Deutscher Bundestag Arbeitspapiere und Medienberichte zu einem möglichen zeitgleichen Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone und der EU Dokumentation Wissenschaftliche Dienste WD 5 – 3000 - 135/12 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 – 3000 - 135/12 Seite 2 Arbeitspapiere und Medienberichte zu einem möglichen zeitgleichen Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone und der EU Verfasser: Aktenzeichen: WD 5 – 3000 - 135/12 Abschluss der Arbeit: 05.09.2012 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 – 3000 - 135/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. EU- und Euro-Austritt 4 2. Euro-Austritt 6 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 – 3000 - 135/12 Seite 4 1. EU- und Euro-Austritt Die Nachrichtenplattform news.de bemerkt in einem am 5. Januar 2010 veröffentlichten Beitrag: „Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Möglichkeit eines Austritts von Mitgliedsländern in der Theorie durchgespielt. Im Dezember 2009 veröffentlichte die EZB ein Papier mit dem Titel : „Withdrawal and expulsion from the EU and EMU - Some reflections“ (Austritt und Ausschluß aus der EU und dem Euroraum – einige Überlegungen). In dem Papier heißt es, dass es rechtlich unvorstellbar erscheint, dass ein Mitgliedsstaat von der Eurozone austritt, ohne gleichzeitig die EU zu verlassen. An anderer Stelle kommt das Papier zu dem Schluss: «Ein Ausschluss eines Mitgliedsstaates aus der EU oder aus der Eurozone ist rechtlich so gut wie unmöglich.» Eine klare Absage an einen Austritt oder einen Ausschluss klingt jedoch anders. Renate Ohr, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Universität Göttingen, weist ebenfalls darauf hin, dass ein Austritt aus der Eurozone nicht geregelt sei. Da aber im Lissabon Vertrag mittlerweile ein Austrittsrecht aus der EU kodifiziert ist, könnte man dies vermutlich analog auch auf die Währungsunion anwenden. Dies müsste auch nicht den Austritt aus der EU insgesamt bedeuten. Noch einfacher wäre es laut Renate Ohr, in der Währungsunion offiziell drin zu bleiben, aber nicht am Euro teilzunehmen. Dieser Zustand gelte schon jetzt für die meisten osteuropäischen EU-Länder und Schweden1 . Mit dem Beitritt zur EU haben sie zugleich dem Beitritt zur Währungsunion zugestimmt, mit der Verpflichtung, wenn sie die Konvergenzkriterien erfüllen, den Euro zu übernehmen. Anders herum betrachtet könne ein Land sich theoretisch wieder eine eigene Währung schaffen und offiziell trotzdem in der Währungsunion bleiben, sagt Renate Ohr. Dafür könne es zum Beispiel sagen, dass es zur Zeit eben nicht die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufweist , um auch die Teilnahme am Euro zu verkraften.“ http://www.news.de/wirtschaft/855039069/ohne-euro-arm-dran/1/ (Stand: 04.09.2012) Das EZB-Papier vom Dezember 2009: Phoebus Athanassiou, 2009, Withdrawal and expulsion from the EU and EMU - some reflections, European Central Bank (ECB) – Anlage 1. http://www.ecb.int/pub/pdf/scplps/ecblwp10.pdf (Stand: 04.09.2012) Dirk Hanschel geht aus europa- und völkerrechtlicher Perspektive, angesichts der aktuellen Erschütterungen im Euroraum, der Frage nach, wie ausgewogen das vorhandene Regelwerk im Hinblick auf Beitritt, Austritt und Ausschluss zu bzw. aus der Europäischen Union sowie ihrer Währungsunion ist und bemängelt dabei eine Schieflage, die es gegebenenfalls durch Einräumung eines Ausschlussrechts als Ultima Ratio zu beseitigen gilt – ohne indes seiner Ausübung Vorschub leisten zu wollen (Der Rechtsrahmen für den Beitritt, Austritt und Ausschluss zu bzw. aus der Europäischen Union und Währungsunion, in: NVwZ 2012, 995) – Anlage 2. 