© 2019 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 112/19 Agrarförderung in schwierigen Bewirtschaftungsgebieten Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 2 Agrarförderung in schwierigen Bewirtschaftungsgebieten Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 112/19 Abschluss der Arbeit: 10. Dezember 2019 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Einleitung 4 3. Ausgleichszulage 7 4. Beispiel: Baden-Württemberg 9 4.1. Ausgestaltung der Ausgleichszulage 9 4.2. Evaluierung des Entwicklungsprogramms MEPL III 10 5. Autonome Provinz Bozen – Südtirol 11 5.1. Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2007 – 2013 13 5.2. Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2013 – 2020 14 6. Ausblick 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wurde angesichts schwieriger Bewirtschaftungsbedingungen einiger Regionen in Deutschland (Bergregionen, Steillagen etc.), wie eine zukünftige Förderpolitik der sog. zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) in diesen Gebieten zu gestalten ist. In diesem Zusammenhang ist die Agrarförderung Italiens in diesem Bereich und hier insbesondere die der Autonomen Provinz Bozen - Südtirol von Interesse. 2. Einleitung In der aktuellen Förderperiode 2014 bis 2020 stehen in der Europäischen Union (EU) für die sog. erste Säule Finanzmittel in Höhe von 308,73 Mrd. Euro für Direktzahlungen und marktbezogene Maßnahmen zur Verfügung und 99,58 Mrd. Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums, die sog. zweite Säule.1 Derzeit werden Verhandlungen für die Förderperiode 2021 bis 2027 geführt.2 In der sog. zweite Säule sind für Gebiete mit schwierigen Bewirtschaftungsbedingungen „Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete“ vorgesehen , Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/20133, der sog. ELER-Verordnung. Dies ist in Form einer Ausgleichszulage möglich. Für die Umsetzung der Politik der sog. zweiten Säule werden von den EU-Mitgliedstaaten oder deren Regionen mehrjährige Programme entwickelt, die der EU-Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Diese Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums (EPLR oder ELR bzw. engl. RDP4) sind in der Regel auf die Bedürfnisse des jeweiligen geografischen Gebiets zugeschnitten und variieren stark. Für den Zeitraum 2014-2020 gibt es 118 nationale und regionale RDP, sie werden durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)5 auf Grundlage der sog. ELER-Verordnung6 unterstützt und zudem durch nationale Beiträge kofinanziert. 1 Europäische Kommission (2016). Die GAP in ihrem Land. Deutschland. Juni 2016. https://ec.europa.eu/info/sites /info/files/food-farming-fisheries/by_country/documents/cap-in-your-country-de_de.pdf 2 https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/communication-euco-mff-oct2019_de.pdf 3 Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005. ABl. L 347, 20.12.2013, S. 487–548. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013R1305&from=DE 4 RDP=Rural Development Programme. 5 Vier weitere EU-Fonds können ebenfalls unterstützen: der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, der Europäische Sozialfonds, der Kohäsionsfonds und der Europäische Fonds für Meeres- und Fischereiwesen. Diese vier werden zusammen mit dem ELER als Europäische Struktur- und Investitionsfonds (ESI) bezeichnet. Vgl. http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2016/586622/EPRS_BRI(2016)586622_EN.pdf 6 Verordnung (EU) Nr. 1305/2013. ABl. L 347, 20.12.2013, S. 487–548. https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013R1305&from=DE Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 