© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 – 123/16 Autobahngesellschaften in Österreich und Frankreich Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 2 Autobahngesellschaften in Österreich und Frankreich Aktenzeichen: WD 5 - 3000 – 123/16 Abschluss der Arbeit: 1. Februar 2017 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Österreich 6 3. Frankreich 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 4 1. Einleitung Bereits im August 2014 war vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Siegmar Gabriel eine Expertenkommission einberufen worden, die den Auftrag hatte, konkrete Handlungsempfehlungen zur Stärkung privater und öffentlicher Investitionen in Deutschland auszuarbeiten. Den Vorsitz hatte Prof. Marcel Fratzscher. Die Zusammenfassung des Berichts mit dem Titel „STÄRKUNG VON INVESTITIONEN IN DEUTSCHLAND“ von April 2015 findet sich auf den Internetseiten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).1 Hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur sprach sich die Kommission dafür aus: „die Einrichtung einer öffentlichen Infrastrukturgesellschaft für die Bundesfernstraßen (Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ) zu prüfen, welche folgende Eigenschaften erfüllt: Bau, Instandhaltung und Betrieb der Bundesfernstraßen „aus einer Hand“ nach dem Lebenszyklusansatz . Finanzierung überwiegend oder ausschließlich aus Nutzungsentgelten, ohne zu einer Mehrbelastung der PKW-Nutzerinnen und -Nutzer zu führen. Eigene Kreditaufnahmekapazität ohne staatliche Garantie, um eine klare Abgrenzung zum Staatssektor zu gewährleisten. Wahrung der öffentlichen Kontrolle, das heißt insbesondere keine „Privatisierung“ der Bundesfernstraßen in jeglicher Form. Die Gestaltung einer solchen Gesellschaft sollte Gegenstand einer sorgfältigen Prüfung durch die Bundesregierung sein.“ Insbesondere wurde empfohlen, für die Strukturierung einer solchen Gesellschaft die Erfahrungen u.a. aus Österreich und Frankreich zu nutzen. Ferner sprach sich die Kommission dafür aus, als zusätzliche Finanzierungs- und Beschaffungsmodelle einen öffentlichen Investitionsfonds des Bundes und der Länder sowie einen Bürgerfonds für eine Bürgerbeteiligung zu prüfen.2 Um die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland und hier insbesondere die Bundesfernstraßen und Bundesautobahnen besser und effizienter zu betreiben, wurde ferner am 13. Juli 2015 durch die Verkehrsministerkonferenz der Länder die Kommission "Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes " unter Leitung des ehemaligen Bundesverkehrsministers Prof. Kurt Bodewig eingesetzt. In ihrem Abschlussbericht, der am 23. Februar 2016 veröffentlicht wurde, schreibt die sogenannte „Bodewig-II-Kommission“: „Angesichts des prognostizierten Verkehrswachstums und dem derzeitigen Infrastrukturzustand muss es das gemeinsame Ziel von Bund und Ländern sein, schnellstmöglich und kosteneffizient 1 https://www.diw.de/documents/dokumentenarchiv/17/diw_01.c.500738.de/20150417_auszug_bericht_expertenkommission .pdf. 2 https://www.diw.de/documents/dokumentenarchiv/17/diw_01.c.500738.de/20150417_auszug_bericht_expertenkommission .pdf, S. 7 und 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 5 optimierte Strukturen für unsere Straßen zu schaffen. Die Verkehrsministerkonferenz stellte am 9. Oktober 2015 dazu in Worms fest, dass die nachhaltige Bereitstellung eines leistungsfähigen Gesamtnetzes aller Verkehrsträger eine große Herausforderung darstellt. Der Abschlussbericht der Kommission "Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes" will dieser Herausforderung