1 Dänemark und Großbritannien haben ein Opting-Out im Vertrag, das bedeutet, dass sie nicht zugleich Mitglied der Währungsunion geworden sind – und wenn sie wollen – auch niemals den Euro übernehmen müssen. http://www.news.de/wirtschaft/855039069/ohne-euro-arm-dran/1/ (Stand: 04.09.2012) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 – 3000 - 135/12 Seite 5 http://beck-online.beck.de/default.aspx?typ=reference&y=300&z=NVWZ&b=2012&s=995&n=1 (Stand: 04.09.2012) René Höltschi bemerkt in einem, in der Neuen Zürcher Zeitung am 18. Februar 2012 erschienenen , Beitrag (Und wenn Griechenland austreten würde? Ausweg, Albtraum oder doch nur taktischer Bluff: Der «Grexit» geht um.): „Tatsächlich wäre ein Ausstieg eines Staats aus der Euro-Zone nicht einfach zu bewerkstelligen. In mancher Hinsicht erinnert die Euro-Zone an das «Hotel California» im Song der Eagles, das man nie mehr verlassen kann. Die Schwierigkeiten fangen damit an, dass der Lissabon-Vertrag («Grundgesetz» der EU) weder einen Ausschluss noch einen Austritt aus der Währungsunion vorsieht. Wer Wert auf Demokratie und Rechtsstaat legt, kann darüber nicht einfach hinwegsehen . Ein Ausscheiden müsste somit von den Staaten ausgehandelt und einstimmig beschlossen und dann ratifiziert werden, soll es nicht als unilateraler feindseliger Akt erfolgen. Allerdings ermöglicht der Lissabon-Vertrag das Verlassen der EU, weshalb zum Beispiel der Ökonom Philipp Bagus als möglichen Weg den gleichzeitigen Austritt aus EU und Währungsunion mit unmittelbarem Wiedereintritt in die EU beschrieben hat. Allerdings ist auch dies juristisch nicht unumstritten . Fraglich scheint zudem, wie seriös in der derzeit aufgeheizten Atmosphäre und unter ständigem Druck der Märkte verhandelt werden kann und ob alle anderen Staaten ihre Parlamente oder Stimmbürger von einer sofortigen Wiederaufnahme Griechenlands würden überzeugen können. Manche Politiker und Experten fürchten stattdessen politische Verwerfungen unter den Euro-Staaten und Unruhen im austretenden Land.“ – Anlage 3. http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/und_wenn_griechenland_austreten_wuerde-1.15126765 (Stand: 04.09.2012) Martin Seidel führt zum Thema Europäische Währungsunion und rule of law wie folgt aus: “Ein Mitgliedstaat der Währungszone, dessen wirtschaftliches Überleben nur außerhalb der Währungszone möglich ist, hat nach dem Unionsrecht einen Anspruch darauf, dass der Rat – in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs - sein Land von dem territorialen Geltungsbereich der Geldpolitik ausnimmt. Den komplizierten Umweg über einen Austritt aus der Europäischen Union als solcher und den Wiedereintritt in diese ohne Zugehörigkeit zur Währungsunion, den ein in der Europäischen Zentralbank entstandenes Rechtsgutachten für allein rechtens hält, braucht der Mitgliedstaat nicht zu gehen. Der auszeitwillige Mitgliedstaat kann verlangen, dass die anderen Mitgliedstaaten ihn bei der Durchsetzung seines Austrittbegehrens nicht behindern, die erforderlichen Rechtsakte nicht verweigern und ihm nach der Wiedereinführung einer eigenen Währung sowie einem unerlässlichen Schuldenschnitt die dann zur Stützung seiner Währung nach dem Vertrag von Rom und Maastricht möglichen differenzierten Währungsbeistände sowie wirtschaftlichen Aufbauhilfen nicht versagen. Erforderlichenfalls kann der Mitgliedstaat in Ausübung der ihm verbliebenen staatlichen Gesetzgebungshoheit vorab die eigene Währung wieder autonom einführen und den damit verbundenen Verstoß gegen vorrangiges Unionsrecht als durch die Notsituation legitimiert betrachten. Die anderen Mitgliedstaaten können nicht etwa gegenüber dem Austrittsbegehren eines Mitgliedstaates geltend machen, dass der Euro als weltweite Handels-, Anlage- und Reservewährung nur unter seiner weiteren Mitgliedschaft