WD 5 - 3000 - 117/19 (29. November 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Die Wissenschaftlichen Dienste wurden zu Inhalt und zeitlichem Anwendungsbereich der Änderung von § 149 TKG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes gefragt . Durch die Änderung wird das maximale Bußgeld, das gegen Mobilfunknetzbetreiber beim Verstoß gegen Versorgungsauflagen verhängt werden kann, erhöht. Der Bundestag hat das Gesetz am 27. Juni 2019 beschlossen1, der Bundesrat hat ihm am 20. September 2019 zugestimmt2. Es ist noch nicht ausgefertigt und verkündet worden.3 Das Gesetz einschließlich der Änderung in § 149 TKG wird nach seinem Art. 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.4 Der Fachbereich WD 5 beschreibt in dieser Kurzinformation im Rahmen seiner Zuständigkeiten den telekommunikationsrechtlichen Sachverhalt. Der u. a. für Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht zuständige Fachbereich WD 7 befasst sich gesondert (vgl. WD 7 – 3000 – 190/19) unter dem Gesichtspunkt des Rückwirkungsverbotes mit der Frage, ob die geänderte Bußgeldvorschrift auf vor dem Inkrafttreten der Vorschrift erfolgte Zuteilungen von Mobilfunkfrequenzen (aufgrund der Auktion 2015) Anwendung findet. Diese Zuteilungen gehen mit bis zum 31. Dezember 2019 zu erfüllenden Versorgungsverpflichtungen der Mobilfunkbetreiber einher. 1 Vgl. Plenarprotokoll 19/107 zur 107. Sitzung am 27. Juni 2019, S. 13241 (C). 2 Vgl. dazu Bundesrats-Drs. 382/19 (Beschluss) vom 20. September 2019. 3 Es liegt beim Bundespräsidenten zur Prüfung (laut telefonischer Auskunft des Bundespräsidialamtes vom 28. November 2019). 4 Vgl. den Gesetzesentwurf der Bundesregierung in Bundestags-Drs. 19/6336 (S. 5, Anlage 1). Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Fünftes Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) – Verschärfung von Bußgeldvorschriften Kurzinformation – Verschärfung von Bußgeldvorschriften Fachbereich WD 5 (Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 1. Auktion 2015/Versorgungsauflage Am 19. Juni 2015 endete die Versteigerung von Frequenzen im Umfang von 270 MHz aus den Bereichen 700 MHz, 900 MHz, 1500 MHz sowie 1800 MHz (Auktion 2015 - Projekt 2016).5 Die Zuteilungen dieser Mobilfunkfrequenzen enthalten eine Versorgungsauflage. Danach hat jeder Mobilfunknetzbetreiber eine Breitbandversorgung der Bevölkerung mit mobilfunkgestützten Übertragungstechnologien sicherzustellen, die eine Übertragungsrate von mindestens 50 Mbit/s pro Antennensektor erreichen. In der Regel sollen Übertragungsraten von 10 Mbit/s und mehr für die Haushaltsabdeckung zur Verfügung stehen. Jeder Mobilfunknetzbetreiber hat danach 97 % der Haushalte in jedem Bundesland und 98 % bundesweit erreichen. Soweit dies technisch und tatsächlich möglich ist, muss für die Hauptverkehrswege eine vollständige Versorgung sichergestellt werden. Die Versorgungsverpflichtung muss ab dem 1. Januar 2020 durch jeden Mobilfunknetzbetreiber erfüllt sein.6 2. Änderung des Höchstbetrages für das Bußgeld beim Verstoß gegen Versorgungsauflagen 2.1. Bußgeldvorschrift nach derzeitiger Rechtslage § 149 TKG enthält Bußgeldtatbestände zu bestimmten Verstößen gegen das TKG. Nach § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG der derzeit geltenden Fassung handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Auflage nach § 60 Abs. 2 S. 1 TKG zuwiderhandelt. Nach § 60 Abs. 2 S. 1 TKG kann zur Sicherung einer effizienten und störungsfreien Nutzung der Frequenzen sowie der weiteren in § 2 genannten Regulierungsziele die Frequenzzuteilung mit Nebenbestimmungen versehen werden. Zu den Regulierungszielen gehört u. a. die Sicherstellung einer flächendeckenden gleichartigen Grundversorgung in städtischen und ländlichen Räumen mit Telekommunikationsdiensten (Universaldienstleistungen) zu erschwinglichen Preisen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 TKG). Nach § 149 Abs. 2 S.1 Nr. 3 TKG können Verstöße mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden. 5 Vgl. dazu Bundesnetzagentur unter https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/Telekommunikation /Unternehmen_Institutionen/Frequenzen/OeffentlicheNetze/Mobilfunknetze/mobilfunknetze-node.html (letzter Abruf: 29. November 2019). 