© 2021 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 142/20 Vorgaben für das Selbstbrauen und Vermarkten von Bieren und das Selbstbrennen und Vermarkten hochprozentigen Alkohols seit 1950 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 2 Vorgaben für das Selbstbrauen und Vermarkten von Bieren und das Selbstbrennen und Vermarkten hochprozentigen Alkohols seit 1950 Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 142/20 Abschluss der Arbeit: 26. Januar 2021 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Entwicklung der Regelungen für Bier 4 2.1. Einleitung 4 2.2. Zulassungsfreies Handwerk 5 2.3. Herstellung und Reinheitsgebot 7 2.4. Entwicklung der Regelungen für Kleinbrauereien 9 2.5. Entwicklung der steuerrechtlichen Aspekte 11 3. Hochprozentiger Alkohol 12 3.1. Brennerlaubnis (vormals Brennrecht) 12 3.2. Branntweinmonopol 14 3.3. Änderungen für Abfindungsbrenner und Stoffbesitzer 16 3.4. Vermarktung und Steuer 18 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 4 1. Fragestellung Gegenstand des Sachstands ist die Frage nach der Entwicklung der rechtlichen Bedingungen des Selbstbrauens und Vermarktens von Bieren sowie der Herstellung und Vermarktung von hochprozentigen Alkoholen im privaten bzw. kleingewerblichen Bereich seit 1950. Vorab ist festzustellen, dass dieses Thema verschiedene Rechtsgebiete betrifft und eine vollständige Darstellung schon aus Kapazitätsgründen nicht möglich war. Dieser Sachstand setzt Schwerpunkte auf einzelnen Aspekten und geht unter anderem auf das Steuerrecht nur kursorisch ein. 2. Entwicklung der Regelungen für Bier 2.1. Einleitung Im Existenzgründerportal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) findet sich ein Hinweis auf die Voraussetzungen für die Vermarktung von Bier. Dieser schließt auch den Hinweis auf gewerberechtliche und lebensmittelrechtliche Vorschriften mit ein: „Generell gelten die Tätigkeiten Brauer/in und Mälzer/in als zulassungsfreie Handwerke oder handwerksähnliche Gewerbe nach der Handwerksordnung. Es ist kein Braumeistertitel nötig, um gewerblich Bier brauen zu dürfen. Sie können also eine Brauerei eröffnen, ohne Braumeister zu sein oder zu beschäftigen. Die Bezeichnung „Bier“ ist geschützt. Neben den Bestimmungen aus dem Lebensmittelrecht, an die sich jeder Gastronom halten muss, gibt es für Bierbrauereien besondere gesetzliche Regelungen . […] In der Bierverordnung (BierV[1]) ist vorgegeben, welche Getränke als Bier bezeichnet werden dürfen. Abhängig vom Gehalt der Stammwürze, unterscheidet der Gesetzgeber zwischen den Bezeichnungen Schankbier, Starkbier und Bockbier. Der Aufbau und der Herstellungsprozess Ihrer Brauanlage muss eine hygienisch einwandfreie Produktion garantieren. Die Erlaubnis zum Herstellen von Lebensmitteln unterliegt den Hygienevorgaben des Gesundheitsamtes. […]. 200 Liter pro Kalenderjahr darf jeder Bürger in Deutschland brauen, ohne dass sich daraus steuerliche Verpflichtungen ergeben. Dabei ist es unerheblich, ob um welche Art von Bier es sich handelt (z.B. Diät-Bier oder Doppelbock). Die Freimenge gilt pro Person und nur für Bier, das im eigenen Haushalt oder in einem nichtgewerblichen Gemeindebrauhaus hergestellt wird. Sobald man mehr als diese Freimenge herstellt, unterliegst es der Biersteuerpflicht . Die steuerrechtlichen Vorschriften für das Bierbrauen ergeben sich aus dem Biersteuergesetz; weitere Informationen dazu findet man auch auf der Internetseite vom Zoll. Die Brautätigkeit muss dem zuständigen Hauptzollamt rechtzeitig angezeigt werden. Das bedeutet, dass man 1 Bierverordnung vom 2. Juli 1990 (BGBl. I S. 1332), die zuletzt durch Artikel 26 der Verordnung vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2272) geändert worden ist, BierV.pdf (gesetze-im-internet.de. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 5 mindestens vor dem ersten Brau-Tag mit ausreichend Vorlauf sein Brauvorhaben anzeigen muss; hierzu genügt eine formlose Mitteilung. Für gewerbliches Brauen gibt es keine Freimengen oder Ermäßigungen, und es kann gut sein, dass Auflagen, etwa für den Lagerort erteilt werden. Nicht zuletzt dank Europa gab es hier in letzter Zeit einige Erleichterungen. So besteht beispielsweise für Gasthausbrauereien, in denen der Wirt ausschließlich für den eigenen Bedarf braut und bei denen der Schwerpunkt auf dem Gasthaus (und nicht auf der Brauerei) liegt, keine Verpflichtung, einen Braumeister oder einen gelernten Brauer zu beschäftigen oder als Wirt selbst eins davon zu sein. Darüber hinaus muss eine Brau-Stätte, die für den Verkauf herstellt, bestimmten Anforderungen genügen. Hierbei geht es insbesondere um den Anlagenaufbau, die Vorrichtungen für regelmäßige Reinigungen und für Lebensmittel und Zutaten geeignete Lagermöglichkeiten. Der Aufbau und der Herstellungsprozess Ihrer Brauanlage muss eine hygienisch einwandfreie Produktion garantieren. Die Erlaubnis zum Herstellen von Lebensmitteln unterliegt den Hygienevorgaben des Gesundheitsamtes. Rechnen Sie daher mit regelmäßigen Kontrollen der zuständigen Behörde. Genehmigungen & Voraussetzungen für Brauerei-Gründer sind u.a. Schufa-Auszug, polizeiliches Führungszeugnis, Auszug aus dem Gewerbezentralregister, Gaststättenunterrichtungsnachweis , Antrag für bauliche Änderungen (innen und außen), Antrag auf Abnahme der baulichen Veränderungen, Gewerbeschein, Schanklizenz / Konzession der jeweiligen Stadt/Gemeinde , Anmeldung zur Berufsgenossenschaft (Nahrungsmittel & Gastgewerbe), Steueranmeldung , Gesundheitszeugnis und Schulung.“2 Die folgende Darstellung zu der Entwicklung der Regelungen, die das Selbstbrauen und den kleingewerblichen Bereich der Bierstellung betreffen orientiert sich an der Zusammenfassung. Brauereiverbände, wie z. B. der Deutsche Brauer-Bund, der Verband Private Brauereien oder der Verbund Die Freien Brauer vertreten u. a. die mittelständische Brauwirtschaft und engagieren sich für die Interessen der Privatbrauereien. Sie bieten Dienstleistungen für die Verbandsmitglieder an, wie z. B. die Unterstützung bei Marketing und Vertrieb.3 2.2. Zulassungsfreies Handwerk Seit 2004 handelt es sich bei Brauern und Mälzern um zulassungsfreie Handwerke.4 Zur Historie schreibt Schömburg: „Marktzugangsbeschränkungen gibt es im Handwerk seit dem Mittelalter. 