© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 124/20 Fragen zu Wildtierauffangstationen und Hegegemeinschaften Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 124/20 Seite 2 Fragen zu Wildtierauffangstationen und Hegegemeinschaften Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 124/20 Abschluss der Arbeit: 26.11.2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 124/20 Seite 3 1. Einleitung Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages sind nach den Aufgaben von Wildtierauffangstationen gefragt worden. Außerdem ist danach gefragt, inwieweit Hegegemeinschaften verpflichtet sind für die Versorgung von Greifvögeln, die unter das Jagdrecht fallen, die Kosten zu übernehmen. 2. Wildtierauffangstationen Wildtierauffangstationen oder auch Betreuungsstationen sind nicht gesetzlich geregelt. Folglich gibt es keine legale Definition des Begriffes und auch keine gesetzliche Aufgabenbeschreibung. § 45 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG)1 bestimmt, in welchen Fällen, entgegen der Entnahme- und Besitzverbote nach § 44 BNatSchG, Tiere der besonders geschützten Arten i. S. d. Gesetzes in Besitz genommen bzw. aufgenommen werden dürfen. § 45 Abs. 5 BNatSchG gestattet dies, vorbehaltlich jagdrechtlicher Vorschriften, um verletzte, hilflose oder kranke Tiere zu versorgen oder gesund zu pflegen. Indirekt wird in § 45 Abs. 5 auf Tierauffangstationen Bezug genommen. Dort heißt es: „ (…) Im Übrigen sind sie an die von der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde bestimmte Stelle abzugeben. (…).2 Grundsätzlich liegt der Hauptzweck solcher Wildtierauffangstationen darin, verletzte oder kranke Wildtiere zu pflegen, um sie anschließend wieder in die Natur zu entlassen.3 So sehen auch Wildtierauffangstationen selbst ihre Aufgaben beispielsweise vorrangig – im Einfangen und Transport von in Not geratenen (Wild)Tieren, – in der Aufzucht von verwaisten Jungtieren, – in der Versorgung und Rehabilitation verletzter, kranker und geschwächter Wildtiere, – ggf. in der Unterbringung von Exoten und Nutztieren, z.B. nach Beschlagnahmungen, 1 https://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/BJNR254210009.html. 2 Vom Verfasser des Sachstandes hervorgehoben. 3 Vgl. Sanden/Gellermann, in: Landmann/Rohmer (Hrsg.), Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, BNatSchG § 43 Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 124/20 Seite 4 – in der Auswilderung von wildbahntauglichen Pfleglingen.4 Wildtierrauffangstationen sind aber grundsätzlich nur für Wildtiere zuständig, die nicht unter das Jagdrecht fallen. Für letztere ist in der Regel der Jagdpächter zuständig.5 Eine weitere Aufgabe liegt auch darin, Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben sowie Beratung im Umgang mit aufgefundenen Wildtieren anzubieten. Teilweise werden auch Schulungen für Fachpersonal und tiergestützte naturpädagogische Angebote für Schulen etc. unterhalten .6 § 45 Abs. 5 BNatSchG bestimmt, dass die zu pflegenden Tiere unverzüglich wieder auszuwildern sind, sobald sie wieder gesund sind und sich selbst versorgen können. Nicht wildbahntaugliche Tiere werden unter Umständen in Erhaltungszuchtprojekte vermittelt, an Zoologische Gärten abgegeben oder verbleiben in der Wildtierstation und dienen dort der Öffentlichkeitsarbeit.7 Wildtierauffangstationen können unter den Begriff des Tiergeheges im Sinne des § 43 Abs. 1 BNatSchG fallen. Sie sind dann der zuständigen Behörde anzuzeigen, § 43 Abs. 3 BNatSchG, und müssen die einschlägigen tier- und artenschutzrechtlichen Vorschriften einhalten.8 Auch fällt der Betrieb einer Wildtierauffangstation in der Regel unter die tierschutzrechtliche Erlaubnispflicht nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 Tierschutzgesetz (TierSchG)9, da solche Auffangstationen eine einem Tierheim ähnliche Einrichtung darstellen.10 Unter Umständen ist auch eine Anerkennung durch die Behörde möglich, dies geschieht jedoch auf Länder-, wenn nicht sogar auf Kommunalebene. 4 Wildtierstation Hamburg Schleswig-Holstein, Betrieb und Probleme einer Wildtierauffangstation, https://aktionfischotterschutz .de/fileadmin/user_upload/aktion_fischotterschutz/desktop/hauptnavigation/Unsere_Projekte /Laufende_Projekte/Tierforschung/Tagungen/Betrieb_und_Probleme_einer_Wildtierauffangstation.pdf. 5 Vgl. Lau, in: Frenz/Müggenborg (Hrsg.), Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), 2. Auflage 2016, § 45 Rn. 11. Siehe auch https://www.offenbach.de/leben-in-of/gesundheit/veterinaeramt/wildtiere25.02.2020.php. 6 Wildtierauffangstation Karlsruhe e.V., https://www.witas-ka.de/. 