© 2021 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 146/20 Nationale Spielräume bei der öffentlichen Beschaffung von Straßenfahrzeugen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 146/20 Seite 2 Nationale Spielräume bei der öffentlichen Beschaffung von Straßenfahrzeugen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 146/20 Abschluss der Arbeit: 15. Januar 2021 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 146/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Hintergrund: Richtlinie 5 2.1. Anwendungsbereich 5 2.2. Mindestziele 5 3. Föderale Umsetzung 6 4. Strengere nationale Vorgaben 6 5. Infrastruktur zur Beladung/Betankung 7 6. Finanzielle Förderung der Beschaffung 8 7. Privatwirtschaftlich organisierter Personenverkehr 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 146/20 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung Durch die Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer Straßenfahrzeuge zur Unterstützung einer emissionsarmen Mobilität1 (im Folgenden Richtlinie 2009/33/EG) soll der Markt für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge gefördert und belebt und der Beitrag des Verkehrssektors zur Umwelt-, Klima- und Energiepolitik der Europäischen Union verbessert werden. Dazu haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass bei der öffentlichen Beschaffung von Straßenfahrzeugen die Energie- und Umweltauswirkungen, einschließlich des Energieverbrauchs, die CO2- Emissionen und bestimmte Schadstoffemissionen während der gesamten Lebensdauer berücksichtigt werden (Art. 1 der Richtlinie). Die Richtlinie wurde durch die Richtlinie (EU) 2019/1161 vom 20. Juni 20192 (Einführung von Mindestzielen, Ausweitung des Anwendungsbereichs) geändert . Die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland steht noch aus. Es stellen sich die folgenden Fragen: – Lassen es die Richtlinie und die föderalen Zuständigkeiten zu, die Erreichung der Richtlinienziele maßgeblich bestimmten staatlichen Untergliederungen (z. B. Bundesländer) zu übertragen? (Abschnitt 3) – Darf der deutsche Gesetzgeber das Schutzniveau der Richtlinie erhöhen und strengere als die in der Richtlinie enthaltenen Vorgaben machen? (Abschnitt 4) – Inwieweit tangiert die Richtlinie die Möglichkeit für Auftraggeber oder Auftragnehmer, Programme zur finanziellen Förderung der Fahrzeugbeschaffung zu nutzen (z. B. aktuelle und geplante E-Bus-Förderung, geplantes LKW-Flottenaustauschprogramm)? (Abschnitt 5) – Verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten, den Ausbau oder Aufbau einer Ladeinfrastruktur oder von Wasserstofftankstellen sicherzustellen, damit die Vorgaben der Richtlinie erfüllt werden können? (Abschnitt 6) – Können bestimmte privatwirtschaftlich organisierte Verkehre (Carsharing, Taxidienste, Ride-Pooling) den Bestimmungen der Richtlinie unterworfen werden? (Abschnitt 7) 1 Richtlinie 2009/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Förderung sauberer Straßenfahrzeuge zur Unterstützung einer emissionsarmen Mobilität (ABl. L 120 vom 15. Mai 2009, S. 5), konsolidierte Fassung unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02009L0033- 20190801&qid=1610443112360&from=DE. 2 Richtlinie (EU) 2019/1161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge (ABl. L 188 vom 12. Juli 2019, S. 166), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019L1161&qid=- 1610613572225&from=DE. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 146/20 Seite 5 2. Hintergrund: Richtlinie 2.1. Anwendungsbereich Die Richtlinie gilt nur im Anwendungsbereich des EU-Vergaberechts, d. h., wenn der Auftragswert für die Beschaffung der Fahrzeuge oberhalb der in den Richtlinien 2014/24/EU3 oder 2014/25/EU4 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegten Schwellenwerte liegen. Sie umfasst die Beschaffung durch öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber, die Tätigkeiten im Bereich der Daseinsvorsorge im Sinne von Artikel 4 der Richtlinie 2014/25/EU (Energie- und Wasserversorgung, Postdienste, Verkehrsleistungen, Bereitstellung von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit) wahrnehmen. Sie