2 BMWI, https://www.existenzgruender.de/SharedDocs/BMWi-Expertenforum/Gruendungsplanung/Handwerk /zulassungsfreie-Handwerke/Selbst-gebrautes-Bier-verkaufen-Voraussetzungen.html, Hervorhebung durch Verfasser dieses Sachstands. 3 https://www.private-brauereien.de/de/private-brauereien/verband/dienstleistungen.php. 4 Anlage B Abschnitt 1 Nummer 29 der Handwerksordnung (§ 18 Absatz 2) HwO in der Fassung vom 24.12.2003 bis heute (BGBl. I 2020, S. 143 – 144), https://www.gesetze-im-internet.de/hwo/anlage_b.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 6 Nachdem die Meisterpflicht im Laufe der Jahrhunderte mal aufgehoben und wieder eingeführt wurde, wurde sie in Deutschland 1935 als Voraussetzung zur Selbständigkeit im Handwerk wieder eingeführt. 1953 wurde das Gesetz zur Ordnung des Handwerks erlassen, nach dem grundsätzlich ein Meisterbrief zur selbständigen Ausübung des Handwerks verlangt wurde. Mit der Handwerksordnung von 1953 wurde gesetzlich festgeschrieben, dass nur die Meisterprüfung – der "große Befähigungsnachweis" – dazu berechtigt, einen eigenen Handwerksbetrieb aufzumachen .“5 In der Begründung des Gesetzentwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften werden als Gründe zur Aufhebung des Meisterzwangs für zahlreiche Gewerke u.a. der Abbau der Inländerdiskriminierung, verfassungsrechtliche Aspekte und Gründe im Zusammenhang mit der Krise des Handwerks angeführt .6 Schömburg schreibt weiter: „In den zulassungsfreien Berufen wird seit der Novellierung der Handwerksordnung für die selbstständige Leitung eines Handwerksbetriebs keine spezifische Berufsqualifikation mehr benötigt.“7 Für einen Beruf wie den Brauer, für den eine Ausbildungsordnung 8 besteht, kann der Meistertitel jedoch freiwillig erworben werden.9 Laut Leitfaden des Deutschen Industrie- und Handelskammertags e.V. stellt allerdings bei Hausbrauereien das Brauen von Bier zum Verzehr an Ort und Stelle in einem gastronomischen Betrieb kein Gewerbe i.S.d. der Handwerksordnung dar, sondern wird dem gastronomischen Betrieb zugerechnet .10 Von 1978 bis 1991 wurden die Brauern und Mälzer unter der Nummer 87 Anlage A zu dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung). Verzeichnis der Gewerbe, die als Handwerk betrieben werden können (§ 1 Abs. 2) Gesetz zur Ordnung des Handwerks. Handwerksordnung geführt. Ab dem Jahr 1998 waren Brauer und Mälzer unter der Nummer 61 der Anlage A zu finden. 5 Schömburg, Jessica, Wiedereinführung der Meisterpflicht: Wichtige Fragen und Antworten, 08.01.2020, https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/wiedereinfuehrung-der-meisterpflicht-wichtige-fragen-und-antworten /150/3094/387091. Eine etwas ausführlichere Darstellung der Historie enthält die Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages „Fragen zur Meisterpflicht im Handwerk“, WD 5 – 030/19 vom 5.3.2019, WD-5-030-19-pdf-data.pdf (bundestag.de). 6 BT-Drs. 15/1206 vom 24.6.2003, Begründung, Allgemeiner Teil, S. 20 ff, http://dip21.bundestag .btg/dip21/btd/15/012/1501206.pdf. 7 Schömburg, https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/wiedereinfuehrung-der-meisterpflicht-wichtige-fragen -und-antworten/150/3094/387091. 8 Verordnung über die Berufsausbildung zum Brauer und Mälzer/zur Brauerin und Mälzerin*) Vom 22. Februar 2007. 9 Schömburg, https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/wiedereinfuehrung-der-meisterpflicht-wichtige-fragen -und-antworten/150/3094/387091. 10 DIHK/DHKT (2010), Leitfaden Abgrenzung, Handwerk, Industrie, Handel, Dienstleistung, https://www.hwkreutlingen .de/fileadmin/hwk/recht_dokumente/ihk_hwk.pdf. S. hierzu auch Mikrobrauer.com - Die interaktive Bierlandkarte . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 7 2.3. Herstellung und Reinheitsgebot Wie bereits oben erwähnt, sind beim Bierbrauen allgemeine lebensmittelhygienische Vorgaben zu beachten, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden können. Eine historische Darstellung der Entwicklung des Lebensmittelhygienerechts geht über die Möglichkeiten dieser Arbeit hinaus . Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit verweist auf weitere aktuelle rechtliche Grundlagen.11 Historisch ist auf das Vorläufige Biergesetz (VorlBierG12) hinzuweisen, das mittlerweile außer Kraft getreten ist, dessen Regelungen aber teilweise fortgelten.13 Die Durchführungsverordnung zum Vorläufigen Biergesetz (VorlBierG-DV14) regelt insbesondere spezielle Merkmale und Bestandteile von Bier. Der Deutsche Brauer Bund e.V. konstatiert: „Im Zuge der Umsetzung von EU-Vorschriften wurde das bis dahin geltende Biersteuergesetz in seiner damaligen Form zum 1. Januar 1993 aufgehoben . Der Grund: Die Umsetzung von EU-Recht schreibt die strikte Trennung von steuerrechtlichen und lebensmittelrechtlichen Vorschriften vor. Die lebensmittelrechtlichen Vorschriften zur Herstellung von Bier wurden deshalb von der Bundesregierung aus dem früheren Biersteuergesetz herausgelöst und ins sogenannte „Vorläufige Biergesetz“ überführt, wo sie noch heute zu finden sind. Zwar wurde das Vorläufige Biergesetz im Jahr 2005 im Zuge der Vereinheitlichung des Lebensmittelrechts durch das Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittelrechts formell aufgehoben , doch die Vorschriften des Vorläufigen Biergesetzes, die die Herstellung von Bier nach dem Reinheitsgebot regeln, insbesondere die §§ 9, 11 und 18 VorlBierG, gelten weiter.