© 2021 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 143/20 Tabak: Regelung von Anbau, Erzeugnissen und Vermarktung seit 1950 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 143/20 Seite 2 Tabak: Regelung von Anbau, Erzeugnissen und Vermarktung seit 1950 Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 143/20 Abschluss der Arbeit: 14. Januar 2021 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 143/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Anbau 4 3. Erzeugnisse 4 3.1. Grundsatz 4 3.2. Private Erzeugnisse 7 4. Vermarktung 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 143/20 Seite 4 1. Einleitung Gegenstand des vorliegenden Sachstands sind die Regelungen für Tabakanbau, Herstellung von Erzeugnissen sowie deren Vermarktung im privaten und kleingewerblichen Bereich seit 1950. 2. Anbau Der Anbau von Tabak unterliegt keinen besonderen Regelungen. Es finden lediglich die allgemeinen Vorschriften, wie z. B. aus dem Agrar- und Umweltrecht, Anwendung. Der Vollständigkeit halber sei beispielhaft auf zwei in der Vergangenheit geltende steuerrechtliche Besonderheiten hingewiesen: – Das – 1951 außer Kraft getretene – Gesetz zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1950 vom 2. März 19511 sah eine Pflanzensteuer vor. Hiernach ist Tabakkleinpflanzer, wer für den eigenen Hausbedarf Tabak auf einer Grundfläche von nicht mehr als 50 m2 anbaut und nicht mehr als 200 Pflanzen setzt. – Nach § 19 Tabaksteuergesetz 19802 bestand eine Pflicht für Tabakpflanzer, den geernteten Rohtabak dem Hauptzollamt zum Wiegen anzumelden. Nach dem aktuellen Tabaksteuergesetz bestehen diese (Steuer-)Pflichten nicht mehr. 3. Erzeugnisse 3.1. Grundsatz Im Dezember 1959 trat in der Bundesrepublik Deutschland erstmals eine Tabakverordnung in Kraft.3 Als „Gesamtreform des Lebensmittelrechts“4 wurde 1974 das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) verabschiedet, das Herstellung und Verkehr mit Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen , kosmetischen Mitteln und Tabakprodukten regelte. Durch Ausgliederungen einzelner Regelungsbereiche, insbesondere auch aufgrund zunehmender harmonisierender EU- 1 https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/text.xav?SID=&tf=xaver.component.Text_0&tocf=&qmf=&hlf=xaver.component .Hitlist_0&bk=bgbl&start=%2F%2F*%5B%40node_id%3D%27681032%27%5D&skin=pdf&tlevel=-2&nohist =1, S. 158 f (Das Gesetz trat mit Wirkung vom 1. Juli 1950 in Kraft und am 30. Juni 1951 außer Kraft). 2 https://bit.ly/3qqZKed. 3 Verordnung des Bundesministeriums des Inneren und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über Tabak und Tabakerzeugnisse vom 19. Dezember 1959 (BGBL. I S. 730), https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*%5B@attr_id=%27bgbl159s0730.pdf%27%5D; entsprechend der Verordnungsermächtigung nach Lebensmittelgesetz vom 17. Januar 1936 (Reichsgesetzblatt I S. 17), und Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Lebensmittelgesetzes vom 21. Dezember 1958 (Bundesgesetzblatt I S. 950). 4 Siehe hierzu auch: https://docplayer.org/79479750-Gesetzentwurf-deutscher-bundestag-7-wahlperiode-drucksache -7-255-der-bundesregierung.html, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 143/20 Seite 5 Vorschriften, gingen dem ursprünglichen Gesetz zunehmend Inhalte verloren. Mit der Veröffentlichung des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB)5 im September 2005 wurde der relevante Teil für Lebensmittel und Lebensmittelbedarfsgegenstände des LMBG fast vollständig durch dieses ersetzt. Der neue Titel zur Regulierung von Tabakprodukten lautete seit dem 1. September 2005 Vorläufiges Tabakgesetz.6 Dieses war bis zum 20. Mai 2016 für die Regulierung von Tabakprodukten in der Bundesrepublik Deutschland maßgebend. Zum 20. Mai 2016 mussten die Vorgaben der neuen EU-Tabakrichtlinie 2014/40/EU, die das Europäische Parlament und der Rat am 3. April 2014 verabschiedet hatten, von allen EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden. Damit wurden unter anderem größere Warnhinweise in Text und Bild auf Zigarettenschachteln verpflichtend, charakteristische Geschmacksrichtungen verboten sowie