© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 125/16 Auswirkungen der Erdverkabelung auf den Pflanzenbau Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 2 Auswirkungen der Erdverkabelung auf den Pflanzenbau Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 125/16 Abschluss der Arbeit: 27. Januar 2017 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Einleitung 4 3. Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) im Vergleich zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung (HDÜ) 5 4. Wärmeentwicklung und Veränderung der Bodenstruktur durch Erdkabel 6 5. Möglicher Einfluss auf landwirtschaftliche Erträge 9 5.1. TenneT und TransnetBW 11 5.2. Trüby-Studie 12 5.3. Landwirtschaftskammer Niedersachsen 13 5.4. Bundesverband Boden 14 5.5. BMU-Studie „Ökologische Auswirkungen von 380-kV- Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen“ 15 5.6. Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Bundestages 16 6. Betriebswirtschaftliche Auswirkungen für landwirtschaftliche Betriebe 17 7. Entschädigungsregelungen 18 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wurde nach zu erwartenden pflanzenbaulichen und betriebswirtschaftlichen Folgeschäden durch die Wärmeentwicklung der Erdkabel bei der SuedLinktrasse. 2. Einleitung Am 5. Oktober 2016 titelte die Neue Osnabrücker Zeitung „Landwirte sorgen sich wegen Erdverkabelung “. Sie sorgen sich „wegen einer möglichen zusätzlichen Erwärmung des Bodens“, der ständigen Erreichbarkeit der Trassen bei Störungen sowie wegen des Wertverlustes des Grund und Bodens.1 Die SuedLinktrasse, die Nord-Süd-Trasse, die den Strom von der Nordsee nach Bayern und Baden -Württemberg2 transportieren soll, war zunächst als Freileitungstrasse geplant. Aufgrund von Protesten in der Bevölkerung3 und der Intervention einiger Bundesländer4 gehört SuedLink nun zu einem Hochspannungs-Gleichstrom-Vorhaben mit gesetzlichem Erdkabelvorrang. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus5 im Dezember 2015 sind nun grundsätzlich - für die im Bundesbedarfsplan6 mit „E“ gekennzeichneten Vorhaben - Erdkabel für Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ)7 ein- 1 Neue Osnabrücker Zeitung „Landwirte sorgen sich wegen Erdverkabelung“. 5. Oktober 2016. Seite 5. 2 „Dort werden bis 2022 die noch verbliebenen Atomkraftwerke endgültig vom Netz gehen.“ https://www.netzausbau .de/leitungsvorhaben/bbplg/03/de.html 3 Erdkabel Offensive Suedlink. Gemeinsame Erklärung. http://www.eos-netzwerk.de/assets/eos-erklaerung.pdf (ANLAGE 1). 4 Siehe hierzu Antwort der Landesregierung von Niedersachsen auf eine Große Anfrage der Fraktion der FDP. Energie in Niedersachsen. 27.11.2014. LT-Drs. 17/3420, S. 24. CSU (2016). Aigner zu Erdkabel-Korridoren. „Monstertrassen sind vom Tisch“. Artikel vom 27.09.2016. http://www.csu.de/aktuell/meldungen/september-2016/monstertrassen-sind-vom-tisch/ Land Brandenburg. Gesetzesantrag. BR-Drs. 374/12. http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen /2012/0301-0400/374-12.pdf?__blob=publicationFile&v=3 5 BGBl I 2015, 2490. https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&start=//*%255B@attr_id=%27bgbl115s2490.pdf%27%255D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D %27bgbl115s2490.pdf%27%5D__1484664618019 Gesetzentwurf. BT-Drs. 18/4655. http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/046/1804655.pdf; Beschlussempfehlung und Bericht http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/069/1806909.pdf 6 Der Bundesbedarfsplan findet sich als Anlage im Gesetz über den Bundesbedarfsplan (Bundesbedarfsplangesetz - BBPlG). (Der Bundesbedarfsplan liegt als ANLAGE 2 bei). 7 „Höchstspannung von 220 Kilovolt (kV) oder 380 kV, bei den geplanten neuen Höchstspannungs-Gleichstrom- Übertragungsleitungen mit bis zu 525 kV.“ https://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Netze-und-Netzausbau /stromnetze-der-zukunft.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 5 zusetzen. Ausnahmen hiervon regelt § 3 Abs. 2 des Gesetzes über den Bundesbedarfsplan (Bundesbedarfsplangesetz - BBPlG)8. Durch Erdleitungen, obgleich aufwändiger als Freileitungen, soll die Akzeptanz für das Leitungsbauvorhaben erhöht und die Realisierung des Vorhabens beschleunigt werden.9 Der Bau von SuedLink wurde im Bundesbedarfsplan als Vorhaben Nr. 3 und Nr. 4 gekennzeichnet . Die beiden Trassen sollen vom schleswig-holsteinischen Brunsbüttel bis nach Großgartach in Baden-Württemberg und vom schleswig-holsteinischen Wilster bis nach Grafenrheinfeld in Bayern verlegt werden. Beide Trassen werden von den Übertragungsnetzbetreibern TenneT und TransnetBW geplant und ausgeführt.10 3. Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) im Vergleich zur Höchstspannungs- Drehstrom-Übertragung (HDÜ) Der Stromtransport über große Distanzen auf Höchstspannungsebene mit HGÜ-Erdkabeln ist vergleichsweise neu. Bislang erfolgte die Übertragung von Höchstspannung im Regelfall über Freileitungen und unter Einsatz von Drehstrom.11 Erdkabel können sowohl Drehstrom als auch Gleichstrom transportieren. Gleichstrom fließt ständig in dieselbe Richtung und wird nur auf den Ebenen Hoch- und Höchstspannung verwendet. Dreh- bzw. Wechselstrom ändert seine Flussrichtung in regelmäßigen Zeitabständen und transportiert Strom auf den unterschiedlichen Spannungsebenen Nieder-, Mittel-, Hoch- und Höchstspannung . Die HGÜ-Technik ist nach Angaben von Staatssekretär Baake vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) für „großräumige Übertragungsaufgaben wie bei SuedLink die gegenüber Wechselstrom überlegene Technologie“.12 Auch die Amprion GmbH erläuterte in einer Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie im Oktober 2015, aus Systemsicht sei die Verkabelung in Gleichstromtechnik einfacher, da im Gegensatz zur Drehstromtechnik das Kabel in 8 BGBl. 2013 I, S. 2543; 2014 I S. 148, 271), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 (BGBl. 2016 I, S. 1786). https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bbplg/gesamt.pdf 9 Vgl. BT-Drs. 18/6909. http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/069/1806909.pdf 10 Als ANLAGE 3 liegt der Stand des Ausbaus von Leitungsvorhaben nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) und dem Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) zum dritten Quartal 2016 (Stand: 20. September 2016) bei. 11 Vgl. https://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Netze-und-Netzausbau/stromnetze-der-zukunft.html; https://www.netzausbau.de/wissenswertes/technik/de.html 12 EOS (2015). Verbund der Bürgerinitiativen entlang des SuedLink. Bericht zum Gespräch mit Staatssekretär Baake vom BMWi in Berlin am 12.11.2015 von 12:00 – 13:00 Uhr mit den Anmerkungen von Herrn Ministerialrat Schultz in Kursiv-Schrift. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 6 der Gleichstromtechnik keinen permanenten Ladestrom benötige.13 Und auch ABB, ein Unternehmen der Energie- und Automationstechnik, bescheinigte HGÜ-Erdkabeln im Oktober 2015 einige technische Vorteile im Vergleich zu HDÜ-Erdkabeln. Gleichstromkabel könnten nicht nur deutlich höhere Leistungen übertragen, auch die statischen Magnetfelder seien geringer und elektrische Felder würden vom Kabelschirm komplett abgeschirmt.14 4. Wärmeentwicklung und Veränderung der Bodenstruktur durch Erdkabel ABB wies in der oben erwähnten Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung im Oktober 2015 zudem auf die geringere Wärmeentwicklung und den geringeren Tiefbau- und Verlegeaufwand von HGÜ-Kabeln im Vergleich zu HDÜ-Kabeln hin. Demnach würden in der Isolation von Gleichstromkabeln keine dielektrischen Verluste (i.e. Verluste in der Isolierung) entstehen und in den Kabelschirmen und -bewehrungen träten keine Wirbelströme auf, daher würde auch keine zusätzliche Erwärmung des Kabels erfolgen.15 Im Vergleich zu den Drehstromkabeln muss bei Gleichstromkabeln pro Übertragungssystem zudem ein Kabel weniger verlegt werden, was in der Regel zu kleineren Trassen führt.16 Bereits im Umweltbericht 2013 der Bundesnetzagentur war dargelegt worden, dass die Erwärmung der Bodenumgebung bei der Übertragung von Gleichstrom geringer sei als bei der Übertragung von Drehstrom, so dass die Kabel bei sandigen Böden teilweise direkt im Graben verlegt werden könnten und keine Auffüllung zum Schutz des Kabels notwendig sei.17 Die im Jahr 2009 erstellte Studie „Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen “ von der Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH, der Universität Duisburg-Essen und der Gesellschaft für Energie und Oekologie mbH, erläutert ausführlich zur Kabeltemperatur: 13 Stellungnahme der Amprion GmbH für die öffentliche Anhörung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Bestimmungen des Rechtes des Energieleitungsbaus. 14. Oktober 2015. Ausschussdrucksache 18(9)543. Ausschuss für Wirtschaft und Energie. 18. Wahlperiode. https://www.bundestag .de/blob/391594/f86f5faf359590214cb1b32256dbca0b/amprion-gmbh-data.pdf 14 https://www.bundestag.de/blob/391440/0b2d3bd7c093ca9a97c3ac405207118b/abb-ag-data.pdf 15 https://www.bundestag.de/blob/391440/0b2d3bd7c093ca9a97c3ac405207118b/abb-ag-data.pdf 16 Vgl. Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN)/Institut für Energieversorgung und Hochspannungstechnik Leibniz Universität Hannover/Institut für deutsches und internationales Berg- und Energierecht der Technischen Universität Clausthal/Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht der Georg- August-Universität Göttingen/OECOS GmbH (2011). BMU-Studie „Ökologische Auswirkungen von 380-kV-Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen“ (03MAP189 Laufzeit: 01.10.2009-31.12.2011). Auftraggeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Bd. 3, S. 85. http://www.gbv.de/dms/clausthal /E_BOOKS/2012/2012EB137.pdf; siehe auch S.118. http://data.netzausbau.de/2023/UB/Umweltbericht _2013.pdf 17 Bundesnetzagentur (2013). Umweltbericht 2013. (Stand: Dezember 2013), S.118. http://data.netzausbau .de/2023/UB/Umweltbericht_2013.