6 Vgl. dazu Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation , Post und Eisenbahnen vom 28. Januar 2015 zur Anordnung und Wahl des Verfahrens sowie über die Festlegungen und Regeln im Einzelnen (Vergaberegeln) und über die Festlegungen und Regelungen für die Durchführung des Verfahrens (Auktionsregeln) zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 700 MHz, 900 MHz, 1800 MHz sowie weiterer Frequenzen im Bereich 1452 – 1492 MHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten; Entscheidung gemäß §§ 55 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 10, 61 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 6, 132 Abs. 1 und Abs. 3 TKG - Aktenzeichen: BK1-11/003, S. 9, abrufbar unter https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen _Institutionen/Frequenzen/OffentlicheNetze/Mobilfunk/DrahtloserNetzzugang/Projekt2016/Pr%C3%A4sidentenkammerentscheidung Projekt2016_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=3 sowie den Jahresbericht 2018 der Bundesnetzagentur, S. 73, abrufbar unter https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Mediathek/Jahresberichte /JB2018.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Kurzinformation – Verschärfung von Bußgeldvorschriften Fachbereich WD 5 (Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 2.2. Änderung der Bußgeldvorschrift durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes wird der Bußgeldtatbestand in § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG in zwei Tatbestände ausdifferenziert. Der erste Tatbestand (Buchstabe a) umfasst Zuwiderhandlungen gegen eine vollziehbare Anordnung nach § 60 Abs. 2 S. 1, die der Gewährleistung flächendeckend und ausreichender Telekommunikationsdienstleistungen dient. Der zweite Tatbestand (Buchstabe b) bezieht sich auf eine vollziehbare Anordnung nach § 60 Abs. 2 S. 1, die einen anderen als unter Buchstabe a genannten Inhalt aufweist. In § 149 Abs. 2 S. 1 TKG wird eine neue Nummer 1 vorangestellt. Danach können Verstöße gegen den ersten Tatbestand wie folgt geahndet werden können: „1. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 12 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro, abweichend hiervon bei einer juristischen Person oder Personenvereinigung mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro mit einer Geldbuße bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes; bei der Ermittlung des durchschnittlichen Jahresumsatzes ist der weltweit erzielte Umsatz aller Unternehmen im Sinne des § 3 Nummer 29 der letzten drei Geschäftsjahre, die der Behördenentscheidung vorausgehen, zugrunde zu legen; der durchschnittliche Jahresumsatz kann geschätzt werden […]“. Mit der Gesetzesänderung wird das maximale Bußgeld für Verstöße gegen Versorgungsauflagen zur Gewährleistung flächendeckend und ausreichender Telekommunikationsdienstleistungen von hunderttausend auf eine Million Euro angehoben, also verzehnfacht. Bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von 50 Millionen sind auch noch höhere Bußgelder (zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes) möglich. Die Änderung von § 149 TKG war im Regierungsentwurf7 noch nicht enthalten. Sie wurde auf der Grundlage der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur8 im Gesetzgebungsverfahren ergänzt.9 In der Ausschussdrucksache steht in der Begründung für diese Änderung Folgendes: „Zur Sicherung einer effizienten Nutzung der Frequenzen sowie zur Erreichung der in § 2 genannten Regulierungsziele, hier insbesondere zur Wahrung der Nutzer- und Verbraucherinteressen , kann die Frequenzzuteilung nach § 60 Absatz 2 Satz 1 mit Nebenbestimmungen versehen werden. Hierzu zählen die Netzabdeckung betreffende Versorgungsauflagen, die die Zuteilungsinhaber erfüllen müssen. Verstöße gegen diese Versorgungsverpflichtungen können bislang gemäß § 149 Absatz 1 Nummer 12 mit einer Geldbuße bis zu 100.000 Euro geahndet werden. Die bisherige Bußgeldobergrenze trägt der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Versorgungsauflagen in nicht ausreichendem Maße Rechnung. Durch Einfügung der neuen Nummer 1 in Absatz 2 7 Vgl. Bundestags-Drs. 19/6336 vom 7. Dezember 2018 sowie 19/6437 vom 12. Dezember 2018. 8 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur in Bundestags- Drs. 19/11180 vom 26. Juni 2019. 9 Vgl. Plenarprotokoll 19/107 zur 107. Sitzung am 27. Juni 2019. Kurzinformation – Verschärfung von Bußgeldvorschriften Fachbereich WD 5 (Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) Wissenschaftliche Dienste Seite 4 wird eine angemessene und zugleich abschreckende Obergrenze eingeführt. Die Änderung des § 149 Absatz 1 Nummer 12a trägt der besonderen Bedeutung einer flächendeckend angemessenen und ausreichenden Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft Rechnung. Hiermit kommt die Bundesrepublik Deutschland dem Gewährleistungsauftrag des Artikel 87f GG nach, demzufolge der Bund im Bereich der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen gewährleistet. Zudem verfolgt die höhere Bußgeldandrohung im Fall eines Verstoßes gegen Versorgungsverpflichtungen, die das verpflichtete Unternehmen im Rahmen der Frequenzvergabe eingegangen ist, das Regulierungsziel der Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung knapper Frequenzressourcen gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 7 TKG.“ ***