© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 120/19 Lärmminderung im Straßenverkehr Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/19 Seite 2 Lärmminderung im Straßenverkehr Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 120/19 Abschluss der Arbeit: 7. Januar 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Maßnahmen zum Lärmschutz 4 3. Prioritätenfolge der Maßnahmen 5 4. Lärmschutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen 5 5. Weitere Lärmminderungsmaßnahmen 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/19 Seite 4 1. Einleitung Gegenstand des vorliegenden Sachstands ist die Frage, welche Maßnahmen zur Lärmminderung im Straßenverkehr in Deutschland ergriffen wurden bzw. werden sollen und wie diese sich auswirken . Des Weiteren wird der Frage nachgegangen, ob der Verkehrslärm in Deutschland vorrangig an der Geräuschquelle oder durch anderweitige Maßnahmen reduziert wird. 2. Maßnahmen zum Lärmschutz Eine spezifische Regelung zum Schutz vor Straßenverkehrslärm gibt es in Deutschland nicht.1 Nur beim Neubau oder einer wesentlichen Änderung einer Straße gibt es zum Lärmschutz gesetzliche Regelungen. Diese finden sich im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)2 und in der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV)3 und schreiben vor, dass die nach Gebietsnutzungen gestaffelten und in der 16. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerte einzuhalten sind. Werden die Immissionsgrenzwerte überschritten, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Lärmschutz . Das Immissionsschutzrecht ist hierbei in Bezug auf Verkehrslärm vor allem vorsorgend ausgestaltet .4 Nach dem Vermeidungsgrundsatz sind Verkehrswege so zu planen, dass unzumutbare Lärmimmissionen bereits im Vorfeld ausgeschlossen werden können.5 Erst wenn auf Ebene der Planung kein hinreichender Lärmschutz verwirklicht werden kann, werden Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes ergriffen. Die sogenannte Lärmsanierung bei bestehenden Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes ermöglicht es seit 1978 auch für Straßen, die nicht neu gebaut oder wesentlich geändert werden, Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen. Die Lärmsanierung wird hierbei als freiwillige Leistung auf der Grundlage haushaltsrechtlicher Regelungen durchgeführt, wenn folgende Auslösewerte überschritten werden:6 1 https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/verkehrslaerm/strassenverkehrslaerm#textpart-1 (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). 2 http://www.gesetze-im-internet.de/bimschg/ (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). 3 http://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_16/ (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). 4 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/laermschutz.html (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020) 5 Reese in BeckOK Umweltrecht, § 41 BImSchG, Rn. 1. 6 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/laermschutz.html (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/19 Seite 5 Auslösewerte der Lärmsanierung in dB(A): Gebietskategorie Tag (6:00 bis 22:00 Uhr) Nacht (22:00 bis 6:00) an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und Altenheimen, in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten 67 57 in Kern-, Dorf- und Mischgebieten 69 59 in Gewerbegebieten 72 62 Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/laermschutz.html (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020) 3. Prioritätenfolge der Maßnahmen Sowohl für die Lärmvorsorge als auch für die Lärmsanierung gilt in Deutschland, dass vorrangig aktive Lärmschutzmaßnahmen, d.h. solche, die an der Geräuschquelle bzw. auf dem Ausbreitungsweg ansetzen, umzusetzen sind. Aktive Maßnahmen sind beispielsweise Lärmschutzwände, Lärmschutzwälle sowie lärmmindernde Fahrbahnbeläge. Passive Lärmschutzmaßnahmen, die nicht darauf abzielen, die Emissionen an der Quelle zu vermindern, sind dann vorgesehen, wenn aktive Lärmschutzmaßnahmen nicht ausreichen oder nicht möglich sind bzw. ihre Kosten außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen. Mit passiven Lärmschutzmaßnahmen sind bauliche Verbesserungen an lärmbetroffenen Gebäuden gemeint, wie z.B. Lärmschutzfenster, Lüfter , Dämmung von Rollladenkästen oder Wänden.7 4. Lärmschutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur veröffentlicht jährlich eine Statistik des Lärmschutzes an Bundesfernstraßen. In der letzten Veröffentlichung (Stand: 2017) werden folgende Lärmschutzeinrichtungen benannt:8 Lärmschutzwälle, Lärmschutzwände, Offenporige Asphaltdeckschichten, Steilwälle, Absorbierende Bekleidungen sowie 7 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/laermschutz.html (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). 8 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/StB/statistik-des-laermschutzes-an-bundesfernstrassen .pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/19 Seite 6 Lärmschutzfenster. 