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 7 „Durch den Stromfluss im Leiter wird Wärme erzeugt, die über die Isolierung des Kabels an den Boden abgegeben wird. Die zulässige Höchsttemperatur der Isolationsmaterialien, die je nach Material zwischen 70°C (Massekabel) und 90°C (VPE-Kabel) liegt, darf im Betrieb nicht überschritten werden, da es sonst zu einer beschleunigten Alterung der Kabelisolierung und damit letztlich zu einer Beschädigung der Kabel kommen kann. (…) Allerdings ist zu beachten , dass Höchstspannungskabel im normalen Netzbetrieb nie voll ausgelastet werden (…): Dies bedeutet, dass im störungsfreien Betrieb jedes System nur mit 50 % der Höchstlast das Kabels beansprucht wird. Zudem liegen aufgrund des Lastverlaufs im zeitlichen Mittel ohnehin weniger als 30…40 % der Höchstlast an; bei Ableitung von Strom aus Windenergieanlagen ist mit einem zeitlichen Mittelwert von rd. 43 % zu rechnen. So wurden beim seit 2002 in Betrieb befindlichen Kabel für die Netzanbindung des dänischen Offshore-Windparks Horns Rev 1 auch in der unmittelbaren Nähe des Kabels nur Temperaturerhöhungen von wenigen K [Kelvin] festgestellt. Da die Stromwärmeverluste quadratisch vom Laststrom abhängen, betragen sie – und mit ihnen die Kabelerwärmung – im zeitlichen Mittel nur 10…20 % der für die Höchstlast zu erwartenden Werte. Wegen der großen thermischen Zeitkonstanten der Kabel und vor allem des umgebenden Bodens (hier kann u.U. thermisch stabilisierter Boden eingesetzt werden (…) bleiben damit die Kabeloberflächentemperaturen weit unter den oben genannten Höchstwerten. Die tatsächliche Kabeltemperatur ist daher abhängig von den jeweiligen Verlegebedingungen und bei der Auswirkungsprognose (…) entsprechend zu berücksichtigen .“18 Des Weiteren heißt es dort zur Bodenverdichtung: „Grundsätzlich wird bei der Verfüllung des Kabelgrabens das ursprüngliche Bodenmaterial wiederverwendet und nach Ober- und Unterboden getrennt eingebaut. Auch bei Verwendung desselben Bodenmaterials ist in der verfüllten Baugrube allerdings das gewachsene Bodenprofil zerstört und kann nur in langen Zeiträumen regenerieren. Soweit der Boden bei der Verfüllung verdichtet wird, kann es zu einer Verringerung des Porenvolumens gegenüber dem ursprünglichen Zustand kommen, was die Durchwurzelbarkeit sowie die Wasser- und Nährstoffaufnahme für Pflanzen einschränkt (…). Es liegt eine Meldung über eine Leitungstrasse vor, über der ein stark vermindertes Wachstum von Maispflanzen festgestellt wurde, welches möglicherweise von einer starken Bodenverdichtung und einer dadurch bedingten schlechten Wasserversorgung herrührt (…). Bei den bisher in Dänemark verlegten Kabeln wurden allerdings keine derartigen Auswirkungen beobachtet, es gab auch keine dahingehenden Beschwerden von Landnutzern.“19 18 Rassmus, Jörg et al. (2009). Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen. FuE-Vorhaben FKZ 806 82 070. Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH/ Universität Duisburg-Essen Fakultät für Ingenieurswissenschaften Fachgebiet Energietransport und –speicherung/ Gesellschaft für Energie und Oekologie mbH. Endbericht, 51. https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/erneuerbareenergien /endbericht_ausbau_stromleitung_kueste.pdf 19 Rassmus, Jörg et al. (2009). Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen. FuE-Vorhaben FKZ 806 82 070. Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH/ Universität Duisburg-Essen Fakultät für Ingenieurswissenschaften Fachgebiet Energietransport und –speicherung/ Gesellschaft für Energie und Oekologie mbH. Endbericht, S. 93f. https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/erneuerbareenergien /endbericht_ausbau_stromleitung_kueste.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 8 Die Studie „Ökologische Auswirkungen von 380-kV-Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen“ 20, die im Zeitraum von 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2011 im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) vom EnergieForschungszentrum Niedersachsen (EFZN) in Zusammenarbeit mit der OECOS GmbH erstellt wurde, bewertet die verschiedenen technischen Möglichkeiten eines Ausbaus der Höchstspannungsnetze auf Basis der HDÜ- und der HGÜ-Technik vor allem aus Umweltsicht. Sie befasst sich dabei auch mit den Möglichkeiten der Erdleitung im Vergleich zur Freileitungstechnik. Zur Wärmeentwicklung von Höchstspannungserdleitungen wird in der viel zitierten Studie Folgendes ausgeführt: „Während des Betriebs erwärmt sich ein Höchstspannungskabel und gibt diese Wärme anschließend an das Erdreich ab (…). Die Erwärmung an der Leiteroberfläche ist abhängig von einer Reihe von Faktoren, u.a.: der Legetiefe, . der Kabelisolierung, der Bettung des Kabels, der Anordnung der Kabel, dem Kabelabstand untereinander, der Wärmeleitfähigkeit des Erdreichs, ergänzender Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen sowie vor allem der tatsächlichen Kabelauslastung (…).