folgenden Wortlaut : „(1) Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind verpflichtet, die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihnen betriebenen Eisenbahninfrastruktur und die diskriminierungsfreie Erbringung der von ihnen angebotenen Leistungen in dem durch eine auf Grund des § 26 Abs. 1 Nr. 6, 7 und Abs. 4 Nr. 1 ergangene Rechtsverordnung bestimmten Umfang zu gewähren . Dabei ist der vertaktete oder ins Netz eingebundene Verkehr angemessen zu berücksichtigen . Betreiber der Schienenwege sind nach Maßgabe dieser Verordnung zusätzlich verpflichtet, einen Mindestumfang an Leistungen zu erbringen und die von ihnen betriebenen Schienenwege sowie die Steuerungs- und Sicherungssysteme zur Nutzung bereitzustellen . Die Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung auf Eisenbahninfrastrukturen, die ausschließlich zur Nutzung für den eigenen Güterverkehr betrieben werden, sofern es sich nicht um den Schienenzugang zu eisenbahnbezogenen Diensten in Terminals und Häfen, die mehr als einen Endnutzer bedienen können, handelt. Für nicht mit anderen Schienenwegen vernetzte örtliche und regionale Schienennetze, die für Eisenbahnverkehrsleistungen im Personenverkehr betrieben werden, kann die zuständige Genehmigungsbehörde auf Antrag Befreiungen von allen Vorschriften der auf Grund des § 26 Abs. 1 Nr. 6, 7 und Abs. 4 Nr. 1 ergangenen Rechtsverordnung genehmigen, wenn eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht zu erwarten ist. Die Genehmigung erlischt, wenn ein Zugang beantragt ist. Der Antrag auf Zugang ist der zuständigen Genehmigungsbehörde durch den Betreiber der Schienenwege mitzuteilen. (2) Zugangsberechtigt sind 1. Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Inland, 2. Unternehmen mit Sitz im Inland, die Güter durch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen befördern lassen wollen, 3. die in § 1 Abs. 2 des Regionalisierungsgesetzes genannten Stellen, 4. die in § 15 Abs. 1 genannten Behörden. (3) Absatz 2 gilt entsprechend für 1. Eisenbahnverkehrsunternehmen, die unter Artikel 2 der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. EG Nr. L 237 S. 25), die zuletzt durch die Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 (ABl. EU Nr. L 315 S. 44) geändert worden ist, fallen, für das Erbringen von Verkehrsleistungen im grenzüberschreitenden Personenverkehr; 2. Eisenbahnverkehrsunternehmen, die unter Artikel 2 der Richtlinie 91/440/EWG fallen, für das Erbringen von Verkehrsleistungen im Güterverkehr; 3. Eisenbahnverkehrsunternehmen auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen . (3a) Im grenzüberschreitenden Personenverkehr haben die Eisenbahnverkehrsunternehmen die Rechte aus Absatz 1, insbesondere das Recht, Fahrgäste an beliebigen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 8 Bahnhöfen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen oder abzusetzen .“ Grundsätzlich sind hiernach deutsche Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) verpflichtet, die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihnen betriebenen Eisenbahnstruktur und die diskriminierungsfreie Erbringung der von ihnen angebotenen Leistungen zu gewähren. Die Zugangsberechtigung für ausländische Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) wird im Wesentlichen durch § 14 Abs. 3 AEG geregelt. Die grundlegenden Zugangsvoraussetzungen für ausländische Anbieter im schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) können sich ab dem 1. Januar 2010 aus § 14 Abs. 3 Nr. 1 AEG in Bezug auf das Erbringen von Verkehrsdienstleistungen im grenzüberschreitenden Personenverkehr oder aus § 14 Abs. 3 Nr. 3 AEG auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen ergeben. 3.2. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Nr. 1 AEG § 14 Abs. 3 Nr. 1 AEG findet nur auf Eisenbahnverkehrsunternehmen Anwendung, die unter Art. 2 der Richtlinie 91/440/EWG fallen. Die Zugangsberechtigung in § 14 Abs. 3 Nr. 1 AEG verweist unmittelbar auf den Art. 2 der Richtlinie 91/440/EWG, der in seiner zurzeit gültigen konsolidierten Fassung folgenden Wortlaut hat: „Artikel 2 (1) Diese Richtlinie gilt für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur und das Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen durch Eisenbahnunternehmen, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben oder haben werden. (2) Eisenbahnunternehmen, deren Tätigkeit ausschließlich auf den Stadtverkehr, Vorortverkehr oder Regionalverkehr beschränkt ist, sind vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen. (3) Unternehmen, deren Zugbetrieb ausschließlich auf die Erbringung von Leistungen im Pendelverkehr zur Beförderung von Straßenfahrzeugen durch den Ärmelkanaltunnel beschränkt ist, sind vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie — mit Ausnahme des Artikels 6 Absatz 1 sowie der Artikel 10 und 10a — ausgeschlossen. (4) Die Mitgliedstaaten können Eisenbahnverkehrsdienste, die im Transit durch die Gemeinschaft erbracht werden und außerhalb des Gemeinschaftsgebiets beginnen und enden, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnehmen.“ Hiernach müssen die Eisenbahnunternehmen ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben oder, soweit sie sich noch in Gründung befinden, dort ihren Sitz planen. Eisenbahnunternehmen, deren Tätigkeit ausschließlich auf den Stadtverkehr, Vorortverkehr oder Regionalverkehr beschränkt ist, sind demgegenüber vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie insgesamt und damit auch vom Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 Nr. 1 AEG ausgeschlossen. Auch Suckale (2006) folgert in ihrer Kommentierung zur alten Fassung des § 14 Abs. 3 Nr. 2 AEG11, dass Eisenbahnverkehrs- 11 In der Fassung des Dritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl. I S. 1138). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 9 unternehmen mit Sitz im Ausland, die ausschließlich Schienenpersonennahverkehrsleistungen12 erbringen, keinen Anspruch auf Zugang zur deutschen Eisenbahninfrastruktur nach § 14 Abs. 1 AEG haben. Die erst ab dem 1. Januar 2010 geltende Fassung des § 14 Abs. 3 Nr. 1 AEG beruht auf dem Vierten Gesetz zur Änderung des AEG,13 durch das die Richtlinie 2007/58/EG vom 23. Oktober 200714 in nationales Recht umgesetzt worden ist. Durch die Richtlinie soll im Wesentlichen erreicht werden, dass der Markt für grenzüberschreitende Eisenbahnverkehrsleistungen im Personenverkehr geöffnet wird. Die Richtlinie sieht deshalb Zugangsrechte für grenzüberschreitende Eisenbahnverkehrsleistungen im Personenverkehr innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG) ab dem 1. Januar 2010 vor. Die Richtlinie gewährt aber keine Zugangsrechte für grenzüberschreitende Eisenbahnverkehrsleistungen im Personen- und Güterverkehr, die im Transit durch das Gebiet der Mitgliedstaaten der EG erbracht werden.15 Entsprechendes gilt für grenzüberschreitende Eisenbahnverkehrsleistungen im Personenverkehr zwischen einem Mitgliedstaat der EG und einem Drittstaat.16 Die Richtlinie gewährt damit keine Zugangsrechte für das Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen im gesamten Personenverkehr, sondern nur Zugangsrechte für den grenzüberschreitenden Personenverkehr. Darin unterscheidet sich diese Regelung von der für den Güterverkehr, die die komplette Marktöffnung zum Inhalt hat.17 Der amtlichen Begründung zu § 14 Abs. 3 Nr. 1 AEG ist nicht zu entnehmen, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 91/440/EWG, die ausschließlich Schienenpersonennahverkehrsleistungen erbringen, als zugangsberechtigt zum Erbringen von Verkehrsdienstleistungen im grenzüberschreitenden Personenverkehr zu betrachten sind. Auch nach dem neu eingeführten Abs. 3a des Art. 10 dieser Richtlinie18 haben expressis verbis nur die Eisenbahnunternehmen, die unter Art. 2 – also mit Ausnahme des Schienenpersonennahverkehrs - fallen, ab dem 1. Januar 2010 das Recht auf Zugang zur Infrastruktur in allen Mitgliedstaaten, um grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste zu erbringen. Hierzu würden mithin nicht ausländische Anbieter zählen, die ausschließlich Schienenpersonennahverkehrsleistungen erbringen. Ob im Übrigen ausländische Anbieter, die 12 § 2 Abs. 5 AEG lautet: „Schienenpersonennahverkehr ist die allgemein zugängliche Beförderung von Personen in Zügen, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Zuges die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.“ 13 Vgl. Art. 2 § 40 Abs. 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 19.05.2009 (BGBl. I. 1100). 14 Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.Oktober 2007 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft sowie der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (ABl. EU Nr. L 315 S. 44). 15 Vgl. im Einzelnen Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung , BT-Drucks. 16/12111 zu dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des AEG, BT- Drucks. 16/19298, S. 7. 16 Das einzige an Deutschland angrenzende Drittland ist die Schweiz. Schweizerische Eisenbahnen erhalten folglich auf der Grundlage dieser Richtlinie keinen Zugangsanspruch in Deutschland. 17 BT-Drucks. 12/19298, S. 7/8. 18 Vgl. Art. Nr. 8 der Richtlinie 2007/58/EG vom 23.10.2007 (ABl. L 315 vom 03.12.2007, S. 44). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 10 nicht ausschließlich schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) erbringen, die Zugangsvoraussetzungen erfüllen, bedarf der Prüfung im Einzelfall. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass in der Bundesrepublik Deutschland § 14 Abs. 3 Nr.1 AEG in der ab dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung ausländischen SPNV-Anbietern i. S. d. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 91/440/EWG keinen Anspruch auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur vermittelt. Entsprechendes gilt für § 14 Abs. 3 Nr. 2 AEG in seiner bis zum 31. Dezember 2009 noch anzuwendenden Fassung, die folgenden Wortlaut hat: „(3) Absatz 2 gilt entsprechend für 1. (…) 2. Eisenbahnverkehrsunternehmen, die unter Artikel 2 der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. EG Nr. L 237 S. 25), die zuletzt durch die Richtlinie 2006/103/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. EU Nr. L 363 S. 344) geändert worden ist, fallen, für das Erbringen von Verkehrsleistungen a) im grenzüberschreitenden kombinierten Güterverkehr, b) im grenzüberschreitenden Güterverkehr auf dem Transeuropäischen Schienengüternetz im Sinne des Artikels 10a und des Anhangs I der Richtlinie 91/440/EWG; sie erhalten ab dem 1. Januar 2006 uneingeschränkten Zugang im grenzüberschreitenden Güterverkehr und c) im gesamten Güterverkehr ab dem 1. Januar 2007; (…)“ Dies schließt nicht aus, de lege lata oder de lege ferenda im Einzelfall auf vertraglicher Grundlage ausländischen SPNV-Anbietern diskriminierungsfrei einen Zugang für das Erbringen von Verkehrsleistungen im grenzüberschreitenden Personenverkehr zu gewähren. Eine generelle Aufnahme auch von Eisenbahnverkehrsunternehmen im grenzüberschreitenden Personenverkehr in den Kreis der Zugangsberechtigten zur Eisenbahninfrastruktur, deren Tätigkeit auf den Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr beschränkt ist, kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Es kann jedoch ein praktisches Bedürfnis bestehen, im Einzelfall Zugangsrechte zu erweitern (z.B. Regionalverkehr auf Grenzstrecken). Die Möglichkeit, Zugang auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu gewähren, soll daher nicht auf Eisenbahnen, die ihren Sitz in Nicht-EU-Staaten haben, beschränkt sein,19 sondern ab dem 1. Januar 2010 auch für Eisenbahnen mit Sitz in einem EU- Staat nach § 14 Abs. 3 Nr. 3 AEG gelten. 19 Dies ist nur noch bis zum 31.12.2009 in § 14 Abs. 3 Nr.4 AEG so der Fall. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 11 3.3. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Nr. 3 AEG Die Berechtigung zum Zugang zur Eisenbahninfrastruktur besteht für ausländische Eisenbahnen in der noch bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung nach § 14 Abs. 3 Nr. 3 AEG nur, soweit und solange Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland in dem betreffenden Mitgliedstaat der EG oder des Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Zugang zum Verkehr auf der Eisenbahnstruktur haben. Grundlegende Voraussetzung ist hier also das Prinzip der Gegenseitigkeit (Reziprozität). Nicht ausreihend ist, dass eine irgendwie geartete Zugangsmöglichkeit besteht, beispielsweise der Zugang nur nach freiem Ermessen einer Behörde in den Mitgliedstaaten. Eine Reziprozität ist vielmehr nur dann gegeben, wenn ein Recht auf diskriminierungsfreien Zugang im Sinne von § 14 Abs. 1 AEG besteht. Dies war ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers, weil er verhindern wollte, dass deutsche Eisenbahnverkehrsunternehmen im Wettbewerb benachteiligt werden. Es liegt auf der Hand, dass Unternehmen im Falle mangelnder Reziprozität erwogen haben, ein Tochterunternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu gründen, das den Zugang ohne Beschränkung fordern kann.20 Bis zum 31. Dezember 2009 findet § 14 Abs. 3 Nr. 3 bis 4 AEG in der folgenden Fassung Anwendung : „(3) Absatz 2 gilt entsprechend für 1. (…); 2. (…) 3. sonstige Eisenbahnen, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften oder eines Mitgliedstaates des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Eisenbahnverkehr zugelassen sind, sofern sie den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur in dem in Absatz 1 genannten Umfang für Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland zu vergleichbaren Bedingungen gewährleisten; 4. Eisenbahnen mit Sitz in den Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaften oder des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen; 5. Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Ausland, wenn die in Nummer 3 genannte Gegenseitigkeit nicht gewährleistet ist, auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen.“ Als Zwischenergebnis lässt sich daher feststellen, dass ausländische SPNV-Anbieter Zugang zur deutschen Eisenbahninfrastruktur nach § 14 Abs. 3 Nr. 3 AEG in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung nur dann haben, wenn das Prinzip der Gegenseitigkeit gewahrt ist. Auf Eisen- 20 Suckale, in: Hermes, Georg/ Gerstner Stephan (Hrsg.), Allgemeines Eisenbahngesetz, Beck’scher AEG- Kommentar, 1. Auflage 2006, E Einf., Rdnr. 150. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 12 bahnunternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR, in denen die Reziprozität nicht gewährleistet ist, findet die Nr. 5 des § 14 AEG Anwendung. Anspruchsberechtigt nach § 14 Abs. 3 Nr. 4 AEG können nur Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz in sogenannten Drittstaaten sein. Die Berechtigung auf Zugang zur deutschen Infrastruktur besteht nur insoweit, wie sie in der entsprechenden zwischenstaatlichen Vereinbarung vorgesehen ist. Ab dem 1. Januar 2010 ist § 14 Abs. 3 AEG, insbesondere dessen Nr. 3, in der folgenden Fassung anzuwenden: „(3) Absatz 2 gilt entsprechend für 1. (…); 2. (…); 3. Eisenbahnverkehrsunternehmen auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen .“ Die amtliche Begründung zur ab 01. Januar 2010 geltenden Neufassung des § 14 Abs. 3 Nr. 3 AEG lautet wie folgt: „Zu Nummer 3 Eine nationale Sonderregelung für das Zugangsrecht im Personenverkehr ist durch die Novellierung des europäischen Rechts grundsätzlich entbehrlich geworden. Es kann jedoch ein praktisches Bedürfnis bestehen, im Einzelfall Zugangsrechte zu erweitern (z.B. Regionalverkehr auf Grenzstrecken). Die Möglichkeit, Zugang auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu gewähren , soll daher nicht wie bisher (§ 14 Abs. 3 Nr. 4 AEG) auf Eisenbahnen, die ihren Sitz in Nicht-EU-Staaten haben, beschränkt sein, sondern auch für Eisenbahnen mit Sitz in einem EU- Staat gelten.“21 Mithin hält es der deutsche Gesetzgeber künftig im Hinblick auf die fortgeschrittene Harmonierung und Angleichung der entsprechenden Rechtsvorschriften in der EU nicht mehr für erforderlich , für Eisenbahnverkehrsunternehmen aus Mitgliedstaaten die Reziprozität vorzusehen. Er behält sich aber in Einzelfällen vor, sowohl mit Mitgliedstaaten als auch mit EWR- und Drittstaaten entsprechende zwischenstaatliche Vereinbarungen für ausländische SPNV-Anbieter zu fordern . Nach einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BVBS) seien vielmehr ab 1. Januar 2010 allen in der EU zugelassenen Eisenbahnverkehrsunternehmen Zugangsrechte im grenzüberschreitenden Personenverkehr einzuräumen, einschließlich des Rechts, Fahrgäste an Zwischenhalten aufzunehmen oder abzusetzen (Art. 10 Abs. (3a) der Richtlinie 91/440/EWG, zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/58/EG). 21 Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des AEG, Begründung, BT-Drucks. 16/10298. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 13 Das Recht auf Zugang könne jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden, nach Auffassung des BVBS „z.B. u. a. wenn die Strecke Gegenstand eines oder mehrer mit dem geltenden Gemeinschaftsrecht vereinbarer Verträge über öffentliche Dienstleistungen ist oder einem Unternehmen im Wege eines gemeinschaftskonformen Ausschreibungsverfahrens ausschließliche Rechte auf einer Strecke eingeräumt wurden, vgl. Art. 10 Abs. (3b-f) RL 91/440/EWG).“ 3.4. Der Liberalisierungsindex 2007 Bahn Der Liberalisierungsindex Bahn stellt den Stand der relativen Marktöffnung der Europäischen Schienenverkehrsmärkte der erweiterten EU sowie Norwegens und der Schweiz im Mai 2007 dar. Die Studie ist ein Benchmarking der gesetzlichen und praktischen Marktzugangsbarrieren aus der Sicht eines eintrittswilligen dritten Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU). Die gesetzlichen Zugangsbedingungen wie beispielsweise die Kompetenzen der Regulierungsstelle und das Marktzugangsregime sind im Teilindex LEX erfasst (law in the books). Die praktischen Zugangsbedingungen wie informatorische Barrieren, administrative und betriebliche Schranken sowie insbesondere der Anteil des Marktes, der für dritte EVU zugänglich ist, werden im Teilindex ACCESS abgebildet (law in action). Der Liberalisierungsindex besteht zu 20 Prozent aus den Ergebnissen des LEX-Index und zu 80 Prozent aus den Ergebnissen des ACCESS-Index. Ein separater Index, der COM-Index, erfasst die Wettbewerbsdynamik, die sich im sogenannten Modal Split der Schiene sowie in den Marktanteilen und der Anzahl der dritten EVU niederschlägt. Zum ersten Mal werden in der vorliegenden dritten Auflage neben den genannten Indizes ein getrennter Liberalisierungsindex für den Schienengüterverkehr und den Schienenpersonenverkehr ausgewiesen. IBM, Global Business Services (2007) kommen in ihrem Liberalisierungsindex 2007 Bahn zu dem Ergebnis, dass sich Deutschland wie 2002 und 2004 in der ersten Gruppe der Länder mit fortgeschrittener Marktöffnung befindet. Der Schienenpersonenverkehrsmarkt stehe ausländischen Eisenbahnverkehrsunternehmen in dem oben dargestellten Umfang offen. Im AEG sei der diskriminierungsfreie Zugang zu sämtlichen in Anhang II Nr. 2 der Richtlinie 2001/14EG genannten betrieblichen Einrichtungen verbrieft. Schienenverkehrsleistungen würden von den Aufgabenträgern der einzelnen Bundesländer über freihändige Vergabe- oder Ausschreibungsverfahren bestellt . Letztere hätten in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Auch würden die bestellten Verkehrsleistungen ohne Exklusivität vergeben, daher bestehe die