entsprechen .3 Im Weiteren befasst sich die Kommission u.a. mit einer diskutierten Reform der Auftragsverwaltung und bezieht sich auch auf die Kommission unter Vorsitz von Prof. Fratzscher. Zur Organisationsstruktur bei Neubau, Ausbau, Erhalt und Betrieb von Bundesstraßen/Autobahnen heißt es: „Insbesondere vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Kommission „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ (Fratzscher-Kommission) werden derzeit verschiedene Organisations- und z.T. auch Finanzierungsmodelle (Mittelherkunft) hinsichtlich der zukünftigen Zuständigkeit für den Neubau, Ausbau, Erhalt und Betrieb von Autobahnen/Bundesstraßen in Deutschland erörtert. Dabei werden nicht zuletzt auch internationale Modelle mit dem deutschen System verglichen. Die Organisationsform reicht dabei von der Auftragsverwaltung über die eigene Verwaltung bis zur Privatisierung. Bei der Finanzierungsform wird im Wesentlichen zwischen der Haushalts-, Misch- und Nutzerfinanzierung unterschieden (…) . Da bereits in den vorhergehenden Kommissionen „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“(…) und „Nachhaltige Verkehrsinfrastruktur “(…) detailliert auf die Modelle aus Österreich (ASFINAG), der Schweiz und Frankreich eingegangen wurde, werden diese nachfolgend nur noch systematisch und in ihrem Wirkungsbezug zwischen Organisationsform und Mittelherkunft abgebildet (…).“4 Die dann folgenden Grafiken zu den verschiedenen Modellen sind in der Anlage 1 beigefügt. Im Zuge der Konferenz der Regierungen von Bund und Ländern, die am 14. Oktober 2016 tagte, wurden die Eckpunkte für die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 vereinbart. Weiter wurde vereinbart, eine Verbesserung zur Erledigung der staatlichen Aufgaben im föderalen System zu erreichen. Dies betraf auch die Infrastruktur im Verkehrsbereich . Am 14. Dezember 2016 legte das Bundesministerium der Finanzen einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vor.5 Der Gesetzentwurf liegt derzeit dem Bundesrat unter der Drucksachennummer BR-Drs. 769/16 mit Datum vom 15.12.2016 zur Beratung vor.6 Am 31.1.2017 war in der Drucksachenverfolgung DIP noch kein Beratungsdatum eingetragen. Der Gesetzentwurf enthält unter anderem eine Änderung von Art. 90 GG im Hinblick auf die Bundesautobahnen . Unter der Überschrift „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ heißt es: 3 http://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/termine/sitzungen/16-02-23-sonder-vmk_kommission-bauunterhaltung -verkehrsnetz/16-02-23-abschlussbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=3 , S. 81. 4 http://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/termine/sitzungen/16-02-23-sonder-vmk_kommission-bauunterhaltung -verkehrsnetz/16-02-23-abschlussbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=3, S. 16. 5 http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Gesetze/2016-12-14-aenderung-grundgesetz .pdf?__blob=publicationFile&v=2 6 http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2016/0769-16.pdf . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 6 „Der Bund erhält die alleinige Verantwortung für Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung, Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der Bundesautobahnen. Er kann sich zur Erledigung dieser Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen.“7 Hintergrund dieser Arbeit ist die Frage nach vergleichbaren Infrastrukturgesellschaften insbesondere in Österreich und Frankreich. Österreich und Frankreich haben schon länger private Betreiber ihrer Autobahnen. Dabei unterscheiden sich die Konzepte grundsätzlich. In Österreich betreibt eine Aktiengesellschaft, die zu einhundert Prozent dem Staat gehört, die Autobahnen. In Frankreich teilen sich drei private Konsortien das Autobahnnetz. Im Folgenden werden die beiden Betreibermodelle exemplarisch für verschiedene Infrastrukturbetreibermodelle im Ausland näher betrachtet. 2. Österreich Die österreichische Betreibergesellschaft ASFINAG (Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs -Aktiengesellschaft) wurde 1982 als Gesellschaft des Bundes gegründet. Wie aus dem Organigramm ersichtlich, ist die Aktiengesellschaft in mehrere Gesellschaften mit eigenen Geschäftsbereichen untergliedert. Quelle: ASFINAC8 7 http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2016/0769-16.pdf, S. 6. 8 http://www.asfinag.at/documents/10180/12449/ASFINAG+Kurzzusammenfassung +deutsch+%28Jan+2017%29.pdf/f1255e57-6f36-4567-9653-23553d84dfc2, Anlage 2 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 7 Auf ihrer Internetseite beschreibt die ASFINAG ihre Kernbereiche wie folgt9: „Das Autobahnen- und Schnellstraßennetz der ASFINAG umfasst derzeit eine Streckenlänge von rund 2.200 Kilometern. Entsprechend umfangreich ist das Aufgabengebiet des gesamten Unternehmens . Es reicht von Planung und Bau neuer Straßenprojekte über Betrieb und Erhaltung des Bestandsnetzes bis hin zur Einhebung der Mauten und Entwicklung telematischer Dienste. Mehr Verkehrssicherheit, eine bessere internationale Anbindung Österreichs an die Nachbarstaaten und die notwendige Verlagerung des Verkehrs auf das hochrangige Straßennetz – das sind die Schwerpunkte der ASFINAG bei Planung und Bau.“ Weiter steht dort:„Es ist uns bewusst, dass unsere Tätigkeit als Bauherr und Infrastrukturbetreiber vielfältige Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat. Wir als ASFINAG tragen hier große Verantwortung. Es gilt, die Umweltbelastungen möglichst gering zu halten und die Bedürfnisse unserer Kunden und der Anrainer ernst zu nehmen“ Und: „Gleichzeitig wollen wir punktgenaue Alternativen im öffentlichen Verkehr anbieten. In dieser Vernetzung mit dem öffentlichen Verkehr sehen wir in der ASFINAG die Mobilität der Zukunft.“ Im Wirtschaftsdienst10 Heft 5 von 2015 wird die Historie der ASFINAG kurz skizziert und die Vorteile des Finanzierungsmodells herausgestellt: „Die ASFINAG wurde 1982 als zentrale Finanzierungsgesellschaft für alle Autobahngesellschaften Österreichs gegründet. 1997 übernahm sie über einen Fruchtgenussvertrag die Gesamtverantwortung für das Autobahnen- und Schnellstraßennetz in Österreich. Das Eigentum blieb beim Bund. Zur Finanzierung wurde eine Vignette für Pkw in Höhe von 1000 Schilling für die Jahresvignette (etwa 73 Euro), zusätzlich zu Einnahmen aus Sondermautstrecken, eingeführt. Die ASFI- NAG übernimmt Altschulden aus dem Autobahnbau vom Bund in der Größenordnung von etwa 3% des BIP und die Finanzierung (mit Staatsgarantie) und den Ausbau des Autobahnen- und Schnellstraßennetzes in Österreich. 2004 folgte die Einführung der streckenabhängigen Lkw-Maut für Fahrzeuge über 3,5 t. 2006 übernahm die ASFINAG den Straßenbetrieb direkt durch Beendigung der Werkverträge mit den Bundesländern. Die ASFINAG bleibt auch im neuen ESVG 2010 im Privatsektor, weil gezeigt werden konnte, dass sie sich selbst aus Markteinnahmen finanziert. Die ASFINAG hat seit 1997 Eigenkapital aus Innenfinanzierung von 2,8 Mrd. Euro aufgebaut. Ihr Kapital betrug Ende 2013 insgesamt 3,3 Mrd. Euro, bei Schulden von 11,4 Mrd. Euro“ Zur Finanzierung schreibt Nauschnigg: 9 http://www.asfinag.at/ueber-uns/kernbereiche 10 Nauschnigg, Franz, Die