5 Deutschland verfügt für den Förderzeitraum 2014–2020 über 9,4 Mrd. Euro7 für die sog. zweite Säule.8 Neben den Ländern beteiligt sich der Bund mit der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK)9 an der Förderung des ländlichen Raums.10 Deutschland hat 15 RDP - davon 13 regionale RDP - der EU-Kommission zur Genehmigung vorgelegt .11 Die regionalen RDP entsprechen in Deutschland im Wesentlichen den Bundesländern.12 Sie sind unterschiedlich gestaltet und tragen auch unterschiedliche Bezeichnungen.13 So heißt z.B. das RDP für Baden-Württemberg „Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden -Württemberg 2014 – 2020“ (MEPL III).14 7 8,3 Mrd. Euro an EU-Mitteln plus 1,1 Mrd. Euro aus nationaler Umschichtung sowie nationalen Mitteln. 8 Vgl. LT-Drs. 18/1737. S. 10/12. Schriftl. Anfrage des Abg. M. Rinderspacher (SPD) vom 04.02.2019. EU-Fördermittel für Bayern aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums. https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen /18_0001737.pdf 9 Siehe hierzu im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes “ 2019-2022 die Seiten 107 und 108 unter dem folgenden Link: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads /Landwirtschaft/Foerderung/Rahmenplan2019-2022.pdf;jsessionid =6847B33353324041BBFC209C01CC0E79.2_cid288?__blob=publicationFile 10 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Europa/EU_auf_einen _Blick/Politikbereiche_der_EU/EU_Agrarpolitik/2012-03-21-ueberblick-gemeinsame-agrarpolitik.html 11 https://ec.europa.eu/agriculture/rural-development-2014-2020/country-files/de_en Zudem wurde das Programm „Nationales Netzwerk für den ländlichen Raum Deutschland“ genehmigt sowie der „Nationale Rahmenplan für die Entwicklung des ländlichen Raums in Deutschland 2014-2020“. https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/food-farming-fisheries/key_policies/documents/rdp-factsheet-ruralnetwork -germany_de.pdf; https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/food-farming-fisheries/key_policies /documents/rdp-factsheet-germany-national-framework_de.pdf 12 Die Stadtstaaten Bremen und Berlin haben sich den Flächenländern Niedersachsen bzw. Brandenburg angeschlossen . https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/eler/laenderprogramme/; Hamburg nimmt in der aktuellen Förderphase nicht mit einem eigenen Programm teil, plant aber für die nächste Förderperiode wieder an der ELER-Förderung teilzunehmen. https://www.agrarministerkonferenz.de/documents/endgueltiges-ergebnisprotokoll -amk-mainz_1570787484.pdf 13 Vgl. https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/eler/laenderprogramme/ 14 Germany - Rural Development Programme (Regional) - Baden-Württemberg“. 1011 Seiten. http://www.landwirtschaft -mlr.baden-wuerttemberg.de/pb/site/pbs-bwnew /get/documents/MLR.LEL/PB5Documents/mlr/MEPL/mepl_extern/MEPL_III_gesamt/_2018-07-04- MEPL%20III%20mit%20NRR%20nach%203.%20%C3%84A%20_genehmigt_f%C3%BCr%20MEPL-Homepage .pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 6 Italien verfügt über rd. 10,4 Mrd. Euro für den ländlichen Raum15 und nutzt die ELER-Mittel für 21 regionale RDP sowie zwei weitere Programme auf nationaler Ebene: das National Rural Development Programme16 und das National Rural Network Programme17. Die Autonome Provinz Bozen – Südtirol verfügt über ein eigenes RDP (siehe unter Punkt 5). Die Grafik gibt Auskunft über die Anzahl der RDP der einzelnen EU-Staaten für den Förderzeitraum 2014 bis 2020: Quelle: EU-Kommission.18 Langfristige Ziele für die Förderung der ländlichen Entwicklung sind die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und