theoretische Möglichkeit, in Konkurrenz zu den bestellten auch eigenwirtschaftlich betriebene Verkehre anzubieten. Im Schienenpersonennahverkehr waren bis 2007 ca. 50 Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) tätig. IBM, Global Business Services (2007) stellte fest, dass im Schienenpersonennahverkehr eine Konsolidierung stattgefunden habe. So seien einige dritte EVU von internationalen Konzernen , wie beispielsweise Arriva oder Veolia Transport, übernommen worden. Der Marktanteil der dritten EVU sei in diesem Marktsegment bezogen auf die von den Ländern bestellten Zugleistungen zwischen 2003 und 2006 von 9,9% auf 15,2% gestiegen. Zwar habe Deutschland das Zweite Eisenbahnpaket erst zum 14. Juli 2007 vollständig in nationales Recht umgesetzt. Dennoch seien in Deutschland zum Stichtag der Studie (1. Mai 2007) bei entscheidenden Faktoren wie Netzzugangsregime und Eisenbahnregulierung über gemeinschaftsrechtliche Vorgaben hinausgehende Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 14 Rahmenbedingungen feststellbar gewesen. So stehe der Netzzugang nicht nur im Güterverkehr ausländischen, dritten EVU offen, sondern auch im Personenverkehr auf Reziprozitätsbasis.22 Diese dürfte jedoch mit Ablauf des 31. Dezember 2009 entfallen und wird aus den oben dargestellten Gründen im jeweiligen Einzelfall durch zwischenstaatliche Vereinbarungen ersetzt. 4. Frankreich Bis 1997 lagen in Frankreich sowohl die Erbringung von Verkehrsleistungen als auch der Betrieb der Eisenbahninfrastruktur in den Händen der Société nationale des chemins de fer francais (SNCF)23. Durch das Gesetz 97-135 zur Schaffung des nationalen Infrastrukturunternehmens Réseau ferré de France (RFF) wurde der Art. 6 der Richtlinie 91/440/EWG,24 der die rechnerische und organisatorische Trennung von Infrastruktur und Betrieb fordert, umgesetzt.25 Wie auch die SNCF ist RFF ein staatliches Unternehmen in Form einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, einer sogenannten établissement public national à caracté industriel et commercial (EPIC). Das entsprechende Gesetz zur Gründung des Infrastrukturunternehmens Réseau ferré de France (RFF)26 wird ergänzt durch drei Verordnungen. Im Einzelnen sind dies die Verordnungen 97-444 (Aufgaben und Befugnisse des RFF), 97-445 (Aufteilung des Immobilienvermögens zwischen RFF und der Société nationale des chemins de fer francais (SNCF), und 97-446 (Berechnung und Erhebung von Benutzungsgebühren durch RFF). Nach der Verordnung 97-44427 bestehen die Aufgaben der RFF beispielsweise - in der Aufsicht über alle Infrastrukturinvestitionen28, - in dem Vorschlag eines Investitionsprogramms und seiner Finanzierung gegenüber dem Verkehrsminister, - in der Definition von Zielen und Grundsätzen der Geschäftsführung in Fragen der Instandhaltung , Sicherheit und der Verkehrsabläufe auf dem Netz und 22 Vgl. Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 109. 23 Unternehmensprofil, abrufbar im Internet unter: http://w http://www.sncf.com/de_DE/flash/ [Stand: 16.11.2009]. 24 Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29.07.1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft , (ABl. L 237 vom 24.08.1991, S. 25); abrufbar im Internet in ihrer jeweils konsolidierten Fassung : http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31991L0440:DE:NOT [Stand: 09.11.2009]. 25 Das Unternehmen wurde mit der Übernahme von 2/3 der Altschulden der SNCF in Höhe von 134,2 Mrd. FF (20,46 Mrd. €) zur Eigentümerin des 31.852 km langen Schienennetzes; vgl. Suckale, in: Hermes, Georg/ Gerstner Stephan (Hrsg.), Allgemeines Eisenbahngesetz, Beck’scher AEG-Kommentar, 1. Auflage 2006, E Einf., Rdnr. 2. 26 Gesetz Nr. 97-135 vom 13.02.1997 über die Errichtung der öffentlichen Anstalt < Reseau Ferré des France> (RFF) im Hinblick auf die Förderung des Eisenbahnverkehrs. Unternehmensprofil der RFF, abrufbar im Internet unter: http://www.rff.fr/?lang=fr [Stand: 16.11.2009]. 27 Frz. Dekret Nr. 97-444 vom 0505.1997 betreffend die Aufgaben und Statuten des RFF. 28 Nach Suckale. a. a. O., E Einf., Rdnr. 3 kann diese Aufsicht auch der SNCF übertragen werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 15 - in der Bereitstellung aller technischen Einrichtungen, die die SNCF zur Ausübung ihrer Geschäfte benötigt. Die Ausgründung des Eisenbahninfrastrukturunternehmens RFF scheint eine völlige Trennung von Fahrweg und Transport zu gewährleisten, da das Unternehmen RFF eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und nicht nur finanziell, sondern auf den ersten Blick auch hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis von der SNCF getrennt ist. Durch die Verordnung 97-444 werden jedoch nicht nur die Aufgaben des Infrastrukturunternehmens RFF definiert, sondern darüber hinaus sehr enge Verbindungen zwischen RFF und SNCF geschaffen: - RFF kann nicht nur bestimmte Aufgaben der Bauaufsicht auf die SNCF übertragen, sondern dieser darüber hinaus auch ein Mandat über die umfassende Verwaltung und Entwicklung des Netzes erteilen (Art. 6 der Verordnung 97-444). - Der SNCF bleiben sehr weitreichende und offen formulierte Kompetenzen vorbehalten (Art. 11 der Verordnung 97-444), wie beispielsweise die umfassende Überwachung und Steuerung des Zugverkehrs, die Wartung und Instandhaltung sowie die Sicherheitsaufsicht . - Der SNCF werden in dieser Verordnung, beispielsweise in Art. 12, zahlreiche Konsultationsrechte zugestanden. Zum Beispiel muss RFF die SNCF über alle Vorhaben informieren , die Einfluss auf die Verkehrsabläufe besitzen. Trotz der Trennung zwischen RFF und SNCF sind somit durch die Verordnung 97-444 weitreichende Verflechtungen geschaffen worden, die der SNCF eine starke Einflussnahme auf das RFF ermöglichen. Auch die Mitarbeiterzahlen - RFF: ca. 100 Mitarbeiter, SNCF: 220.000 Mitarbeiter, davon ca. 60.000 Mitarbeiter mit Infrastrukturthemen befasst29 - machen deutlich, dass die tatsächliche Steuerung des Netzes durch die SNCF vorgenommen wird. Auch ist beispielsweise RFF für die Aufteilung der Trassen zuständig; sie vertraut jedoch die technische Untersuchung der Trassen der SNCF an. Geplant war in diesem Zusammenhang der Einsatz eines separaten Amtes30 für die Verteilung der Kapazitäten. 4.1. Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben Die Richtlinie 91/440/EG wurde durch den Erlass vom 9. Mai 1995 in das französische Recht übertragen. Gemäß der Logik der Richtlinie wurde 1997 RFF gegründet. Um dessen Existenz zu berücksichtigen und RFF die partielle Verantwortlichkeit der Kapazitätszuweisung zu übertragen , wurde der Erlass von 1995 durch den Erlass vom 23. Dezember 1998 ersetzt. Das sog. Erste Eisenbahnpacket wurde in Frankreich durch den Erlass vom 7. März 2003 auf das französische Recht übertragen.31 29 Vgl. Suckale (2006), a. a. O., E Einf., Rdnr. 4; zu den finanziellen Verpflechtungen wird auf Rdnr. 6 verweisen . 