österreichische Infrastrukturgesellschaft ASFINAG als verkehrspolitisches Modell, Wirtschaftsdienst, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 2015, S. 342 ff., http://archiv.wirtschaftsdienst .eu/jahr/2015/5/die-oesterreichische-infrastrukturgesellschaft-asfinag-als-verkehrspolitisches-modell /, Anlage 3 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 8 Die ASFINAG-Investitionen werden nicht mehr defizitwirksam verrechnet, da sie durch Mauten, Pkw-Vignette und seit Anfang 2004 durch Lkw-Maut finanziert werden. Das Prinzip für diese Ausgliederungen war, dass Investitionen aus dem öffentlichen in den privaten Sektor transferiert werden. Der Bund behält das Eigentum und überträgt nur das Fruchtgenussrecht an der ASFI- NAG. Die ASFINAG bekommt zusätzlich Bundesgarantien für die Schuldenaufnahme, sodass die Finanzierung günstiger als durch Private erfolgen kann. Vorteile dieses Public-Private-ASFINAG-Finanzierungsmodells sind: höhere Infrastrukturinvestitionen: bei der ASFINAG etwa 0,2% bis 0,4% des BIP, zusätzlich flexibel der Konjunktur entsprechend einsetzbar – 2007 geringe Ausgaben von 0,8 Mrd. Euro, bis 2010 auf 1,7 Mrd. Euro erhöht. günstige Finanzierung durch Bundesgarantien für Schulden; bessere Darstellung und buchhalterische Behandlung von Investitionen: Im Budget, wie generell im öffentlichen Sektor in der Kameralistik, wurden öffentliche Infrastrukturinvestitionen als Ganzes als Aufwand im Jahr der Erstellung behandelt, die das Budgetdefizit erhöhen. Im Privatsektor gibt es selbstverständlich die doppelte Buchführung mit Abschreibungen je nach Lebensdauer der Investition; erhöhter Druck zur Bezahlung der Wegekosten durch die Straßennutzer: … Warum soll der Steuerzahler den Verkehr subventionieren? Es erfolgt ein Übergang von der Steuerauf die Nutzerfinanzierung; effizienteres und flexibleres Handeln einer nicht-staatlichen Verwaltung: … Insbesondere die Übernahme des Straßenbetriebes durch die ASFINAG nach Beendigung der Werkverträge mit den österreichischen Bundesländern wirkte effizienzsteigernd. Bis die Übernahme des Straßenbetriebes von den Bundesländern abgeschlossen war, dauerte es allerdings fast zehn Jahre. Es war daher sinnvoll, die Aufgabe der Verhandlung mit den Ländern der ASFINAG zu übertragen und nicht schon 1996 eine fertige Lösung mit den Bundesländern zu suchen, da sich dadurch alles verzögert hätte; Kombination der Vorteile des Privatsektors: Effizienz, Flexibilität) mit denen des öffentlichen Sektors (niedrigere Finanzierungskosten); Zurückdrängen politischer Zielvorgaben, stattdessen Ausbauprioritäten nach den Verkehrsströmen ; zentrale Verwaltung, womit Synergien genutzt und Transaktionskosten gespart werden können.“ In der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 22. Januar 2015 wird von einem Vortrag des Vorstandsdirektors der ASFINAG, Klaus Schiernackl, berichtet. Dort heißt es: „Zweimal im Jahr treffen sich Aufsichtsrat und Geschäftsführung mit dem Verkehrsminister, der sowohl Eigentümer als auch Regulator der Autobahnen ist, um die aktuellen Prioritäten im Rah- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 9 men der gesetzlich vorgegebenen Leitlinien zu besprechen. Dadurch seien die früher üblichen regional - und tagespolitischen Einflüsse weggefallen, Entscheide würden nun nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien getroffen, sagt Schierhackl.“ 11 Weiter heißt es in dem Artikel: “Die Asfinag finanziert ihre Tätigkeit aus Gebühren ihrer Benützer (Vignette, Maut für bestimmte aufwendige Abschnitte, Lastwagen-Maut); überschreitet der Aufwand für Investitionen in Neuund Ausbauten den jährlichen Überschuss von 470 Millionen Euro, werden dafür auch Anleihen am Kapitalmarkt placiert. «Steuermittel stehen uns keine zur Verfügung», so Schierhackl.