© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 120/20 Subventionen und Ausgleichszahlungen für Schäden durch Wölfe in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/20 Seite 2 Subventionen und Ausgleichszahlungen für Schäden durch Wölfe in Deutschland Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 120/20 Abschluss der Arbeit: 23.10.2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Allgemeiner rechtlicher Rahmen 4 3. Förderung der Zahlungen 5 4. Finanzierung von Präventionsmaßnahmen 5 4.1. Präventions- und Ausgleichszahlungen für Schutzmaßnahmen 6 4.2. Entwicklung der Ausgleichszahlungen von 2000 bis 2019 6 5. Bundesweite Schadensstatistik 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/20 Seite 4 1. Einleitung Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind Fragen zu Subventionen und Ausgleichszahlungen für Schäden, die durch geschützte Raubtiere entstanden sind.1 In Deutschland ist in diesem Zusammenhang das einzig signifikante Raubtier der Wolf. Der Stand zu Wölfen in Deutschland lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Seit der Jahrtausendwende leben in Deutschland wieder Wolfsrudel. Mit der Ausbreitung der Wölfe nehmen auch die Schäden zu – meistens werden Schafe gerissen, aber auch andere Nutztiere können betroffen sein. Wölfe stehen unter strengem Schutz. Zwar dürfen sie geschossen werden, wenn sie Nutztiere töten, aber jeder einzelne Abschuss muss genehmigt werden. Der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) zufolge sind in Deutschland derzeit 61 Rudel, 12 Paare und 6 Einzeltiere bestätigt.“2 2. Allgemeiner rechtlicher Rahmen Der Bericht der DBBW (letzter Stand: 2019)3 gibt eine Übersicht über die Regelungen zu Ausgleichszahlungen für wolfsverursachte Schäden in den 16 Bundesländern (Tabelle 7, S. 21), eine Übersicht über die Begutachtung im Schadensfall, vorgeschriebene Meldefristen, zeitliche Vorgaben für die Begutachtung sowie die für Ausgleichszahlungen geforderte Sicherheit der Verursacherfeststellung in den einzelnen Bundesländern. Überwiegend erfolgen die Ausgleichszahlungen nicht auf Basis eines Gesetzes, sondern von Richtlinien. Tabelle 6 gibt eine Übersicht über die Präventionsförderung in den 16 Bundesländern. Ein Beispiel für eine Regelung ist § 40 Abs. 6 Sächsisches Naturschutzgesetz:4 „Werden durch wild lebende Tiere der in Anhang IV Buchst. a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten Wolf (Canis lupus), Bär (Ursus arctos) oder Luchs (Lynx Lynx) Sachschäden verursacht, so kann dem Betroffenen abweichend von § 68 Abs. 4 BNatSchG und nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel ein Schadensausgleich gezahlt werden. Die Zahlung erfolgt nur, wenn der Betroffene alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Schadenseintritt getroffen hat. Der Ausgleich wird durch die obere Naturschutzbehörde auf Antrag gewährt.“ 1 Siehe hierzu auch die Sachstände WD 5 - 3000 - 48-20, Bundesländerspezifische Regelungen zum Wolf, https://www.bundestag.de/resource/blob/709134/33ee57d4e384d77bb395c4787365e9f7/WD-5-048-20-pdfdata .pdf, WD 5 - 3000 - 135-18, Kosten der Rückkehr des Wolfes, https://www.bundestag.de/resource/blob/583700/a5ac8ac8ef903b6cad14fc11730bf28c/WD-5-135-18-pdfdata .pdf. 2 https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2020-08/wolfsrisse-nutztiere-ausgleichszahlungen-gestiegenlandwirtschaft -wolfsdebatte. 3 https://www.dbb-wolf.de/mehr/literatur-download/berichte-zu-praevention-und-nutztierschaeden. 4 https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/12836-Saechsisches-Naturschutzgesetz#p40. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/20 Seite 5 Die Bestimmung wird ergänzt durch die „Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zum Ausgleich von durch Wolf, Luchs oder Bär verursachten Schäden (VwV Wolf)“ vom 21. August 2019.5 3. Förderung der Zahlungen Die Ausgleichszahlungen der Länder an die Besitzer von Nutztieren, die von Wölfen getötet wurden, sind einem Medienbericht zufolge deutlich gestiegen: Eigentümer von gerissenen Tieren sollen von Mitte 2019 bis Mitte 2020 insgesamt 600.000 Euro an Entschädigung erhalten haben.6 Soweit sich dies aus Zahlen der einzelnen Landesregierungen ableiten lässt, wurden seit der ersten Sichtung des Wolfs in Deutschland bis Mitte 2020 insgesamt rund 1,7 Millionen an sogenannten Billigkeitsleistungen bewilligt.7 4. Finanzierung von Präventionsmaßnahmen Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit macht hierzu folgende Angaben: „Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW) trägt die Informationen zu durch Wölfe verursachten Schäden zusammen und veröffentlicht diese. Die vom Wolf betroffenen Länder beraten die Tierhalter im Umgang mit dem Wolf, sind bei Investitionen für Schutzeinrichtungen wie Zäune und andere Abwehrmaßnahmen behilflich und können Schäden durch Wolfsrisse mit bis zu 100 Prozent der Kosten ersetzen. Bezüglich einer möglichen Berücksichtigung von Unterhaltungskosten bei wolfsbedingten Präventionsmaßnahmen beraten derzeit Bund und Länder über eine Finanzierung. Für Deutschland betrugen die Ausgaben für Herdenschutzmaßnahmen nach Angaben der DBBW im Jahr 2019 etwa 8 Millionen Euro. Die Investitionen in den Herdenschutz sind wichtig, da andernfalls weitaus mehr Wolfsübergriffe auf Nutztieres zu besorgen wären, wie sie teilweise in anderen Staaten zu verzeichnen sind. Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere gibt es vor allem durch durchziehende Tiere und dort, wo Wölfe sich in neuen Territorien etablieren und die Weidetierhalter sich noch nicht auf deren Anwesenheit eingestellt haben. Meist gehen die Schäden in diesen Gebieten zurück, wenn die Tierhalter gelernt haben, mit der Anwesenheit von Wölfen umzugehen. Die 5 https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/18372-VwV-Wolf#ef. 6 https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2020-08/wolfsrisse-nutztiere-ausgleichszahlungen-gestiegenlandwirtschaft -wolfsdebatte. 7 https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2020-08/wolfsrisse-nutztiere-ausgleichszahlungen-gestiegenlandwirtschaft -wolfsdebatte. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/20 Seite 6 Schadensstatistik enthält keine Information dazu, wie viele der getöteten Nutztiere ohne jeglichen Schutz gegen Wolfsübergriffe waren.“8 4.1. Präventions- und Ausgleichszahlungen für Schutzmaßnahmen Zu den Aufgaben der DBBW gehört es, jährlich die in den Bundesländern im jeweils abgelaufenen Kalenderjahr geleisteten Zahlungen für Schäden an Nutztieren sowie die Summe, die für die Förderung von Präventionsmaßnahmen ausgegeben wurde, abzufragen und deutschlandweit aufzubereiten.9 Nach Angaben der DBBW kann die Finanzierung von Herdenschutzmaßnahmen ein Vielfaches dessen kosten, was für einen reinen Schadensausgleich aufzuwenden wäre: „Dahinter steht der Gedanke, die Akzeptanz für die zurückkehrenden Wölfe zu erhöhen und den Betroffenen im ländlichen Raum die Koexistenz mit ihnen zu erleichtern. In Deutschland waren die Ausgaben für Herdenschutzmaßnahmen im Jahr 2019 mit 8.038.110 € um ein Vielfaches höher als die Ausgleichszahlungen (418.246 €).