30 Office de Répartition des Capacités (ORG), vgl. Suckale (2006), a. a.O., E Einf., Rdnr. 5. 31 Vgl. hierzu im Einzelnen Richard, Der Zugang zum französischen Schienennetz, Güterbahnen 2/2005, S. 14 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 16 4.2. Der Liberalisierungsindex 2007 Bahn Nach dem Liberalisierungsindex Bahn 2007 hat Frankreich auch das Zweite europäische Eisenbahnpaket in nationales Recht umgesetzt.32 Transit- und Zugangsrechte für ausländische Schienenpersonenverkehrsunternehmen bestehen aber lediglich auf der Basis der Richtlinie 91/440/EWG. Der nationale Schienenpersonenverkehrsmarkt ist ansonsten noch vollständig für dritte EVU geschlossen.33 Der Zugang zur Trasse sei nach dem Liberalisierungsbericht 2007 Bahn für Schienengüterverkehrsunternehmen in Frankreich nun möglich. Tatsächlich gebe es auch bereits EVU, die im Bereich Güterverkehr tätig seien. Der Marktanteil der dritten EVU sei jedoch noch sehr gering. Der Weg zur Trasse sei weiterhin sehr bürokratisch und umständlich. Ferner besitze die Regulierungsstelle keine ausreichenden Kompetenzen und Strukturen, um einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten. Die Beauftragung der SNCF mit wesentlichen Infrastrukturaufgaben durch die RFF beinhalte ein hohes Diskriminierungspotenzial. Ferner sei der Zugang zu wesentlichen Dienstleistungen wie beispielsweise zu Rangierbahnhöfen nicht immer diskriminierungsfrei ausgestaltet. Der Liberalisierungsindex 2007 Bahn verweist abschließend darauf, dass Frankreich sich gegenüber 2004 im Hinblick auf die in der Indexberechnung erreichten Punkte verbessert habe, befinde sich aber im europäischen Vergleich nun in der letzten Gruppe, da sich viele andere Länder bezüglich der Öffnung des Schienennetzes stärker weiterentwickelt hätten. Die Deutsch-Französische Außenhandelskammer in Paris bestätigte am 10. November 2009 Medienberichte , dass sich die Regulierungsbehörde Autorité de régulation des activités ferroviaires (ARAF) im Aufbau befinde. Das Gesetzgebungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Der Gesetzesentwurf 34 sei von den zwei Kammern „Sénat“ und „Assemblée nationale“ zwar übereinstimmend als endgültiger Entwurf am 22. September 2009 unterzeichnet worden. Damit dieses Gesetz aber in Kraft treten könne, benötige es noch die Unterzeichung durch den Präsidenten der französischen Republik. Bestätigt wurde auch eine Novelle des französischen Eisenbahn- Regulierungsrechts35 dahingehend, dass ein Gesetzesentwurf36 - «le projet de loi relatif à l'organisation et à la régulation des transports ferroviaires et guidés et portant diverses dispositions relatives aux transports » - ebenfalls inzwischen vom „Sénat“ und von der „Assemblée nationale“ verabschiedet und als Endfassung am 3. November 2009 unterzeichnet worden sei. Auch hier 32 Vgl. hierzu auch Richard, Der Zugang zum französischen Schienenetz, Güterbahnen 2/2005. S. 14 ff. 33 Vgl. im Einzelnen hierzu Kirschner, in: IBM Global Business Services (Hrsg.), Liberalisierungsindex Bahn 2007, 3. Auflage 2007, S. 130 und zu neueren Tendenzen Schubert, FAZ vom 12.10.2009: „Frankreichs Schienen bald offen für Wettbewerb“. 34 Der Gesetzesentwurf ist im Internet abrufbar unter: http://www.assemblee-nationale.fr/13/pdf/ta/ta0334.pdf [Stand: 13.11.2009]. 35 Vgl. hierzu Fried, Joachim (Deutsche Bahn AG): Die geplante Novelle des französischen Eisenbahn- Regulierungsrechts, Impulsreferat für das Panel „Die Beutung der Regulierung für den Markzutritt“, Berlin 28. 01.2009, abrufbar im Internet unter: http://kirchner.rewi.huberlin .de/6Materialien/0809/sympwettrel/VortragFried.pdf [Stand: 13.11.2009]. 36 Der Gesetzentwurf ist ebenfalls im Internet abrufbar unter: http://www.assemblee-nationale.fr/13/pdf/ta/ta0359.pdf [Stand: 16.11.2009]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 17 müsse aber das Gesetz dem Präsidenten vorgelegt und von diesem unterzeichnet werden, damit es in Kraft treten könne. 5. Großbritannien Mit der Verabschiedung des Eisenbahngesetzes im Jahr 1993 wurde die bis dahin als staatseigenes Monopol betriebene Incumbent British Rail in mehr als 100 einzelne Unternehmen aufgespaltet und in den Folgejahren vollständig privatisiert. Von allen möglichen Modellen der Bahnreform ist das britische Modell dasjenige, das den Privatisierungsgedanken am radikalsten umgesetzt hat. Die Förderung des Wettbewerbs im Eisenbahnwesen war bei der Bahnreform in Großbritannien die zentrale verkehrspolitische Zielsetzung der konservativen Regierung. Nach der vollständigen Trennung von Netz und Betrieb sollten die Netzzugangsrechte in Form zeitlich befristeter Konzessionen offen vergeben werden. Am 1. April 1994 erfolgte mit der Gründung des Infrastrukturunternehmens Railtrack die Trennung von Infrastruktur und Betrieb gemäß der Richtlinie 91/440/EWG.37 Die Infrastruktur wurde insoweit institutionell vom Verkehrsbetrieb getrennt und an den privaten Netzbetreiber Railtrack übergeben. Das Unternehmen war nun verantwortlich für Instandhaltung und Ausbau des Netzes sowie für die Verkehrssteuerung. Mit dem Börsengang Mitte 1996 wurde Railtrack vollständig privatisiert. Nachdem Railtrack Ende 2001 in Konkurs ging, ist Infrastrukturbetreiber und damit Nachfolger der Railtrack die gemeinnützige staatliche Betreibergesellschaft Network Rail,38 die eigens für die Übernahme des Eisenbahnnetzes gegründet wurde. Network Rail unterliegt der staatlichen Kontrolle und ist als „not for divident company“ organisiert. Der Infrastrukturbetreiber erhält keine direkten staatlichen Subventionen, sondern muss seine Ausgaben vollständig durch die Trasseneinnahmen sowie durch Immobilienerlöse decken. Da außerdem ein sehr hoher Investitionsbedarf in das veraltete Netz besteht, der durch den Netzbetreiber selbst zu decken ist, sind für die Eisenbahnverkehrsunternehmen die Trassenpreise dementsprechend hoch39; diese könnten nach Suckale (2006)40 von den Personenverkehrsunternehmen nur mit Hilfe sehr hoher indirekter Subventionen gezahlt werden. Die Konzessionsdauer liege in der Regel zwischen 7 bis 15 Jahren. Es müssten aus gemeinwirtschaftlichen Gründen – je nach Franchise - unrentable Verkehre erbracht werden. Deswegen könnten die meisten Konzessionen nur mit Subventionszusagen verkauft werden. Der gesamte Personenverkehr der British Rail sei seinerzeit in regional getrennte Gebiete aufgeteilt und an 25 verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen, den Train Operating Companies (TOC)41, übertragen worden. Zwischenzeitlich lägen die Gebiete in der Hand von elf Unternehmen im Rahmen von Franchisegebieten, die im Rahmen des Privatisierungsprozesses eingerichtet 37 Railtrack übernahm Eigentum und Verwaltung des Schienennetzes von rund 16.000 Km; zur Eisenbahninfrastruktur zählen auch Bahnhöfe, die zum Teil an die Verkehrsunternehmen vermietet werden. 