7 https://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/internationaler_artenschutz_cites_tierbestandsmeldung/betreuungsstationen _verletzt_aufgefundene_tiere/anerkannte-betreuungsstationen-in-niedersachsen-46125.html. 8 Vgl. Söhnlein, in: Frenz/Müggenborg (Hrsg.), Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), 2. Aufl. 2016, § 43 Rn. 11. 9 https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html. 10 Vgl. Metzger, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 232. EL August 2020, TierSchG § 11 Rn. 4 sowie VG Lüneburg, Urteil vom 5. April 2018 – 6 A 22/17. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 124/20 Seite 5 3. Hegegemeinschaften Unter dem Begriff der Hege im jagdrechtlichen Sinne versteht man alle Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensbedingungen des Wildes.11 § 1 Abs.1 Bundesjagdgesetz (BJagdG)12 bestimmt: „Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.“13 Ziel der Hege ist gemäß § 1 Abs. 2 BJagdG die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen. Die Hegepflicht bezieht sich auf alle dem Jagdrecht unterliegenden Tierarten.14 Greifvögel können gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG (Federwild) unter das Jagdrecht fallen. Darüber hinaus können die Länder nach § 2 Abs. 2 BJagdG weitere Tierarten bestimmen, die dem Jagdrecht unterliegen . Unter einer Hegegemeinschaft versteht man einen Zusammenschluss von benachbarten Jagdrevieren zum Zwecke einer gemeinschaftlichen Hege.15 § 10a BJagdG regelt dazu: „(1) Für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke können die Jagdausübungsberechtigten zum Zwecke der Hege des Wildes eine Hegegemeinschaft als privatrechtlichen Zusammenschluss bilden.“ (2) Abweichend von Absatz 1 können die Länder bestimmen, dass für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke die Jagdausübungsberechtigten zum Zwecke der Hege des Wildes eine Hegegemeinschaft bilden, falls diese aus Gründen der Hege im Sinne des § 1 Abs. 2 erforderlich ist und eine an alle betroffenen Jagdausübungsberechtigtem gerichtete Aufforderung der zuständigen Behörde, innerhalb einer bestimmten Frist eine Hegegemeinschaft zu gründen, ohne Erfolg geblieben ist. (3) Das Nähere regeln die Länder.“ 11 https://brockhaus.de/ecs/enzy/article/hege-j%C3%A4gersprache. 12 https://www.gesetze-im-internet.de/bjagdg/BJNR007800952.html. 13 Vom Verfasser des Sachstandes hervorgehoben. 14 BT-Drs. 10/440, S. 2, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/10/004/1000440.pdf. 15 Vgl. Deutsche Wildtier Stiftung, Hegegemeinschaften in Deutschland, 2012, S. 6, https://www.rothirsch.org/wpcontent /uploads/2014/04/Hegegemeinschaften-in-D_Broschuere_klein.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 124/20 Seite 6 Damit obliegt die Regelung des Bereichs der Hegegemeinschaften, insbesondere die Ausfüllung der rahmenrechtlichen Grundsätze, den Ländern.16 Vor diesem Hintergrund haben nicht alle Länder davon Gebrauch gemacht, die Bildung von Hegegemeinschaften durch Anordnung der Behörde im Sinne von § 10a Abs. 2 BJagdG zu ermöglichen. Teilweise ist dies nur für bestimmte Tierarten der Fall.17 Auch enthalten die Landesjagdgesetze eine genaue Beschreibung der Aufgaben der Hegegemeinschaften.18 Zu den Hegemaßnahmen gehört u.a. auch die Fütterung von Tieren .19 Die nähere Ausgestaltung der Pflichten von Hegegemeinschaften kann damit von Land zu Land unterschiedlich sein. Finanziert wird die Aufgabenwahrnehmung in aller Regel aber durch die Hegegemeinschaften selbst. Zu diesem Zweck werden üblicherweise Mitgliedsbeiträge erhoben. Unter Umständen können sie auch Mittel aus der Jagdabgabe beantragen.20 *** 16 BT-Drs. 10/440, S. 2, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/10/004/1000440.pdf. 17 Vgl. Welp, in Schuck (Hrsg.), Bundesjagdgesetz, 3. Auflage 2019, § 10a Rn. 10 ff.. 18 Beispielsweise §13 Thüringer Jagdgesetz (ThJG), http://landesrecht.thueringen.de/jportal/?quelle=jlink&query=JagdG+TH+Inhaltsverzeichnis&psml=bsthueprod .psml&max=true. 19 Vgl. Schuck, in: Schuck (Hrsg.), Bundesjagdgesetz, 3. Auflage 2019, § 1 Rb. 16. 20 Vgl. Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft des Freistaats Sachsen, Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Jörg Urban (AfD) vom 2. Dezember 2015, S. 2, https://s3.kleine-anfragen.de/kaprod /sn/6/3259.pdf.