Klimamaß- 15 Vgl. LT-Drs. 18/1737. S. 10/12. Schriftl. Anfrage des Abg. M. Rinderspacher (SPD) vom 04.02.2019. EU-Fördermittel für Bayern aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums. https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen /18_0001737.pdf 16 2014-2020. Rural Development Programme: Key facts & figures ITALY – National programme. (2016). https://enrd.ec.europa.eu/sites/enrd/files/it_nat_rdp_qnt_summary_v1.pdf; Factsheet on the national rural development programme 2014- 2020 for Italy. https://ec.europa.eu/agriculture/sites/agriculture/files/rural-development -2014-2020/country-files/it/factsheet-national_en.pdf 17 Rural Development Programme 'National Rural Network'. https://ec.europa.eu/agriculture/sites/agriculture/files /rural-development-2014-2020/country-files/it/factsheet_en.pdf; https://ec.europa.eu/agriculture/rural-development -2014-2020/country-files/it_en 18 https://ec.europa.eu/agriculture/sites/agriculture/files/rural-development-2014-2020/country-files/common /number-of-rdp-per-country_en.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 7 nahmen sowie das Erreichen einer ausgewogenen räumlichen Entwicklung der ländlichen Wirtschaft und Gemeinschaften, einschließlich der Schaffung und des Erhalts von Arbeitsplätzen.19 Diese Ziele sollen durch die sechs Prioritäten des ELER20 erreicht werden. 3. Ausgleichszulage Zur Ausgleichszulage, die zur Förderung naturbedingt benachteiligter Gebiete, wie Bergregionen und Steillagen dient, heißt es in dem von der EU-Kommission angenommenen Rahmenplan für Deutschland für den aktuellen Förderzeitraum 2014 – 2020: „1. Die Ausgleichszulage für aus naturbedingten Gründen benachteiligte Gebiete ist eine hektarbezogene Zahlung und beträgt in dem Gebiet, für das der Begünstigte die Förderung erhält, jährlich im Durchschnitt mindestens 25 Euro je Hektar LF21. Der Höchstbetrag beträgt jährlich 250 Euro je Hektar LF. Der aufgeführte Mindest- bzw. Höchstförderbetrag spiegelt die möglichen Mindest- und Höchstförderbeträge wider gemäß Artikel 31 Absatz 3 in Verbindung mit Anhang II der VO (EU) Nr. 1305/2013. Aufgrund der individuellen Voraussetzungen erfolgt die Darstellung und Begründung der länderspezifischen Förderbeträge sowie die Beschreibung der Kalkulationsmethode in den Entwicklungsplänen der Länder. (…). 2. Die Zahlung spiegelt die gesamten oder einen Teil der Einkommensverluste und der zusätzlichen Kosten aufgrund der Benachteiligungen wider. Die Höhe der Zahlungen kann unter Berücksichtigung des Bewirtschaftungssystems oder um unterschiedliche Benachteiligungsgrade zu berücksichtigen, differenziert werden. Die Länder legen in ihren Entwicklungsplänen die Höhe der Prämie und die Methode für die Prämienkalkulation und ggf. die Differenzierung der Ausgleichszulage dar. 19 https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/110/die-zweite-saule-der-gap-politik-zur-entwicklung-deslandlichen -raums 20 Von den folgenden sechs Prioritäten müssen sich mindestens vier Prioritäten in den jeweiligen Programmen für den ländlichen Raum wiederfinden: 1. „Förderung von Wissenstransfer in der Land- und Forstwirtschaft und den ländlichen Gebieten; 2. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit aller Arten von Landwirtschaft und der Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe; 3. Förderung einer Organisation der Nahrungsmittelkette und Förderung des Risikomanagements in der Landwirtschaft ; 4. Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung von Ökosystemen, die von der Land- und Forstwirtschaft abhängig sind; 5. Förderung der Ressourceneffizienz und Unterstützung der Land- und Forstwirtschaft sowie der Lebensmittelbranche beim Übergang zu einer CO2-armen und klimaresistenten Wirtschaft; 6. Förderung der sozialen Eingliederung, der Armutsbekämpfung und der wirtschaftlichen Entwicklung in den ländlichen Gebieten.“ https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/110/die-zweite-saule-der-gap-politik-zur-entwicklung-deslandlichen -raums 21 Landwirtschaftliche Fläche. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 8 3. Die Ausgleichszulage wird dem Zuwendungsempfänger jährlich auf Antrag gewährt, sofern ein Mindestbetrag von 250 Euro oder eine förderfähige Fläche von mindestens 3 Hektar erreicht wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann den Mindestbetrag bzw. die Mindestfläche absenken oder erhöhen. (…). 4. Die Ausgleichszulage ist eine auf die landwirtschaftlich genutzte Fläche bezogene Zahlung. Liegt die Zahlung für die Ausgleichszulage über dem Mindestbetrag von 25 Euro je Hektar, ist diese oberhalb eines Schwellenwertes der beantragten Fläche des Betriebes im benachteiligten Gebiet degressiv zu gestalten. Die Höhe der Schwellen bestimmen die Länder unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Betriebsstrukturen. (…). 5. (…).“22 Die RDP der einzelnen Bundesländer verfahren unterschiedlich mit Regelungen für benachteiligte Gebiete i.S.d. VO (EU) Nr. 1307/2013 - im ELER wird sie auch als Maßnahme 13 bezeichnet. So ist die Maßnahme 13 in zwei Bundesländern nicht Teil des ELER (siehe folgende Grafik). In Bayern, wo eine Ausgleichzulage gezahlt wird, werden andere Förderkriterien angewendet als z.B. in der unter dem nächsten Punkt beschrieben Ausgleichszulage des Bundeslandes Baden- Württemberg.23 22 Germany - National Framework. S. 262f. http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Laendliche Raeume/NRR-2014-2020.pdf?__blob=publicationFile; siehe auch S. 779f. http://www.landwirtschaft-mlr.baden -wuerttemberg.de/pb/site/pbs-bw-new/get/documents/MLR.LEL/PB5Documents/mlr/MEPL/mepl_extern /MEPL_III_gesamt/_2018-07-04-MEPL%20III%20mit%20NRR%20nach%203.%20%C3%84A%20_genehmigt _f%C3%BCr%20MEPL-Homepage.pdf 23 Siehe hierzu z.B. für Bayern die Gewährung der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten (AGZ) gemäß Verordnung (EU) Nr. 1305/2013. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1. März 2019, Az. G3-7275-1/113 (BayMBl. Nr. 143. https://www.gesetze-bayern .de/Content/Document/BayVV_787_L_10267/true?AspxAutoDetectCookieSupport=1 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 9 Quelle: dvs.24 4. Beispiel: Baden-Württemberg 4.1. Ausgestaltung der Ausgleichszulage In Baden-Württemberg wird auf Grundlage des MELP III die Ausgleichszulage (Maßnahme 13) als jährlicher Zuschuss an aktive Betriebsinhaber i.S.d. Art. 9 der VO (EU) Nr. 1307/2013 in benachteiligten Gebieten gewährt. Sie soll Einkommensverluste und zusätzliche Kosten der landwirtschaftlichen Betriebe in benachteiligten Gebieten gegenüber nicht benachteiligten Gebieten ausgleichen und so indirekt zur Aufrechterhaltung der Landwirtschaft und der ländlichen Entwicklung in benachteiligten Gebieten beitragen.25 Laut der landesrechtlichen Verwaltungsvorschrift Ausgleichszulage Landwirtschaft26 ist die flächenbezogene Zuwendungsvoraussetzung für landwirtschaftlich genutzte Flächen eine Schlaggröße von mindestens 0,0100 ha.27 24 https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/fileadmin/sites/ELER/Dateien/01_Hintergrund/ELER/Laenderprogrammuebersicht _Kaestchenschema_2014_2020.pdf 25 Baden-Württemberg. Jährlicher Durchführungsbericht. Germany - Rural Development Programme (Regional) - Baden-Württemberg. Zeitraum 01/01/2018 - 31/12/2018. S. 134. 