“15 In einer Stellungnahme des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg werden die Vorgaben des Reinheitsgebots erläutert: „Das Reinheitsgebot aus dem Jahre 1516 stellt eine der ältesten heute noch gültigen lebensmittelrechtlichen Regelungen dar. Nach diesem Gebot durfte zur Bierherstellung nur Gerste, Hopfen und Wasser verwendet werden. Ursprünglich sollten die Bürger damit vor minder- 11 https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_36_biere/index.htm#rec. 12 BGBl. I 1993, S. 1399; zuletzt geändert durch Art. 7 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- u. Futtermittelrechtes vom 1. 9. 2005 (BGBl. I 2005 S. 2618). 13 Es wurde mit Wirkung zum 7. 9. 2005 durch Art. 7 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- u. Futtermittelrechts (BGBl. I 2005, S. 2618, 2666) aufgehoben. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über den Übergang auf das neue Lebensmittel- und Futtermittelrecht (BGBl. I 2005, S. 2618, 2653) sind die §§ 9, 11 und 18 des Vorläufigen Biergesetzes, soweit dies zur Vermeidung von Strafbarkeitslücken und Lücken in der Bußgeldbewehrung erforderlich ist, in der bis zum 06.09.2005 geltenden Fassung weiter anzuwenden. (Hinweis aus Beck Online). 14 In der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 1993, BGBl I, S. 1422, zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Spirituosen und anderer lebensmittelrechtlicher Verordnungen vom 8.12.2000, BGBl. I, S. 1686 https://www.gesetze-im-internet.de/bierstdb/BJNR701350931.html. 15 Hervorhebung durch Verfasser des Sachstands. https://brauer-bund.de/reinheitsgebot/fragen-und-antworten/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 8 wertigen und teilweise sogar giftigen Zusätzen in der Bierherstellung geschützt werden. Darüber hinaus sollte der Einsatz des für die Brotherstellung benötigten Weizens ausgeschlossen werden. […] Die Grundsätze des „Deutschen Reinheitsgebots für Bier“ von 1516 sind rechtlich derzeit im „Vorläufigen Biergesetz (VorlBierG)“ und in der „Verordnung zur Durchführung des Vorläufigen Biergesetzes“ niedergelegt (Herstellung im Wesentlichen nur aus folgenden Zutaten: Wasser, Malz, Hopfen, Hefe). Nach der aktuellen Bierverordnung dürfen in Deutschland hergestellte Biere nur dann als „Bier“ verkauft werden, wenn sie den Vorschriften des VorlBierG und der DurchführungsVO[16] zum VorlBierG entsprechen, d. h. nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut sind. Für ausländische Biere gilt diese Einschränkung nicht. Ausländische Biere dürfen in Deutschland auch dann als „Bier“ bezeichnet werden, wenn sie nicht dem Reinheitsgebot entsprechen. Voraussetzung ist, dass sie im jeweiligen Herstellungsland unter der Bezeichnung „Bier“ verkehrsfähig sind. Brauereien im Ausland dürfen bei der Bierherstellung beispielsweise Malzersatzstoffe, Aromastoffe, Farbstoffe, Stabilisatoren, Emulgatoren , Konservierungsstoffe und Enzyme einsetzen. In jedem Fall müssen in der Europäischen Union alle verwendeten Zutaten in einem Zutatenverzeichnis auf der Lebensmittelverpackung aufgeführt sein.“17 Der Deutsche Brauer Bund e.V. beantwortet in diesem Zusammenhang auf seiner Internetseite die Frage, ob in Deutschland auch Biere gebraut werden dürften, die nicht dem Reinheitsgebot entsprechen: „Ja, im Gesetz (§ 9 Abs. 7 Vorläufiges Biergesetz)18 gibt es eine Ausnahmeregelung für sogenannte „besondere Biere“. Diese Regelung gilt bis auf Bayern für alle Bundesländer. Damit 16 Verordnung zur Durchführung des Vorläufigen Biergesetzes, BGBl. I 1993, S. 1422; zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 8. Dezember 2000 (BGBl. I 2000, S. 1686), https://www.gesetze-im-internet .de/bierstdb/BJNR701350931.html. 17 https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP15/Drucksachen/7000/15_7929_D.pdf. 18 § 9 des Vorläufigen Biergesetzes enthält Anforderungen an die Bierbereitung und lautet wie folgt: „(1) Zur Bereitung von untergärigem Bier darf, abgesehen von den Vorschriften in den Absätzen 4 bis 6, nur Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden. (2) Die Bereitung von obergärigem Bier unterliegt derselben Vorschrift; es ist hierbei jedoch auch die Verwendung von anderem Malz und die Verwendung von technisch reinem Rohr-, Rüben- oder Invertzucker sowie von Stärkezucker und aus Zucker der bezeichneten Art hergestellten Farbmitteln zulässig. (3) Unter Malz wird alles künstlich zum Keimen gebrachte Getreide verstanden. (4) Die Verwendung von Farbebieren, die nur aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser hergestellt sind, ist bei der Bierbereitung gestattet, unterliegt jedoch besonderen Überwachungsmaßnahmen. (5) An Stelle von Hopfen dürfen bei der Bierbereitung auch Hopfenpulver oder Hopfen in anderweit zerkleinerter Form oder Hopfenauszüge verwendet werden, sofern diese Erzeugnisse den nachstehenden Anforderungen entsprechen: 1. Hopfenpulver und anderweit zerkleinerter Hopfen sowie Hopfenauszüge müssen ausschließlich aus Hopfen gewonnen sein. 2. Hopfenauszüge müssen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 9 wird Brauern die Herstellung von Bieren ermöglicht, die zum Beispiel mit Gewürzen wie Anis, Zimt oder Nelken sowie Früchten wie Orange oder Kirsche produziert werden. Bekannte Bierstile, die seit jeher vom strikten Reinheitsgebot abweichen, sind zum Beispiel die Berliner Weiße oder die Leipziger Gose. Nach dem bestehenden Recht dürfen nur solche weiteren Zutaten verwendet werden, die dem Bier einen besonderen Charakter bzw. einen besonderen Geschmack verleihen. Malz- oder Hopfenersatzstoffe sind auch bei „Besonderen Bieren“ nicht erlaubt. Darüber hinaus ist es erlaubt, bei Bieren für die Ausfuhr vom Reinheitsgebot abzuweichen. „Besondere Biere“ und vom Reinheitsgebot abweichende Biere für den Export bedürfen einer Genehmigung durch die jeweils zuständigen Landesbehörden. Wer für sich zuhause nicht mehr als 200 Liter Bier pro Jahr braut, braucht sich ebenfalls nicht an das Reinheitsgebot halten.