die Informationen über Inhaltsstoffe verbessert. Ebenso gab es neue Regeln für die Verpackung und Kennzeichnung von E-Zigaretten. Ziel der EU-Richtlinie war insbesondere, junge Menschen davon abzuhalten, mit dem Rauchen zu beginnen.7 In Deutschland erfolgte die Umsetzung der EU-Richtlinie durch das Tabakerzeugnisgesetz (Tabakerz G)8 und die Tabakerzeugnisverordnung (TabakerzV).9 Hierin sind Regelungen zu Inhaltsstoffen und Emissionen von Tabakerzeugnissen sowie zu Inhaltsstoffen und technischen Eigenschaften von nikotinhaltigen E-Zigaretten und Nachfüllbehältern enthalten. Zudem legen sie verschiedene Mitteilungspflichten für Hersteller und Importeure von Tabakerzeugnissen, E-Zigaretten und Nachfüllbehältern fest. Für „neuartige Tabakerzeugnisse“ ist ein spezielles Zulassungsverfahren vorgesehen. Entsprechend dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes gelten die Regelungen aus dem TabakerzG, insbesondere hinsichtlich der Inhaltsstoffe, ab dem 1. Januar 2021 auch für nikotinfreie E-Zigaretten. 10 5 https://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/LFGB.pdf. 6 Vorläufiges Tabakgesetz (neugefasst durch B. v. 9. September 1997 BGBl. I S. 2296; aufgehoben durch Artikel 8 G. v. 4. April 2016 BGBl. I S. 569 Geltung ab 1. Januar 1975), https://www.buzer.de/s1.htm?g=Vorl%C3%A4ufiges +Tabakgesetz&f=1. 7 https://ec.europa.eu/germany/news/neue-tabak-regeln-gelten-allen-eu-l%C3%A4ndern_de. 8 Tabakerzeugnisgesetz vom 4. April 2016 (BGBl. I S. 569), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. November 2020 (BGBl. I S. 2456) geändert worden ist, http://www.gesetze-im-internet.de/tabakerzg/Tabakerz G.pdf. 9 Tabakerzeugnisverordnung vom 27. April 2016 (BGBl. I S. 980), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2229) geändert worden ist, http://www.gesetze-im-internet.de/tabakerzv/Tabakerz V.pdf. 10 Siehe auch: https://www.buzer.de/gesetz/14177/index.htm. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 143/20 Seite 6 Über den aktuellen Stand der rechtlichen Regelungen gibt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) einen Überblick.11 Ferner hat das BVL zu den aktuell geltenden wesentlichen Pflichten in Bezug auf Tabakerzeugnisse folgende Übersicht veröffentlicht :12 11 https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/03_Verbraucherprodukte/03_AntragstellerUnternehmen/04_Tabakerzeugnisse /02_Rechtsvorschriften/bgs_tabakerzeugnisse_rechtliche_grundlagen_node.html. 12 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Stand: 3. April 2019), https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/03_Verbraucherprodukte/Tabak/Tabakerzeugnisse-Kurzinfo _BVL.pdf;jsessionid=6218614D9AB78B03F154E58C6C9DDC57.2_cid341?__blob=publicationFile&v=3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 143/20 Seite 7 Im Übrigen ist noch darauf hinzuweisen, dass nach § 16 Tabaksteuergesetz (TabStG) ein Verpackungszwang besteht: „Tabakwaren dürfen nur in geschlossenen, verkaufsfertigen Kleinverkaufspackungen in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt werden.“ Der Verpackungszwang gilt seit dem Bestehen der Bundesrepublik.13 3.2. Private Erzeugnisse Befreit von der Tabaksteuer und vom Verpackungszwang sind nach TabStG § 30 Abs. 1 Nr. 2 „Tabakwaren oder Tabakwaren gleichgestellte Erzeugnisse, die aus selbst angebautem Rohtabak oder Tabakersatzstoffen hergestellt und für den eigenen Bedarf verwendet werden.“14 Für kleingewerbliche Anbauer gilt diese Ausnahme aufgrund der Herstellung für den Fremdbedarf nicht. 4. Vermarktung Die Vermarktung von Tabakprodukten und E-Zigaretten haben in Deutschland insbesondere verschiedene Gesetze und der Rundfunkstaatsvertrag eingeschränkt:15 – Tabakverordnung (19. Dezember 1959) – Verbot irreführender Bezeichnungen. – Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (später: Vorläufiges Tabakgesetz) (15. August 1974) – Verbot von Tabakwerbung im Rundfunk und Fernsehen; – Verbot von Tabakwerbung, die das Rauchen als gesundheitlich unbedenklich, anregend für das körperliche Wohlbefinden oder als nachahmenswert darstellt; – Verbot von Tabakwerbung, die Jugendliche zum Rauchen veranlasst. – Neufassung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (9. September 1997) – Verbot von Tabakwerbung, die Tabakerzeugnisse als natürlich oder naturrein darstellt . – Vierter Rundfunkänderungsstaatsvertrag (1. April 2000) – Verbot des Sponsorings von Rundfunk- und Fernsehsendungen durch Hersteller von Tabakerzeugnissen. 