“21 Des Weiteren heißt es dort, da eine ins Erdreich abfließende Verlustwärme stets auch einen wirtschaftlichen Verlust darstelle, sei es sowohl im ökologischen wie im ökonomischen Interesse, die Wärmeentwicklung im Kabel und seiner Umgebung gering zu halten. Die Kabelauslegung werde sich u.a. auch daran orientieren, einen dauerhaften wirtschaftlichen Verlust durch unnötige Abwärme auszuschließen. Die Bodenbeschaffenheit bzw. der Bodentyp spiele bei den Auswirkungen der Verlustwärme eine zentrale Rolle. So würden trockenere Böden die Wärme schlechter transportieren als feuchte Böden, wodurch es bei trockenen Böden zu einer Erhöhung des Temperaturgradienten und dementsprechend auch zu einem Anstieg der Kabeltemperatur komme, dies sollte bei der Planung berücksichtigt werden. Zudem wird darauf hingewiesen, dass für Erdleitungen im Nieder- bis Mittelspannungsbereich die Bodenerwärmung, ausgelöst durch den Betrieb von Erdkabeln, als Umweltfaktor vernachlässigt werden könne. Nur bei über eine längere Zeit unter Höchstlast genutzte Kabel könnten Erwärmung und auch Austrocknung des Bodens 20 Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN)/Institut für Energieversorgung und Hochspannungstechnik Leibniz Universität Hannover/Institut für deutsches und internationales Berg- und Energierecht der Technischen Universität Clausthal/Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht der Georg-August- Universität Göttingen/OECOS GmbH (2011). BMU-Studie „Ökologische Auswirkungen von 380-kV-Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen“ (03MAP189 Laufzeit: 01.10.2009-31.12.2011). Auftraggeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. 4 Bände. http://www.gbv.de/dms/clausthal /E_BOOKS/2012/2012EB137.pdf 21 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 9 kleinräumig bzw. vorübergehend graduell zu Veränderungen führen. Für die bisher wenig erprobten Erdkabel auf der Höchstspannungsebene werde es maßgeblich von deren technischer Auslegung abhängen, ob es zu nennenswerten Bodenveränderungen kommen könne.22 Im Endbericht Rassmus et al. (2009) wird festgestellt, da vollständig ausgetrocknete Böden nur etwa 40 % der Wärmeleitfähigkeit eines feuchten Bodens aufweisen würden, werde die Wärme schlechter abtransportiert. Dies könne bei Kabeln, die an ihrer Belastungsgrenze betrieben würden , zu einer Überhitzung des Kabels führen. Besonders problematisch seien in dieser Hinsicht Lehmböden, in denen bei Austrocknung Schrumpfungsrisse entstünden. Solche Hohlräume würden zu einer nochmaligen Verringerung der Wärmeleitung führen. Aus diesem Grund würden Kabel in der Regel unterhalb ihrer thermischen Grenzleistung betrieben. Sollten Kabel höher ausgelastet werden, so müssten bei Böden, bei denen durch den Betrieb des Kabels mit einer Austrocknung zu rechnen sei, Maßnahmen zur Reduktion der Bodenerwärmung ergriffen werden. Dies könne entweder durch eine Einbettung des Kabels in thermisch stabilisierte Materialien wie gestufte Sande oder Magerbeton etc. geschehen. 23 5. Möglicher Einfluss auf landwirtschaftliche Erträge Im Umweltbericht 2013 der Bundesnetzagentur wird festgestellt, in Bezug auf die Landwirtschaft sei möglicherweise aufgrund der im Normalbetrieb geringen Wärmeemissionen einerseits und der Robustheit heutiger Kultursorten andererseits nicht mit nennenswerten Beeinträchtigungen zu rechnen. Belastbare Untersuchungen, die der Komplexität möglicher Bodentypen, Anbausorten und Kabelbelastungssituationen auf Höchstspannungsebene gerecht würden, würden jedoch noch weitgehend fehlen. Wichtig sei letztlich die technische Auslegung des jeweiligen Kabels.24 Nach telefonischer Auskunft von TenneT am 24. Januar 2017 würden Erdkabel in der norddeutschen Tiefebene in 1,5 bis 2 m Tiefe verlegt. Bei der HGÜ-Übertragung würden in der Regel VPE25-Leitungen genutzt, für die der Hersteller eine Gewährleistung bis zu einer Erwärmung von bis zu 70 Grad Celsius („Maximallast“) übernehme. Durch den Kabelmantel würden die Temperaturen auf 30 bis 40 Grad Celsius reduziert. Die Erwärmung der Erdoberfläche hänge u.a. von der Bodenbeschaffenheit ab.26 22 Ebenda. 23 Rassmus, Jörg et al. (2009). Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen. FuE-Vorhaben FKZ 806 82 070. Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH/ Universität Duisburg-Essen Fakultät für Ingenieurswissenschaften Fachgebiet Energietransport und –speicherung/Gesellschaft für Energie und Oekologie mbH. Endbericht, S. 68. https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/erneuerbareenergien /endbericht_ausbau_stromleitung_kueste.pdf 24 Bundesnetzagentur (2013). Umweltbericht 2013. (Stand: Dezember 2013), S. 149f. http://data.netzausbau .de/2023/UB/Umweltbericht_2013.pdf 25 VPE (vernetztes Polyethylen). 26 Telefonische Auskunft vom 24. Januar 2017. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 10 Auf der Fachkonferenz „Stromnetzausbau mit Erdverkabelung – aus den Augen, aus dem Sinn?