“19 2.4. Entwicklung der Regelungen für Kleinbrauereien Für eine erste Übersicht wird auch auf den Sachstand „Klein- und Kleinstbrauereien (sogenannte Mikrobrauereien)“ der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages20 hingewiesen. Zu der Entwicklung der Regelungen für Kleinbrauereien sind keine belastbaren Aussagen möglich , da die Begriffe „Kleinbrauerei“ bzw. „Mikrobrauerei“ rechtlich nicht geschützt sind. Insgesamt lässt sich zur Entwicklung der Brauereilandschaft Folgendes feststellen, wie u. a. dem Bericht zur „Entwicklung und Zukunft der Brauwirtschaft in Deutschland“ aus dem Jahr 2011 entnommen werden kann: Der Bericht legt dar, dass sich die Braustättenstruktur in Deutschland veränderte, „infolge von Konzentrationsprozessen in den 1990er Jahren („Marktbereinigung“ des ostdeutschen Marktes) und zu Beginn der 2000er Jahre (Markteintritt internationaler Konzerne) in Form von Übernahmen, Verdrängung und Beteiligungskäufen“. Die Zahl mittlerer und kleiner a) die beim Sudverfahren in die Bierwürze übergehenden Stoffe des Hopfens oder dessen Aroma- und Bitterstoffe in einer Beschaffenheit enthalten, wie sie Hopfen vor oder bei dem Kochen in der Bierwürze aufweist, b) den Vorschriften des Lebensmittelrechts entsprechen. Die Hopfenauszüge dürfen der Bierwürze nur vor Beginn oder während der Dauer des Würzekochens beigegeben werden. (6) Als Klärmittel für Würze und Bier dürfen nur solche Stoffe verwendet werden, die mechanisch oder adsorbierend wirken und bis auf gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche, technisch unvermeidbare Anteile wieder ausgeschieden werden. (7) Auf Antrag kann im einzelnen Fall zugelassen werden, daß bei der Bereitung von besonderen Bieren und von Bier, das zur Ausfuhr oder zu wissenschaftlichen Versuchen bestimmt ist, von den Absätzen 1 und 2 abgewichen wird. Für die Zulassung von Ausnahmen sind die nach Landesrecht zuständigen Behörden zuständig. (8) Die Vorschriften in den Absätzen 1 und 2 finden keine Anwendung für diejenigen Brauereien, die Bier nur für den Hausbedarf herstellen (Hausbrauer). (9) (weggefallen) (10) (weggefallen).“ (BGBl. I 1993, S. 1399, zuletzt geändert durch Art. 7 Nr. 1 G zur Neuordnung des Lebensmittel - u. Futtermittelrechts vom 1. 9. 2005 (BGBl. I 2005, S. 2618).) 19 https://brauer-bund.de/reinheitsgebot/fragen-und-antworten/, Hervorhebung durch Verfasser des Sachstands. 20 WD 5/054/17 und WD 4/053/17, https://www.bundestag.de/resource /blob/435536/6c1d95a867ac120a0276c4bb12f2df9b/WD-5-054-17-pdf-data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 10 Braustätten habe sich seitdem verringert. Gleichzeitig habe die Anzahl der Kleinstbrauereien in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Diese als Gasthof- oder Hausbrauereien bezeichneten Betriebe verbänden gastronomische Dienstleistungen mit Braukompetenz, häufig verfügten sie über eine hohe Sortenvielfalt oder vertrieben regionale Spezialbiere. Trotz des rückläufigen Bierkonsums und der eingetretenen Konzentrationsprozesse sei die Anzahl der Braustätten in Deutschland seit 2003 insgesamt kontinuierlich gestiegen.21 Siehe ergänzend hierzu auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu Brauereien in Baden-Württemberg vom März 2020 unter dem folgenden Link: https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen /7000/16_7819_D.pdf. Zur Entwicklung der bayerischen Brauereilandschaft vor dem Hintergrund der zunehmenden Konzentration einerseits und der neuen Vielfalt an regionalen Kleinbrauereien und Hausbrauereien andererseits, äußerte das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie im Mai 2016 Folgendes: „Die Brauwirtschaft sieht sich seit Mitte der 1970er-Jahre einem langfristig sinkenden Bierkonsum ausgesetzt. In den letzten zehn Jahren sank der Bierverbrauch je Einwohner in Deutschland von 111,0 Liter auf 98,4 Liter. Diese Entwicklung geht naturgemäß mit einem verminderten Bierabsatz einher. Seit 1993 sank der deutsche Gesamtbierabsatz um rund 15 %. Damit einhergehend kam es in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu einer Marktkonsolidierung , die insbesondere traditionelle, meist mittelständische, familiengeführte Brauereien traf. Die Zahl der Brauereien mit einem Jahresausstoß zwischen 5.000 und 1.000.000 hl sank seit 1993 erheblich: Die Rückgänge schwanken je nach Größenklasse zwischen knapp einem Drittel und gut der Hälfte. Die 70 deutschen Brauereien mit einem Ausstoß von mehr als 200.000 hl pro Jahr produzieren knapp 84 % des deutschen Ausstoßes. Gleichzeitig sieht sich der Biermarkt mit den Megatrends Qualität, Regionalität und gesteigertes Gesundheitsbewusstsein konfrontiert, die insbesondere im Lebensmittelbereich ihren Niederschlag finden. Diese Entwicklungen führten zu einem erheblichen Anstieg von Brauereineugründungen vor allem im Bereich von Gasthaus- und Kleinbrauereien. Seit 1993 haben diese Neugründungen in allen Bundesländern außer Bayern und Thüringen die Zahl der Schließungen überkompensiert. Dies liegt darin begründet, dass in Bayern traditionell bereits sehr viele Kleinbrauereien ansässig sind.“22 21 https://www.boeckler.de/pdf/p_edition_hbs_260.pdf. 22 https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen /17_0011573.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 11 2.5. Entwicklung der steuerrechtlichen Aspekte Auf Bier erheben die Bundesfinanzbehörden (Zollverwaltung)23 eine Steuer. Ihr Erlös fließt an die Länder24. In der EU sind Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke seit dem 31.12.1992 harmonisiert, einschlägig hierfür ist die Richtlinie 92/83/EWG25. Für Haus- und Hobbybrauer gelten Ausnahmen von der Steuerpflicht.26 Steuerfrei sind im Kalenderjahr bis zu 200 Liter für den eigenen Verbrauch hergestelltes Bier, es darf nicht verkauft werden . Gleiches gilt für das von Hausbrauern in nicht gewerblichen Gemeindebrauhäusern hergestellte Bier. Es wird als in den Haushalten der Hausbrauer hergestellt eingestuft: „Als Haus- und Hobbybrauer dürfen Sie in Ihrem Haushalt bis zu einer Menge von zwei Hektolitern im Kalenderjahr Ihr Bier selbst brauen, ohne dass Sie hierfür Biersteuer bezahlen müssen. Dabei müssen Sie beachten, dass Sie das Bier ausschließlich für Ihren eigenen Verbrauch herstellen und nicht verkaufen dürfen. Gleiches gilt, wenn Sie Ihr Bier in nicht gewerblichen Gemeindebrauhäusern herstellen. Bevor Sie mit dem Brauen Ihres Bieres beginnen, müssen Sie dem zuständigen Hauptzollamt den Beginn der Herstellung, den Herstellungsort und die voraussichtliche Menge an Bier, die im Kalenderjahr von Ihnen erzeugt werden soll, formlos mitteilen.