Deutscher Bundestag Bürgerbusse Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 5 – 3000 - 138/12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 – 3000 - 138/12 Seite 2 Bürgerbusse Verfasserin: Aktenzeichen: WD 5 – 3000 - 138/12 Abschluss der Arbeit: 19. September 2012 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 – 3000 - 138/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Bürgerbusse 4 2. Chancen und Grenzen der Bürgerbusse 5 2.1. Chancen 5 2.2. Grenzen 5 3. Beispiele für erfolgreich umgesetzte Bürgerbusmodelle 6 4. Quellen 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 – 3000 - 138/12 Seite 4 1. Bürgerbusse Bürgerbusse entwickelten sich aus dem „voluntary transport scheme“ Großbritanniens1 und den in den Niederlanden fahrenden Nachbarschaftsbussen (Buurtbussen). Bürgerbusse sind berechtigt , im Linienbetrieb gem. § 42 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zu fahren2 und ergänzen heute den Linienverkehr in den meisten Flächenländern in Deutschland (außer im Saarland und in Thüringen) 3. Ein Bürgerbus ist in der Regel ein Kleinbus mit max. acht Plätzen. Die Fahrer der Busse sind ehrenamtlich tätig und benötigen einen Führerschein der Klasse 3 sowie einen Fahrgastbeförderungsschein . Die drei tragenden Säulen des Bürgerbusverkehrs sind jeweils ein Bürgerbusverein, eine Verkehrsgesellschaft und eine Kommune.4 Der Verein organisiert den gesamten Linienbetrieb vom ehrenamtlichen Personal bis zur Fahrkartenabrechnung, die Verkehrsgesellschaft organisiert und verantwortet die Anschaffung, Instandhaltung und die Reparaturen der Busse5, die Kommune steuert zu einem gewissen Teil öffentliche Zuschüsse bei. „Die Finanzierung der Bürgerbus-Trägervereine erfolgt zu einem geringen Teil durch die Beförderungsentgelte, in der Hauptsache durch Sponsoren (Werbeaufkleber auf den Bussen), Mitgliedsbeiträge, Spenden und öffentliche Zuschüsse.“6 In den meisten Bundesländern werden Bürgerbusvereine jedoch nicht als gemeinnützig anerkannt, was dazu führt, dass die „Spendenbasis der Vereine stark geschmälert“7 wird. 1 Steinrück, Barbara; Küpper, Patrick (2010). http://econstor.eu/bitstream/10419/41463/1/625695291.pdf 2 Bertocchi, Timo (2009). http://www.uni-kassel.de/upress/online/frei/978-3-89958-734-0.volltext.frei.pdf 3 Steinrück, Barbara; Küpper, Patrick (2010). http://econstor.eu/bitstream/10419/41463/1/625695291.pdf 4 Pro Bürgerbus NRW e.V. (2010). Bürger fahren Bürger. Bürgerbusse in Nordrhein-Westfalen. (ANLAGE 1) 5 Bertocchi, Timo (2009). http://www.uni-kassel.de/upress/online/frei/978-3-89958-734-0.volltext.frei.pdf 6 Antwort der Landesregierung NRW vom 5. August 2011 auf die Kleine Anfrage 816 vom 17. Juni 2011 des Abg. Christof Rasche (FDP). LT-Drs. 15/2526. 7 Antwort der Landesregierung NRW vom 5. August 2011 auf die Kleine Anfrage 816 vom 17. Juni 2011 des Abg. Christof Rasche (FDP). LT-Drs. 15/2526. (ANLAGE 2) Bislang wird die Gemeinnützigkeit der Vereine in den meisten Bundesländern nicht anerkannt. Auch die Bürgerbusvereine im Bezirk der Oberfinanzdirektion Rheinland erhalten seit Anfang des Jahres 2011 von den Finanzämtern keine Anerkennung der Gemeinnützigkeit mehr. „Allerdings versucht die jetzige Landesregierung zu erreichen, dass die Tätigkeit eines Bürgerbusvereins