© 2015 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 123/15 Wildtierhaltung im Zirkus Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 2 Wildtierhaltung im Zirkus Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 123/15 Abschluss der Arbeit: 24. September 2015 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Ist der Begriff ,,Wildtier" in Zusammenhang mit der Haltung von Zirkustieren zutreffend? 4 3. Gibt es unabhängige Studien (oder ähnliches), die belegen, dass es sich bei der Haltung von ,,Wildtieren" im Zirkus nicht nur in Einzelfällen um Tierquälerei handelt bzw. das Wohl der Tiere beeinträchtigt ist? 8 3.1. Welzijn van dieren in reizende circussen in Nederland (2009) 8 3.2. De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken (2009) 10 3.3. Radford Report (2007) 10 3.4. A review of the welfare of wild animals in circuses (2006) 12 3.5. Are wild animals suited to a travelling circus life? (2009) 12 3.6. Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen (2005) 12 3.7. Säugetiergutachten (2014) 14 3.8. Dissertation zu den Haltungsbedingungen von Zirkustieren (2008) 14 3.9. Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs (2006) 15 3.10. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Haltung von Wildtieren im Zirkus“ (2014) 15 4. In welchen EU-Mitgliedsstaaten bzw. Städten gibt es bereits entsprechende Verbote und wie sind diese (exemplarisch) ausgestaltet? Insbesondere wäre interessant, ob es generelle Verbote der Haltung von ,,Wildtieren" in Zirkussen gibt, oder ob nur bestimmte Tierarten davon betroffen sind? 15 4.1. Begründungen eines Wildtierverbots in Deutschland (2003/2011) 17 4.2. Österreich 18 4.3. Niederlande 20 4.4. Vereinigtes Königreich 22 4.5. Schottland 24 4.6. Schweiz 24 4.7. Möglichkeit einer EU-Regelung 26 5. ANHANG 26 5.1. Liste der Tierschutzorganisation PETA zu nationalen Wildtierverboten in Zirkussen in der EU 26 5.2. Abbildung zu den rechtlichen Regelungen in Europa 29 5.3. Liste der Tierschutzorganisation PETA zu nationalen Wildtierverboten in Zirkussen auf kommunaler Ebene 29 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 4 1. Einleitung Die Beschäftigung mit dem Thema „Wildtierverbot im Zirkus“ offenbart kontroverse fachliche Standpunkte. Bereits während der öffentlichen Anhörung im Jahr 2006 im Agrarausschuss des Bundestages wurden diese Kontroversen deutlich.1 Auch der Schweizerische Bundesrat beklagte im Mai 2015 in einer Stellungnahme, „die Wissenschaft äußert sich zu dieser Thematik nicht einheitlich und vertritt unterschiedliche Auffassungen“2. So sind den beiden Publikationen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), den Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen vom 26. Oktober 2005 und auch dem aktuellen Säugetiergutachten aus dem Jahr 2014 Differenzprotokolle beigelegt, die die unterschiedlichen Auffassungen der Experten dokumentieren. Die Generaldirektion Wissenschaft des Europäischen Parlaments ließ im Jahr 2003 ein Arbeitsdokument zur Lage der Zirkusse in den EU-Mitgliedstaaten erstellen. Das Arbeitsdokument zeigt die Dimension der Thematik gut auf. Im Jahr 2003 war Deutschland mit ca. 450 Zirkussen das zirkusreichste Land, gefolgt von Frankreich mit 300, Italien mit 150 und dem Vereinigten Königreich mit 45 Zirkussen. In Spanien gab es im Jahr 2003 etwa 30 Zirkusse, in Schweden 20, in den Niederlanden 13, in Dänemark 20, in Irland 4 und in Finnland 3. Bei diesen Zahlen handelt es sich nach Angaben der Generaldirektion Wissenschaft allerdings nur um Näherungswerte.3 2. Ist der Begriff ,,Wildtier" in Zusammenhang mit der Haltung von Zirkustieren zutreffend? Der Begriff ,,Wildtier" ist im Zusammenhang mit der Haltung von Zirkustieren zwar zutreffend, jedoch nicht eindeutig. Wildtiere können sowohl einheimische als auch exotische Tiere und sowohl Säugetiere als auch Vögel oder Reptilien sein. Ein Wildtier ist ein nicht domestiziertes Tier. Eine klare Grenzziehung zwischen Haustier und Wildtier ist jedoch nicht möglich.4 In der Dissertation „Haltungsbedingungen von Zirkustieren in 25 Zirkussen in der Bundesrepublik Deutschland “ aus dem Jahr 2008 heißt es deshalb auch zur Definition des Begriffs „Wildtier“: 1 16. WP. Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 30. Sitzung, 08.11.2006: Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren im Zirkus. http://webarchiv.bundestag.de/cgi/show.php?fileTo- Load=1373&id=1136 2 Motion 15.3296. Festlegung der in Zirkussen zulässigen Tierarten; siehe auch Antwort des Schweizerischen Bundesrates vom 28.08.2013 auf vorherige Anfrage 13.1028. Regelung der im Zirkus zugelassenen Tierarten. http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20153296 3 Europäisches Parlament. Generaldirektion Wissenschaft. Die Lage der Zirkusse in den EU-Mitgliedstaaten. Arbeitsdokument . http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/etudes/join/2003/326724/DG-4- CULT_ET(2003)326724_DE.pdf 4 Richter, Thomas; Kunzmann, Peter, Hartmann, Susanne; Blaha, Thomas (2012). Wildtiere in Menschenhand. Überlegungen zum moralisch-rechtlichen und biologischen Status von Wildtieren. Deutsches Tierärzteblatt 11/2012. http://www.iaf.org/download/GermanAnimalWelfare.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 5 „Die begriffliche Abgrenzung von Wildtieren und Haustieren erscheint auf den ersten Blick einfach zu sein. Manche Zuordnungen stellen sich jedoch als nicht unproblematisch dar. Beispielsweise die Fragestellung, ob ein im Zirkus gehaltenes Lama ein Haustier darstellt oder der in Pelzfarmen gezüchtete Fuchs noch immer zu den Wildtieren gehört. Die Einteilung einzelner Tierarten zu Haus- oder Wildtieren erfolgt des Öfteren unter soziobiologischen Gesichtspunkten und nicht unter naturwissenschaftlichen Aspekten. Aufgrund dessen werden Zuordnungen bisweilen nach individuellen Vorstellungen vorgenommen, welche sich geographisch und kulturell stark unterscheiden können.“5 Während der Anhörung im Agrarausschuss des Jahres 2006 berichtete Laura Zimprich (animal public e.V.), bereits bei der Bundesratsinitiative im Jahr 2003 sei es problematisch gewesen, den Begriff “Wildtier“ zu definieren. Verhaltensforscher, Ethologen, hätten mit einem Hinweis auf die Literatur bestätigt, um ein Tier zu domestizieren bedürfe es Jahrtausende.6 Immanuel Birmelin erwiderte darauf, ein Wildtier könne genauso gehalten werden wie ein domestiziertes Tier.7 Selbstverständlich sei jedoch nicht jede Tierart für den Zirkus geeignet.8 Nach Angaben der Landesbeauftragten für Angelegenheiten des Tierschutzes in Hessen haben Wildtiere anders als Haustiere keine entwicklungsgeschichtliche Anpassung an das Leben in der Obhut des Menschen durchlaufen.9 Die Domestizierung von Tieren erfolge über viele Generationen . Domestikation sei ein Prozess, der sich über unzählige Generationen erstrecke, es handele sich dabei um Größenordnungen von Jahrhunderten bis Jahrtausenden und setze eine gezielte Zuchtwahl voraus. Als Beispiel führte sie den Hund an, der vor ca. 14.000 bis 18.000 Jahren domestiziert wurde. Die Domestikation von Hauskatzen habe vor ca. 3.500 Jahren begonnen. Sie wies auch darauf hin, dass insbesondere Elefanten aufgrund der langen Generationsfolgen für eine Domestikation denkbar ungeeignet seien. Die niederländische Regierung schreibt im Jahr 2014 in Vorbereitung der rechtlichen Regelung zum Wildtierverbot, dass generell zwischen Haustieren und nicht-domestizierten Tiere unterschieden werden könne. Hierbei bezieht sie sich auf die vom niederländischen Agrarministerium 5 Theophil, Daniela (2008). Haltungsbedingungen von Zirkustieren in 25 Zirkussen in der Bundesrepublik Deutschland. Diss. Hannover 2008. http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/theophild_ws08.pdf 6 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 30. Sitzung, 08.11.2006: Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren im Zirkus. Wortprotokoll der Öffentlichen Anhörung, S. 22. http://webarchiv .bundestag.de/cgi/show.php?fileToLoad=1246&id=1134 7 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 30. Sitzung, 08.11.2006: Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren im Zirkus. Wortprotokoll der Öffentlichen Anhörung, S. 27. http://webarchiv .bundestag.de/cgi/show.php?fileToLoad=1246&id=1134 8 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 30. Sitzung, 08.11.2006: Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren im Zirkus. http://webarchiv.bundestag.de/cgi/show.php?fileTo- Load=1373&id=1136 9 Öffentliche Anhörung „Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren im Zirkus“. Stellungnahme der Landesbeauftragten für Angelegenheiten des Tierschutzes in Hessen. http://webarchiv.bundestag.de/cgi/show.php?file- ToLoad=1246&id=1134 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 6 in Auftrag gegebenen Studie „De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken“10. Domestikation könne als ein Verfahren verstanden werden, bei dem die Eigenschaften einer Tierpopulation durch Selektion und Züchtung, an die Nähe zum Menschen und an ein Leben in Gefangenschaft angepasst würden: „Ten algemene kan een onderscheid worden gemaakt tussen gedomesticeerde dieren en nietgedomesticeerde dieren. Domesticatie kan worden geduid als het proces, waarbij de eigenschappen van een populatie dieren door middel van selectie en fokken wordt aangepast aan het leven in nabijheid van de mens en in gevangenschap. Een wetenschappelijke benadering beschrijft domesticatie als het proces waarbij dieren gaan functioneren in of deel gaan uitmaken van maatschappelijke systemen en/of praktijken. Domesticatie maakt dieren afhankelijk van de menselijke samenleving met betrekking tot hun sociale organisatie, territorium, voortplanting en voedselvoorziening.“11 Die Autoren der Studie „De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken“ sehen ebenfalls keine klare Trennung zwischen domestizierten und nicht domestizierten Tieren, „de concepten wild en gedomesticeerd zijn niet scherp afgekend“12. Und konstatieren, dass es allerlei Zwischenformen („allerlei tussenvormen“) gebe.13 Richter et al. (2012) erläutern, unter Wildtieren würden Tiere verstanden, deren genetische Ausstattung derjenigen einer „frei“ lebenden Population derselben Spezies entspreche.14 Die Autoren weisen in ihrem Aufsatz auch darauf hin, dass die Domestikation ein kontinuierlicher Prozess sei, bei dem es keine wirklich eindeutige Domestikations- bzw. Nichtdomestikationsgrenze gebe und verweisen u.a. auf Gehegewild und Wellensittiche.15 10 „The intrinsic value of performing animals“. (Nur der Titel ist ins Englische übersetzt. Die Studie selbst ist in niederländischer Sprache verfasst.) Keulartz, F.W.J; Swart, Jac. A.A. (2009). De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken. Universität Wageningen. Rapport 216. Im Auftrag des niederländischen Agrarministeriums. 