5. Weitere Lärmminderungsmaßnahmen Das Umweltbundesamt führt zu möglichen Lärmminderungsmaßnahmen und deren Wirkungspotentialen aus:9 Lärmminderung am Kraftfahrzeug: Richtlinien der EU und entsprechende Regelungen der UNECE, die in die deutsche Straßenverkehrs -Zulassungs-Ordnung10 übernommen wurden, legen Messverfahren und Emissionsgrenzwerte für das Fahrgeräusch verschiedener Fahrzeugkategorien fest. Eine deutliche Senkung der Geräuschgrenzwerte für die Typprüfung bewirke jedoch nach Aussage des Umweltbundesamtes nur eine geringe Verbesserung der Geräuschemissionen im realen Verkehr. Die größten Minderungen seien bei LKW innerorts mit bis zu fünf dB(A) zu verzeichnen, wogegen PKW bei Konstantfahrt heute im Mittel noch genauso laut wie vor 25 Jahren seien. Emissionsgrenzwerte für Reifen: Im Jahr 2001 wurden erstmals Grenzwerte für das Rollgeräusch von Reifen in der EU eingeführt . Seit 1. November 2012 muss der Kraftstoffverbrauch, die Nasshaftung und die Geräuschklassifizierung des Reifens auf einem Label angeben werden. Die Bandbreite des Reifeneinflusses liegt bei marktüblichen Reifen bei etwa drei bis vier dB(A). Lärmmindernde Fahrbahnbeläge: Geringe Reifen-Fahrbahn-Geräusche können durch Absorption oder durch günstige Fahrbahnoberflächen erzielt werden. Ein moderner geräuschmindernder Straßenbelag kann um bis zu acht dB(A) leiser als der Referenzbelag sein. Pflaster führen zu deutlich lauteren Geräuschen als der Referenzbelag, ebenso mangelhafte Fahrbahndecken mit Schlaglöchern oder Kanaldeckel mit Niveauunterschied. Geschwindigkeitsbegrenzung: Mit der Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann der Straßenverkehrslärm gesenkt werden. Die Straßenverkehrsbehörden können nach § 45 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 der Straßenverkehrsordnung11 eine entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzung anordnen . Eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h vermindert den Lärmpegel je nach Lkw-Anteil um zwei bis drei dB(A). Lkw-Fahrverbot: Ein Lastkraftwagen ist nach Aussage des Umweltbundesamtes durchschnittlich so laut wie zwanzig Personenkraftwagen. Bei einer Straße mit hohem Lkw-Verkehr kann durch Umleitung der Lkw die Belästigung der Anwohnenden deutlich gesenkt werden. Verkehrsfluss: Die Verbesserung des Verkehrsflusses senkt die Geräuschemissionen, da Beschleunigungen entfallen. Der mögliche Minderungseffekt beträgt circa ein dB(A). 9 https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/verkehrslaerm/strassenverkehrslaerm#textpart-4 (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). 10 https://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/BJNR067910012.html (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). 11 https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__45.html (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 120/19 Seite 7 Abschirmung: Feste Hindernisse wie Schallschutzwände, -wälle, Überdeckungen, Einhausungen behindern die Ausbreitung des Schalls. Die Lärmminderung beträgt bei Wällen oder Wänden circa fünf bis zehn dB(A), in günstigen Fällen zehn bis 15 dB(A). Bei Mitwind- und Inversionswetterlagen verschlechtert sich die lärmmindernde Wirkung deutlich. Schallschutzfenster: Innenräume können bei Bedarf durch erhöhte Schalldämmung der Außenbauteile vor Lärm geschützt werden. Viele Länder und Kommunen haben Förderprogramme zum Einbau von Schallschutzfenstern an hochbelasteten Straßen aufgelegt. Das Umweltbundesamt hat zu diesem Thema folgende Veröffentlichungen bereitgestellt:12 Lärmmindernde Fahrbahnbeläge. Ein Überblick über den Stand der Technik. März 2014. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen /texte_20_2014_laermmindernde_fahrbahnbelaege_barrierefrei.pdf (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020) Analyse der Praxis der Reifenauswahl bei Geräusch-Typprüfung und COP von Kfz im Vergleich zum tatsächlichen Betrieb. Entwicklung von Kriterien zur effizienteren Einbindung der Reifen in die Geräuschprüfung von Kfz. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/analyse-praxis-reifenauswahl-beigeraeusch (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020) Lärm und Klimaschutz durch Tempo 30: Stärkung der Entscheidungskompetenzen der Kommunen. April 2016. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/laerm-klimaschutz-durch-tempo- 30-staerkung-der (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020) Technische Aspekte der Überwachung der akustischen Qualität der Fahrwege im Straßenverkehr. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/technische-aspekte-der-ueberwachung -der-akustischen (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020). *** 12 https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/verkehrslaerm/strassenverkehrslaerm#textpart-1 (zuletzt aufgerufen am 6.1.2020).