38 Vgl. hierzu ausführlich Merkert, Network Rail – British lessons for the German rail infrastructure manager ? Internationales Verkehrswesen 5/2007, S. 195 – 199. 39 So auch der Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 137. 40 Vgl. Suckale (2006), a. a. O., E Einf., Rdnr. 11. 41 Die Interessen der TOC werden durch den Verband „Association of Train Operating Companies“ (AOTC) vertreten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 18 wurden. Nach dem Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 138, sollen derzeit neun Schienengüterund ca. 33 Schienenpersonenverkehrsunternehmen auf der britischen Infrastruktur aktiv sein. Das Rollmaterial des Personenverkehrs der British Rail sei in drei eigenständige Fahrzeug- Leasinggesellschaften – Rolling Stock Leasing Companies (ROSCO) – eingebracht worden. Zwischenzeitlich seien vier solcher Leasinggesellschaften am Markt aktiv. Die TOC würden größtenteils ihren Fuhrpark bei den ROSCO leasen, die auch die Instandhaltung durchführen. Personenverkehrsgesellschaften hätten damit die Möglichkeit, auch ohne eigenes Rollmaterial in den Markt einzutreten. Im Gegensatz zum Verfahren bei den TOC würden die Trassenpreise im Güterverkehr 42 mit Railtrack frei ausgehandelt. Suckale (2006) 43 gelangt in ihrer Kommentierung zum Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) zu dem Ergebnis, dass bislang nur begrenzter Wettbewerb auf der Schiene vorherrsche, da die Konzessionsnehmer vor konkurrierenden Anbietern geschützt würden. Grenzüberschreitenden Verkehr gebe es auf Grund der Insellage nur in geringem Umfang, so dass auch der internationale Wettbewerbsdruck als gering einzuschätzen sei. Demgegenüber belegt nach Kirchner (2007) im Liberalisierungsindex Bahn 200744 Großbritannien wieder nach den Jahren 2002 und 2004 den ersten Platz, da sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen (law in the books) als auch die praktischen Zugangsbedingungen (law in action) überdurchschnittlich marktfreundlich seien. Hervorzuheben seien vor allem die Ergebnisse im sogenannten LEX-Index, also bei den formalen Marktzugangs-Kriterien. Hier habe Großbritannien fast die volle Punktzahl erreicht (980 von 1.000 möglichen Punkten) und belege somit „mit Abstand“ den ersten Platz und gehöre damit aktuell der sog. Gruppe Fortgeschrittene Marktöffnung (Advanced) an. Im Liberalisierungsindex Bahn 200745 wird insbesondere festgestellt, dass nach den Vorgaben der Railways Infrastructure (Access and Management) Regulations 2005 inländische und ausländische Schiengüterverkehrsunternehmen freien Zugang zum Schienennetz genießen und nunmehr der Zugang zu allen betrieblichen Einrichtungen nach Anlage II Nr. 2 der Richtlinie 2001/14/EG gesetzlich verbrieft sei. Auch inländische und ausländische Schienenpersonenverkehrsunternehmen hätten freien Zugang, sofern es sich um internationale oder eigenwirtschaftliche Verkehre handele. Sogenannte bestellte Schienenpersonenverkehre würden über Ausschreibungsverfahren mit Exklusivität an bestimmte Eisenbahnunternehmen vergeben. Im Schienenpersonenverkehr – so auch der Liberalisierungsindex Bahn 2007 auf Seite 137 – werden aber 99,9 % der Strecken über Ausschreibungsverfahren vergeben. Nach Angaben der ATOC, einer Interessengemeinschaft der britischen Schienenpersonenverkehrsunternehmen, ergeben sich Probleme der britischen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) derzeit aus dem Mangel an Infrastruktur- Kapazitäten aufgrund des starken Anstiegs des Verkehrsaufkommens in den vergangenen Jahren. Folge davon sei die Überlastung der Infrastruktur an einigen wichtigen Verkehrsknotenpunkten.46 42 Der Güterverkehr der British Rail wurde einschließlich Rollmaterial in mehrere eigenständige Gesellschaften aufgespalten. Der Großteil dieser Gesellschaften wurde von der English, Welsh & Scottish Railway (EW&S), einer 100%-igen Tochtergesellschaft der amerikanischen Wisconsin Central Transportation Corporation , erworben; Vgl. Suckale (2006), a. a. O., E Einf., Rdnr. 14. 43 Vgl. Suckale (2006), a. a. O., E Einf., Rdnr. 17. 44 Kirchner, in: IBM Global Business Services (Hrsg.), Liberalisierungsindex Bahn 2007, 3. Auflage 2007, S. 139. 45 Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 135. 46 Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 137. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 19 Die Koordination, Organisation und Verantwortung des Ausschreibungsprozesses sowie die Zahlung der öffentlichen Entgelte liegt bei der staatlichen Regulierungsbehörde Strategic Rail Authority (SRA). Der Rail Regulator als Vertreter der staatlichen Aufsichtsbehörde - Office of the Rail Regulator (ORR) – kontrolliert, inwiefern die Betreiber ihren in den Verträgen mit dem Staat festgelegten Verpflichtungen nachkommen. Das ORR fungiert darüber hinaus als Regulierungsbehörde im Sinne des Art. 30 der Richtlinie 2001/14/EG und verfügt über Kompetenzen, die über die Anforderungen der Richtlinie hinausgehen. Auf der Interentseite des ORR sind Eisenbahn- Regulierungsfälle zu finden, in denen Network Rail und Eisenbahnverkehrsunternehmen/EVU) mit Bußgeldern unter anderem wegen Nichtbeachtung von Sicherheitsbestimmungen belegt wurden . Die IBM, Business Consulting Services (2006) kommen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass in Großbritannien die Regulierungsanforderungen der Richtlinie 2001/14/EG sehr effektiv umgesetzt wurden. Das ORR sei die größte nationale Eisenbahnregulierungsstelle in Europa. Seine Aufgaben seien sehr breit gefächert, da es sich neben den in der Richtlinie beschriebenen Aufgaben u. a. auch um die Vergabe von Lizenzen und Zertifikaten kümmere und in Zukunft auch die Sicherheitsaufgaben der britischen Eisenbahnaufsichtsbehörde übernehme. Die Wahrung ihrer Neutralität sei in den Corporate-Governance-Regeln festgeschrieben, die auf der vorbildlichen ORR Website abrufbar seien. Abweichend vom europäischen Standard sei auffallend, dass das ORR nicht zwingend Ermittlungen auf Antrag eines Eisenbahnverkehrsunternehmens einleiten müsse. Unabhängig hiervon verbleibt eine Reihe von Kompetenzen beim britischen Verkehrsministerium – Department of the Environment, Transport and the Regions -; beispielsweise die Formulierung grundlegender verkehrspolitischer Ziele, die Entscheidung über Streckenstilllegungen sowie die Festlegung allgemeiner Handlungsanweisungen für die Regulierungsbehörden. 