als Jugend- oder Altenhilfe begünstigt sein kann“. (NRW LT-Drs. 15/2526). Auf die Frage des Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Bürgerbusvereinen, antwortete die Parlamentarischen Staatssekretärin Nicolette Kressl am 19. Mai 2009, dass für die Beurteilung einer eventuellen Gemeinnützigkeit von Bürgerbusvereinen keine ausreichenden Erkenntnisse vorlägen. Im Übrigen seien für eine derartige Beurteilung im Einzelfall die Finanzbehörden des jeweiligen Landes zuständig und verwies auf § 52 Absatz 2 Satz 3 der Abgabenordnung. BT-Drs. 16/13103. Frage 19. http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/16/131/1613103.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 – 3000 - 138/12 Seite 5 Bürgerbusse werden in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich stark gefördert, insbesondere Nordrhein-Westfalen (NRW) spielt hier eine Vorreiterrolle. In NRW wird ein Landeszuschuss von 32 000 Euro für Neufahrzeuge gewährt, zudem wird jedem Verein ein jährlicher Zuschuss von 5 000 Euro zur Verfügung gestellt.8 2. Chancen und Grenzen der Bürgerbusse Die Chancen und Grenzen der Bürgerbusse wurden im Wesentlichen der Dissertation von Timo Bertocchi9 entnommen: 2.1. Chancen kostengünstig, da keine Personalkosten anfallen, weil die Busse durch ehrenamtliche Fahrer betrieben werden; auch die Wartung, Reinigung und das Abstellen der Busse wird von ihnen übernommen, günstige Fahrpreise10 Ergänzung zum ÖPNV, keine Konkurrenz, Verbindungs- und Erschließungsfunktion zwischen Gemeinden, verdichten den Takt herkömmlicher Linien, fahren dort, wo der Einsatz von Linienbussen nicht wirtschaftlich ist, gut einsetzbar, wenn die Taxiinfrastruktur fehlt oder unzureichend ist, gewährleisten in nachfrageschwachen Bereichen Mobilität, ohne übermäßige Kosten zu verursachen, werden im ländlichen Raum überwiegend von Jugendlichen und älteren Menschen genutzt . 2.2. Grenzen Notwendigkeit der Gründung von Vereinen für die Planung und Organisation des Fahrbetriebs , Probleme, ehrenamtliche Fahrer zu gewinnen, in der Regel können nur wenige Fahrten pro Tag angeboten werden, insbesondere zu späten Tageszeiten, an Wochenenden oder Feiertagen ist es schwierig, Fahrer zu gewinnen, je dünner das besiedeltet Gebiet, desto geringer das Fahrgastpotential und dementsprechend stehen weniger ehrenamtliche Fahrer zur Verfügung11, 8 http://www.mbwsv.nrw.de/verkehr/nahverkehr/Bus_Bahn/busverkehr/index.php; http://www.nrw.de/landesregierung /100-buergerbus-in-nrw-seit-dieser-woche-in-meschede-unterwegs-11566/ 9 Bertocchi, Timo (2009). http://www.uni-kassel.de/upress/online/frei/978-3-89958-734-0.volltext.frei.pdf 10 http://www.buergerbusse-in-deutschland.de/02_inhalt/__BB-die-Idee_01%20.html 11 http://econstor.eu/bitstream/10419/41463/1/625695291.