“27 Ausführlich beschreibt Benkert (2008)28 die Entwicklungen der Bierbesteuerung nach dem Zweiten Weltkrieg. Darauf kann hier nur verwiesen werden. 23 Art. 108 Grundgesetz (GG), https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_108.html. 24 Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG, https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_106.html. 25 Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke, ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 21–27, https://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31992L0083&from=de. Richtlinie (EU) 2020/1151 des Rates vom 29. Juli 2020 zur Änderung der Richtlinie 92/83/EWG zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke. https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32020L1151&qid=1610461940313&from=DE. 26 https://www.zoll.de/DE/Privatpersonen/Alkohol-Kaffee-Tabak-Kraftstoffe-Strom-im-Haushalt/Brauen-Brennen- Roesten/Bier/bier_node.html. 27 https://www.zoll.de/DE/Privatpersonen/Alkohol-Kaffee-Tabak-Kraftstoffe-Strom-im-Haushalt/Brauen-Brennen- Roesten/Bier/bier_node.html. Grundlage hierfür ist neben § 29 Abs. 2 Biersteuergesetz (BierStG) § 41 der Biersteuerverordnung (BierStV). 28 Benkert, Marco (2008). Konzeption für eine den aktuellen nationalen und europäischen Rahmenbedingungen angepasste Bierbesteuerung in Deutschland, 21. Januar 2008, Dissertation, S. 40ff, https://athene-forschung .unibw.de/doc/86158/86158.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 12 3. Hochprozentiger Alkohol 3.1. Brennerlaubnis (vormals Brennrecht) Die Alkoholgewinnung durch Destillation ist in Deutschland seit „dem 1. Januar 2018 nur in Verschluss - oder Abfindungsbrennereien[29] erlaubt. Die bisherige Ausnahme zur Nutzung von Kleindestilliergeräten mit einem Fassungsvermögen von bis zu 0,5 Litern zur privaten Alkoholgewinnung besteht ab diesem Zeitpunkt nicht mehr.“30 Im aktuellen Regierungsentwurf des Siebten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 06.01.2021 wird im Alkoholsteuergesetz aus Gründen der Rechtsklarheit das Verbot, privat zu brennen, konkretisiert.31 Die Erlaubniserteilung für das Brennen von Alkohol erfolgt durch die zuständige Zollbehörde, § 20 Alkoholsteuerverordnung (AlkStV)32. Sie steht unter Widerrufsvorbehalt.33 Der Zoll erklärt, die einzige Möglichkeit als Privatperson in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen aus 29 Verschlussbrennerei: „Verschlussbrennereien werden vor Beginn des Brennbetriebes (Inbetriebnahme) unter amtlicher Mitwirkung verschlusssicher eingerichtet. Dabei wird die Brennanlage durch die Zollverwaltung so verschlossen, dass der gewonnene Alkohol nicht unbemerkt entnommen werden kann. Der gesamte Alkohol wird über verschlusssicher eingerichtete Sammelgefäße oder Messuhren erfasst.“ Abfindungsbrennereien: „Die Herstellung von Alkohol in Abfindungsbrennereien stellt eine Ausnahme von der Herstellung unter amtlichem Verschluss dar. Abfindungsbrennereien sind nicht verschlossen. In Abfindungsbrennereien berechnet sich die zu entrichtende Alkoholsteuer nicht nach der Menge des tatsächlich erzeugten Alkohols, sondern pauschal nach Art und Menge der verarbeiteten Rohstoffe. Für die Versteuerung werden die in der Rohstoffliste festgelegten pauschalen Ausbeutesätze zugrunde gelegt. Mithilfe der Ausbeutesätze wird bestimmt, wie hoch die anzunehmende Alkoholmenge ist, die aus 100 Kilogramm bzw. aus 100 Litern eingesetzten Rohstoffs gewonnen werden kann. Ergibt sich tatsächlich eine höhere Ausbeute, so wird die Differenz zwischen der Pauschale und der tatsächlichen Ausbeute dem Abfindungsbrenner als steuerfreie Überausbeute belassen. Der Alkohol tritt mit seiner Erzeugung in den freien Verkehr und darf damit ohne steuerliche Einschränkungen gehandelt werden.“ (Hervorhebung durch Verfasser des Sachstands, https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Steuern/Verbrauchsteuern/Alkohol -Tabakwaren-Kaffee/Abfindungsbrennen/Einfuehrung-in-das-Abfindungsbrennen/einfuehrung-in-das-abfindungsbrennen _node.html). 30 https://www.zoll.de/DE/Privatpersonen/Alkohol-Kaffee-Tabak-Kraftstoffe-Strom-im-Haushalt/Brauen-Brennen- Roesten /Alkoholerzeugnisse/Herstellung-Alkohol/herstellung-alkohol_node.html. 31 http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/256/1925697.pdf. 32 https://www.gesetze-im-internet.de/alkstv/__20.html. 33 Einzelheiten können dem „Merkblatt für Abfindungsbrenner und Stoffbesitzer“ (Formblatt 1222) auf der Internetseite https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Steuern/Verbrauchsteuern/Alkohol-Tabakwaren-Kaffee/Abfindungsbrennen /Erlaubnisverfahren/Erlaubniserteilung/erlaubniserteilung.html entnommen werden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 13 selbstgewonnenen Obststoffen Alkohol durch Destillation gewinnen zu dürfen, liege in der Erteilung einer Brenngenehmigung für sog. Stoffbesitzer34.35 Auf der Internetseiten des Zoll wird zur „Gewinnung von Alkohol als Stoffbesitzer“ Folgendes erläutert: „Alkohol wird in Deutschland grundsätzlich in Verschlussbrennereien gewonnen. Dabei wird die gesamte Alkoholerzeugung über amtlich verplombte Sammelgefäße oder Messuhren erfasst. Eine Ausnahme stellt die Gewinnung von Alkohol in den sogenannten Abfindungsbrennereien dar. In einer solchen