“ am 1. Dezember 2015 erläuterte Dr. Elke Bruns den derzeitigen Erkenntnisstand zu betriebsbedingten Wärmeemissionen durch Erdleitungen. Sie schlussfolgerte, eine Minderung der Ertragsfähigkeit durch Erwärmung sei eher unwahrscheinlich, es seien allerdings eine Vertiefung des ökologischen Wirkungswissens und der Begleitforschung wünschenswert.27 Die Ergebnisse des aktuellen Projekts „Auswirkungen verschiedener Höchstspannungs-Erdkabelsysteme auf Natur und Landschaft und Hinweise für eine naturverträgliche Trassengestaltung von Erdkabeltrassen, u. a mit Gehölzen“28 sind noch nicht veröffentlicht. Sie bilden jedoch die Grundlage für den am 13. September 2016 von Bruns gehaltenen Vortrag zu „Erdverkabelung und Netzausbau: Erfahrungen – Auswirkungen – Perspektiven“29, in dem u. a. auch über Wärmeemissionen des Erdkabels auf den Boden referiert wurde. Demnach können die Wärmeemissionen des Kabels für den Boden und Wasser als „vernachlässigbar“ eingestuft werden. Siehe hierzu nachfolgende Tabelle: 27 Bruns, Elke (2015). Auswirkungen beim Bau und Betrieb von Erdkabeltrassen (Gleich‐ und Wechselstrom). https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/Dokumente/5_Energie/Versorgungssicherheit /SuedLink/Dokumentation/01122015_Leingarten/20151201_Erdkabelkonferenz_Bruns_Umweltauswirkungen .pdf 28 EKNA – UMWELTAUSWIRKUNGEN VON ERDKABELN UND OPTIONEN FÜR EINE NATURVERTRÄGLICHE TRASSENGESTALTUNG. Projekttitel: Auswirkungen verschiedener Höchstspannungs-Erdkabelsysteme auf Natur und Landschaft und Hinweise für eine naturverträgliche Trassengestaltung von Erdkabeltrassen, u. a mit Gehölzen. https://www.natur-und-erneuerbare.de/projektdatenbank/projekte/ekna-umweltauswirkungen-vonerdkabeln -und-optionen-fuer-eine-naturvertraegliche-trassengestaltung/ 29 Bruns, Elke (2016). Vortrag im Rahmen des F+E-Vorhabens „Auswertung deutschland- und EU-weiter Höchstspannungs -Erdkabelprojekte hinsichtlich vorhabenspezifischer Auswirkungen und Trassengestaltung aus Naturschutzsicht – Erarbeitung erster Hinweise für eine naturverträgliche Trassengestaltung mit Gehölzen“ (E- KNA). Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN) - Arbeitskreis Erneuerbare Energien (Netzausbau) und Naturschutz. 13. September 2016 in Magdeburg. http://www.bbn-online.de/fileadmin/AK_EE/2016.09.13_Magdeburg /Bruns_13.09.2016_Erdkabel.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 11 Quelle: Bruns (2016).30 5.1. TenneT und TransnetBW Nach Angaben der Übertragungsnetzbetreiber TenneT und TransnetBW, seien Auswirkungen von Gleichstromkabel auf die landwirtschaftliche Nutzung vergleichbar mit denen anderer unterirdischer Infrastruktur. Langfristige Ertragsminderungen seien nicht zu erwarten. Die Trasse müsse lediglich von tiefwurzelndem Gehölz freigehalten werden.31 Vor allem in der Bauphase kann die Verlegung von Erdkabeln zu Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, insbesondere zur Bodenverdichtung , der Störung des Bodengefüges und des Bodenwasserhaushaltes führen.32 Die Baumaßnahmen würden von TenneT und TransnetBW eng bodenfachlich begleitet, um die Eingriffe in den Boden so gering wie möglich zu halten. Hierfür würden auch externe, unabhängige Gutachter während der Bauphase einbezogen. Vor Baubeginn werde mit Blick auf die Bodenverdichtung ein Referenzwert für die originale Bodenverdichtung gemessen. Baustraßen würden so errichtet , dass eine maximale Verteilung der darüber zu transportierenden Lasten erfolge. Ziel sei eine minimale Kraftauswirkung auf den Boden. Zudem werde eine permanente, neutrale bodenkundliche Bauüberwachung durchgeführt. Die Lagerung der Böden erfolge normgerecht (z.B. separate Lagerung von Unter- und Oberboden) und in den entsprechenden Dimensionen (z.B. Vorgaben zu Abdeckungen, Abständen, Schüttwinkeln). Um den Wasserhaushalt so gering wie mög- 30 Ebenda. 31 Antwort auf Frage 15. http://www.tennet.eu/de/unser-netz/onshore-projekte-deutschland/suedlink/haeufiggestellte -fragen/; Vgl. auch http://www.netzausbau-niedersachsen.de/downloads/suedlink-projektbroschuere .pdf 32 http://www.gbv.de/dms/clausthal/E_BOOKS/2012/2012EB137.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 12 lich zu beeinflussen, würden vorhandene Drainagesysteme im Anschluss wieder komplett hergestellt und die Wasserqualität permanent überprüft. Ziel sei es, die Fläche nach Abschluss des Baus vollständig zu rekultivieren.33 Die Grafik zeigt die Möglichkeiten zur Bewirtschaftung der Flächen nach Abschluss der Erdkabelverlegung: Quelle: TenneT.34 TransnetBW schildert in der Broschüre „SuedLink. BODENSCHUTZ bei Hochspannungs-Gleichstrom -Übertragung mittels Erdkabel“35 u.a. die von TransnetBW und TenneT geplanten Maßnahmen zum Schutz des Bodens und verweisen auf die Feldstudie von Trüby. 5.2. Trüby-Studie Prof. Peter Trüby von der Universität Freiburg untersuchte im Auftrag der Amprion GmbH anhand von Feldversuchen die Auswirkungen des Betriebs von Hochspannungserdkabelanlagen (110kV-Leitungen) auf Boden und Pflanzen. Die Wärmeabgabe eines Erdkabels wurde durch eine Heizanlage simuliert. Trüby ging der Frage nach, wie Hochspannungserdkabel den Wärme-und Wasserhaushalt des Bodens verändern. Er kam zu dem Ergebnis, Hochspannungserdkabel hätten 33 Antwort auf Frage 16. http://www.tennet.eu/de/unser-netz/onshore-projekte-deutschland/suedlink/haeufiggestellte -fragen/ 34 HGÜ- Erdkabel. Erdverkabelung bei HochspannungsGleichstrom-Übertragung (HGÜ). S. 7. (ANLAGE 4). http://www.tennet.eu/fileadmin/user_upload/Our_Grid/Onshore_Germany/Allgemein/151022_HGUE_Erdkabel _1_.pdf 35 TransnetBW (2016). SuedLink. BODENSCHUTZ bei Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung mittels Erdkabel. (Stand: September 2016). https://www.transnetbw.de/downloads/uebertragungsnetz/projekte/suedlink/factsheets /factsheet-bodenschutz.pdf?v2 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 13 „marginalen bzw. keinen Einfluss auf Getreide- und Kartoffelanbau“.36 Er