“ In Bezug auf die Finanzierung führt der Artikel unter der Überschrift „Keine PPP mehr“ weiter aus: „Die Verschuldung für den Strassenbau sei ein kalkuliertes Risiko: Ohne weitere Neubauten könnte die Asfinag ihre Schulden binnen 22 Jahren tilgen, sagt der Vorstandsdirektor. Am Kapitalmarkt profitiert sein Unternehmen nahezu von denselben Bedingungen wie die Republik Österreich; diese sind merklich günstiger als jene für Private. Entsprechend sind öffentlich -private Partnerschaften (PPP) in Österreich nach einem einzigen auf diese Weise realisierten Projekt kein Thema mehr. Unternehmerisch, so Schierhackl, orientiere sich die Asfinag an den Handlungsmaximen der Kundenzufriedenheit und der Effizienz.“ 3. Frankreich Quelle: Abschlussbericht Bodewig-II- Kommission12 11 https://www.nzz.ch/schweiz/die-fast-ganz-entpolitisierte-autobahn-1.18466884 12 http://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/termine/sitzungen/16-02-23-sonder-vmk_kommission-bauunterhaltung -verkehrsnetz/16-02-23-abschlussbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=3 , , Seite 19. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 10 Aus der Grafik ist ersichtlich, dass es sich bei den privat betriebenen Autobahnen in Frankreich um eine Privatisierung im Sinne eines Konzessionsmodells handelt, die sich allein aus den Nutzerentgelten finanziert. Die Staatsanteile der drei Autobahngesellschaften ASF (Autoroutes du Sud de la France) APRR (Autoroutes Paris-Rhin-Rhône) und die Sanef (Société des autoroutes du Nord et de l´Est de la France) wurden 2005 vom Staat an drei Konsortien verkauft. Diese Autobahngesellschaften waren Aktiengesellschaften und mehrheitlich im Besitz des Staates. Verkauft wurde nur die Lizenz zum Betreiben der Autobahnen. Die Immobilien selbst blieben weiterhin im Besitz des Staates und wurden den Betreibern für einen Zeitraum von 25 Jahren zur Verwaltung überlassen.13 Eine Übersicht über die heutige Aufteilung des privaten Autobahnnetzes unter den Autobahngesellschaften in Frankreich findet sich in Anlage 4.14 Der Verkauf dieser Lizenzen verlief über ein Bieterverfahren . Danach kaufte der französische Baukonzern VINCI die ASF, das französisch-australische Konsortium die APRR und der spanische Konzern Abertis, der in Spanien ebenfalls Autobahnen betreibt, kaufte die Sanef.15 Insgesamt wurden für die Konzessionen von den Konzernen 14,8 Milliarden Euro an den Staat gezahlt.16 Nach Auffassung des Betreibers VINCI liegt die Summe, die diese für die Konzessionen aufbringen mussten, jedoch noch höher, da ebenfalls noch Schulden vom Staat übernommen worden sind und auch ausstehende Investitionen getätigt wurden. So schreibt der Betreiber VINCI auf seiner Internetseite: „Die Privatisierung der Autobahngesellschaften geht auf einen strategischen, haushaltsorientierten Beschluss des französischen Staats zurück, der 2002 getroffen und zum größten Teil 2006 umgesetzt wurde. Nicht die Autobahngesellschaften als solche wurden verkauft, sondern die staatlichen Anteile daran. Der Staat hat damit den Konzessionsgesellschaften die Verantwortung für die Finanzierung, Planung, Errichtung, Erhaltung und Bewirtschaftung einer Autobahn oder eines Autobahnnetzes für einen langen Zeitraum übertragen. Mit der Privatisierung wurden auch die Verbindlichkeiten der Autobahngesellschaften und die Verpflichtung an die privatwirtschaftlichen Käufer übertragen, weiter in Sicherheit, Servicequalität und Umweltperformance zu investieren . 