gilt für die Beschaffung im Wege der folgenden Aufträge: – Verträge über den Kauf, das Leasing, die Anmietung oder den Ratenkauf von Straßenfahrzeugen , – öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates, die die Erbringung von Personenverkehrsdienstleistungen auf der Straße zum Gegenstand haben, sowie – Dienstleistungsaufträge über Verkehrsdienste gemäß Tabelle 1 des Anhangs der Richtlinie 2009/33/EG, d. h. in den Bereichen öffentlicher Verkehr und Personenbeförderung auf der Straße, Bedarfspersonenbeförderung, Abholung von Siedlungsabfällen, Beförderung und Zustellung von Post und Paketen. 2.2. Mindestziele Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Beschaffung im Wege der (unter 2.1.) genannten Aufträge den Mindestzielen im Anhang der Richtlinie entspricht. Diese Ziele werden als Mindestprozentsatz „sauberer Fahrzeuge“ an der Gesamtzahl der im Wege dieser Aufträge beschafften Fahrzeuge ausgedrückt (Art. 5 Abs. 1). Der Begriff „sauberes Fahrzeug“ wird in Art. 4 Nr. 4 legal definiert. Er knüpft insbesondere an die im Anhang (Tabelle 2) festgelegten Emissionsgrenzwerte an. 3 Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28. März 2014, S. 65), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02014L0024- 20200101&qid=1610614297218&from=DE. 4 Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28. März 2014, S. 243), https://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02014L0025-20200101&qid=1610614630088&from=DE. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 146/20 Seite 6 3. Föderale Umsetzung Die Ziele werden für jeden Mitgliedstaat im Einklang mit seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Pro-Kopf-Inlandsprodukt) und der Schadstoffexposition (Bevölkerungsdichte in Städten) unterschiedlich festgelegt (Erwägungsgrund 18 der (Änderungs-)Richtlinie (EU) 2019/1161). Sie gelten für jeden Mitgliedstaat als Ganzes. Darauf weist auch die Formulierung im Anhang (Tabelle 3, Titel: „auf Mitgliedstaatsebene“) hin. Die Richtlinie enthält keine bindenden Vorschriften darüber, wie die Verantwortung für die Erreichung der Ziele innerstaatlich unter verschiedenen staatlichen Untergliederungen zu verteilen ist. Den Mitgliedstaaten steht die Wahl der Mittel für die Erreichung der Ziele einer Richtlinie, hier des mitgliedstaatlichen Gesamtzieles, frei (Art. 288 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV). In dem Zusammenhang führt Erwägungsgrund 19 der Richtlinie (EU) 2019/1161 wie folgt aus: „Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, im Einklang mit ihrem verfassungsrechtlichen Rahmen und ihren verkehrspolitischen Zielen die Bemühungen zur Verwirklichung der Mindestziele in ihrem Hoheitsgebiet flexibel aufzuteilen. Bei der Verteilung der Bemühungen innerhalb eines Mitgliedstaats können verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, z. B. Unterschiede in der Wirtschaftskraft, Luftqualität, Bevölkerungsdichte, Merkmale der Verkehrssysteme, Strategien zur Dekarbonisierung des Verkehrs und zur Verringerung der Luftverschmutzung oder jegliche anderen relevanten Kriterien.“ In Erwägungsgrund 22 steht dazu: „Die größte Wirkung lässt sich erzielen, wenn die öffentliche Auftragsvergabe in Bezug auf saubere Fahrzeuge gezielt in Gebieten erfolgt, die eine vergleichsweise hohe Luftverschmutzung und Lärmbelastung aufweisen. Die öffentlichen Behörden der Mitgliedstaaten werden ermutigt, sich bei der Umsetzung ihrer nationalen Mindestziele für die öffentliche Auftragsvergabe besonders auf diese Gebiete zu konzentrieren. […]“. Die Mitgliedstaaten sind nach der Richtlinie frei, bei der Zielerreichung bestimmte Gebietskörperschaften besonders in die Pflicht zu nehmen oder dies auch nicht zu tun. Die in Erwägungsgrund 22 enthaltene „Ermutigung“, sich auf bestimmte Gebiete zu konzentrieren, stellt keine rechtlich verbindliche Bestimmung dar. Sie hat als Begründungsteil der Richtlinie lediglich politischen Appellcharakter. Von ihren Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigen nach Art. 30, 72, 83 ff. Grundgesetz (GG) können Bund und Länder nicht abweichen. Z. B. kann der Bund eine den Ländern gemäß Grundgesetz übertragene Verwaltungsaufgabe, die die Beschaffung von Fahrzeugen beinhaltet, grundsätzlich nicht anstelle der Länder ausführen. Denkbar wäre aber z. B., dass Bund oder (einzelne) Länder innerhalb ihrer Zuständigkeit zur gesamten Zielerreichung Deutschlands überproportional beitragen. Damit wären die Ziele gemäß der Richtlinie u. U. auch dann erreicht, wenn andere Körperschaften zur Zielerreichung nur unterproportional beitragen. 