11 Rijksoverheid (2014). Nota van toelichting ontwerpbesluit verbod op deelname met wilde dieren aan circussen. https://www.rijksoverheid.nl/onderwerpen/dieren/documenten/kamerstukken/2014/12/13/nota-van-toelichting -ontwerpbesluit-verbod-op-deelname-met-wilde-dieren-aan-circussen 12 Keulartz, F.W.J; Swart, Jac. A.A. (2009). De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken. Universität Wageningen. Rapport 216. Im Auftrag des niederländischen Agrarministeriums. S. 9. 13 Keulartz, F.W.J; Swart, Jac. A.A. (2009). De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken. Universität Wageningen. Rapport 216. Im Auftrag des niederländischen Agrarministeriums. S. 7. 14 Richter, Thomas; Kunzmann, Peter, Hartmann, Susanne; Blaha, Thomas (2012). Wildtiere in Menschenhand. Überlegungen zum moralisch-rechtlichen und biologischen Status von Wildtieren. Deutsches Tierärzteblatt 11/2012. http://www.iaf.org/download/GermanAnimalWelfare.pdf 15 Richter, Thomas; Kunzmann, Peter, Hartmann, Susanne; Blaha, Thomas (2012). Wildtiere in Menschenhand. Überlegungen zum moralisch-rechtlichen und biologischen Status von Wildtieren. Deutsches Tierärzteblatt 11/2012. http://www.iaf.org/download/GermanAnimalWelfare.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 7 Des Weiteren beantworten Richter et al. (2012) die Frage, ob sich mit Blick auf den Tierschutz - aus der Eigenschaft nicht domestiziert zu sein - abweichende Forderungen an die Haltung und die Halter von Wildtieren ergeben würden. Richter et al. (2012) erkennen keine allgemeine moralische oder biologische Wildtiereigenschaft. Wildtierhaltungen ohne Verhaltensstörungen, chronischen Stress und somatische Dysfunktionen seien möglich. Was aber nicht heiße, dass jede real existierende Wildtierhaltung tierschutzkonform sei, genauso wenig wie jede Haustierhaltung. Es gebe sowohl Wildtiere als auch Haustiere, die besonders hohe Anforderungen an eine tiergerechte Haltung stellen würden. Eine Grenze zwischen noch tolerierbar und nicht mehr akzeptabel sei nicht naturwissenschaftlich, sondern nur „politisch“ zu ziehen.16 Für Richter et al. (2012) erfordern sowohl einige Haustiere als auch bestimmte Wildtiere spezielle Ansprüche an eine artgerechte Haltung und listen diese wie folgt auf: „Spezielle Ansprüche an den Lebensraum: Viele Tierarten leben in Habitaten, die nur schwer als Haltungsumwelt nachgebildet werden können, etwa die Tiefsee. Manche haben besondere Nahrungsansprüche (…). Der Bewegungsbedarf: Zu den Tieren mit einem besonders großen Bewegungsbedarf zählen z. B. Pferde, Bären und Elefanten. Defizite sind z. B. durch gehäuftes Auftreten von Bewegungsstereotypien erkennbar. Das Sozialverhalten: Die meisten Papageienarten gehören zu den Tieren mit einem besonderen Anspruch an den Sozialpartner. Erkennbar sind Defizite z. B. durch das gehäufte Auftreten von Automutilitationen, z. B. Federrupfen, und anderen Verhaltensstörungen. Andere Haus- oder Wildtiere haben keinen nennenswerten autonomen Bewegungsbedarf und/oder keinen besonderen Anspruch an Sozialpartner.“17 Hier ist zu ergänzen: Wildtiere müssen nicht aus der freien Natur gefangen werden, sondern können auch bereits im Zirkus oder Zoo geboren oder gezüchtet worden sein. So stammen Wildtiere im Zirkus in der Regel nicht mehr aus Wildfängen. Zu Naturentnahmen bzw. Wildfängen erläutert das Säugetiergutachten (2014): „In Deutschland unterliegen fast alle Säugetiere wildlebender Arten dem besonderen Artenschutz , teilweise auch dem Jagdrecht. Deren Fang ist verboten beziehungsweise nur nach vorheriger Ausnahmegenehmigung zulässig. Die Einfuhr einer Vielzahl von Säugetierarten (Na- 16 Richter, Thomas; Kunzmann, Peter, Hartmann, Susanne; Blaha, Thomas (2012). Wildtiere in Menschenhand. Überlegungen zum moralisch-rechtlichen und biologischen Status von Wildtieren. Deutsches Tierärzteblatt 11/2012. http://www.iaf.org/download/GermanAnimalWelfare.pdf 17 Richter, Thomas; Kunzmann, Peter, Hartmann, Susanne; Blaha, Thomas (2012). Wildtiere in Menschenhand. Überlegungen zum moralisch-rechtlichen und biologischen Status von Wildtieren. Deutsches Tierärzteblatt 11/2012. http://www.iaf.org/download/GermanAnimalWelfare.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 8 turentnahmen wie gezüchteter Exemplare) in die Europäische Union unterliegt den Einfuhrbestimmungen des Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels.18 Theophil (2008) erläutert, aufgrund dieser Rechtsvorschriften könnten z.B. wild gefangene Elefanten nicht mehr für den Zirkusbetrieb erworben werden - wie es früher üblich gewesen sei.19 3. Gibt es unabhängige Studien (oder ähnliches), die belegen, dass es sich bei der Haltung von ,,Wildtieren" im Zirkus nicht nur in Einzelfällen um Tierquälerei handelt bzw. das Wohl der Tiere beeinträchtigt ist? Trotz umfassender Recherche konnten keine unabhängige Studien gefunden werden, die belegen, dass es sich bei der Haltung von ,,Wildtieren" im Zirkus nicht nur in Einzelfällen um Tierquälerei handelt bzw. das Wohl der Tiere beeinträchtigt ist. Nachfolgend werden unterschiedliche Studien vorgestellt, die als Grundlage für politische Entscheidungen dienten. Nationale Vorgaben zur Wildtierhaltung werden kurz dargelegt. Des Weiteren werden das Ergebnis einer Dissertation sowie die Antworten der Bundesregierung zu Beanstandungen bei der Tierhaltung im Zirkus aufgezeigt. 3.1. Welzijn van dieren in reizende circussen in Nederland (2009) Die Resultate der Studie der Animal Sciences Group der Universität Wageningen unter Hopster, H. et al. (2009) „Welzijn van dieren in reizende circussen in Nederland: circuspraktijk in 2008“20 dienten in den Niederlanden ebenfalls als Grundlage für die politische Entscheidung, eine Regelung einzuführen (siehe hierzu unter Punkt 4.3.). Die Studie ist auf Niederländisch veröffentlicht, lediglich die Zusammenfassung ist auf Englisch verfasst. Für die Studie wurden Interviews geführt, Literatur ausgewertet und Risikofaktoren für fehlendes Wohlergehen der Tiere aufgespürt. Als Gradmesser für das Wohlergehen der Tiere („Welzijn van dieren“) wurden die gesundheitlichen Bedingungen, unter denen die Tiere lebten, untersucht. Auch das Ausmaß, in dem die Tiere ihr „natural behaviour“ ausleben konnten, wurde berücksichtigt . Es wurden die Umstände bewertet, unter denen nicht-domestizierte Tiere in sechs Wanderzirkussen in den Niederlanden leben und arbeiten - Elefanten, Löwen, Tiger und Kamele (eine Giraffe, sowie Schlangen und Reptilien seien außer Acht gelassen worden). Auch Pferde wurden in diese 18 http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungSaeugetiere .pdf?__blob=publicationFile 19 http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/theophild_ws08.pdf 20 Hopster, Hans, Dierendonck, Machteld van, Brandt, Heidi van den, Reenen, Kees van (2009). Welzijn van dieren in reizende circussen in Nederland: circuspraktijk in 2008. Lelystad. Animal Sciences Group. Wageningen UR. 2009 (Rapport/Animal Sciences Group 212). https://www.wageningenur.nl/nl/Publicatie-details.htm?publication Id=publication-way-333831333335 Hauptteil: http://edepot.wur.nl/51316 und Anlagen: http://edepot .wur.nl/9867 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 9 Beobachtungen mit einbezogen. Zudem seien deren Gesundheit und deren Verhalten bewertet worden. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass im Allgemeinen die Zirkusleute ihren Tieren sehr zugetan seien und mit den besten Absichten handelten. („In general, circus people are very committed to their animals and have the best intentions to them.”) In fünf von sechs Zirkussen seien der Gesundheitszustand der Tiere und die Fütterung für die meisten Tiere zufriedenstellend gewesen. In diesen Zirkussen seien keine schwerwiegenden Probleme gefunden worden, mit Ausnahme einiger Altersgebrechen und anderer Erkrankungen, die weitere Prävention und/oder medizinische Betreuung notwendig gemacht hätten. Die Pferde hätten relativ und absolut gesehen die meisten Erkrankungen gehabt. („The horses had relatively and absolutely most disorders (…).”) Ein Zirkus sei sehr negativ aufgefallen. (“One circus was distinguished very negatively….”) Die Aufführungen hätten allem Anschein nach das Wohlbefinden der Tiere nicht beeinträchtigt. („Performing does not seem to affect the animals’ welfare negatively.“) Auch seien die meisten Tiere ohne Probleme in die Transportfahrzeuge geführt worden. („Most animals are led into the transport vehicles without any problem.”). Obwohl die Pferde nicht sehr oft in einem Freigehege gesehen worden seien, hätten sie nur sehr wenige stereotype Verhaltensmuster gezeigt. Die offenen Pferdeboxen und die Aufführungen hätten offenbar ausreichend Ablenkung und Reize geboten. Auch die Kamele würden in sozialen Gruppen und mit einer gut funktionierenden Kontrolle der Reproduktion leben, (“in social groups and with a well functioning control of reproduction.”) Die Großkatzen hätten sich insgesamt im Rahmen ihrer natürlichen Bewegungsmuster verhalten. Die Elefanten hingegen hätten unter fehlenden oder zu geringen Stimuli gelitten. Zudem seien sie während eines nicht unerheblichen Zeitraums („a considerable period of time“) angekettet gewesen. Sie hätten viele stereotype Verhaltensweisen gezeigt, meist das „Weben“ und Rüsselschwingen , als eine Folge von Langeweile und Frustration. Elefanten im Zirkus seien genetisch weniger an die Gefangenschaft angepasst und hätten immer noch eine starke Motivation, nach Futter zu suchen, und seien bemüht, soziale Kontakte aufzunehmen. Aufführungen böten diesen intelligenten Tieren zu wenig Abwechslung. Bei den anderen Tieren seien keine offensichtlichen Probleme oder Anomalien festgestellt worden. („They showed a lot of stereotypic behaviour, mostly weaving and trunk swinging, as a result of boredom and frustration. Elephants in circuses are genetically less adapted to captivity and still have a strong motivation to forage and browse and for social contact. Performing offers these intelligent animals too little compensation. With the other animals, no obvious problems or abnormalities were found.”)21 21 Hopster, Hans, Dierendonck, Machteld van, Brandt, Heidi van den, Reenen, Kees van (2009). Welzijn van dieren in reizende circussen in Nederland: circuspraktijk in 2008. Lelystad. Animal Sciences Group. Wageningen UR. 2009 (Rapport/Animal Sciences Group 212). https://www.wageningenur.nl/nl/Publicatie-details.htm?publication Id=publication-way-333831333335 Hauptteil: http://edepot.wur.nl/51316 und Anlagen: http://edepot .wur.nl/9867 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 10 Aufgrund des breiten Spektrums an Unterschieden zwischen den Zirkussen („wide range in differences between circuses“) weisen die Autoren darauf hin, dass mit Generalisierungen vorsichtig umgegangen werden sollte („we should be careful generalizing the outcome of this study“). 