© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 122/20 Erwerb landwirtschaftlicher Flächen Einzelaspekte Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 122/20 Seite 2 Erwerb landwirtschaftlicher Flächen Einzelaspekte Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 122/20 Abschluss der Arbeit: 6. November 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 122/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Grundstückserwerb durch Ausländer – europarechtliche Aspekte 4 3. Grundstückverkehrsgesetz 4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 122/20 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wurde nach verschiedenen Einzelaspekten des Erwerbs landwirtschaftlicher Flächen in Deutschland. Im Folgenden wird zum einen geprüft, ob es Ausländern europarechtlich untersagt werden kann, landwirtschaftliche Flächen zu erwerben (2.). Zum anderen werden die wesentlichen Vorschriften des Grundstückverkehrsgesetzes über den Erwerb dieser Flächen dargestellt (3.). Die Beantwortung umfasst nur die für die Fragestellung zentralen Aspekte des Bundesrechts. Vorschriften des Landesrechts oder die Verwaltungspraxis der Behörden der Länder sind nicht Teil dieses Sachstands. 2. Grundstückserwerb durch Ausländer – europarechtliche Aspekte Ein an Ausländer gerichtetes Verbot eines EU-Mitgliedstaats, Immobilien innerhalb seines eigenen Staatsgebiets zu erwerben, dürfte – soweit das Verbot alleine auf die Staatsangehörigkeit des Erwerbers abstellt – mit dem Recht der Europäischen Union unvereinbar sein. Nach Art. 63 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. Zum Kapitalverkehr zählen auch Immobilieninvestitionen. Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit können nur gerechtfertigt werden, wenn sie weder unmittelbar noch mittelbar diskriminierend sind. Bei einem alleine auf die Staatsangehörigkeit abstellenden Verbot ist dies nicht der Fall.1 Die Frage der Europarechtskonformität lässt sich jedoch nur vor dem Hintergrund einer konkreten Regelung unter Einbezug der genauen Regulierungsziele abschließend beurteilen. 3. Grundstückverkehrsgesetz Das deutsche Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG)2 enthält Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Veräußerung von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Grundstücken sowie bestimmtem Moor- und Ödland (§ 1 Abs. 1). Die Veräußerung bedarf der Genehmigung. Die Genehmigung darf versagt werden, wenn die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet oder durch die Veräußerung das Grundstück oder eine Mehrheit von Grundstücken , die räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängen und dem Veräußerer gehören, unwirtschaftlich verkleinert oder aufgeteilt würde oder der Gegenwert in einem groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks steht (§ 9 Abs. 1). Die Genehmigung kann auch unter Bedingungen (§ 11) erteilt oder mit Auflagen (§ 10) versehen werden. § 10 Abs. 1 GrdstVG über die möglichen Auflagen lautet wie folgt: „Dem Erwerber kann die Auflage gemacht werden, 1 Vgl. Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste vom 25. September 2010 – PE 6 – 3000 – 088/19, abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/669166/edfe94a0c4b60b946b6dec808e89dd87/PE-6-088-19-pdfdata .pdf; zu den europarechtlichen Implikationen vgl. auch Mitteilung der EU-Kommission vom 18. Oktober 2017 (2017/C 350/05) (ABl. C 350 vom 18.10.2017), https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52017XC1018(01)&from=LT. 2 Grundstückverkehrsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7810-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 108 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) geändert worden ist, https://www.gesetze-im-internet.de/grdstvg/BJNR010910961.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 122/20 Seite 5 1. das erworbene Grundstück an einen Landwirt zu verpachten; 2. das erworbene Grundstück ganz oder zum Teil zu angemessenen Bedingungen entweder an einen Landwirt oder an ein von der Siedlungsbehörde zu bezeichnendes Siedlungsunternehmen zu veräußern; 3. an anderer Stelle binnen einer bestimmten, angemessenen Frist Land abzugeben, jedoch nicht mehr, als der Größe oder dem Wert des erworbenen Grundstücks entspricht; 4. zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung einen Bewirtschaftungsvertrag mit einem forstlichen Sachverständigen oder einer Forstbehörde abzuschließen oder nach einem genehmigten Wirtschaftsplan zu wirtschaften.“ Zur Möglichkeit, die Genehmigung eines Kaufvertrages nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG zu versagen , führte das Oberlandesgericht Celle Folgendes aus: „Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG ist die Genehmigung eines Kaufvertrages zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten würde. Dies ist nach § 9 Abs. 2 GrdstVG in der Regel anzunehmen, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widersprechen würde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das insbesondere der Fall, wenn ein Nichtlandwirt ein landwirtschaftliches Grundstück erwirbt, obwohl ein Landwirt im Hauptberuf oder Nebenberuf diese Fläche dringend zur Aufstockung seines Betriebes benötigt und zum Erwerb zu den Bedingungen des zur Genehmigung vorliegenden Vertrages bereit und in der Lage ist. Denn die Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur zielen in erster Linie auf die Schaffung und Erhaltung selbständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe ab. Da Grund und Boden in der Landwirtschaft nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, soll der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugutekommen und vorbehalten bleiben, die ihn selbst bewirtschaften.“3 Zum Erwerb durch juristische Personen stellte das Oberlandesgericht fest: „Die Kaufinteressentin betreibt auf den betroffenen Flächen Landwirtschaft. Der Landwirtseigenschaft steht dabei nicht von vornherein entgegen, dass die D.-Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine natürliche Person, sondern eine teilrechtsfähige Gesellschaft ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch Gesellschaften als Landwirt im Sinne des GrdstVG qualifiziert werden können. Voraussetzung hierfür ist, dass Land- oder Forstwirtschaft in größerem Umfang betrieben wird und der Betriebsleiter fachlich qualifiziert ist und mithin als natürliche Person die Landwirts- oder Forstwirtseigenschaft erfüllt.“4 Nach § 3 Abs. 1 GrdstVG entscheidet über den Antrag grundsätzlich die nach Landesrecht zuständige Behörde. *** 3 Vgl. Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 13. Dezember 2016, 7 W 8/16 (L), Rn. 16, http://www.rechtsprechung .niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE233422017&psml=bsndprod.psml&max=true 4 Oberlandesgericht Celle, a. a. 0., Rn. 20.