4. Strengere nationale Vorgaben Die Richtlinie 2009/33/EG schreibt Ziele vor, welche die Mitgliedstaaten mindestens zu erreichen haben (vgl. 2.2.). Art. 5 Abs. 7 stellt klar, dass sie höhere nationale Ziele oder strengere als die im Anhang genannten Anforderungen anwenden oder den Auftraggebern gestatten können. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 146/20 Seite 7 Grundsätzlich ist der öffentliche Auftraggeber frei darin, den Gegenstand der nachgefragten Leistung zu bestimmen (Beschaffungsautonomie). Eine Vergabe von Aufträgen kann dabei auch an umweltbezogene Kriterien geknüpft werden.5 Sie müssen dann mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und nachweisbar bzw. quantifizierbar sein.6 Zudem setzen die vergaberechtlichen Grundprinzipien der Transparenz, der Gleichbehandlung und des fairen Wettbewerbs der Vergabestelle Grenzen.7 Unter der Maßgabe der Einhaltung der Bestimmungen des Vergaberechts erschiene es z. B. denkbar, dass Fahrzeuge, die aufgrund ihrer technischen Spezifikationen (z. B. Antriebsart bzw. genutzte Kraftstoffe) besonders emissionsarm sind, von der öffentlichen Hand bzw. in Bereichen der Daseinsvorsorge (vgl. Richtlinie 2014/25/EU) vorrangig beschafft werden und dabei der Standard eines „sauberen Fahrzeugs“ im Sinne von Art. 4 Nr. 4 der Richtlinie 2009/33/EG übertroffen wird. 5. Infrastruktur zur Beladung/Betankung Die Richtlinie 2009/33/EG enthält keine ausdrücklichen Vorgaben im Hinblick auf die Vorhaltung einer ausreichenden Lade- und Tankinfrastruktur für „saubere Fahrzeuge“. Entsprechende Vorschriften finden sich in einem anderen Rechtsakt, nämlich in der Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe.8 Dieser Rechtsakt legt Mindestanforderungen für die Errichtung der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe einschließlich Ladepunkten für Elektrofahrzeuge und Erdgas- und Wasserstofftankstellen fest (Art. 1 der Richtlinie). Bei der Umsetzung einer Richtlinie sind die Mitgliedstaaten bei der Wahl der Mittel grundsätzlich frei (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Es ist daher auf Grund der genannten Richtlinie lediglich im Ergebnis sicherzustellen, dass eine ausreichende Infrastruktur vorhanden ist. Der Aufbau der Infrastruktur kann daher beispielsweise auch privatwirtschaftlich erfolgen. Erwägungsgrund 9 der Richtlinie (EU) 2019/1161 weist im Zusammenhang mit der Lade- und Tankinfrastruktur auf Folgendes hin: „Die Verfügbarkeit einer ausreichenden Lade- und Tankinfrastruktur ist eine Voraussetzung für die Verbreitung von Fahrzeugen, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden. Am 8. November 2017 hat die Kommission den Aktionsplan zur Unterstützung eines beschleunigten Aufbaus der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe in der Union angenommen, ein- 5 Kling in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl. 2021, § 127 GWB, Rn. 60 ff.; Stein/Wolf in Gabriel /Mertens/Prieß/Stein, Beck-Online-Kommentar zum Vergaberecht, 18. Edition, Stand: 30. April 2020, § 121 GWB, Rn. 7 und 8; Art. 67 Abs. 2 Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28. März 2014, S. 65), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02014L0024- 20200101&qid=1610614297218&from=DE. 6 Kling in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl. 2021, § 127 GWB, Rn. 60 ff.; Art. 67 Abs. 3 Richtlinie 2014/24/EU. 7 Stein/Wolf in Gabriel/Mertens/Prieß/Stein, Beck-Online-Kommentar zum Vergaberecht, 18. Edition, Stand: 30. April 2020, § 121 GWB, Rn. 9. 8 Richtlinie 2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (ABl. L 307 vom 28. Oktober 2014, S. 1), https://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02014L0094-20200524&from=DE. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 146/20 Seite 8 schließlich einer verstärkten Unterstützung für den Ausbau der öffentlich zugänglichen Infrastruktur mithilfe von Fördermitteln der Union, was dazu beiträgt, günstigere Bedingungen für den Wechsel zu sauberen Fahrzeugen, auch im öffentlichen Verkehr, zu schaffen. Die Kommission wird die Umsetzung der Richtlinie 2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates bis zum 31. Dezember 2020 überprüfen und wird einen Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung jener Richtlinie vorlegen, wenn sie dies auf der Grundlage dieser Überprüfung für erforderlich hält.“ Sollte die Lade- und Tankinfrastruktur in einem Mitgliedstaat derart ungenügend sein, dass dadurch der Wechsel zu sauberen Fahrzeugen und die Erreichung der Mindestziele nach der Richtlinie 2009/33/EG faktisch nicht möglich ist, wäre ggf. eine (mittelbare) Verantwortung eines Mitgliedstaats aufgrund der Richtlinie 2009/33/EG denkbar. So muss ein Mitgliedstaat auch die Verfügbarkeit der für die Erreichung der Mindestziele notwendigen Infrastruktur sicherstellen. 6. Finanzielle Förderung der Beschaffung Die Richtlinie lässt Programme zur finanziellen Beschaffung von Fahrzeugen grundsätzlich unberührt . Die (ändernde) Richtlinie (EU) 2019/1161 nennt in ihren Erwägungsgründen explizit „gezielte öffentliche Fördermaßnahmen auf nationaler Ebene und auf Unionsebene“ als zusätzliches Mittel für die Unterstützung der Akzeptanz sauberer Fahrzeuge und der dazugehörigen Infrastrukturen auf dem Markt (Erwägungsgrund 26). Und nach dem Erwägungsgrund 22 sollten die öffentlichen Behörden „ebenfalls ermutigt werden, Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel für öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber zu ergreifen, um zu vermeiden, dass die Kosten für die Einhaltung der in dieser Richtlinie festgelegten Mindestziele für die öffentliche Auftragsvergabe zu höheren Fahrpreisen für Verbraucher oder einer Reduzierung der öffentlichen Verkehrsdienstleistungen führen oder die Entwicklung von sauberen Verkehrsträgern außerhalb des Straßenverkehrs, etwa Straßenbahnen und Untergrundbahnen, behindert wird.“ Für staatliche Beihilfen der Mitgliedstaaten gelten jedoch weiterhin die Beihilfevorschriften in Art. 107 und 108 AEUV (Erwägungsgrund 26).9 Der Aufruf zur Bereitstellung ausreichender Finanzmittel für öffentliche Auftraggeber in den Erwägungsgründen der Richtlinie hat nur politischen Appellcharakter, da er nicht Teil der verbindlichen Bestimmungen dieses Rechtsakts ist. 7. Privatwirtschaftlich organisierter Personenverkehr Private Betreiber wie etwa Taxi-, Autovermietungs- und Ride-Pooling-Unternehmen fallen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Eine Anrechnung der Anzahl sauberer Fahrzeuge dieser Unternehmen auf die Mindestziele kommt nicht in Betracht. 9 Vgl. hierzu beispielsweise die Genehmigung der EU-Kommission der Förderung von E-Bussen, https://ec.europa .eu/germany/news/20200130-elektrobusse_de. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 146/20 Seite 9 Die Richtlinie enthält jedoch keine Vorschrift, die es den Mitgliedstaaten verbieten würde, solche Unternehmen ähnlichen Anforderungen wie in der Richtlinie zu unterwerfen. Solche Vorgaben müssten mit dem Unionsrecht, d. Erwägungsgrund 23 der Richtlinie (EU) 2019/1161 enthält zu dieser Frage die folgenden Ausführungen: „Der öffentliche Verkehr hat nur einen geringen Anteil an den Emissionen aus dem Verkehrssektor . Um die Verringerung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen weiter zu fördern , die Luftqualität zu verbessern und für gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den verschiedenen Betreibern zu sorgen, können die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Unionsrecht beschließen, auch private Betreiber und Dienstleistungen, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, wie etwa Taxi-, Autovermietungs- und Ride-Pooling -Unternehmen, ähnlichen Anforderungen zu unterwerfen.“ ***