3.2. De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken (2009) Die Autoren der Studie „De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken“22 stellen die Kernfrage: Gehören Wildtiere in den Zirkus? Genauer formuliert: Ist der innere Wert der Tiere in Gefahr, wenn sie eine Rolle bei den Aufführungen haben und Leistungen erbringen, wie zum Beispiel in einem Zirkus? Ob der intrinsische Wert eines Tieres in Gefahr sei, hänge von den folgenden Punkten ab: von der Qualität der natürlichen Umgebung, dem Grad der Domestikation und der Art und Qualität der Versorgung. Die Autoren sehen, dass der Anteil der Wildtiere, die an Tierschauen beteiligt sind, recht klein ist. Sie konstatieren, dass das Zirkusleben für Wildtiere weit von ihrer natürlichen Lebensweise entfernt ist. Zirkusse könnten oft weniger artspezifische Pflege anbieten als Zoos. Die Tiere müssten Leistungen erbringen, die viel Training erfordern. Im Kapitel 4.2. „Het circus, training en individuele zorge“ („Der Zirkus, Training und individuelle Pflege“) beschreiben die Autoren kurz die besondere Situation im Zirkus: „Het circusbestaan van dieren ligt verder verwijderd van de natuurlijke situatie. Circussen kunnen vaak minder soortspecifieke zorg bieden dan dierentuinen. Dieren moeten er bovendien presteren door middel van acts en dat vereist veel training. Daarom dient in circussen de nadruk te liggen op individuele zorg, een vorm van specifieke zorg die niet alleen om soortkenmerken draait, maar ook om de kenmerken van het individuele dier. De vertrouwensrelatie tussen mens en dier komt daarbij centraal te staan.“23 3.3. Radford Report (2007) Im Juni 2006 wurde unter der Leitung von Mike Radford im Auftrag des britischen Department for the Environment Food and Rural Affairs (DEFRA) eine Arbeitsgruppe gegründet. Die Aufgabe der Arbeitsgruppe bestand darin, “to decide whether or not wild animals should be banned from being used in travelling circuses”24. Ein besonderer Augenmerk sollte hierbei auf die Unterkunft und den Transport der Tiere gelegt werden („to focus on evidence on the transportation and 22 „The intrinsic value of performing animals“. (Nur der Titel ist ins Englische übersetzt. Die Studie selbst ist in niederländischer Sprache verfasst.) Keulartz, F.W.J; Swart, Jac. A.A. (2009). De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken. Universität Wageningen. Rapport 216. Im Auftrag des niederländischen Agrarministeriums . 23 Keulartz, F.W.J; Swart, Jac. A.A. (2009). De intrinsieke waarde van dieren in performance Praktijken. Universität Wageningen. Rapport 216. Im Auftrag des niederländischen Agrarministeriums. 24 http://webarchive.nationalarchives.gov.uk/20100202100434/http:/defra.gov.uk/corporate/consult/circus-wildanimals /consultation.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 11 housing needs of wild animals, as these were considered to be the factors that differentiated wild animals in circuses from wild animals being kept in other situations”25). Zu diesem Zeitpunkt wurden in Großbritannien weniger als 50 Wildtiere gehalten, dennoch war das öffentliche und politische Interesse an diesem Thema groß. („The number of non-domesticated animals used in circuses in the United Kingdom is less than 50, but the issue generates strongly held opinions on both sides of the debate and a considerable degree of public and political interest.”26) Der Radford-Bericht des Jahres 2007 kommt im Wesentlichen zum Ergebnis, es gebe keine überzeugenden und kohärenten Argumente zu behaupten, dass es Wildtieren in Zirkussen besser oder schlechter gehe als in anderen Haltungseinrichtungen. Der Status quo sei allerdings auch keine haltbare Option: “The Academic Panel considered that, in order to justify a change to the status quo, the balance of the evidence would have to present a convincing and coherent argument for change. On the basis of the scientific evidence submitted to it, the Panel concluded that such an argument had not been made out. The Academic Panel concluded that there appears to be little evidence to demonstrate that the welfare of animals kept in travelling circuses is any better or worse than that of animals kept in other captive environments. (…) Furthermore, in the absence of compelling scientific evidence, any attempt to ban the use of an animal would fall foul of the principle of proportionality. Accordingly, it is proposed that further primary legislation would be required to have any realistic prospect of achieving a lawful ban. The status quo is not a tenable option. (…)”27 25 http://webarchive.nationalarchives.gov.uk/20100202100434/http:/defra.gov.uk/corporate/consult/circus-wildanimals /consultation.pdf 26 Radford, Mike (2007). Wild animals in travelling circuses. The report of the chairman of the circus working group. Department for the Environment Food and Rural Affairs (DEFRA), UK. http://webarchive.nationalarchives .gov.uk/20141204172450/http://archive.defra.gov.uk/foodfarm/farmanimal/welfare/documents/circus-report .pdf 27 Radford, Mike (2007). Wild animals in travelling circuses. The report of the chairman of the circus working group. Department for the Environment Food and Rural Affairs (DEFRA), UK. http://webarchive.nationalarchives .gov.uk/20141204172450/http://archive.defra.gov.uk/foodfarm/farmanimal/welfare/documents/circus-report .pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 12 Nach Erscheinen des Radford-Berichts wurde eine Circus Feasibility Study durchgeführt: Zwei Zirkusse, in denen Wildtiere auftraten, wurden inspiziert. Die von den Inspektoren vorgeschlagenen Verbesserungen für das Wohlergehen der Tiere wurden umgesetzt, wie bei einer Kontrollinspektion festgestellt wurde.28 Auf die Circus Feasibility Study folgten öffentliche Konsultationen zum Thema. 3.4. A review of the welfare of wild animals in circuses (2006) Eine weitere häufig in der Literatur zitierte Studie ist von Harris/Iossa/Soulsbury (2006). Die Autoren aus Großbritannien kommen in ihrer Untersuchung “A review of the welfare of wild animals in circuses” zu folgendem Ergebnis: “Circuses may be suitable environments for animals with low space requirements, simple social structures, low cognitive function, non-specialist ecological requirements and which are capable of being transported without adverse welfare effects. Wild mammals, birds and reptiles should be subject to a test of suitability to circus life.”29 3.5. Are wild animals suited to a travelling circus life? (2009) Ebenfalls häufig zitiert werden Iossa, G. et al. (2009), die die Frage stellen: “Are wild animals suited to a travelling circus life?” “… circuses have a limited ability to set up complex environments and a non-domesticated animal’s life is consequently impoverished. Captivity can induce poor welfare in non-domesticated animals but circuses, in particular, fail to provide some of their most basic social, spatial and feeding requirements. The ability to execute many natural behaviours is severely reduced , with partial evidence of a concomitant reduction in welfare, health and reproduction, at least in the most well studied species, such as African and Asian elephants.”30 3.6. Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen (2005) In den aktuellen Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen“ des BMEL aus dem Jahr 2005 heißt es: „Die bereits in den ‘Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen (BML, 1990)‘ erhobene Forderung, in Zirkussen 28 Vgl. http://webarchive.nationalarchives.gov.uk/20100202100434/http:/defra.gov.uk/corporate/consult/circuswild -animals/consultation.pdf 29 Harris, Steven, Iossa, Grazielle; Soulsbury, Carl D. (2006). A review of the welfare of wild animals in circuses. 30 Iossa, G. et al. (2009). Are wild animals suited to a travelling circus life? Universities federation for Animal Welfare , 2009. 2009 Universities Federation for Animal Welfare The Old School, Brewhouse Hill, Wheathampstead, Hertfordshire AL4 8AN, UK. http://infocircos.org/userfiles/file/Are_wild_animals_suited_to_circuses.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 13 oder in mobilen Tierhaltungen keine Menschenaffen, Tümmler, Delfine, Greifvögel, Flamingos oder Pinguine zu halten oder mitzuführen, wird von den Autoren voll unterstützt. Für die Haltung oder das Mitführen dieser Tiere in Zirkussen oder in mobilen Tierhaltungen sollte keine neue tierschutzrechtliche Erlaubnis mehr erteilt werden. Die Autoren lehnen darüber hinaus die Erteilung neuer tierschutzrechtlicher Erlaubnisse für die Haltung oder das Mitführen von Nashörnern in Zirkussen ab, weil Nashörner äußerst sensibel auf Stress, Transporte und Veränderungen in ihrer vertrauten Umgebung reagieren. Dem Bewegungsbedürfnis der Tiere sowie der Forderung nach einer artgerechten Gehegestruktur ist unter Zirkusbedingungen kaum Rechnung zu tragen. Die tiermedizinische Versorgung ist unter Zirkusbedingungen ausgesprochen problematisch. Die Autoren lehnen weiterhin auch die Erteilung neuer tierschutzrechtlicher Erlaubnisse für die Haltung oder das Mitführen von Wölfen in Zirkussen aus folgenden Gründen ab: Wölfe leben im Rudel. Die Größe des Rudels ist abhängig von den ökologischen Gegebenheiten. Im Rudel finden viele soziale Interaktionen statt. Die soziale Organisation ist dauernden Wechseln unterworfen. Die Beziehung zwischen alpha-Tier und Unterlegenen ändert sich häufig, so dass die Tiere große Räume (Gebiete) benötigen, um dem Dauerstress auszuweichen. einen hohen Bewegungsbedarf, der unter Zirkusbedingungen nicht gedeckt werden kann.