interpretierte die Feldversuche dahingehend, dass es keinen Hinweis auf substantielle Ertragseinbußen durch die Anlage und den Betrieb einer Erdkabelanlage gebe. Aus den Feldversuchen sei allerdings auch nicht abzuleiten, dass Auswirkungen auf landwirtschaftliche Kulturen auszuschließen seien: Quelle: Trüby.37 5.3. Landwirtschaftskammer Niedersachsen Dr. Kirsten Madena (2015) berichtet über eine Untersuchung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen aus dem Jahr 2014 und attestierte zunächst Aufwuchsschäden bei einer (HGÜ)-Trasse, die im Jahr 2009 fertig gestellt worden sei: Bei Winterweizen sei eine reduzierte Jugendentwicklung sichtbar geworden. Aufgrund der sehr guten Witterungsverhältnisse des Jahres 2014 habe es jedoch keine signifikanten Ertragsunterschiede gegeben. Weitere Untersuchungen seien sinnvoll: 36 Trüby, Peter (o.J.). Betrieb von Hochspannungserdkabelanlagen. Experimente zur Einschätzung der Auswirkungen auf Boden und Pflanzen. Studie im Auftrag der Amprion GmbH P. Öffentlich bestellter, vereidigter Sachverständiger für land- und forstwirtschaftliche Bodenkunde. https://www.nabu.de/imperia/md/content /nabude/energie/ws1_tr__by.pdf 37 https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/energie/ws1_tr__by.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 14 Quelle: Madena, Kirsten (2015).38 5.4. Bundesverband Boden Dr. Norbert Feldwisch, Vizepräsident des Bundesverbandes Boden e.V., listet in der nachfolgenden Abbildung unter Punkt 2, potenzielle Beeinträchtigungen auf das Schutzgut Boden. Er kommt zu dem Ergebnis, dass Beeinträchtigungen begrenzt, aber nicht vollständig vermieden werden könnten. Für das Schutzgut Boden sei eine bodenkundliche Baubegleitung notwendig: Quelle: Feldwisch (2016).39 38 Madena, Kirsten (2015). Energiewende – ein Thema für den Boden? Landwirtschaftskammer Niedersachsen. http://www.lbeg.niedersachsen.de/aktuelles/veranstaltungen/veranstaltungsberichte/tagung-endergiewendeam -12032015-tagungsbericht-132218.html 39 Feldwisch, Norbert (2016). Erdkabel – Auswirkungen auf das Schutzgut Boden. CIGRE/CIRED-Informationsveranstaltung am 24.10.2016 in Wiesbaden. https://www.vde.com/resource /blob/980076/c2ba568c743e8833cf25ff885891834b/vortrag-feldwisch-data.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 15 Für weitere Minimierungsvorschläge siehe auch Vorschläge von Prof. Dr.-Ing. Karsten Runge (2016) in seinem Power-Point-Vortrag vom 21. Juni 2016: „Minimierungsmaßnahmen und Baubegleitung zum Schutz des Bodens“ unter folgendem Link: http://oecos.com/fileadmin/downloads /160621-Runge-Bodenschutz-HGUE-Kabel.pdf 5.5. BMU-Studie „Ökologische Auswirkungen von 380-kV-Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen “ Die Ergebnisse der Studie „Ökologische Auswirkungen von 380-kV-Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen “40 bezüglich der Auswirkungen von HGÜ-Erdkabeln auf die Landwirtschaft bilden die Basis für spätere Veröffentlichungen (wie z.B. den Umweltbericht 2013)41. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen gut regenerierbar seien und aufgrund der Robustheit heutiger Kultursorten werde nicht mit nennenswerten landwirtschaftlichen Beeinträchtigungen gerechnet. Zudem wird aus Erfahrungen in Dänemark hingewiesen: „Landwirtschaftlich genutzte Flächen, insbesondere Ackerflächen, sind nach fachgemäß ausgeführten Tiefbauarbeiten, die übermäßige Bodenverdichtungen vermeiden, im Allgemeinen gut regenerierbar. In Einzelfällen gibt es jedoch schutzwürdige Äcker und Ackerbrachen, deren Zustand nur bedingt regenerierbar ist und die bei der Trassenwahl nach Möglichkeit umgangen werden sollten (…).“ Des Weiteren wird dort Folgendes ausgeführt: „Aufgrund der im Normalbetrieb geringen Wärmeemissionen einerseits und der Robustheit heutiger Kultursorten andererseits rechnen wir nicht mit nennenswerten landwirtschaftlichen Beeinträchtigungen. Belastbare Untersuchungen, die der Komplexität möglicher Bodentypen, Anbausorten und Kabelbelastungssituationen auf Höchstspannungsebene gerecht werden, fehlen jedoch noch weitgehend. PATIL et al. (2010) stellten in einem Feldversuch zum Klimawandel bei einer dauerhaften Bodenerwärmung um 5 K in 10 cm Tiefe eine Verschiebung von Wachstumsphasen zugunsten der Halmentwicklung und zu Ungunsten der Ährenentwicklung von Weizen fest. Die Folgen möglicher Wärmeemission von Hochspannungskabeln auf den Getreideanbau wurden nach einem an der Universität Freiburg durchgeführten Freilandversuch von TRÜBY u. UTHER (2011) als marginal bezeichnet (…). Viel hängt letztlich von der technischen Auslegung des jeweiligen Kabels ab. Wenn seltene Ausnahmesituationen einer über lange Zeit andauernden deutlich erhöhten Wärmeemission auf schlecht ableitenden Böden mit phänologisch empfindlichen Entwicklungsphasen (z.B. Frühjahrsaustrieb) zusammentreffen , können landwirtschaftliche Beeinträchtigungen, bspw. durch Spätfrost, nicht ausgeschlossen werden. (…) 40 BMU-Studie. http://www.gbv.de/dms/clausthal/E_BOOKS/2012/2012EB137.pdf 41 Sowie Runge, der an der umfangreichen Studie des BMU beteiligt war, in seinem Gutachten Runge et al. (2012) im Auftrag der Bundesnetzagentur „Umweltauswirkungen unterschiedlicher Netzkomponenten“ vom September 2012 wichtige Aspekte der Umweltauswirkungen zusammen. Hamburg. Hrsg. OECOS GmbH. September 2012. https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/2022/UB/GutachtenRunge.pdf?