26 Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Förderung landwirtschaftlicher Betriebe in Berggebieten und in bestimmten benachteiligten Gebieten (VwV Ausgleichszulage Landwirtschaft ). GABl. 2015, S. 848; Geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 05.12.2016 (GABl. 2016, S. 717). http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/9gs/page/bsbawueprod.psml/screen/JWPDFScreen/filename /05_12_2016__VVBW-VVBW000013378-Gesamtvorschrift.pdf 27 3.2. VwV Ausgleichszulage Landwirtschaft. .http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/9gs/page/bsbawueprod .psml/screen/JWPDFScreen/filename/05_12_2016__VVBW-VVBW000013378-Gesamtvorschrift.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 10 4.2. Evaluierung des Entwicklungsprogramms MEPL III Das baden-württembergische Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) lässt regelmäßig eine Begleitung und Bewertung des MEPL III vornehmen. Im Bewertungsbericht vom September 201928 wird Folgendes zur Ausgleichszulage (AZL) angemerkt und empfohlen: „Schlussfolgerungen • Die Förderung der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten ist ein seit Jahrzehnten bestehendes Förderinstrument und wird seit 2015 über den MEPL III umgesetzt. In den vergangenen Jahren wurde eine Neuabgrenzung der Gebietskulissen vorgenommen, die ab dem Antragsjahr 2019 erstmals wirksam sein wird, wobei die Berggebietskulisse nahezu unverändert bleibt. Die Bewertung konzentrierte sich daher auf die Berggebiete. • In den Berggebieten, die vor allem durch Grünland dominiert sind, wurden die AZL-geförderten Flächen seit 2015 konstant in der Bewirtschaftung gehalten. Die Landwirtschaftsfläche in den Berggebieten umfasst einen im Vergleich zu anderen Flächen des Landes Baden-Württemberg , hohen Anteil an Flächen mit hohem Naturwert. Dies ist auch eine Erklärung dafür, dass in Berggebieten ein vergleichsweise hoher Flächenanteil an FAKT-Fördermaßnahmen29, die von besonderer Relevanz für die Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität sind, gefördert wird. • Milchviehwirtschaft ist die dominierende Wirtschaftsform in den Grünlandregionen von Baden -Württemberg. Milchviehbetriebe in den Berggebieten weisen gegenüber Milchviehbetrieben in nicht benachteiligten Gebieten ein im Durchschnitt rund 40% niedrigeres Einkommen pro Arbeitskraft aus. Die gezahlte Ausgleichzulage in den Berggebieten von durchschnittlich 4.795 € pro Betrieb ist dabei bereits eingerechnet; die AZL gleicht daher Einkommensunterschiede zwischen Betrieben in Berggebieten und nicht-benachteiligten Gebieten nur zum Teil aus. • Wie die Ergebnisse zu den Einkommensunterschieden, aber auch aus Untersuchungen im Rahmen der Halbzeitbewertung des MEPL II zeigen, ist die gezahlte AZL von Bedeutung für die Weiterbewirtschaftung der Flächen. Andere Faktoren, wie Direktzahlungen, zusätzliche Einkommensquellen, die zusätzliche Förderung eine extensiven Landbewirtschaftung über FAKT und wenige konkurrierende Nutzungsbestrebungen tragen aber ebenfalls zur Weiterbewirtschaftung der Flächen bei. • Die Milchviehhaltung geht in Baden-Württemberg insgesamt und auch in den Berggebieten zurück. In Berggebieten allerdings weniger stark als in nicht benachteiligten Gebieten. Bei den Milchviehbetrieben in Berggebieten, welche Milchviehhaltung reduzieren oder aussteigen, ist außerdem zu beobachten, dass sie (anders als in nicht benachteiligten Gebieten) verstärkt die Mutter- und Ammenkuhhaltung ausweiten. Die erhöhte AZL-Förderung in Kombination mit 28 Bewertung des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014 – 2020 (MEPL III). Bewertungsbericht 2019 (Bezugszeitraum 2014-2018). 