“31 Wie zuvor bereits erwähnt werden in den Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen unterschiedliche Auffassungen zur Tierhaltung im Zirkus in sogenannten Differenzprotokollen festgehalten: Laut Differenzprotokoll des Bündnisses Tierschutz sollte auf die Haltung von Großkatzen, Großbären, Robben, Elefanten, Flusspferden und Giraffen in Zirkusbetrieben verzichtet werden.32 Im Differenzprotokoll des Berufsverbandes der Tierlehrer heißt es, der Forderung, in Zirkussen oder in mobilen Tierhaltungen keine Menschenaffen, Greifvögel, Pinguine oder Nashörner zu halten oder mitzuführen, werde nicht zugestimmt.33 Im Differenzprotokoll der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz und der Bundestierärztekammer wird darauf hingewiesen, dass auf Elefantenbullen mit Erlangung der Geschlechtsreife zu verzichten sei. Die meisten Elefantenbullen seien mit Beginn der Geschlechtsreife und der Brunft (Musth) im Zirkus nicht mehr beherrschbar und könnten 31 Hervorhebungen durch Verfasser des Sachstandes. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz /GutachtenLeitlinien/HaltungZirkustiere.pdf?__blob=publicationFile 32 Differenzprotokoll des Bündnisses Tierschutz. Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen. S. 36. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz /GutachtenLeitlinien/HaltungZirkustiere.pdf?__blob=publicationFile 33 Differenzprotokoll des Berufsverbandes der Tierlehrer. Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads /Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungZirkustiere.pdf?__blob=publicationFile Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 14 Menschen gefährden. Außerdem sei mit Einsetzen der Musth ein Bulle wegen seiner Gefährlichkeit nicht mehr transportfähig und müsse unter Umständen frühzeitig getötet werden . Auch Giraffen sollten aufgrund ihrer Anatomie nicht im Zirkus gehalten werden.34 3.7. Säugetiergutachten (2014) Das sog. Säugetiergutachten "Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren "35 vom 7. Mai 2014 befasst sich neben anderem auch mit der Haltung von Säugetieren wildlebender Arten. Auch das Säugetiergutachten enthält Differenzprotokolle, das Differenzprotokoll der Vertreter der Tier- und Naturschutzverbände (Laura Zimprich, James Brückner und Torsten Schmidt) und das Differenzprotokoll der Vertreter der Zooverbände (Dr. Peter Dollinger, Dr. Thomas Kauffels und Theo Pagel). Letztere bemängeln in einem umfassenden mehrseitigen Differenzprotokoll, dass die Überarbeitung des Säugetiergutachtens aus dem Jahr 1996 „vielfach nicht auf wissenschaftlicher Basis oder auf der Grundlage empirischer Evidenz sowie tierhalterischer und tierärztlicher Erfahrung“36 erfolgte. Die Vertreter der Tier- und Naturschutzverbände Laura Zimprich, James Brückner und Torsten Schmidt merken kritisch an, dass die im Säugetiergutachten (2014) aufgeführten Mindestanforderungen bei vielen Tiergruppen deutlich hinter anderen europäischen Mindesthaltungsstandards (z.B. Österreich) zurück bleiben würden.37 Um verbindliche und tiergerechte Haltungsanforderungen zu schaffen, sei aus Sicht von Tierschutzsachverständigen die Überführung des Gutachtens in eine rechtsgültige Verordnung anzustreben, wie z.B. in Österreich oder der Schweiz.38 3.8. Dissertation zu den Haltungsbedingungen von Zirkustieren (2008) In ihrer Dissertation zu den Haltungsbedingungen von Zirkustieren in 25 Zirkussen in Deutschland kommt Theophil (2008) u.a. zu folgendem Ergebnis: 34 Differenzprotokoll der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz und der Bundestierärztekammer. S. 36f. Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungZirkustiere .pdf?__blob=publicationFile 35 BMEL (2014). Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungSaeugetiere .pdf?__blob=publicationFile 36 BMEL (2014). Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren. S. 273ff. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungSaeugetiere .pdf?__blob=publicationFile 37 BMEL (2014). Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren. S. 248. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungSaeugetiere.pdf;jsessionid =A35EA1DFE9D9A8BF843225C0E0B28DD1.1_cid374?__blob=publicationFile 38 BMEL (2014). Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren. S. 249. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungSaeugetiere.pdf;jsessionid Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 15 „Nach Besichtigung und Auswertung der Zirkusse lagen Ergebnisse über die Haltungssituation von insgesamt 1223 Tieren aus 49 verschiedenen Tierarten vor. (…) Es zeigte sich, dass nur 50% der Tiere in Grundhaltungen untergebracht waren, die den Größenanforderungen der jeweiligen Haltungsempfehlungen entsprachen. Dabei fiel auf, dass die Bedingungen der Haltungen von Wildtieren (61%) in Relation zu denen der Haustiere (47%) besser ausfielen. Die gleiche Tendenz zeigte sich auch in der Zahl von Tieren, die mindestens zeitweise eine zusätzliche Haltung nutzen 232 konnten. 84% aller Wildtiere, aber nur 46% aller Haustiere konnten eine solche in Anspruch nehmen.“39 3.9. Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs (2006) Im Jahr 2003 lagen der Bundesregierung - aufgrund einer seit August des Jahres 2000 bei den Bundesländern durchgeführten Umfrage40 - folgende Informationen über Beanstandungen bei der Tierhaltung in Zirkussen vor: „Insgesamt gab es 1 077 Beanstandungen. Davon betrafen 19 Beanstandungen die Haltung von Menschenaffen, Tümmlern, Delfinen, Greifvögeln, Flamingos, Pinguinen, Wölfen oder Nashörnern. (…) 145 Beanstandungen betrafen die Haltung von Elefanten, Großbären, Giraffen , Flusspferden oder Robben. Hier wurden im Einzelnen 73 Beanstandungen bei Elefanten, 25 bei Großbären, 13 bei Giraffen, 7 bei Robben und 7 bei Flusspferden erwähnt. Bei 20 Beanstandungen wurde die Tierart nicht genannt.“41 3.10. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Haltung von Wildtieren im Zirkus“ (2014) Die Bundesregierung antwortete im September 2014 auf die Kleine Anfrage „Haltung von Wildtieren im Zirkus“, im Jahr 2011 seien nach Informationen der Bundesländer bei 895 Kontrollen 409 Verstöße gegen Haltungsanforderungen für Tiere festgestellt worden. Differenziertere Angaben nach Tierarten und Art der Verstöße lägen der Bundesregierung nicht vor.42 4. In welchen EU-Mitgliedsstaaten bzw. Städten gibt es bereits entsprechende Verbote und wie sind diese (exemplarisch) ausgestaltet? Insbesondere wäre interessant, ob es generelle 39 Theophil, Daniela (2008). Haltungsbedingungen von Zirkustieren in 25 Zirkussen in der Bundesrepublik Deutschland. Diss. Hannover 2008. http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/theophild_ws08.pdf 40 Der Bundesregierung lagen keine Informationen aus Berlin und Schleswig-Holstein vor. 41 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Gerd Müller vom 6. Juli 2006 auf die Schriftliche Frage der Abg. Undine Kurth (Quedlinburg). http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/16/022/1602220.pdf 42 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Haltung von Wildtieren im Zirkus“. BT-Drs. 18/2690. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/026/1802690.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 16 Verbote der Haltung von ,,Wildtieren" in Zirkussen gibt, oder ob nur bestimmte Tierarten davon betroffen sind? Die EU-Kommission antwortete am 3. Februar 2015, da es auf EU-Ebene keine Tierschutz spezifischen Vorschriften über die Verwendung von Tieren in Zirkussen gebe und die Zuständigkeit bei den Mitgliedstaaten liege, habe die Kommission keine Informationen über die Maßnahmen der Mitgliedstaaten über das Verbot von Wildtieren im Zirkus.43 Laut Angaben der Tierschutzorganisation „Born free“ haben mit Stand 17. September 2015 sechs europäische Länder ein vollständiges Verbot für Wildtiere in Zirkussen erlassen und weitere dreizehn haben entweder begonnen, Verbote anzustrengen oder haben bislang gewisse Einschränkungen eingeführt.44 43 Vgl. Question for written answer E-009108/14 to the Commission by Marlene Mizzi (S&D), (12 November 2014). Answer given by Mr Andriukaitis on behalf of the Commission, (3 February 2015). http://www.europarl.europa .eu/RegData/questions/reponses_qe/2014/009108/P8_RE(2014)009108_EN.pdf 44 http://www.bornfree.org.uk/news/news-article/?no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=1960 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 17 4.1. Begründungen eines Wildtierverbots in Deutschland (2003/2011) Die Bundesregierung wurde in den Jahren 200345 und 201146 aufgefordert, die Haltung bestimmter wild lebender Tierarten im Zirkus grundsätzlich zu verbieten. Im Jahr 2003 wurde ein Verbot der Haltung von Affen, Großbären und Elefanten gefordert (BR-Drs. 595/03) - im Jahr 2011 wurde diese Liste um Giraffen, Nashörner und Flusspferde erweitert (BR-Drs. 565/11).47 In den Begründungen der Bundesratsentschließungen heißt es: „Wildtiere sind nicht domestiziert und stellen daher häufig besonders hohe Ansprüche an ihre Unterbringung, Ernährung und Pflege, sowie an die Sachkunde des Halters“48. Für bestimmte Tierarten sei eine artgerechte Haltung aufgrund des ausgeprägten körperlichen Bewegungsdrangs und ihres hochentwickelten Sozialverhaltens nicht möglich.49 45 BR-Drs. 595/03. Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wildlebender Tierarten im Zirkus und zur Einrichtung eines Zirkuszentralregisters. Antrag des Landes Hessen. http://www.bundesrat .de/SharedDocs/drucksachen/2003/0501-0600/595-03.pdf?__blob=publicationFile&v=1 Das im Jahr 2003 geforderte Zirkuszentralregister wurde zwar mit der Verordnung über die Registrierung von Erlaubnissen zur Haltung von Tieren an wechselnden Orten (Zirkusregisterverordnung - ZirkRegV) eingeführt (BGBl I 2008, S. 376, geändert durch Art. 5 der Verordnung vom 12.12.2013; BGBl I 2013, S. 4145), Experten zufolge fehlt es jedoch am Vollzug der Verordnung. Die Bundesregierung antwortete im September 2014, es lägen keine umfassend auswertbaren Informationen seitens der Bundesländer darüber vor, inwieweit das Register zu einer tatsächlichen Verbesserung der Tierschutzsituation in Zirkusbetrieben beigetragen hätte (BT-Drs. 18/2690). Die Bundesregierung erläuterte zur rechtlichen Situation: „Im Jahr 2013 wurde eine Ermächtigung in das Tierschutzgesetz aufgenommen, durch Verordnung das Zurschaustellen von Tieren wildlebender Arten an wechselnden Orten zu beschränken oder zu verbieten. Entsprechende Regelungen sind gemäß § 11 Absatz 4 des Tierschutzgesetzes aber nur dann möglich, wenn die Tiere der jeweiligen Art an wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden gehalten oder zu den wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden befördert werden können und diesen erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden durch andere Regelungen, insbesondere solche mit Anforderungen an die Haltung oder Beförderung der Tiere, nicht wirksam begegnet werden kann. Bislang konnte nicht belegt werden, dass es Tierarten gibt, für die diese Voraussetzungen vorliegen. Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass die Haltung von Tieren bestimmter wildlebender Arten in Zirkusbetrieben aus der Sicht des Tierschutzes eine besondere Herausforderung darstellt. Sie wird die Situation daher weiter beobachten und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.“ (BT-Drs. 18/2690). 46 BR-Drs. 565/11. Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wildlebender Tierarten im Zirkus. Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg unter Beteiligung der Länder Rheinland-Pfalz, Bremen und Schleswig-Holstein. http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2011/0501-0600/565- 11.pdf?__blob=publicationFile&v=3 47 BR-Drs. 565/11. Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wildlebender Tierarten im Zirkus. Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg. http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen /2011/0501-0600/565-11.pdf?__blob=publicationFile&v=3 48 http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2003/0501-0600/595-03.pdf?__blob=publicationFile&v=1 49 BR-Drs. 565/11. Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wildlebender Tierarten im Zirkus. Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg. http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen /2011/0501-0600/565-11.pdf?__blob=publicationFile&v=3 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 18 In der hessischen Entschließung des Jahres 2003 findet sich eine weitere, nicht unbedingt vorurteilsfreie Begründung, die lautet: „Viele Zirkusbetriebe sind wirtschaftlich nicht in der Lage, die finanziellen Mittel für erforderliche Anschaffungen, Unterhalts- und (Spezial-) Tierarztkosten aufzubringen, zudem erschweren oft auch der niedrige Bildungsgrad und das Leben in einem eigenen Wertesystem das notwendige Verständnis für die Erfordernisse einer modernen, tiergerechten Haltung von Wildtieren.“50 4.2. Österreich Österreich war das erste EU-Mitgliedsland, das generell Wildtiere im Zirkus verboten hat. Das Halten und Mitwirken von Wildtieren in Zirkussen ist in Österreich seit dem 1. Januar 2005 durch das Tierschutzgesetz verboten. Das für das Verbot zuständige Bundesministerium für Gesundheit (BMG) definiert “Wildtier“ wie folgt: „Als Wildtier gemäß § 4 Tierschutzgesetz (TSchG) gilt jedes Tier, das nicht Heim- oder Haustier ist. Hierzu zählen sämtliche Säugetierarten (z.B. Affen, Bären, Raubkatzen...), viele Vogelarten (z.B. die meisten Papageienarten, Amazonen), alle Arten der Reptilien (z.B. Schildkröten , Schlangen, Echsen...) und Amphibien (z.B. Frösche), sowie viele Zierfische. Wildtiere sind keine Streicheltiere und suchen von sich aus keinen Kontakt zu Menschen.“51 Das BMG begründet das Verbot auf seiner Homepage wie folgt: „Im Zirkus gehören Platzmangel, ständige Transporte und zweifelhafte Dressuren zum Alltag. Wildtiere können unter diesen Bedingungen kein artgemäßes Leben führen. Innerhalb der Europäischen Union können die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, wie sie Wildtiere im Zirkus schützen. Erst nachdem die Europäische Kommission im Jahr 2006 ein Vertragsverletzungsverfahren zum österreichischen Wildtierverbot in Zirkussen einstellte, haben viele andere Länder Wildtiere im Zirkus ganz oder teilweise verboten. Weitere Voraussetzungen für die Haltung und Mitwirkung von Tieren in Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen sowie die erforderliche Sachkunde der Betreuungspersonen sind in Österreich zusätzlich durch die Tierschutz-Zirkusverordnung geregelt.“52 Das Halten von Wildtieren ist in Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen verboten, nachfolgend findet sich der Wortlaut des § 27 des Österreichischen Tierschutzgesetzes: 50 BR-Drs. 595/03. Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wildlebender Tierarten im Zirkus und zur Einrichtung eines Zirkuszentralregisters. Antrag des Landes Hessen. http://www.bundesrat .de/SharedDocs/drucksachen/2003/0501-0600/595-03.pdf?__blob=publicationFile&v=1 51 http://www.bmg.gv.at/home/Begriffslexikon/Wildtier 52 http://www.bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Tiergesundheit/Tierschutz/Verbot_von_Wildtieren_im_Zirkus Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 19 53 Der österreichische Gesetzgeber geht davon aus, dass eine artgerechte Wildtierhaltung in Zirkussen nicht möglich ist.54 In der Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshof vom 1. Dezember 2011 - zum Antrag auf Aufhebung des Wortes "Zirkus " in Absatz 1 des §27 des Tierschutzgesetzes - wird das absolute Verbot der Haltung und der Mitwirkung von Wildtieren in Zirkussen wie folgt begründet : „Zirkusse könnten typischerweise aufgrund ihrer besonderen Tätigkeitsbedingungen (insbesondere häufige Ortswechsel und die damit einhergehenden Anforderungen an die für die Tiere zur Verfügung stehenden Unterbringungsmöglichkeiten) eine artgerechte Haltung der Wildtiere, wie sie in der 2. Tierhaltungsverordnung näher konkretisiert ist, nicht gewährleisten . So müsse für einen Löwen neben einem in bestimmter Art und Weise gestalteten Innengehege auch ein ganzjähriger Zugang zu einem Außengehege ermöglicht werden, das mindestens 500 m² (plus 10 % zusätzliche Fläche für jedes weitere erwachsene Tier) aufweisen müsse, wobei Löwen in Rudeln gehalten werden müssen. Nashörner müssten zumindest paarweise gehalten und neben einer Innenanlage über eine ganzjährig zugängliche Außenanlage von mindestens 1.000 m² verfügen, Elefanten über eine Außenanlage im Mindestmaß von 3.000 m² für drei erwachsene Elefantenkühe bzw. 700 m² für einen erwachsenen Bullen. Weiters versetze der für Zirkusse wie auch den der Antragstellerin typische häufige Ortswechsel 53 https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20003541 54 Vgl. http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXII/AB/AB_03571/fname_055256.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 20 die Tiere wegen der Unterbringung in Transportfahrzeugen und der Notwendigkeit, sich in den neuen Umgebungen wieder einzugewöhnen, in eine sie stark beeinträchtigende Stresssituation . Schließlich würden den Wildtieren im Rahmen der Darbietungen in Zirkussen nicht nur Körperhaltungen und Bewegungsabläufe andressiert, die arttypisch sind, sondern insbesondere auch solche, die nicht dem natürlichen Verhaltensrepertoire von Wildtieren entsprechen wie etwa der Kopfstand eines Elefanten. Berufsausübungsregeln wie das hier zu beurteilende Verbot der Haltung und Mitwirkung von Wildtieren in Zirkussen müssen bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein. Dabei steht dem Gesetzgeber, weil durch eine solche die Ausübung der Erwerbstätigkeit regelnde Vorschrift weniger gravierend in die Erwerbsfreiheit eingegriffen wird als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern, ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits festgehalten hat, ist in den letzten Jahrzehnten insoweit ein Wertewandel eingetreten, als sich nach heutiger Auffassung im Tierschutz ein weithin anerkanntes und bedeutsames öffentliches Interesse verkörpert (…). Zwar verkennt der Verfassungsgerichtshof nicht, dass auch der langen Tradition der Erwerbs- und Lebensform des Zirkusses (einschließlich historisch immer damit verbunden gewesener Darbietungen mit bestimmten Wildtieren) Gewicht zukommt . Angesichts des dem Gesetzgeber hier zukommenden größeren Gestaltungsspielraums kann der Verfassungsgerichtshof ihm aber unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel nicht entgegentreten, wenn er heute die Verwendung von Wildtieren in Zirkussen und damit für diese Tiere verbundene Beeinträchtigungen und Belastungen zum Zwecke der Zerstreuung und Belustigung von Menschen nicht mehr hinnehmen will, die früher als nicht zu beanstanden oder nicht von Bedeutung angesehen wurden.“55 4.3. Niederlande Seit dem 15. September 2015 ist es – laut Erlass vom 28. August 2015 („Besluit van 28 augustus 2015“56) - in den Niederlanden verboten, Tiere im Zirkus auftreten zu lassen, die nicht in der dort aufgeführten Liste verzeichnet sind (siehe nachfolgende Tabelle). In dieser Liste sind enthalten: Esel, Pferd, Hund, Katze, Hausrind, Schaf, Ziege, Schwein, Lama, Alpaka, Kamel, Dromedar, Kaninchen , Wanderratte, zahme Maus bzw. Hausmaus, Meerschweinchen, Goldhamster und Wüstenrennmaus . Tiere anderer Tierarten, wie Vögel, Reptilien, Amphibien und Insekten sind weiterhin im Zirkus erlaubt.57 55 G74/11, V63/11. https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente /Vfgh/JFT_09888799_11G00074_00/JFT_09888799_11G00074_00.pdf 56 Besluit van 28 augustus 2015, houdende wijziging van het Besluit houders van dieren in verband met het verbod op deelname met zoogdieren behorende tot wilde diersoorten aan circussen en andere optredens en op vervoer van die dieren ten behoeve daarvan. Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden. 2015. Nr, 328. Siehe auch https://zoek.officielebekendmakingen.nl/stb-2015-328.html 57 Vgl. https://www.rijksoverheid.nl/onderwerpen/dieren/inhoud/dierenwelzijn/dierentuindieren-en-circusdieren ; übersetzt durch Verfasser des Sachstandes. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 21 Quelle: Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden. 2015. Nr. 328.58 Begründet wird das Verbot wie folgt: Nach den sog. „fünf Freiheiten“ - die zwar in erster Linie für Nutztiere erstellt wurden59 - und die unter Punkt 2.3.2 „Welzijn en gezondheid“ in der Begründung des Erlasses zu finden sind, müssen Tiere frei sein von: 1. Durst, Hunger und unsachgemäßer Ernährung („dorst, honger en onjuiste voeding“); 2. physikalischem und thermischem Unbehagen („fysiek en fysiologisch ongerief“); 3. Schmerzen, Verletzungen und Krankheiten („pijn, verwonding en ziektes“); 4. Angst und chronischem Stress („angst en chronische stress“); 5. Einschränkung des natürlichen Verhaltens („beperking van hun natuurlijk gedrag“)60. Aufgrund des rundreisenden Charakters eines Zirkus seien diese Freiheiten berührt. Insbesondere die fünfte Freiheit, das natürliche Verhalten („het natuurlijk gedrag“) sei eingeschränkt. 