6. Niederlande In den Niederlanden besteht seit 1996 die institutionelle Trennung von Netz und Transport. Eisenbahnverkehrsunternehmen ist die Nederlandse Spoorwegen (NS). Die sogenannte NS Group, ein privatwirtschaftliches Unternehmen, zu der diverse Tochtergesellschaften gehören, steht zu 100% in Staatseigentum. Sie betreibt nur noch den Personenverkehr, nachdem die NS Cargo im Jahr 2001 vollständig in der Gesellschaft Railion (Zusammenschluss von DB Cargo, NS Cargo und DSB Cargo) aufgegangen ist. Railion fährt in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg unter dem Namen Railion Benelux N.V. Sämtliche Anteile an der Railion Benelux N.V. sind, zusammen mit den Anteilen an der DB Cargo sowie der Railion Denmark, in der Railion GmbH als Holding gebündelt. Die Anteile an der Railion GmbH wiederum stehen zu 92% im Besitz der Stinnes AG, die zu 100% dem Deutschen Bahnkonzern zugehörig ist. Von dem verbleibenden Anteil in Höhe von 8% an der Railion GmbH entfallen 6% auf die Nederlandse Spoorwegen (NS) und 2% auf die dänische Staatsbahn.47 47 Suckale (2006), a. a. O., E Einf., Rdnr. 22. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 20 Infrastrukturbetreiber sind Railinfrabeheer (Bau und Unterhaltung), Railverkeesleiding (Betriebsführung ) und Railned (Kapazitätszuweisung) als vom Staat beauftragte und finanzierte Aktiengesellschaften . Zum Juli 2002 wurden sie aus der NS Group unter Übertragung der Aktien auf den Staat herausgelöst, nachdem sie bereits zuvor als „regierungsbeauftragte“ Division innerhalb der NS Group einen unabhängigen Status hatten. Ebenfalls im Jahr 2002 wurden die drei Aktiengesellschaften zu einem Unternehmen ProRail – één Railinfragmanager zusammengeschlossen.48 Der Liberalisierungsprozess ist in den Niederlanden relativ weit fortgeschritten. Die Vermarktung und Zuteilung der Trassen erfolgt durch die unabhängige Railned. Im Güterverkehr besteht freier Netzzugang und damit vollständige Liberalisierung. Zurzeit operieren neben Railon im Güterverkehr sechs weitere private Betreiber (Stand: 31.12.2005). Im Personenverkehr ist zwischen Hauptund Regionallinien zu unterscheiden. Auf den Hauptlinien findet kein Wettbewerb statt. Nach der Sanierung der Nederlands Spoorwegen (NS) bis 2005 soll durch eine bis 2015 befristete Konzession das Monopol der NS vorläufig gesichert werden. Grund hierfür ist das bis zur Kapazitätsgrenze ausgelastete Streckennetz. Im Personennahverkehr besteht ein Konzessionssystem. Von 32 ausgeschriebenen Regionallinien fährt die NS 22.49 7. Dänemark Die Richtlinie 91/440/EWG zur Trennung von Fahrweg und Betrieb wurde umgesetzt, indem im Jahre 1997 das Eisenbahninfrastrukturunternehmen Banedanmark (ehemals Banestyrelsen) gegründet wurde. Die Banedanmark ist unmittelbar dem dänischen Transportministerium unterstellt und somit vollständig unabhängig von der später gegründeten dänischen Eisenbahngesellschaft De Danske Statsbaner (DSB).50 Die Banedanmark ist Eigentümerin der Eisenbahninfrastruktur und hat die Verantwortung für deren Bau und Unterhaltung sowie für den Betrieb, eingeschlossen die Zuständigkeit für die Betriebsführung. Das Verkehrsministerium erlässt von der Banedanmark anzuwendende Vorschriften im Hinblick auf die Anwendung der EU-Richtlinien bezüglich des Betriebs der Eisenbahninfrastruktur, insbesondere zur Ausweisung von Fahrwegkapazitäten und der Erhebung von Entgelten. Im Mai 1998 wurde entsprechend der EU-Richtlinien 95/18/EG und 95/19/EG ein Gesetz – „The Act on Railway Operations“ – verabschiedet, das eine Netzliberalisierung wie folgt festlegte: Für den Güterverkehr besteht ab dem 2. Januar 1999 freier Netzzugang für dritte Eisenbahnverkehrsunternehmen . Das Gesetz garantiert allerdings bisherigen Betreibern, also vor allem der DSB, eine bestimmte Quote für den Güterverkehrsbetrieb, die ab Mai 2003 noch 80% beträgt. Diese ist seit dem 1. Januar 1999 eine „indepentent public corporation“, also ein unabhängiges öffentliches Unternehmen im alleinigen Besitz des Transportministeriums, das sich in vier Sparten gliedert: 48 Suckale (2006), a. a. O., E Einf., Rdnr. 23. 49 Im Jahr 2001 hatten 14 Eisenbahnverkehrsunternehmen eine gültige Lizenz für Transportdienstleistungen auf diesen Strecken. In Umsetzung des EU-Infrastrukturpakets wurde am 23. April 2003 eine Verordnung erlassen, die unter anderem Fragen des Netzzugangs regelt. 50 90% ihres Budgets erhält die Eisenbahnagentur aus dem Staatshaushalt; die nachfolgenden Angaben in tatsächlicher Hinsicht beruhen im Wesentlichen auf Suckale (2006), a. a. O., E Einf., Rdnr. 30 - 35). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 21 - DSB S-tog a/s (S-Bahn), - Passagertog (Personenzugverkehr außer S-Bahn), - Salg & Stationer (Verkäufe und Stationen, Betrieb von Bahnhöfen und anderen Liegenschaften und - Dirft (Operationen): Ankauf, Unhaltung, Versorgung und Betrieb von Rollmaterial sowie Management der Tätigkeiten von DSB; S-Bahnen ausgenommen. Eine schrittweise Liberalisierung des Personenverkehrs legte das Gesetz ab dem 1. Januar 2000 fest. Es wird insofern zwischen zwei Arten von Personenverkehr unterschieden: Zum einen der Personenverkehr, der nicht ausgeschrieben und damit von der DSB bedient wird, zum anderen Bestellerverkehre, für die die DSB sowie alle zugelassenen Eisenbahnunternehmen Angebote abgeben können. Mit anderen Worten: Im sog. bestellten Personenverkehr besteht die Möglichkeit , Verkehre über Ausschreibungen oder freiwillig zu vergeben. Zwar werden im bestellten Personenverkehr Trassen durch Ausschreibung oder freihändig, aber nicht exklusiv vergeben. Der gesamte dänische Schienenpersonenverkehr ist derzeit von der öffentlichen Hand bestellt. Im sog. eigenwirtschaftlichen nationalen Personenverkehr besteht nach den Ausführungen im Liberalisierungsindex Bahn (2007)51 „Open Access“. Das Zugangsregime erlaube also, in Konkurrenz dazu eigenwirtschaftliche Schienenpersonenverkehre zu betreiben. Dies erfolge derzeit jedoch nicht, da neben den bestellten Verkehren kaum mehr Marktpotenzial bestehe. Nach den Angaben im