__blob=publication File Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 16 Aus Erfahrungen bei mechanischen Bodeneingriffen für Leitungstrassen in Dänemark schließen GEO et al. (…), dass es bei diesen Arbeiten nicht zwangsläufig zu Bodenverdichtungen und entsprechenden landwirtschaftlichen Nutzungseinschränkungen kommen muss. Bodenverdichtung kann im Falle einer Bündelung der benötigten Fahrstraßen bzw. Kabeltrassen mit bereits vorhandenen Verkehrswegen leicht vermieden werden (…), doch führt dies ggf. zu kostenwirksamen Umwegen (…). Die Reduzierung der besonders schwerlastigen Transporte auf die Kabeleinzugspunkte und die flexible Anlage mobiler Baustraßen sind weitere Maßnahmen , die einer Bodenverdichtung entgegenwirken (…). Aufgrund der besonderen Verdichtungsgefährdung nasser Böden sind an empfindlichen Standorten in Schlechtwetterphasen ggf. Bauverzögerungen nicht auszuschließen.“42 5.6. Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Bundestages Im Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss ) gemäß § 56a der Geschäftsordnung (Technikfolgenabschätzung - TA) mit dem Titel „Moderne Stromnetze als Schlüsselelement einer nachhaltigen Stromversorgung“ vom 8. September 2015 heißt es: „Die Verlegung von 380-kV-Erdkabeln in offenem Gelände wird im klassischen Tiefbauverfahren realisiert (während Erdkabel bis zu einer Spannung von 110 kV teilweise auch eingepflügt werden). Die Verlegungstiefe beträgt im Freiland in der Regel 1,5 bis 2 m. Über dem je nach Bodenverhältnissen ggf. notwendigen Bettungsmaterial aus z.B. Sand oder Magerbeton, das dem mechanischen Schutz sowie zum Ableiten von Verlustwärme dient, wird nach der Verlegung rund 1 m Erdboden wieder aufgefüllt. Die Trassenbreite ist abhängig von der Anzahl der verlegten Kabelsysteme und der gewählten Verlegungsvariante. (…) Infolge der umfangreichen Tiefbauarbeiten überwiegen bei Erdkabeln die baubedingten gegenüber den betriebsbedingten Umweltauswirkungen. Für die Verlegungen der Erdkabel wird die Vegetation entlang des gesamten Trassenverlaufs vollständig entfernt sowie das Bodenmaterial entnommen und später zum Teil wieder eingefüllt. (...). Im Offenland, z.B. auf Acker- oder Grünlandbiotopen (ohne Standortbesonderheiten), ist der Lebensraumverlust im Bereich von Erdkabeltrassen meist nur vorübergehend, da nach Abschluss der Bauarbeiten sich der vormals vorhandene Lebensraum in der Regel wieder vollständig regenerieren kann (…). Voraussetzung dafür ist, dass die verschiedenen Bodenhorizonte während des Aushubs getrennt gelagert und anschließend in ihrer natürlichen Schichtung wieder eingebaut werden (…). Eine Regenerierung kann dagegen nur schwer oder gar nicht mehr erfolgen, falls schwere Baufahrzeuge und -materialien (eine Kabelspule wiegt z.B. bis zu 40 t, (…) zu einer starken, die Bodenfunktionen beeinträchtigenden Bodenverdichtung führen, (…). Dagegen können Erdkabel aufgrund ihrer betriebsbedingten Erwärmung signifikante Wirkungen auf Boden und Vegetation haben. Ausgehend von einer maximalen Betriebstemperatur der Erdkabel bei Dauerbelastung unter Volllast von 90 °C kann sich die Bodenoberfläche direkt über der Kabeltrasse je nach lokalen Bodenverhältnissen und technischer Auslegung der Kabel (Grabenprofil , Bettungsmaterialien, Tiefe und Anzahl der Kabel etc.) um bis zu 2 °C erwärmen (…). Eine 42 BMU-Studie. http://www.gbv.de/dms/clausthal/E_BOOKS/2012/2012EB137.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 17 viel stärkere Wärmeeinwirkung kann unter diesen Umständen auf das Erdreich in unmittelbarer Nähe zum Erdkabel erwartet werden, wie Simulationsrechnungen von Hofmann et al. (2011) nahelegen (…). Allerdings werden Erdkabel im Normalbetrieb in der Regel nicht dauerhaft mit dem vollen Nennstrom ausgelastet, sodass starke Wärmeeinwirkungen eher Ausnahmesituationen darstellen dürften (…). Gleichwohl führen gelegentlich auftretende und ggf. länger anhaltende Wärmeeinwirkungen möglicherweise zu Veränderungen in der Bodenbesiedlung oder zu Beeinträchtigungen für kälteliebende Pflanzen, die sich nach den Bauarbeiten im Trassenbereich wieder angesiedelt haben. (…). Prinzipiell denkbar ist auch eine sukzessive Austrocknung des Bodens um das Erdkabel, allerdings wurde dieser Effekt, der stark von den lokalen Boden- und Witterungsverhältnissen abhängig ist, bisher nicht experimentell belegt (…).“43 6. Betriebswirtschaftliche Auswirkungen für landwirtschaftliche Betriebe Severin (2016) fasst die „Ansprüche der Landwirtschaft an die Erdverkabelung“ zusammen und benennt die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Erdverkabelung für landwirtschaftliche Betriebe während der Bauphase und nach der Kabelverlegung wie folgt: Quelle: Severin, Karl (2016).44 Als Lösung schlägt Severin (2016) eine bodenkundliche Baubegleitung bei der Planung, Bauausführung und der Nachsorge vor.45 Er macht folgende Vorschläge für eine Annäherung zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den vom Leitungsausbau betroffenen Landwirten: 43 BT-Drs. 18/5948. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/059/1805948.pdf 44 Severin, Karl (2016). Ansprüche der Landwirtschaft an die Erdverkabelung. Landwirtschaftskammer Niedersachsen . 45 Severin, Karl (2016). Ansprüche der Landwirtschaft an die Erdverkabelung. Landwirtschaftskammer Niedersachsen . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 18 Quelle: Severin, Karl (2016).46 Das niedersächsische Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume erklärt auf seiner Homepage vom 7. Juni 2016, im Fachdialog Landwirtschaft seien Themen wie mögliche Ertragseinbußen und Drainageschäden sowie Entschädigungsfragen erörtert worden. Dabei habe sich gezeigt, dass viele Landwirte die Erdverkabelung wegen möglicher Ertragseinbußen oder auch Drainageschäden ablehnen würden. Gleichzeitig sei aber auch deutlich geworden, dass für diese Probleme Lösungen entwickelt werden könnten. Es wird darauf hingewiesen , dass TenneT eine bodenkundliche Baubegleitung zur Vermeidung von Bodenschäden ausschreiben werde.47 7. Entschädigungsregelungen Die Studie Entschädigung von Grundstückseigentümern und Nutzern beim Stromnetzausbau – eine Bestandsaufnahme48 von Frontier Economics und White & Case im Auftrag des BMWi vom Oktober 2016 soll als „Faktengrundlage für die weitere politische Diskussion“49 dienen. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke über 46 Severin, Karl (2016). Ansprüche der Landwirtschaft an die Erdverkabelung. Landwirtschaftskammer Niedersachsen . 47 MELUR (2016). Erdkabel für den Oldenburger Graben. 7. Juni 2016. http://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung /V/_startseite/Artikel/160608_dialogverfahren_ostkuestenleitung_ii.html 48 https://www.frontier-economics.com/de/documents/2016/11/entschadigung-von-grundstuckseigentumern-undnutzern -beim-stromnetzausbau-eine-bestandsaufnahme.pdf 49 Frontier Economics/White & Case (2016). Entschädigung von Grundstückseigentümern und Nutzern beim Stromnetzausbau – eine Bestandsaufnahme. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) Oktober 2016. https://www.frontier-economics.com/de/documents/2016/11/entschadigungvon -grundstuckseigentumern-und-nutzern-beim-stromnetzausbau-eine-bestandsaufnahme.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 125/16 Seite 19 95% der für den Leitungsbau in Anspruch zu nehmenden Flächen ausmachen.50 Die Studie liegt als ANLAGE 5 bei. In der Entschädigungspraxis habe sich laut Frontier Economics/White & Case folgende Differenzierungen der Entschädigung durchgesetzt: „Entschädigung für den Rechtsverlust („Dienstbarkeitsentschädigung“), teilweise zuzüglich Beschleunigungszuschlag im Fall von Freileitungen; Entschädigung für dauerhafte Inanspruchnahme von Flächen durch Bauwerke wie z.B. Masten oder Muffenbauwerke; Entschädigung für Folgeschäden im Zusammenhang mit der Bauphase („Flur- und Aufwuchsschäden “); sonstige Entschädigungskomponenten (z.B. Aufwandsentschädigung oder Entschädigung für die Nutzung privater Wege).“51 Die Bundesnetzagentur erläutert zur Entschädigung beim Netzausbau Folgendes: „Grundsätzlich ist es so, dass ein Netzbetreiber keine Grundstücke erwirbt, um darauf eine Leitung zu errichten. Dennoch muss er natürlich fremdes Eigentum in Anspruch nehmen – zum Beispiel, um eine neue Freileitung darüber zu spannen. Dafür wird im Grundbuch eine sogenannte beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Netzbetreibers eingetragen . Damit kann dieser sein Vorhaben durchführen, das Grundstück bleibt weiterhin im Eigentum des ursprünglichen Besitzers. Um den nötigen Grundbucheintrag machen zu können , versucht der Netzbetreiber, mit dem Grundstückseigentümer einen Vertrag zu schließen. Darin kann selbstverständlich auch eine Entschädigung für das Überspannen, das Errichten eines Masts und den Grundbucheintrag selbst vereinbart werden. Wie hoch diese Entschädigung ausfällt, hängt von den tatsächlichen Einschränkungen für den Eigentümer ab; die Vertragsparteien können dies jedoch zunächst frei verhandeln. Die bisherige Rechtsprechung hat ein einmaliges Entgelt von zehn bis zwanzig Prozent des Verkehrswerts als angemessen anerkannt . Darüber hinaus gibt es Rahmenvereinbarungen für die Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Flächen, die die Übertragungsnetzbetreiber mit einigen Landwirtschaftsverbänden getroffen haben. (…) Darüber hinaus kann es auch Ansprüche auf Schadenersatz geben. Sie entstehen, wenn der Netzbetreiber beim Bau oder bei der Wartung einer Leitung fremdes Eigentum beschädigt. In der Regel fallen solche Schäden bei landwirtschaftlichen Kulturen an, wenn die Flächen vor der Ernte befahren werden müssen.“52 *** 50 Frontier Economics/White & Case (2016). Entschädigung von Grundstückseigentümern und Nutzern beim Stromnetzausbau – eine Bestandsaufnahme. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) Oktober 2016. https://www.frontier-economics.com/de/documents/2016/11/entschadigungvon -grundstuckseigentumern-und-nutzern-beim-stromnetzausbau-eine-bestandsaufnahme.pdf 51 Ebenda. 52 https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/FAQ.pdf?__blob=publicationFile