12. September 2019. https://foerderung.landwirtschaft -bw.de/pb/,Lde/Startseite/Agrarpolitik/Begleitung+und+Bewertung 29 FAKT=Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 11 Tierhaltung könnte sich hier begünstigend auf die Beibehaltung der Tierhaltung ausgewirkt haben. Empfehlungen • Die Zahlung der AZL in Berggebieten wird auch zukünftig ein wichtiges Instrument sein, um in Verbindung mit anderen Instrumenten landwirtschaftlich genutzte Flächen in der Bewirtschaftung zu halten. • Eine erhöhte Förderung von viehhaltenden Betrieben sollte aufrechterhalten werden, weil sie einen positiven Beitrag zur Aufrechterhaltung der Viehhaltung und futterbaulichen Nutzung der Flächen leistet. • Da neben der AZL-Förderung auch zusätzliche Einkommensquellen für die Aufrechterhaltung der Landbewirtschaftung in den Berggebieten von Bedeutung sind, sollte in diesen Gebieten einer nachhaltigen Regionalentwicklung (z.B. über LEADER- oder Naturparkförderung) besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. • Nachteilig gegenüber der vorherigen Förderperiode ist, dass Flächen in der Handarbeitsstufe (Steillagen) nicht mehr über AZL gefördert werden. Sie werden zwar mit Landesmitteln über die De-minimis-Beihilfe-Regelung gefördert. Da dies aber zu Einschränkungen durch die Deckelung der Förderung auf 15.000 € nach drei Jahren führt, wird empfohlen, dass diese Steillagen, in die Gebietskulisse der „spezifischen Gebiete“ aufgenommen werden sollten.“30 5. Autonome Provinz Bozen – Südtirol Die gesamte Autonome Provinz Bozen – Südtirol, die nördlichste und größte unter den Provinzen Italiens, ist bergig. 92,62% ihrer Gesamtfläche sind als benachteiligtes Gebiet eingestuft.31 Herbert Dorfmann, MdEP und früherer Direktor des Südtiroler Bauernbundes32, konstatierte im März 2018, Landwirtschaftsbetriebe in Südtirol hätten im vorherigen Förderzeitraum 2007 bis 2014 ein Vielfaches weniger an Direktzahlungen als Landwirtschaftsbetriebe in den Gunstlagen Italiens33 erhalten und führte hierzu aus: 30 Institut für Ländliche Strukturforschung, Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung Triesdorf (2019): Bewertung des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014 – 2020 (MEPL III). Bewertungsbericht 2019; Frankfurt am Main, Weidenbach-Triesdorf. S. 226f. 31 S. 12f. http://www.provincia.bz.it/agricoltura-foreste/agricoltura/downloads/PSR_7_1_it-pdf-compresso_A.pdf; http://www.provinz.bz.it/land-forstwirtschaft/landwirtschaft/downloads/Programme _2014IT06RDRP002_6_1_de.pdf 32 https://www.herbert-dorfmann.eu/de/zu-meiner-person.html 33 Siehe hierzu auch: Jahr, Peter (2018). Gemeinsame Agrarpolitik. Power Point Präsentation. https://www.smul.sachsen.de/foerderung/download/180103_Freiberg-Zug1.1.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 12 „Nach Südtirol war davon [Direktzahlungen] in den Jahren 2007 bis 2014 herzlich wenig geflossen . Berechnet wurden diese Flächenprämien nämlich aufgrund historischer Ansprüche – und davon hat Südtirol aufgrund seiner Hauptsektoren herzlich wenig. So gab es innerhalb Italiens ein großes Ungleichgewicht: Landwirtschaftsbetriebe in Gunstlagen erhielten pro Hektar ein Vielfaches der Bauern in benachteiligten Gebieten und Berggebieten. Im Zuge der Verhandlungen für die laufende Finanzierungsperiode 2014–2020 war es gelungen , dieses Ungleichgewicht teilweise, wenn auch nicht ganz auszugleichen. So flossen bis 2013 jährlich rund 15 Millionen Euro an die Südtiroler Bauernbetriebe. Seit 2014 ist dieser Betrag im Zuge des Ausgleichs jährlich angestiegen und wird sich in den zwei Jahren 2019 und 2020 bei etwa 36 Millionen Euro einpendeln. Dennoch bleibt ein Ungleichgewicht bestehen . (…). Aus der Ersten Säule kommen in den laufenden sieben Jahren von 2014 bis 2020 insgesamt 140 Millionen Euro an Südtirols Bauern.