und unter Beibehaltung ihrer fiskalischen Hilfsmaßnahmen gerettet werden könne (Zentrum für Europäische Integrationsforschung –ZEI- Working Paper, No. B 05-2012)“ – Anlage 4. https://www.econstor.eu/dspace/bitstream/10419/60488/1/720838355.pdf (Stand: 04.09.2012) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 – 3000 - 135/12 Seite 6 2. Euro-Austritt Die weiteren Beiträge beschäftigen sich mit dem reinen Ausscheiden aus dem Euroverbund und zeichnen die daraus entstehen Folgen auf. Ruth Berschens, Stimmungsumschwung, Die Geopolitik rettet Griechenland, in: Handelsblatt online , 30.08.2012. http://www.handelsblatt.com/politik/international/stimmungsumschwung-die-geopolitik-rettetgriechenland /7072856.html (Stand: 04.09.2012) Benjamin Born u.a. untersuchen in einer Studie, ob der Austritt Griechenlands aus der Währungsunion , verbunden mit einer externen Abwertung der neuen Währung, als gangbare Alternative zur derzeitigen Strategie der internen Abwertung verbunden mit öffentlichem Kapitaltransfer darstellt. Dazu werden die makroökonomischen Konsequenzen von drei möglichen Zukunftsszenarien verglichen (Austritt Griechenlands aus der Europäischen Währungsunion: historische Erfahrungen , makroökonomische Konsequenzen und organisatorische Umsetzung, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung – Ifo Institut - , München, April 2012) – Anlage 5. http://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/ifoContent/N/pr/pr-PDFs/ifostudie-201205-Austritt _Griechenlands_aus_EWU.pdf (Stand: 04.09.2012) Sebastian Dullien, Daniela Schwarzer, Gefährliches Spiel mit dem Euro-Ausstieg. Ein Bankrott Griechenlands außerhalb der Euro-Zone wäre das ungünstigste Szenario, in: SWP-Aktuell 2011/A 54, November 2011, – Anlage 6. http://www.swp-berlin.org/de/publikationen/swp-aktuell-de/swp-aktuell-detail/article/euro_ausstieg _griechenlands_waere_riskant.html (Stand: 04.09.2012) , Auswirkungen einer möglichen Abwertung der griechischen Währung nach einem Austritt aus der Europäischen Währungsunion, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD – 3000 – 033/10, 09.03.2010. – Anlage 7. Helena Schwar, Konrad Daubek, Schuldenkrise/Griechenland/Sicherheit/Hintergrund,-Politikwissenschaftler uneins über "Grexit"-Folgen, Tickermeldung v. 29.08.2012 http://www.ticker.btg:88/dynamik/hi.php?schri=&high=\%27Grexit\%27&file=29-08- 12/31840360.xml (Stand: 04.09.2012) Friedrich L. Sell, Es gibt nicht nur die Wahl zwischen Skylla und Charybdis, in: Neue Zürcher Zeitung, 27.08.2012. http://www.nzz.ch/meinung/debatte/es-gibt-nicht-nur-die-wahl-zwischen-skylla-und-charybdis- 1.17528300 (Stand: 04.09.2012) Der Spiegel, Eurokrise, Hohe Arbeitslosigkeit, Uno warnt vor griechischem Euro-Austritt, in: Spiegel online, 31.08.2012. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/uno-warnt-vor-hoher-arbeitslosigkeit-nachgriechischem -euro-austritt-a-853076.html (Stand: 04.09.2012) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 – 3000 - 135/12 Seite 7 Prof. Dr. Thomas Straubhaar, Austritt Griechenlands aus dem Euro: Schuss ins eigene Bein, Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI), in: Standpunkt, 21. Mai 2012. http://www.hwwi.org/uploads/tx_wilpubdb/HWWI_Standpunkt_185.pdf (Stand: 04.09.2012) Stergios Xouridas, Ein differenzierter Blick auf einen Euro-Austritt Griechenlands, ZBW – Leibniz -Informationszentrum Wirtschaft, in: Wirtschaftsdienst 2012/6 www.wirtschaftsdienst.eu/downloads/getfile.php?id=2796... (Stand: 04.09.2012) Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW), Online-Katalog ECONIS Select – Austritt aus der Eurozone, Literaturübersicht, 08/2012 http://www.zbw.eu/kataloge/econis_select/econisselect_docs_2012/mi-austritt-aus-der-eurozone .htm (Stand: 04.09.2012)