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 – 3000 - 138/12 Seite 6 unsichere finanzielle Lage, Bürgerbusvereine sehen sich durch finanzielle Engpässe in ihrer Existenz bedroht12. In NRW macht das Verkehrsministerium die Förderzusage von einer Erklärung der Gemeinde abhängig, die entstehenden Betriebskosten zu übernehmen.13 3. Beispiele für erfolgreich umgesetzte Bürgerbusmodelle In ganz NRW sind Bürgerbusse mittlerweile ein wichtiges Transportmittel im ÖPNV.14 NRW griff als erstes Bundesland die Idee des Bürgerbusses auf. Mittlerweile sind in NRW beinahe 90 Bürgerbusse unterwegs. Im Oktober 2010 gab der Verein PRO Bürgerbus NRW einen Leitfaden für die Einrichtung und den Betrieb von Bürgerbussen unter dem Titel „Bürger fahren Bürger. Bürgerbusse in Nordrhein-Westfalen heraus (ANLAGE 1). Die Biberger Bürger-Bus e. V. belegt in der Gruppe „Mobilitätsangebote bürgernah und flexibel gestalten“ in dem vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) veranstalteten Wettbewerb „Menschen und Erfolge – in ländlichen Räumen mobil“ den zweiten Platz.15 Das BMVBS schreibt hierzu: „In Oberbiberg stellte sich der Erfolg auch ohne ein Landesprogramm ein: Elfmal täglich kommt man von montags bis freitags zum Verwaltungssitz Oberhaching und zur S-Bahn-Linie Richtung München. Über 35 ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer machen das möglich. Der Biberger Bürger-Bus e. V. schätzt, dass der Bus sogar manchen Zweitwagen ersetzt. Die Kommune honoriert den Einsatz durch finanzielle Zuschüsse.“16 Ein weiteres erfolgreich umgesetztes Bürgermodell ist der Bürgerbus in Gransee. Der Bürgerbusverein Gransee war der erste ostdeutsche Verein und wurde am 15. Juli 2004 gegründet.17 12 Bremer Nachrichten (2012). Bürgerbusse statt Liniendienst. 02.02.2012 13 http://www.nrw.de/landesregierung/100-buergerbus-in-nrw-seit-dieser-woche-in-meschede-unterwegs-11566/ 14 LT Brandenburg Drs. 4/770. http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/ERD04- 770.pdf?von=0&bis=0 15 http://www.bibergerbuergerbus.de/index.php?page=auszeichnung 16 http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/86534/publicationFile/59059/wettbewerb-menschen-und-erfolge -faltblatt-2012.pdf 17 http://www.gransee.de/texte/seite.php?id=34506 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 – 3000 - 138/12 Seite 7 4. Quellen Bertocchi, Timo (2009). Einsatzbereiche von ÖPNV-Bedienformen im ländlichen Raum. Diss. Schriftenreihe Verkehr – Heft 19 – Juli 2009. Hrsg.: Institut für Verkehrswesen. Universität Kassel . http://www.uni-kassel.de/upress/online/frei/978-3-89958-734-0.volltext.frei.pdf Holz-Rau, Christian; Baumgart, Sabine (2006). Verkehrssystem Kiel: Fit für die Zukunft. Schrumpfung und ihre Auswirkungen. https://eldorado.tu-dortmund .de/bitstream/2003/22154/1/F11%20Endbericht.pdf Steinrück, Barbara; Küpper, Patrick (2010). Mobilität in ländlichen Räumen unter besonderer Berücksichtigung bedarfsgesteuerter Bedienformen des ÖPNV. Arbeitsberichte aus der VTI-Agrarökonomie , No. 02/2010. http://econstor.eu/bitstream/10419/41463/1/625695291.pdf Böhler, Susanne et al. (2009). Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsformen im ÖPNV. Ein Beitrag zur Sicherung der Daseinsvorsorge in nachfrageschwachen Räumen. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH, Wuppertal. Hrsg. BMVBS http://www.laendlicherraum.bayern .de/fileadmin/Dokumente/PDF/Demographischer_Wandel/DL_HandbuchPlanungNeu.pdf Pro Bürgerbus NRW e.V. (2010). Bürger fahren Bürger. Bürgerbusse in Nordrhein-Westfalen. Leitfaden für die Einrichtung und den Betrieb von Bürgerbussen. http://www.bezreg-muenster .nrw.de/startseite/abteilungen/abteilung2/Dez_25_Verkehr/Steckbriefe/Buergerbusfoerderung /Leitfaden_Buegerbus_Stand_2009.pdf