58 Besluit van 28 augustus 2015, houdende wijziging van het Besluit houders van dieren in verband met het verbod op deelname met zoogdieren behorende tot wilde diersoorten aan circussen en andere optredens en op vervoer van die dieren ten behoeve daarvan. Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden. 2015. Nr, 328. Siehe auch https://zoek.officielebekendmakingen.nl/stb-2015-328.html 59 http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/theophild_ws08.pdf 60 Vgl. Besluit van 28 augustus 2015, houdende wijziging van het Besluit houders van dieren in verband met het verbod op deelname met zoogdieren behorende tot wilde diersoorten aan circussen en andere optredens en op vervoer van die dieren ten behoeve daarvan. Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden. 2015. Nr, 328. Siehe auch https://zoek.officielebekendmakingen.nl/stb-2015-328.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 22 („De omstandigheden in het circus, inherent aan het rondreizende karakter van het circus, leiden tot aantasting van de voornoemde vrijheden. Het belangrijkste knelpunt is de beperking tot uitoefening van het natuurlijk gedrag, waarop hieronder als eerste in zal worden gegaan.“61) Die Bedingungen im Zirkus bedeuten eine signifikante Reduktion der Möglichkeit, natürliches Verhalten zu zeigen.62 Eine weitere wesentliche Begründung für das Verbot erfolgt aufgrund der geänderten gesellschaftlichen Wahrnehmung, die Aufführungen von Wildtieren als nicht mehr zeitgemäß erachtet. („Het kabinet constateert daarnaast een maatschappelijke trend, waarbij toelaatbaarheid van een inbreuk op de intrinsieke waarde van dieren ten behoeve van vermaak steeds minder toelaatbaar wordt geacht.“63) Tiere hätten innere Werte und seien Wesen mit einem Gefühlsleben („Met het begrip intrinsieke waarde wordt tot uitdrukking gebracht dat dieren, zijnde wezens met gevoel, een eigen, zelfstandige waarde hebben, los van de gebruikswaarde die de mens aan het dier toekent .“64) Der Erlass vom 28. August 2015 („Besluit van 28 augustus 2015“), der auch die Begründung enthält , liegt in der ANLAGE 1 bei und ist nur auf Niederländisch verfügbar. 4.4. Vereinigtes Königreich Waren im Jahr 2007, als der Radford-Report geschrieben wurde, weniger als 50 Wildtiere in den Zirkussen des Vereinigten Königreichs vorhanden, sind es derzeit 21 Wildtiere. 61 Besluit van 28 augustus 2015, houdende wijziging van het Besluit houders van dieren in verband met het verbod op deelname met zoogdieren behorende tot wilde diersoorten aan circussen en andere optredens en op vervoer van die dieren ten behoeve daarvan. Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden. 2015. Nr, 328. Siehe auch https://zoek.officielebekendmakingen.nl/stb-2015-328.html; Hervorhebungen durch Verfasser des Sachstands . 62 Rijksoverheid (2014). Nota van toelichting ontwerpbesluit verbod op deelname met wilde dieren aan circussen. https://www.rijksoverheid.nl/onderwerpen/dieren/documenten/kamerstukken/2014/12/13/nota-van-toelichting -ontwerpbesluit-verbod-op-deelname-met-wilde-dieren-aan-circussen 63 Rijksoverheid (2014). Nota van toelichting ontwerpbesluit verbod op deelname met wilde dieren aan circussen. https://www.rijksoverheid.nl/onderwerpen/dieren/documenten/kamerstukken/2014/12/13/nota-van-toelichting -ontwerpbesluit-verbod-op-deelname-met-wilde-dieren-aan-circussen 64 Rijksoverheid (2014). Nota van toelichting ontwerpbesluit verbod op deelname met wilde dieren aan circussen. https://www.rijksoverheid.nl/onderwerpen/dieren/documenten/kamerstukken/2014/12/13/nota-van-toelichting -ontwerpbesluit-verbod-op-deelname-met-wilde-dieren-aan-circussen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 23 Der Gesetzentwurf Wild Animals in Circuses Bill (HC Bill 87), der zum 1. Dezember 2015 in Kraft treten sollte, steht nach der ersten Lesung im September 2014 vor dem Aus. (“The 2014 - 15 session of parliament has prorogued and this Bill will make no further progress”65). Der Entwurf definiert ein "Wildtier” als “an animal of a kind which is not commonly domesticated in Great Britain “66. Mit dem Wild Animals in Circuses Bill (HC Bill 87) sollte die sekundärrechtliche Regelung The Welfare of Wild Animals in Travelling Circuses (England)67 in Primärrecht überführt werden. Eine Kurzfassung des Regierungsentwurfs Wild Animals in Circuses Bill wird nachfolgend vorgestellt: “In summary, the Government does not believe it is appropriate to continue to use wild animals in travelling circuses because: It is not necessary to use wild animals in travelling circuses to experience the circus; wild animals are just that and are not naturally suited to travelling circuses and may suffer as a result of being unable to fulfil their instinctive natural behaviour; we should feel duty-bound to recognise that wild animals have intrinsic value, and respect their inherent wildness and its implications for their treatment; and the practice adds nothing to the understanding and conservation of wild animals and the natural environment.“68 Das Environment, Food and Rural Affairs Committee des House of Commons beschreibt den Hintergrund für das Verbot, listet Unterstützer und Gegner des Verbots und stellt fest, das österreichische Verbot „was introduced on welfare grounds“. Die Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals (RSPCA) konstatiert, das britische Verbot “is based not on welfare but on ethical considerations”69. 65 http://services.parliament.uk/bills/2014-15/wildanimalsincircuses.html 66 Wild Animals in Circuses Bill. http://www.publications.parliament.uk/pa/bills/cbill/2014- 2015/0087/150087.pdf 67 http://www.legislation.gov.uk/uksi/2012/2932/pdfs/uksi_20122932_en.pdf 68 HM Government (2013). Wild Animals in Circuses. Presented to Parliament by the Secretary of State for Environment , Food and Rural Affairs. https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment _data/file/228862/8538.pdf 69 House of Commons. Environment, Food and Rural Affairs Committee (2013). Wild Animals in Circuses: Government Response to the Committee's Fourth Report of Session 2013–14. Volume I: Report, together with formal minutes. http://www.publications.parliament.uk/pa/cm201314/cmselect/cmenvfru/553/553.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 24 4.5. Schottland Die schottische Regierung führte von Januar bis April 2014 öffentliche Konsultationen zum Wildtierverbot in Zirkussen durch. Zum Thema gingen 2043 Antworten ein. Die Ergebnisse der Analyse wurden am 26. Juni 2015 vorgestellt. Ziel der Konsultationen war es, alle ethischen Bedenken der Bevölkerung, die mit der Verwendung von Wildtieren in Wanderzirkussen assoziiert werden, zu identifizieren, („to identify any ethical concerns the public may associate with the use of wild animals in travelling circuses“). Insgesamt gaben 2003 der Befragten (98%) an, dass die Verwendung von Wildtieren für Aufführungen in Wanderzirkussen in Schottland verboten werden sollte. 1969 der Befragten (96.4%) gaben an, Wildtiere sollten nicht einmal in Wanderzirkussen ausgestellt werden (ohne Aufführungen ).70 Der vollständige Text findet sich unter folgendem Link: http://www.gov.scot/Publications /2015/06/1512 4.6. Schweiz Der schweizerische Bundesrat äußerte in einer Stellungnahme im August 2013 auf eine Anfrage zur "Regelung der im Zirkus zugelassenen Tierarten": „1. Die Regelungen zur Haltung von Wildtieren sind weltweit sehr unterschiedlich. Dies gilt insbesondere auch für die in einzelnen Staaten bestehenden "schwarzen Listen" von Wildtieren , die nicht in Zirkussen mitgeführt werden dürfen. In der Schweiz brauchen Zirkusse für die gewerbsmäßige Wildtierhaltung eine Bewilligung nach den Artikeln 90ff. der Tierschutzverordnung (…). Sie müssen dafür grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie andere gewerbsmäßige Wildtierhaltungen. Die Mindestanforderungen für das Halten von Wildtieren sind in der Schweiz weit detaillierter als in anderen Ländern. Für Zirkusse besteht zwar die Möglichkeit, an einzelnen Gastspielorten aufgrund der dort vorhandenen Platzverhältnisse die vorgegebenen Mindestmaße (z. B. für Auslaufflächen ) vorübergehend zu unterschreiten, die Bedingungen für eine entsprechende Ausnahmebewilligung sind jedoch sehr streng (…). Der Bundesrat sieht deshalb keine Notwendigkeit, die Zirkushaltung für bestimmte Wildtierarten zu verbieten. Es sind auch keine objektiven Kriterien für ein Verbot von einzelnen Wildtierarten ersichtlich. Auch die entsprechenden "schwarzen Listen" anderer Staaten richten sich nicht nach einheitlichen Kriterien. 2. Nach Artikel 95 Absatz 2 TSchV können Ausnahmen von der Einhaltung der Mindestanforderungen nur für Tiere auf Tournee bewilligt werden, mit denen häufig und regelmäßig, d. h. grundsätzlich täglich, in der Manege gearbeitet wird. Die Ausnahmemöglichkeit besteht 70 „Should the use of wild animals in travelling circuses be banned in Scotland?”. http://www.gov.scot/Publications /2015/06/1512 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 25 nur für einzelne Gastspielorte, und entsprechende Gesuche müssen im Voraus mittels Tourneeplan bewilligt werden. Die Ausnahmen sind zeitlich befristet und können nur bewilligt werden, wenn sie örtlich bedingt sind. Die Fachstellen für Tierschutz der kantonalen Veterinärämter sind verpflichtet, im Rahmen der Bewilligungsverfahren die Angaben zu überprüfen , allenfalls Auflagen zu verfügen oder nötigenfalls die Bewilligung zu verweigern. (…).