“10 4.2. Entwicklung der Ausgleichszahlungen von 2000 bis 2019 Mit den wolfsverursachten Schäden steigen auch die Ausgleichszahlungen an. Im Jahr 2019 waren die Ausgaben für wolfsverursachte Schäden in den drei Bundesländern Schleswig- Holstein, Sachsen und Brandenburg am höchsten. Eine Grafik mit einer Statistik findet sich auf der Netzseite der DBBW.11 5. Bundesweite Schadensstatistik Die DBBW macht hierzu folgende Angaben:12 „Mit der Ausbreitung des Wolfsbestandes nehmen auch die wolfsverursachten Schäden zu. Die meisten Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere gibt es vor allem dort, wo Wölfe sich in neuen Territorien etablieren und die Schaf- und Ziegenhalter sich noch nicht auf deren Anwesenheit eingestellt haben. Meist gehen die Schäden in diesen Gebieten nach ein, zwei Jahren zurück, wenn die Tierhalter gelernt haben, mit der Anwesenheit von Wölfen umzugehen. Obwohl die Schäden insgesamt mit dem Anwachsen des Wolfsbestandes zunehmen, lassen sich daraus keine Vorhersagen über die Höhe der Schäden bei einer bestimmten Bestandsgröße ableiten. Dafür ist die Varianz zu groß. Durch Herdenschutzmaßnahmen 8 https://www.bmu.de/themen/natur-biologische-vielfalt-arten/artenschutz/nationaler-artenschutz/der-wolfin -deutschland/. 9 Zu den Berichten siehe: https://www.dbb-wolf.de/mehr/literatur-download. 10 https://www.dbb-wolf.de/wolfsmanagement/herdenschutz/praeventions-_und_ausgleichszahlungen. 11 https://www.dbb-wolf.de/wolfsmanagement/herdenschutz/praeventions-_und_ausgleichszahlungen. 12 https://www.dbb-wolf.de/wolfsmanagement/herdenschutz/schadensstatistik. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/20 Seite 7 können Schäden auch in Gebieten mit vielen Wolfsterritorien begrenzt werden. Andererseits kann auch ein einzelner oder ein durchwandernder Wolf erhebliche Schäden verursachen, wenn er auf ungeschützte Schafe oder Ziegen trifft. Auch Wölfe, die an nicht ausreichend geschützten Schafen gelernt haben, dass diese eine einfache Beute sind, können die Schäden in die Höhe treiben. Solche Tiere suchen nicht selten gezielt nach Schafen und haben gelernt, Schwachstellen von Schutzmaßnahmen auszunutzen. Diese Wölfe lernen teilweise auch, die Schutzmaßnahmen zu überwinden, die in vielen Bundesländern als Mindeststandard vorgeschrieben sind, der eingehalten werden muss, um im Schadensfall Ausgleichszahlungen zu erhalten. Dieser Mindestschutzstandard (z. B: ein 90 cm hoher Elektrozaun) ist als ein Kompromiss zwischen der Schutzwirkung gegenüber Wölfen einerseits und der bisherigen Praxis der Tierhaltung – die nicht an der Anwesenheit von Wölfen orientiert war – andererseits zu verstehen. Die Anforderungen an den Mindeststandard sind daher i.d.R. geringer als an Schutzmaßnahmen, die für eine sichere Weidetierhaltung empfohlen werden (z.B. ein 120 cm hoher elektrischer Drahtzaun aus 5 Litzen in 20, 40, 60, 90 und 120 cm Höhe). Schafe und Ziegen werden europaweit deutlich häufiger von Wölfen getötet als größere Nutztiere (Kaczensky 1996, 1999).[13] Dies zeigen auch die Schadenszahlen in Deutschland. Da bei vielen Rassen das Fluchtverhalten durch die Domestikation abgemildert wurde, kommt es bei Übergriffen auf Schaf- und Ziegenherden häufig zu Mehrfachtötungen. In Deutschland wurden 2019 pro Wolfsübergriff durchschnittlich 3,6 Tiere getötet. Rinder und Pferde sind von Natur aus recht wehrhaft und haben oft noch ein ausgeprägtes Herdenverhalten. Die Verluste an Rindern und Pferden durch Wölfe sind in Europa deutlich geringer als an kleineren Nutztieren (Kaczensky 1996, 1999). Sie kommen vor allem dort gehäuft vor, wo wilde Huftiere und Schafe selten sind. Wenn Wölfe große Nutztiere töten, handelt es sich meist um Jungtiere oder um einzeln gehaltene Rinder oder Pferde. Einzelne Wölfe können jedoch auch lernen ausgewachsene Rinder und Pferde zu töten. Bei den von Wölfen 2019 getöteten oder verletzten Nutztieren in Deutschland handelte es sich zu 88,4% um Schafe oder Ziegen, 6,7% um Gatterwild und in 4,4% um Rinder (meist Kälber).“ *** 13 https://www.bmu.de/fileadmin/bmu-import/files/pdfs/allgemein/application/pdf/wolf_kaczensky.pdf.