Abfindungsbrennerei können Sie, wenn Sie kein eigenes Brenngerät besitzen , als sogenannter Stoffbesitzer bis zu 50 Liter reinen Alkohol pro Kalenderjahr gewinnen. […]. Sie treten als Stoffbesitzer in die Rechte und Pflichten des Brennereibesitzers, in dessen Brennerei Sie Ihren Alkohol gewinnen, ein. Von Personen, die zu einem gemeinsamen Haushalt gehören, ist nur eine Person berechtigt, aus selbstgewonnenen zulässigen Rohstoffen Alkohol zu gewinnen. Als selbstgewonnen sind Rohstoffe anzusehen, die von Ihnen (als Stoffbesitzer) als Eigentümer , Nießbraucher oder Pächter geerntet (z. B. Obst) oder von Ihnen oder Ihrem Beauftragten gesammelt (z.B. wildwachsende Beeren und Wurzeln) oder in einem von Ihnen für eigene Rechnung geführten Betrieb erzeugt worden sind (z. B. Wein, Weintrester, Weinhefe). Rohstoffe gelten auch dann als "selbstgewonnen", wenn sogenannte Baumpaten Obst auf Grundstücken der öffentlichen Hand (z. B. Kommunen) ernten. Zum Nachweis der Baumpatenschaft muss eine schriftliche Erklärung vorgelegt werden können, aus der eine eindeutige Zuordnung bestimmter Obstbäume auf dem betreffenden öffentlichen Grundstück zu dem Baumpaten und die Übernahme der Pflege dieser Obstbäume durch den Baumpaten hervorgeht . […] 34 Stoffbesitzer gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2 Alkoholsteuergesetz (AlkStG) gewinnen Alkohol „ausschließlich aus den im Steuergebiet selbst gewonnenen Rohstoffen Obst, einschließlich Obstmost und Obsttrester, Beeren, Wein, einschließlich Weinhefe und Weintrester, Wurzeln, einschließlich deren Knollen, Topinambur oder den jeweiligen Rückständen davon in einer Abfindungsbrennerei“. Stoffbesitzer verlieren ihre Eigenschaft als Stoffbesitzer, wenn sich die zu gewinnende Alkoholmenge auf „mehr als 0,5 hl A pro Kalenderjahr“ beläuft, § 11 Abs. 4 Nr. 2 AlkStG. (Vgl. BGBl. I 2013, S. 1650, 1651; zuletzt geändert durch Artikel 206 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I 2020, S. 1328), https://www.gesetze-im-internet.de/alkstg/BJNR165100013.html. 35 https://www.zoll.de/DE/Privatpersonen/Alkohol-Kaffee-Tabak-Kraftstoffe-Strom-im-Haushalt/Brauen-Brennen- Roesten/Alkoholerzeugnisse/Herstellung-Alkohol/herstellung-alkohol_node.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 14 Um als Stoffbesitzer Alkohol gewinnen zu dürfen, bedarf es keiner förmlichen Erlaubnis durch das Hauptzollamt. Sie müssen die Gewinnung von Alkohol mit der Abfindungsanmeldung (Formular 1221) beantragen.“36 Unter brennerlaubnis.de finden sich zum Selbstbrennen vor dem 01.01.2018 folgende Hinweise: „Die Nutzung eines Mini-Destilliergerätes mit höchstens einem halben Liter Fassungsvermögen zur privaten Gewinnung und Reinigung von Alkohol war bis Ende 2017 in Deutschland zulässig, nicht anmeldepflichtig, nicht alkoholsteuerpflichtig und auch hinsichtlich der Rohstoffauswahl keinerlei Beschränkungen unterworfen. Das seit Anfang 2018 geltende grundsätzliche Verbot der privaten Alkoholerzeugung durch Destillation entzieht zwar dieser Kleinstmengendestillation die Berechtigung. Allerdings war es in Anbetracht des geringen Volumens von einem halben Liter Maische oder Wein aber auch kaum möglich, die darin enthaltenen 30-60 ml Alkohol in einer Qualität zu gewinnen, die man als Obst- oder Weinbrand hätte ansprechen und genießen können.“37 Ferner wird auf die beiden Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages verwiesen: „Private Herstellung von alkoholischen Getränken durch Destillation in Deutschland“ (WD 4 - 3000 - 123/18) abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/568820/3d0ff77fea2e266d9c6477033e0dd603/WD-4-123-18-pdf-data.pdf. sowie „Wesentliche rechtliche Vorschriften für die Erlaubnis zur Gewinnung von Alkohol aus landwirtschaftlichen Rohstoffen“ (WD 4 - 3000 - 084/17 ) abrufbar unter: https://www.bundestag .de/resource/blob/531782/624e7aa625ad5bb6428f1016665b8415/WD-4-084-17-pdfdata .pdf. 3.2. Branntweinmonopol Das Branntweinmonopol wurde 1919 eingeführt und nach dem Krieg im Wesentlichen übernommen . Im Rahmen des Branntweinmonopols übernahm der Staat den von den Brennereien produzierten Alkohol landwirtschaftlichen Ursprungs zu garantierten Preisen und verwertete ihn.38. 36 https://www.zoll.de/DE/Privatpersonen/Alkohol-Kaffee-Tabak-Kraftstoffe-Strom-im-Haushalt/Brauen-Brennen- Roesten/Alkoholerzeugnisse/Alkoholerzeugung-durch-Stoffbesitzer/alkoholerzeugung_node.html. 37 5. Welche Regeln gelten für die Alkoholerzeugung außerhalb des "amtlichen Verschlusses"? https://www.brennerlaubnis .de/fragen-antworten.html. 38 BMF-Monatsbericht Oktober 2017 - Die Abschaffung des deutschen Branntweinmonopols (bundesfinanzministerium .de) u.a. mit einem historischen Abriss. . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 15 Diese produktionsbezogenen Beihilfen waren nicht mit dem EU-Beihilferecht vereinbar.39 Allerdings ermöglichte es die Verordnung (EU) Nr. 1234/201040 landwirtschaftlichen Verschlussbrennereien bis Ende 2013 und Abfindungsbrennereien, Stoffbesitzern und Obstgemeinschaftsbrennereien bis Ende 2017 Alkohol im Rahmen des Branntweinmonopols zu produzieren und an die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein abzuliefern. Mit dem Gesetz zur Abschaffung des Branntweinmonopols41 wurden die EU-Vorgaben umgesetzt und das Branntweinmonopol zum 31. Dezember 2017 endgültig abgeschafft.42 Das Alkoholsteuergesetz trat am 1. Januar 2018 in Kraft. 