13 Siehe nur: § 14 Reichstabaksteuergesetz 1919, § 6 TabStG 1953, § 9 TabStG 1971, § 6 TabStG 1980. 14 https://www.gesetze-im-internet.de/tabstg_2009/BJNR187010009.html. 15 https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/Tabakwerbung_und_Sponsoring.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 143/20 Seite 8 – Jugendschutzgesetz (23. Juli 2002) – Verbot der Tabakwerbeverbot im Kino vor 18 Uhr. – Gesetz zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums (23. Juli 2004) – Verbot der kostenlosen Abgabe von Zigaretten. – Erstes Gesetz zur Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes (Umsetzung der europäischen Richtlinie 2003/33/EG) (29. Dezember 2006) – Verbot von Werbung für Tabakerzeugnisse in Zeitungen und Zeitschriften, soweit diese nicht ausschließlich für im Tabakhandel tätige Personen bestimmt sind; – Verbot von Tabakwerbung im Internet; – Verbot des Sponsorings von Rundfunkprogrammen und grenzüberschreitenden Veranstaltungen durch Tabakhersteller; – Verbot der kostenlosen Verteilung von Tabakprodukten auf grenzüberschreitenden Veranstaltungen. – Zweites Gesetz zur Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes (Umsetzung der europäischen Richtlinie 2007/65/EG) (13. Juli 2010) – Verbot von Produktplatzierung („Schleichwerbung“) zugunsten von Tabakprodukten oder deren Herstellern und Anbietern. – TabakerzG vom 4. April 2016 als Umsetzung der europäischen Richtlinie 2014/40/EU – für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter gelten dieselben Werbebeschränkungen wie für Tabakerzeugnisse; – Verbot irreführender Werbung; – Werbeverbot in Hörfunk, Print, Internet; – im Fernsehen Verbot jeder Form von Werbung (inkl. Sponsoring, Produktplatzierung); – Verbot des Sponsorings von Hörfunkprogrammen und grenzüberschreitenden Veranstaltungen ; – inhaltliche Beschränkungen (Verwendung der Produkte darf nicht als unbedenklich dargestellt werden, keine Ansprache von Jugendlichen, Inhalieren des Rauchs darf nicht als nachahmenswert dargestellt werden, es darf nicht der Eindruck erweckt werden , Inhaltsstoffe seien natürlich oder naturrein). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 143/20 Seite 9 – Zweites Gesetz zur Änderung des TabakerzG vom 18. September 2020 – Geltung derselben Regelungen für nikotinfreie E-Zigaretten wie für nikotinhaltige E- Zigaretten; – Verbot der Außenwerbung für Tabakerzeugnisse ab 2022, für Tabakerhitzer ab 2023, für E-Zigaretten und Nachfüllbehälter ab 2024 mit Ausnahme der Außenflächen des Fachhandels; – Verbot der kostenlosen Abgabe von Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen sowie Wasserpfeifentabak ; – Verbot der Ausspielung von Tabakerzeugnissen, E-Zigaretten und Nachfüllbehältern; – Werbeverbot für Tabakerzeugnisse, E-Zigaretten und Nachfüllbehälter im Kino mit Ausnahme von Filmen ohne Jugendfreigabe. – Mit Änderung des TabakerzG zum 1. Januar 2021 sind künftig zusätzlich die folgenden Verbote zu beachten:16 – Verbot von Außenwerbung, d. h. jede Werbung außerhalb geschlossener Räume einschließlich der Schaufensterwerbung, für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter mit Ausnahme von Werbung an Außenflächen einschließlich dazugehöriger Fensterflächen von Geschäftsräumen des Fachhandels; – Verbot ist für Tabakerhitzer ab dem 1. Januar 2023, für elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter ab dem 1. Januar 2024 und für alle übrigen Tabakerzeugnisse ab dem 1. Januar 2022 anzuwenden; – Verbot der gewerbsmäßigen kostenlosen Abgabe von Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen oder Wasserpfeifentabak außerhalb von Geschäftsräumen; – Verbot der gewerbsmäßigen Ausspielung von Tabakerzeugnissen, elektronischen Zigaretten oder Nachfüllbehältern (Regelung ersetzt § 29 TabStG). *** 16 https://www.haendlerbund.de/de/wissen/tabakverordnung-tpd2.