Liberalisierungsindex Bahn (2007) 52 sind derzeit im Personenverkehr drei Unternehmen auf dem staatlichen dänischen Eisenbahnnetz aktiv. Dabei handelt es sich um den Incumbent DSB sowie die dritten Eisenbahnverkehrsunternehmen Arriva und Nord-Ostsee-Bahn (NOB). Arriva betreibt seit 2003 den Personenverkehr im westlichen und zentralen Jutland. Die NOB ist eine hundertprozentige Tochter des Veolia-Konzerns und betreibt vornehmlich Linien in Schleswig-Holstein (Norddeutschland). Seit April 2003 betreibt die NOB den grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Niebüll (Deutschland) und Tønder (Dänemark) und wurde dadurch zum dritten Anbieter im Schienenpersonenverkehr in Dänemark. Insgesamt hatten dritte Eisenbahnverkehrsunternehmen im Personenverkehr in 2006 einen Marktanteil von circa 3,4 Prozent, von denen der Großteil auf Arriva entfallen dürfte. Ende Juni 2007 gewann die DSB gemeinsam mit der britischen FirstGroup die Öresundausschreibungen in Dänemark und Schweden. Für die britische FirstGroup ist dies der Einstieg in den Schienenverkehrsmarkt auf dem europäischen Kontinent und für die DSB ein bedeutender Schritt bei der Verwirklichung ihrer Internationalisierungsstrategie . Damit wird die DSB nach eigenen Angaben zum größten Eisenbahnverkehrsunternehmen in Skandinavien und zum zweitgrößten Schienenpersonenverkehrsunternehmen im Fern- und Nahverkehr in Schweden. Die Güterverkehrssparte des DSB wurde 2001 an Railion verkauft. Die nun ausschließlich im Schienenpersonenverkehr tätige DSB ist nach wie vor vollständig im Eigentum des dänischen Staates.53 51 Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 111. 52 Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 113. 53 Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 111. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 22 Im Juli 2003 wurde die Regulierungsbehörde Trafikstyrelsen gegründet. Die Betreiber benötigen eine Lizenz sowie ein Sicherheitszertifikat des Eisenbahnaufsichtsamtes Iernbanetilsynet. Nach Suckale (2006)54 sollen derzeit in Dänemark neben der DSB 15 Eisenbahnunternehmen am Markt aktiv sein, die teilweise auch eine eigene Infrastruktur betreiben. Hierbei ist die DSB gesetzlich verpflichtet, ihren Wettbewerbern ihr Rollmaterial auf der Grundlage von Leasingverträgen zur Verfügung zu stellen. Im Ergebnis schneidet Dänemark nach dem Liberalisierungsindex Bahn (2007) 55 besonders positiv im sog. ACCESS-Index ab, unter anderem aufgrund seiner „Nichtexklusivitätsregel“ im bestellten Personenverkehr und der weitgehend positiven praktischen Erfahrungen dritter Eisenbahnverkehrsunternehmen im dänischen Markt. So hat Arriva, das als erstes drittes EVU eine Ausschreibung für den bestellten Personenverkehr in Dänemark gewann, das dänische Schienennetz als eines der offensten in Europa bezeichnet. 8. Ergebnis Zusammenfassend ist auch aufgrund einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BVBS) vom 17. November 2009 festzustellen, dass der Zugang zur Eisenbahninfrastruktur in Deutschland sich nach § 14 AEG richtet. Danach sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet, die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihnen betriebenen Eisenbahninfrastruktur zu gewähren (§ 14 Abs. 1 S. 1 AEG). Dies gilt für Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Inland (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 AEG). Es ist dabei unerheblich, ob das Eisenbahnverkehrsunternehmen einen ausländischen Eigentümer hat. Für Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Ausland ist die diskriminierungsfreie Benutzung für den grenzüberschreitenden Personenverkehr zu gewähren. Ob diese Voraussetzung vorliegt, wird durch die Bundesnetzagentur überprüft (§ 14g AEG). Diese Regelung tritt am 01.01.2009 in Kraft. Zugangsrechte bestehen im Personenverkehr EU-weit zunächst nur im Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs: Ab 1. Januar 2010 sind allen in der EU zugelassenen Eisenbahnverkehrsunternehmen Zugangsrechte im grenzüberschreitenden Personenverkehr einzuräumen, einschließlich des Rechts, Fahrgäste an Zwischenhalten aufzunehmen oder abzusetzen (Art. 10 Abs. (3a) der Richtlinie 91/440/EWG, zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/58/EG). Das Recht auf Zugang kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden, nach Auffassung des BVBS „z.B. u. a. wenn die Strecke Gegenstand eines oder mehrerer mit dem geltenden Gemeinschaftsrecht vereinbarer Verträge über öffentliche Dienstleistungen ist oder einem Unternehmen im Wege eines gemeinschaftskonformen Ausschreibungsverfahrens ausschließliche Rechte auf einer Strecke eingeräumt wurden, vgl. Art. 10 Abs. (3b-f) RL 91/440/EWG).“ Nach Gemeinschaftsrecht sind daher auch die Schienennetze in den Niederlanden, Großbritannien , Frankreich und Dänemark grundsätzlich ab dem 1. Januar 2010 für den grenzüberschreiten- 54 Vgl. Suckale (2006), a. a. O., E Einf., Rdnr. 35. 55 Liberalisierungsindex Bahn 2007, S. 115, insb. FN 54. Vgl. auch IBM (2006), Eisenbahn-Regulierung in Europa, S. 31. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 23 den Personennahverkehr zu öffnen. Inwieweit diese Staaten bei der Umsetzung von den in der Richtlinie vorgesehenen Einschränkungsmöglichkeiten Gebrauch machen werden, ist noch nicht bekannt. Zu Umsetzungsmaßnahmen der Richtlinie in den genannten Mitgliedstaaten können, soweit notifiziert , die Fundstellen der nationalen Umsetzungsgesetze auf der EU-Website „Eurolex“ unter folgendem Link eingesehen werden: http://eur-lex.europa.eu. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 24 9. Literaturverzeichnis Barth, Sibylle (Hrsg.), Das Recht des öffentlichen Personennahverkehrs, Praxis-Handbuch, Loseblatt -Sammlung 2001 (Stand: 31.12.2008). 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Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 - 151/09 Seite 26 10. Anlagenverzeichnis Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V., Die europäischen Eisenbahnpakete - Inhalte und Umsetzung der europäischen Verkehrspolitik, Hintergrundpapier 3/2008 – Anlage 1 -. Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) – Anlage 2 -. Ottig, Olaf/Scheps, Carolina; Direktvergabe von Eisenbahnverkehrsdienstleistungen nach der neuen Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2008 Heft 5, Seiten 499 bis 506 – Anlage 3 - DB Mobility Networks Logistics (Hrsg.), Die neue Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße – Weiterentwicklung des nationalen Rechtsrahmens , Positionspapier April 2008 – Anlage 4 -