“71 Am 20. Mai 2015 führt der schweizerische Bundesrat weiter aus: „Zudem wurde die Verordnung des BLV72 über die Haltung von Wildtieren (…) am 1. März 2015 in Kraft gesetzt; diese legt noch detailliertere und strengere Bedingungen für die Haltung von Zirkustieren fest. So müssen Tiere, deren Gehege nur eine reduzierte Fläche umfasst, mindestens dreimal täglich beschäftigt werden. Diese Beschäftigung kann in Bewegung oder anderen Aktivitäten inner- oder außerhalb des Geheges bestehen, muss für die Tierart geeignet sein und deren Bedürfnissen entsprechen. Die Wissenschaft äußert sich zu dieser Thematik nicht einheitlich und vertritt unterschiedliche Auffassungen. Die schweizerische Gesetzgebung über den Tierschutz ist jedoch eine der strengsten der Welt, insbesondere was die gewerbsmäßige Wildtierhaltung betrifft; diese ist bewilligungspflichtig (…). Die Bewilligung wird nur unter strengen Voraussetzungen erteilt, die den Bedürfnissen der Tierart, der Anzahl Tiere, dem Ziel des ausgeübten Gewerbes wie auch dem Wohl und der Gesundheit des Tieres Rechnung tragen (…). Die gewerbsmäßige Haltung von domestizierten Tieren ist ebenfalls streng geregelt. Andere Staaten, deren Gesetzgebung zum Teil nicht so weit geht, haben dafür auf ein umfassendes oder teilweises Verbot zurückgegriffen, um eine dem Wohl der Tiere nicht gerecht werdende Haltung zu verhindern. Bei der Beobachtung der Entwicklung des Tierbestands in den schweizerischen Zirkussen in den letzten Jahren kann außerdem festgehalten werden, dass die Verantwortlichen, die sich der sehr hohen Anforderungen bewusst sind, die die Haltung gewisser Tierarten wie Nashörner , Bären, großer Raubkatzen usw. mit sich bringt, darauf verzichten, solche Tiere mit auf Tournee zu nehmen. In der Tat ist es fast unmöglich, Tiere dieser Tierarten auf Tournee so zu halten, dass die Tierschutzvorschriften erfüllt sind; dies wäre zu kostenaufwendig und schwer realisierbar. Schließlich kann der Kantonstierarzt jederzeit einschreiten, wenn die gesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten werden.“73 71 Antwort des Schweizerischen Bundesrats. 13.1028 – Anfrage. Regelung der im Zirkus zugelassenen Tierarten. http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20131028 72 Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (Anm. der Verfasser). Abschnitt 2 Art. 5 bis 7 der Verordnung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) über die Haltung von Wildtieren regelt den Umgang mit Zirkustieren. https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20143030/index .html 73 Antwort des Schweizerischen Bundesrats. Motion 15.3296. Festlegung der in Zirkussen zulässigen Tierarten. http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20153296 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 26 4.7. Möglichkeit einer EU-Regelung Die Anfrage an die Kommission74 zu europaweiten Mindeststandards für die Haltung von Wildtieren im Zirkus und ob die EU ein europaweites Wildtierverbot in Zirkussen für möglich und sinnvoll halte, wie 16 Mitgliedstaaten es inzwischen praktizierten, beantwortete Vytenis Andriukaitis im Namen der Kommission am 15. September 2015 wie folgt: „In Bezug auf künftige Maßnahmen zum Tierschutz möchte die Kommission auf ihre Antwort auf die schriftliche Anfrage E-002735/201575 verweisen. Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Auffassung, dass Maßnahmen mit den zu Beginn ihres Mandats festgelegten zentralen politischen Prioritäten in Einklang stehen sollten. Die Möglichkeit besonderer EU-Vorschriften zur Haltung von Wildtieren in Gefangenschaft oder das Verbot von Wildtieren in Zirkussen wird in diesem Zusammenhang in Erwägung gezogen werden.“76 5. ANHANG 5.1. Liste der Tierschutzorganisation PETA zu nationalen Wildtierverboten in Zirkussen in der EU Die nachfolgende Liste wurde den Internetseiten der Tierschutzorganisation PETA entnommen und konnte aufgrund der zur Bearbeitung zur Verfügung stehenden Zeit nicht überprüft werden: „Belgien In Belgien sind seit dem 01. März 2014 Haltung und Zurschaustellung von Wildtieren im Zirkus verboten. Bosnien & Herzegowina Die Haltung und die Verwendung von Tieren für Showvorstellungen ist für Zirkusbetriebe verboten . Bulgarien 74 Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-009801/2015 an die Kommission gemäß Artikel 130 der Geschäftsordnung von Arne Gericke (ECR). http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+WQ+E- 2015-009801+0+DOC+XML+V0//DE 75 „Viele Maßnahmen, die in der EU-Strategie für den Schutz und das Wohlergehen von Tieren (2012-2015) vorgesehen waren, sind inzwischen erfolgreich durchgeführt worden. Derzeit wertet die Kommission die Ergebnisse der Strategie aus. Anhand dieser Analyse wird sie prüfen, welche Maßnahmen für die Zukunft am geeignetsten sind.“ http://www.europarl.europa.eu/sides/getAllAnswers.do?reference=E-2015-002735&language=DE 76 http://www.europarl.europa.eu/RegData/questions/reponses_qe/2015/009801/P8_RE(2015)009801_DE.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 27 Generelles Verbot von Wildtieren im Zirkus. Übergangsfrist bis 2015 für zuvor erworbene und verwendete Tiere. Dänemark Generelles Verbot von Wildtieren im Zirkus. Ausnahmen nach individueller Bewertung z.B. für Elefanten, Seelöwen, Kleinbären, Zebras, Wildschafe oder Vögel möglich. Estland Verbot von in freier Natur geborenen Wildtieren im Zirkus. Finnland Verbot von Affen, Raubtieren, Elefanten, Flusspferden, Nashörnern, Beuteltieren, Robben, Krokodilen, Greifvögeln, Strauße, Wildformen von Wiederkäuern und pferdeartigen Tieren im Zirkus. Griechenland In Griechenland wurde Anfang 2012 ein grundsätzliches Verbot von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Showprogrammen beschlossen. Das Verbot umfasst alle Tierarten. Das Verbot zur Haltung und Zurschaustellung von Tieren für Unterhaltungszwecke ist im neuen griechischen Tierschutzgesetz verankert. Malta Das maltesische Parlament hat im Oktober 2014 ein Verbot der Mitführung und Zurschaustellung von Tieren in Zirkusbetrieben beschlossen. Niederlande Die niederländische Regierung hat im Dezember 2014 ein Verbot von Wildtieren im Zirkus beschlossen, das per 15. September 2015 in Kraft treten wird. "Die Gesundheit der Tiere ist wichtiger als ihre Verwendung für Vergnügungen oder das Festhalten an überkommenen Traditionen ", sagte die zuständige Staatssekretärin Sharon Dijksma. Norwegen Seit 01.01.2010 dürfen in Norwegen im Zirkus keine Elefanten mehr mit- und vorgeführt werden . Das Verbot ist mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren belegt. Österreich Ein generelles Verbot von Wildtieren im Zirkus besteht seit 2005 und wurde im Dezember 2011 vom österreichischen Verfassungsgerichtshof bestätigt. Portugal Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 28 Fortpflanzungsverbot von Walen, Affen, Wölfen, Bären, Raubkatzen, Robben, Walrossen, Elefanten , Seekühen, Rhinozerossen, Flusspferden, Laufvögeln, Reptilien und Riesenschlangen im Zirkus. (…) Polen Verbot von in freier Natur geborenen Wildtieren im Zirkus. Schweden Verbot von Affen, Raubtieren, Nashörnern, Giraffen, Kängurus, Flusspferden, Robben, Greifvögeln , Strauße, Krokodilen und Damwild im Zirkus. Slowakei Verbot von Tierarten im Zirkus, die bei CITES gelistet sind. Slowenien In Slowenien dürfen seit März 2013 keine Wildtiere mehr im Zirkus zur Schau gestellt werden . Tschechische Republik Verbot von neugeborenen Affen, Robben, Walen (exkl. Delfine), Nashörnern, Flusspferden und Giraffen im Zirkus. Ungarn Verbot von Elefanten, Nashörnern und Primaten im Zirkus. Verbot von neuen Wildfängen.“77 77 http://www.peta.de/verbotwildtiereimzirkus (Stand: Mai 2015; abgerufen am 18. September 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 29 5.2. Abbildung zu den rechtlichen Regelungen in Europa 78 5.3. Liste der Tierschutzorganisation PETA zu nationalen Wildtierverboten in Zirkussen auf kommunaler Ebene Die folgende Liste wurde den Internetseiten der Tierschutzorganisation PETA entnommen und konnte aufgrund der zur Bearbeitung zur Verfügung stehenden Zeit nicht überprüft werden: „Ahaus Nach einem Bürgerantrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW beschloss der Rat der Stadt im April 2015, künftig keine städtischen Flächen an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere wie beispielsweise Elefanten, Reptilien, Tiger, Löwen, Kamele, Kängurus oder Strauße mitführen . 78 http://www.wildedierendetentuit.nl/politiek/internationale-wetgeving (Diese Seite steht nach dem 14. September nicht mehr zur Verfügung.) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 30 Baden-Baden Der Gemeinderat von Baden-Baden hat im November 2012 ein Verbot von bestimmten Wildtieren im Zirkus auf kommunalen Flächen beschlossen. Künftig verboten sind Tierarten wie Nashörner, Wölfe oder Menschenaffen u.a. Nach der Schaffung dieser gemeinderechtlichen Grundlage möchte der Gemeinderat in 2013 eine Erweiterung der Artenliste prüfen. Büdingen Der Stadtverordnetenversammlung hat im Oktober 2012 ein Verbot von bestimmten Wildtieren im Zirkus auf kommunalen Flächen beschlossen. Künftig verboten sind Tierarten wie Bären , Elefanten, Flusspferde oder Giraffen u.a. Erding Der Stadtrat von Erding hat im Juni 2013 beschlossen, keine städtische Flächen mehr an Zirkusbetriebe zu vermieten, die bestimmte Tierarten wie Tiger, Elefanten oder Bären mitführen. Eine Klage gegen die Stadt durch einen Zirkusbetrieb wurde mit Urteil vom 6. August 2014 abgewiesen. Das Verwaltungsgericht München urteilte erstinstanzlich, dass das kommunale Zirkus-Wildtierverbot rechtmäßig ist. Erlangen Der Stadtrat beschloss im April 2015, künftig keine in kommunaler Hand befindlichen Flächen an Zirkusbetriebe zu vermieten, die folgende Arten wild lebender Tiere mitführen: Alligatoren , Krokodile, Antilopen, antilopenartige Tiere, Amphibien, Delfine, Tümmler, Flamingos , Raubtiere, Beuteltiere, Robben, Strauße, Flusspferde, Giraffen, Greifvögel, Affen, Nashörner , Pinguine, Riesenschlangen, Elefanten, Wildformen von Wiederkäuern und pferdeartigen Tieren. Florstadt Ende August hat die Stadtverordnetenversammlung in Florstadt im hessischen Landkreis Wetterau beschlossen, dass zukünftig keine kommunalen Flächen mehr an Zirkusbetriebe vermietet werden, die bestimmte Wildtiere mitführen. Gronau Nach einem Bürgerantrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW beschloss der Rat der Stadt im Mai 2015, künftig keine städtischen Flächen an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere wie beispielsweise Elefanten, Reptilien, Tiger, Löwen, Kamele, Kängurus oder Strauße mitführen . Hanau In der Nutzungsvereinbarung für öffentliche Flächen, die die Stadt Hanau mit Zirkusbetrieben schließt, sind bestimmte Wildtierarten (Elefanten, Giraffen, Bären, Nashörner u.a.) vertraglich ausgeschlossen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 31 Heek Nach einem Bürgerantrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW beschloss der Rat der Stadt im Mai 2015, künftig keine städtischen Flächen an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere wie beispielsweise Elefanten, Reptilien, Tiger, Löwen, Kamele, Kängurus oder Strauße mitführen . Heidelberg Es gibt keinen Gemeinderatsbeschluss, aber abgestimmte Regeln, nach denen die Stadt vorgeht . Demnach sind laut Platzpachtvertrag, den die Stadt Heidelberg mit Zirkusunternehmen schließt, Alligatoren, Krokodile, Antilopen und antilopenartige Tiere, Amphibien, Bären, Delfine , Flamingos, Flusspferde, Giraffen, Greifvögel, Menschenaffen, Nashörner, Pinguine, Riesenschlangen , Robben und robbenartige Tiere, Tümmler und Wölfe sowie Elefantenbullen ausgeschlossen. Hofheim am Taunus Die Stadt Hofheim am Taunus vermietet seit dem 01.01.2012 keine Flächen mehr an Zirkusunternehmen , die bestimmte Wildtierarten mitführen. In dem Mustervertrag der Stadt für Zirkusunternehmen heißt es u.a.: „Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere des Schutzes der Bevölkerung vor Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum und unter Zugrundelegung der vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft herausgegebenen Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen in der neuesten Fassung sowie der darin enthaltenen ergänzenden Stellungnahme der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz und der Bundestierärztekammer sowie aktueller wissenschaftlicher Gutachten zu einzelnen Tierarten, wird das Mitführen auf dem überlassenen Gelände und der Auftritt der in der Anlage zu dieser Vereinbarung aufgeführten Tierarten ausgeschlossen.“ Zu den ausgeschlossenen Tierarten zählen Elefanten, Flusspferde, Bären, Nashörner, Giraffen und nichtmenschliche Primaten. Karben Die Stadtverordnetenversammlung Karben hat im Juni 2012 beschlossen, dass keine Zirkusbetriebe in Karben mehr auf städtischen Flächen zugelassen werden, die Wildtiere mitführen, die in Nummer I der Entschließung des Bundesrates vom 25.11.2011 (BR Drucksache 565/11) genannt sind. Dies betrifft vor allem Elefanten, Bären, Primaten, Nashörner, Giraffen u.a. Bei Zuwiderhandlung ist eine Vertragsstrafe in Höhe von € 6.000,- zu verhängen. Köln Der Stadtvorstand hat im April 2008 entschieden, dass in Köln keine städtischen Gelände mehr an Zirkusunternehmen vermietet werden, die mit Menschenaffen, Tümmlern, Delfinen, Greifvögeln, Flamingos, Pinguinen, Wölfen, Giraffen, Elefanten, Flusspferden, Bären und Nashörnern reisen. In einem weitergehenden Beschluss stimmte der Ausschuss für Anregungen und Beschwerden der Stadt Köln 2009 einem Bürgerantrag zu, zusätzlich weitere Wildtierarten wie Großkatzen und Primaten in die Ausschlussliste mit aufzunehmen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 32 Legden Nach einem Bürgerantrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW beschloss der Rat der Stadt im April 2015, künftig keine städtischen Flächen an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere wie beispielsweise Elefanten, Reptilien, Tiger, Löwen, Kamele, Kängurus oder Strauße mitführen . Mörfelden-Walldorf Die Stadtverordnetenversammlung beschloss im April 2015, künftig keine in kommunaler Hand befindlichen Festplätze an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere wie beispielsweise Elefanten und Kamele mitführen. München Der Kreisverwaltungsausschuss beschließt am 23.06.2009 parteiübergreifend, eine gesetzliche Grundlage für die Einführung einer Tierarten-Positivliste im Rahmen der Nutzungsordnung für städtische Flächen schaffen zu wollen. Als Grundlage werden die entsprechenden Verordnungen etc. aus Städten herangezogen, auf deren öffentlichen Flächen bestimmte Wildtiere nicht auftreten dürfen. Zusätzlich wurde der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) damit beauftragt, die Bundesregierung nochmals nachhaltig dazu aufzufordern, ein generelles Wildtierhaltungsverbot auf Bundesebene voranzubringen. Im Januar 2011 schränkt die Stadt die Auftritte von Wildtieren im Zirkus weiter ein. Laut Verwaltungsausschuss dürfen Wildtiere nur noch auf der Theresienwiese auftreten. Für 20 Tierarten wie z.B. Bären, Elefanten, Tiger, Löwen oder Nashörner sind Auftritte auf Grundstücken , die rechtlich nicht wie die „Wiesn“ als sogenannte öffentliche Einrichtung gelten, verboten . Neuburg an der Donau Der Stadtrat von Neuburg an der Donau hat im Oktober 2014 beschlossen, keine städtische Flächen mehr an Zirkusbetriebe zu vermieten, die bestimmte Arten wildlebender Tiere mitführen . Neustadt an der Weinstraße Die Stadt Neustadt ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine artgerechte Haltung bestimmter Wildtiere, wie beispielsweise Elefanten, Menschenaffen und Großkatzen, in Wanderzirkussen grundsätzlich nicht geschaffen werden können. Daher werden in Neustadt an der Weinstraße grundsätzlich keine Gastspiele an einen solchen Zirkus vergeben. Nidda Die Stadtverordnetenversammlung Nidda hat im Juni 2012 beschlossen, dass keine Zirkusbetriebe mehr auf städtischen Flächen zugelassen werden, die Wildtiere mitführen, die in Nummer I der Entschließung des Bundesrates vom 25.11.2011 (BR Drucksache 565/11) genannt sind. Dies betrifft vor allem Elefanten, Bären, Primaten, Nashörner, Giraffen u.a. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 33 Potsdam Nach einem Antrag der GRÜNEN im Mai 2011, beschließt die Stadt Potsdam im Mai 2011, dass künftig keine städtischen Flächen mehr an Zirkusbetriebe vermietet werden, die eine oder mehrere dieser Tierarten mitführen: Menschenaffen, Elefantenbullen, Giraffen, Flusspferde , Bären und Nashörner. Städtische Unternehmen sind darin ebenfalls eingeschlossen, wie beispielsweise die ´Pro Potsdam GmbH´. Bereits seit 2007 gibt es in Potsdam eine freiwillige Selbstverpflichtung. Reken Nach einem Bürgerantrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW beschloss der Rat der Stadt im Mai 2015, künftig keine städtischen Flächen an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere wie beispielsweise Elefanten, Reptilien, Tiger, Löwen, Kamele, Kängurus oder Strauße mitführen . Schloß Holte-Stukenbrock Die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock hat im Februar 2011 beschlossen, keine kommunalen Stellplätze mehr an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere mitführen. Eine entsprechende Negativliste der betreffenden Tierarten umfasst u.a. Elefanten, Bären, Großkatzen, Nashörner und Giraffen. Schwerin In Schwerin wird 2004 auf kommunaler Ebene beschlossen, dass Zirkusunternehmen, die Tiere nach der Listung des Tierschutzberichtes der Bundesregierung von 2003 mit sich führen , keine Genehmigung mehr auf städtischen Flächen bekommen. Betroffen sind Menschenaffen , Tümmler, Delfine, Greifvögel, Flamingos, Pinguine, Nashörner und Wölfe. Schwetzingen Die Stadt Schwetzingen vermietet keine kommunalen Flächen mehr an Zirkusbetriebe, die bestimmte Wildtierarten mitführen. Die entsprechende Umsetzung der neuen Regelung geschieht mittels Sondernutzungsvertrag, wonach u.a. Giraffen, Bären, Nashörner, Menschenaffen und Elefanten nicht im Rahmen von Zirkusgastspielen in Schwetzingen zugelassen werden . Siegen Der Stadtrat der Stadt Siegen hat Anfang September 2012 beschlossen, die Verwaltung damit zu beauftragen, keine Gastspiele von Zirkussen, die Wildtiere oder nicht artgerecht gehaltene Tiere mit sich führen, auf städtischen Flächen zu genehmigen. Speyer Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 34 In der 9. Sitzung des Stadtrates der Stadt Speyer am 31.08.2010 beschließt der Rat, städtische Grundstücke grundsätzlich nicht mehr an Zirkusbetriebe zu vergeben, die Wildtiere mitführen nach Nummer 1 der Entschließung des Bundesrates vom 17. Oktober 2003 (Bundesrats- Drucksache 5954/03) oder unter II. Nummer 1 der Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen vom 26. Oktober 2005. Anmerkung PETA: Dies bedeutet ein Verbot für: Affen, Elefanten und Großbären, Tümmler, Delfine, Greifvögel, Flamingos und Pinguine. Stadtlohn Nach einem Bürgerantrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW beschloss der Rat der Stadt im Mai 2015, künftig keine städtischen Flächen an Zirkusbetriebe zu vermieten, die Wildtiere wie beispielsweise Elefanten, Reptilien, Tiger, Löwen, Kamele, Kängurus oder Strauße mitführen . Stuttgart Am 21.10.2010 stimmt der Stuttgarter Gemeinderat einem Antrag der Bündnis 90/DIE GRÜ- NEN wie folgt zu: „Die Stadtverwaltung Stuttgart überlässt ab dem 01.01.2011 Zirkusbetrieben mit Wildtieren keine „städtischen Festplätze“ und „sonstigen städtischen Flächen“ mehr. Ausnahmen gelten entsprechend der bisherigen Vergabepraxis lediglich für den Festplatz „Cannstatter Wasen“.“ Laut Vergabepraxis ist die Anzahl möglicher Gastspiele auf dem „Cannstatter Wasen“ auf drei Spielzeiten (Frühjahr, Herbst und den Weltweihnachtszirkus) begrenzt. Wildtiere im Sinne des Stuttgarter Beschlusses sind: Menschenaffen, Tümmler, Delfine, Greifvögel , Flamingos, Pinguine, Nashörner, Wölfe, Alligatoren, Krokodile, Antilopen u. antilopenartige Tiere, Amphibien, Bären, Elefanten, Flusspferde, Giraffen, Riesenschlangen, Robben u. robbenartige Tiere, Großkatzen, Lamas, Vikunjas und Straußenvögel. Worms Zirkusbetrieben ist es künftig nicht mehr erlaubt, in Worms mit bestimmten Wildtieren (Bären , Nashörnern, Elefantenbullen, Giraffen, Flusspferden, Riesenschlangen u.a.) auf öffentlichen Flächen zu gastieren. Dies beschloss der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Worms. Das Verbot wird auf privatrechtlicher Ebene in dem Platzüberlassungsvertrag mit dem jeweiligen Zirkus-Pächter umgesetzt. Sollten sich die Zirkusse nicht an die Vereinbarung halten, droht ihnen eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000 Euro. Würselen Der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Würselen hat beschlossen, dass das Mitführen und der Auftritt auf dem kommunalen Pachtgelände von Giraffen, Nashörnern, Wölfen, Menschenaffen , Flusspferde, Elefanten, Bären, Großkatzen u.a. ausgeschlossen ist. Zugrunde ge- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 123/15 Seite 35 legt werden die „Zirkusleitlinien“ des Landwirtschaftsministeriums (BMELV) sowie ergänzende Stellungnahmen der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) sowie der Bundestierärztekammer .“79 Ende der Bearbeitung 79 http://www.peta.de/verbotwildtiereimzirkus