43 Vor Aufhebung des Branntweinmonopols sei nach Angaben des Landesverbandes der Klein- und Obstbrenner Nord-Württemberg e. V. drei Viertel der von Klein- und Obstbrennereien erzeugten Alkoholmengen (jährlich ca. 60.000 hl reiner Alkohol) als Obstrohalkohol an die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein abgeliefert worden. Dafür erhielten die Brennereien ein Übernahmegeld . Die Bundesmonopolverwaltung habe den Rohalkohol gereinigt und ihn als Neutralalkohol (96% vol.) an Hersteller von Kosmetika, Arzneimittel oder Spirituosen verkauft. Rund ein Viertel der erzeugten Alkoholmengen sei vor allem als Edelobstbrände direkt oder über gewerbliche Händler vermarktet worden.44 Mit dem Entfallen der Subventionierung der Erzeugnisse der Abfindungsbrennerei durch den Bund, bleibe die Möglichkeit der Selbstvermarktung dieser Erzeugnisse .45 Die begünstigte Jahreserzeugung für Stoffbesitzer wurde beibehalten und beträgt 0,5 hl A im Kalenderjahr.46 Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) erläutert: „Mit der Aufhebung des Branntweinmonopolgesetzes erfolgt u. a. die Abschaffung vorkonstitutioneller Regelungen bezüglich des Abfindungs- und Stoffbesitzerbrennens sowie damit verbundener alter Besitzstandrechte. […]. 39 Vgl. Punkt 83, https://dserver.bundestag.de/btd/19/153/1915340.pdf. 40 Verordnung (EU) Nr. 1234/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (Verordnung über die einheitliche GMO) hinsichtlich der im Rahmen des deutschen Branntweinmonopols gewährten Beihilfe, ABl. L 346 vom 30.12.2010, S. 11–12. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32010R1234&qid=1610959965239&from=DE. 41 BGBl. I 2013, S. 1650. 42 Vgl. https://dserver.bundestag.de/btd/19/153/1915340.pdf. 43 BGBl. I 2013, S. 1650, 1651; zuletzt geändert durch Artikel 206 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I 2020, S. 1328), https://www.gesetze-im-internet.de/alkstg/BJNR165100013.html. 44 https://www.kleinbrenner-verband.de/die-abfindungsbrennerei.html#:~:text=Insgesamt %20gibt%20es%20in%20Deutschland,ihr%20Obst%20als%20Stoffbesitzer%20bren2nen. 45 Schröer-Schallenberg, Das Branntweinmonopol in Deutschland, Geschichte und Abschaffung des Branntweinmonopols , ZLR 2013, 176. 46 § 11 Abs. 4 Nr. 2 AlkStG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 16 Die steuerrechtlichen Regelungen des Branntweinmonopolgesetzes wurden so bürokratiearm wie möglich in das Alkoholsteuergesetz integriert. Materiell-rechtliche Vorschriften, z. B. Regelungen über Steuergegenstände und Steuerbefreiungen, sind unverändert übernommen worden.“47 3.3. Änderungen für Abfindungsbrenner und Stoffbesitzer In den Fachinformationen für die Obst- & Getreidebrennerei vom Dezember 2017 sind einige Änderungen für Abfindungsbrenner und Stoffbesitzer nach 01.01.2018 aufgeführt: „War das Abfindungsbrennen jedoch bislang als historisches Besitzstandsprivileg auf bestimmte süd- und südwestdeutsche Regionen beschränkt und zudem die Zahl der zulässigen Abfindungsbrennereien je Bezirk der früheren Oberfinanzdirektionen begrenzt, ist das Abfindungsbrennen aus Gründen des grundgesetzlich verbrieften Gleichbehandlungsgebotes ab 1. Januar 2018 bundesweit möglich. Abfindungsbrennereien verfügen dann nicht mehr über ggf. käuflich zu erwerbende Brennrechte. Voraussetzung zum Betrieb einer Abfindungsbrennerei ist eine staatliche Brennerlaubnis, die neue Brennereibesitzer beim örtlichen Hauptzollamt beantragen müssen. Auf diese Brennerlaubnis besteht Rechtsanspruch, sofern die Voraussetzungen für den Betrieb einer Abfindungsbrennerei vorliegen (u. a. Mindestfläche von 3 Hektar bzw. 1,5 Hektar im Falle von Intensivobst oder Weinbau). Die am 31. Dezember 2017 existierenden Abfindungsbrennereien erhalten automatisch ohne erneuten Antrag die staatliche Brennerlaubnis, jährlich 300 Liter reiner Alkohol aus zulässigen Rohstoffen zu erzeugen .[48] Natürliche Personen ohne eigenes Brenngerät, die über selbsterzeugte Obststoffe verfügen, dürfen jetzt ebenfalls bundesweit als Stoffbesitzer auftreten und verfügen über ein Brennkontingent von jährlich 50 Liter reiner Alkohol. So sind jetzt z. B. alle Winzer in den neuen Bundesländern Stoffbesitzer und können ihren Weintrester bzw. Weinhefe in einer Abfindungsbrennerei, ggf. ausnahmsweise auch in einer Verschlussbrennerei, brennen lassen . 47 Hervorhebung durch Verfasser des Sachstands. https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte /2017/10/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-5-Abschaffung-des-deutschen-Branntweinmonopols.html. 48 § 9 Abs. 1 Alkoholsteuergesetz definiert „Abfindungsbrennereien“ als „ Orte, an denen Alkohol abweichend von § 4 ohne Verschlüsse ausschließlich aus Obst, einschließlich Obstmost und Obsttrester, Beeren, Wein, einschließlich Weinhefe und Weintrester, Wurzeln, einschließlich deren Knollen, Topinambur, Getreide, Bier, Kartoffeln oder den jeweiligen Rückständen davon gewonnen und gereinigt werden darf. Die Jahreserzeugung in einer Abfindungsbrennerei darf 3 hl A pro Kalenderjahr nicht überschreiten. Der in einer Abfindungsbrennerei gewonnene Alkohol darf nicht zu gewerblichen Zwecken in einen anderen Mitgliedstaat, ein Drittland oder ein Drittgebiet befördert werden.“, https://www.gesetze-im-internet.de/alkstg/BJNR165100013.html. Zu „Kleinbrennereien “ siehe auch § 34 Branntweinmonopolgesetz a.F. und § 8 der Branntweinmonopolverordnung a.F. Vor 1922 lag bei Abfindungsbrennereien die Erzeugungsgrenze bei 300 Liter reinen Alkohol, das Branntweinmonopolgesetz vom 08.04.1922 reduzierte die Erzeugungsgrenze auf 50 Liter Weingeist im Betriebsjahr für die Brennereien, die erst nach 1922 zugelassen wurden (§ 116 Abs. 1 Brennereiordnung). Die vor Inkrafttreten des Branntweinmonopolgesetzes vorhandenen bereits vergebenen Brennrechte wurden als Besitzstandswahrung übernommen Vgl. "Ist die Förderung von kleinen Brennereien durch das Branntweinmonopolgesetz noch zeitgemäß “? Arbeit ohne Verfasserangabe vom 2.9.2010 auf der Seite der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung , http://www.hsbund.de/SharedDocs/Downloads/0_Abschlussarbeiten /FB_FIN/2009/287_09_weiss.pdf?__blob=publicationFile. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 17 Beim Abfindungsbrennen wird für Abfindungsbrenner und Stoffbesitzer der gewonnene Alkohol pauschal aus der Menge der Rohstoffe, die zur Alkoholgewinnung eingesetzt werden dürfen, und aus einem festgelegten amtlichen Ausbeutesatz ermittelt. § 24 Absatz 4 der Alkoholsteuerverordnung sieht vor, dass das Bundesministerium der Finanzen eine Übersicht der nach den Vorschriften des § 9 Absatz 3 und § 11 Absatz 3 Alkoholsteuergesetz zugelassenen Rohstoffe und der festgelegten amtlichen Ausbeutesätze (Rohstoffliste) im Bundesanzeiger und auf der Internet-Plattform der Zollverwaltung www.zoll.de veröffentlicht. Diese Veröffentlichung ist auf dem Zoll-Internetportal im November 2017 erfolgt und ist für Brennverfahren ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden. Die Rohstoffliste (Stand November 2017) ist auch auf der Homepage der Kleinbrennerei hinterlegt. Wie bisher dürfen auch künftig nicht alle denkbaren Rohstoffe in Abfindungsbrennereien zu Destillaten oder Alkohol verarbeitet werden. Gleichwohl dürfen Abfindungsbrennereien, die bislang nur Obststoffe brennen durften, auch Getreide, Kartoffeln oder Bier brennen. Die zuletzt genannten Rohstoffe gelten nicht für Stoffbesitzer. Diese dürfen weiterhin nur selbst erzeugte Obststoffe verarbeiten. Grundsätzlich bleibt es bei der Richtschnur, dass in Abfindungsbrennereien nur einheimische Rohstoffe oder – neu – in den letzten Jahren einheimisch gewordene Rohstoffe wie Kiwis (Ausbeutesatz 3,0 Liter A je 100 Liter Maische) oder Feigen (Ausbeutesatz 3,3 Liter A je 100 Liter Maische) gebrannt werden dürfen. Für Alkohol aus Bananen, Mandarinen und Reis gilt eine einjährige Auslauffrist bis zum 31. Dezember 2018. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die bislang in den §§ 121 und 122 Brennereiordnung festgelegten amtlichen Ausbeutesätze unverändert geblieben sind. Gegenüber diesen Paragrafen enthält die neue Rohstoffliste mehr Rohstoffe, die bislang nur wenigen betroffenen Abfindungsbrennereien und dem Hauptzollamt Stuttgart bekannt waren. Das neue Konzept, die Rohstoffliste mit den geltenden amtlichen Ausbeutesätzen im Internet zu veröffentlichen, sorgt für Transparenz und erlaubt eine rasche Änderung bzw. Ergänzung der zulässigen Rohstoffe .“49 Wie die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium der Finanzen Nicolette Kressl im Jahr 2009 ausführte, handelte es sich beim Abfindungsbrennen um ein historisches Besitzstandsprivileg im Rahmen des Branntweinmonopols, das auf bestimmte süd- und südwestdeutsche Regionen beschränkt war.50 Der Obst- und Gartenbauverein Gomaringen e.V. (2017) erläutert , Abfindungsbrennereien gebe es nach wie vor. Sie seien aber nicht mehr auf den Südwesten beschränkt und Stoffbesitzer seien nicht mehr an Brennbezirke gebunden, sondern dürften überall in Deutschland brennen lassen. Für beide würden jedoch weiterhin Einschränkungen gelten : Die Jahreserzeugung der Abfindungsbrennerei dürfe 300 Liter, die der Stoffbesitzer 50 Liter reinen Alkohol pro Kalenderjahr nicht überschreiten. Letztere müssten ihre Rohstoffe, wie Obst, Obstmost und -trester, Beeren, Wein, Wurzeln oder Knollen ausschließlich in ihrem Steuergebiet selbst angebaut haben. Zugekauft werden dürfe nichts – mit einer Ausnahme: Most. Doch der 49 Kleinbrennerei. Fachinformationen für die Obst- & Getreidebrennerei, 04.12.2017, https://www.kleinbrennerei .de/Abfindungs-und-Stoffbesitzerbrennen-ab-1-Januar-2018,QUlEPTU2MTkzMTEmTUlEPTE0OTc.html. 50 Frage 34, https://dserver.bundestag.de/btd/16/119/1611955.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 142/20 Seite 18 müsse vor dem Brand dann im eigenen Haus gären. Schließlich sollte nur der gefördert werden, der aktiv etwas für die Kulturlandschaft tue. Durch den Wegfall der garantierten Alkoholabnahme müssten sich viele Kleinbrennereien überlegen, wie sie ihren Alkohol nun selbst vermarkten .51 3.4. Vermarktung und Steuer Die Alkoholsteuer ist wie die Biersteuer eine Verbrauchsteuer. Ihr Erlös geht an den Bund.52 Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau aus Rheinland-Pfalz betonte im März 2019 zur Vermarktung: „Bereits vor Wegfall des Branntweinmonomols haben viele Brennerinnen und Brenner in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit der Direktvermarktung genutzt. Nach Auslaufen der Monopolregelung werden verstärkt Chancen in der regionalen Vermarktung erschlossen, die dafür vorhandenen Fördermöglichkeiten nachgefragt […] und die Produktpalette erweitert.“53 Für Details wird auch auf die Seite der Gesellschaft für Geschichte des Branntweins hingewiesen .54 Die bislang geltende Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/8955 regelt den Spirituosensektor. Sie wird am 25. Mai 2021 durch die Verordnung (EU) 2019/787 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Kennzeichnung von Spirituosen, die Verwendung der Bezeichnungen von Spirituosen bei der Aufmachung und Kennzeichnung von anderen Lebensmitteln, den Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und die Verwendung von Ethylalkohol und Destillaten landwirtschaftlichen Ursprungs in alkoholischen Getränken sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 110/200856 ersetzt. *** 51 Obst- und Gartenbauverein Gomaringen e.V. (2017 ), Feine Brände für die Kulturlandschaft, https://www.ogvgomaringen .de/wp-content/uploads/2018/01/20171230GEABrennereien.pdf. 52 Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG, https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_106.html. 53 Antwort auf die Kleine Anfrage. Obstbrenner Rheinland-Pfalz. https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen /8662-17.pdf. 54 https://www.geschichte-branntwein.de/. Die Seite ist noch im Aufbau, bietet aber schon einen Kontakt an. Einzelheiten zur Arbeit der Gesellschaft unter https://www.kleinbrennerei.de/Gesellschaft-fuer-Geschichte-des- Branntweins,QUlEPTYyMjU3MDAmTUlEPTE0OTc.html. 55 ABl. L 39 vom 13.2.2008, S. 16–54. https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32008R0110&qid=1610968014495&from=de. 56 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019R0787&from=EN.