15 Milliarden Euro sind dafür zu den 2 Milliarden Euro hinzuzufügen, die der Staat bei der 2002 begonnenen Öffnung des Kapitals dieser Gesellschaften erhalten hat. Insgesamt hat der Staat ein Investitionsprogramm von 4,4 Milliarden und eine Verschuldung von 19,5 Milliarden Euro überwälzt. Wichtig ist es auch klarzustellen, dass die Autobahnen nicht privatisiert wurden, 13 http://www.spiegel.de/wirtschaft/umstrittene-entscheidung-frankreich-verkauft-autobahnen-fuer-14-8-milliarden -euro-a-390300.html 14 Nach Angaben des „Spiegel“ verwalteten diese drei Betreibergesellschaften im Jahr 2014 zwei Drittel der Autobahnstrecken in Frankreich, http://www.spiegel.de/auto/aktuell/maut-in-frankreich-autobahnbetreiber-erhoehen -gebuehren-a-996583.html 15 http://www.fuw.ch/article/der-franzsische-baukonzern-vinci-bernimmt/ 16 https://www.welt.de/print-welt/article184435/Autobahnverkauf-bringt-Paris-15-Milliarden-Euro.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 – 123/16 Seite 11 sondern weiterhin staatliches Eigentum sind, über das der Staat nach Ablauf der Konzessionsverträge – ohne jegliche Belastung – wieder frei verfügen kann.“17 Mittlerweile trifft der Verkauf der Autobahnkonzessionen auf Kritik. Zum einen wird kritisiert, dass der Staat sein „Tafelsilber“ verkauft habe, und zum Anderen, dass die Tarife der Betreiber völlig undurchsichtig seien. So schrieb Spiegel-Online am 18. Oktober 201418: „Obendrein orientiert sich die Maut meist nicht nach der Entfernung. Und weil der Preis pro Kilometer nicht festgelegt ist, gelten je nach Abschnitt verschiedene Preise. Die Folge ist ein undurchsichtiger Dschungel von bis zu 40.000 Tarifen, so Schätzungen der Tageszeitung "Le Monde". Kurios: Bisweilen lohnt es sich, die Autobahn an bestimmten Mautstellen zu verlassen, um gleich wieder aufzufahren - je nach Strecke sind dabei Einsparungen von bis zu zehn Prozent möglich. Ein immer noch verbreiteter Trick: Stark frequentierte Abschnitte werden deutlich höher berechnet als wenig befahrene Strecken. Damit werden die "Einnahmen optimiert", ohne dass sich die zusätzlichen Profite auf den Durchschnitt der Mautpreise niederschlagen.“ Die französische Zeitung „L’ Humanité“ schrieb bereits am 13. August 201319 über einen doppelten Skandal der Privatisierung, wonach die Verhandlungen zur Privatisierung unausgewogen zum Nutzen der Betreiber verlaufen seien. In dem Artikel wird aus dem Bericht des französischen Rechnungshofes wie folgt zitiert: „ La négociation des avenants aux contrats de concession et le suivi par le concédant (le ministère des Transports) se caractérisent par un déséquilibre au bénéfice des sociétés autoroutières. ” Weiter wird in dem Artikel den Betreibern vorgeworfen, dass sie den größten Teil der Einnahmen den Aktionären in Form von Dividenden zu Gute kommen lassen würde und an die Aktionäre seit der Privatisierung ca. eine Milliarde Euro ausgeschüttet worden wäre: „Selon le président du groupe Front de gauche à l’Assemblée nationale, André Chassaigne, la moitié des bénéfices de Vinci est reversée sous forme de dividendes. On estime que bon an, mal an, depuis le début de la privatisation, les actionnaires des sociétés autoroutières se partagent un milliard d’euros.“ *** 17 https://www.vinci.com/vinci.nsf/de/newsroom/pages/zum_besseren_verstandnis_der_diskussion_uber_die_autobahnkonzessionen _in_frankreich.htm 18 http://www.spiegel.de/auto/aktuell/maut-in-frankreich-autobahnbetreiber-erhoehen-gebuehren-a-996583.html. 19 http://www.humanite.fr/social-eco/autoroutes-le-double-scandale-de-la-privatisation-547222