“34 Zur sog. zweiten Säule erläutert er: „Wesentlich wichtiger und finanzkräftiger für Südtirol ist mit insgesamt über 366 Millionen Euro dagegen die Zweite Säule, das sind im Schnitt jährlich mehr als 52 Millionen Euro. Die in Südtirol ausgezahlten Gelder werden zu mehr als 43 Prozent von der EU finanziert, den Rest bestreiten Staat und Land (siehe Tabelle). Direktzahlungen in Italien: Südtirol 80 Euro/ha LF und Tiefland 550 Euro/ha LF. 34 EU-Agrarpolitik braucht guten Endspurt. Südtiroler Landwirt. 29.03.2018. https://www.sbb.it/home/news-detail /index/2018/03/29/eu-agrarpolitik-braucht-guten-endspurt Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 13 “35. 5.1. Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2007 – 2013 Im Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum der vorherigen Förderperiode („Programma di Sviluppo Rurale. Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2007 – 2013“) wird auf die wesentliche Rolle der Ausgleichszulage für die Programmplanung Südtirols hingewiesen. Dort heißt es, sie diene der Weiterführung der Bewirtschaftung der Südtiroler Berghöfe und wecke große Erwartungen bei Viehzucht betreibenden Landwirten und gelte als grundlegender Haushaltsposten jedes normalen landwirtschaftlichen Betriebes im Berggebiet.36 Zudem wird ihr besonderer Stellenwert betont: „Die Ausgleichszulage hat einen besonderen Stellenwert: Sowohl die dafür bestimmten finanziellen Mittel als auch die Anzahl der nutznießenden Betriebe (fast 60% der Südtiroler Betriebe , die Dauerwiesen bewirtschaften und sich überwiegend in entlegenen Berggebieten befinden ) sind beträchtlich. Es handelt sich dabei um eine erfolgreiche Maßnahme, da sie Teil eines umfassenden Projekts der Agrarpolitik und der Bewirtschaftung des ländlichen Raums ist. Die Mehrzahl der Ziele, die mit dieser Maßnahme verfolgt wurden, konnten verwirklicht werden. Einzige Ausnahme ist die Förderung der nachhaltigen Landwirtschaft. Andererseits bezweckt diese Maßnahme den Fortbestand einer bestehenden Situation; sie eignet sich daher nicht dazu, neue Entwicklungsmodelle für die Landwirtschaft der benachteiligten Gebiete in Berglagen voranzubringen und zu fördern und soll dies auch nicht. Der Einfluss dieser 35 EU-Agrarpolitik braucht guten Endspurt. Südtiroler Landwirt. 29.03.2018. https://www.sbb.it/home/news-detail /index/2018/03/29/eu-agrarpolitik-braucht-guten-endspurt 36 PROVINCIA AUTONOMA DI BOLZANO AUTONOME PROVINZ BOZEN. Programma di Sviluppo Rurale. Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2007 – 2013. S. 118. http://www.provincia.bz.it/landwirtschaft /download/ELR_10.7_D.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 14 Maßnahme ist auch außerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs erheblich. Sie trägt (gemeinsam mit anderen Maßnahmen) zur Wahrung wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und ethischer Werte bei, die für die benachteiligten ländlichen Gebiete charakteristisch sind. Als ein Mangel kann die Tatsache betrachtet werden, dass dabei keine Integration zwischen den verschiedenen Produktionssektoren stattfindet. Zwar sind viele landwirtschaftliche Betriebe in der Lage, ihr Einkommen durch Tätigkeiten in anderen Wirtschaftsbereichen zu ergänzen, und die Landwirte können sich durch Saisonarbeit oder durch dauerhafte Beschäftigung in einem anderen Bereich ein zufriedenstellendes Einkommen sichern. Damit ist man aber noch weit davon entfernt, die Teilhabe der Landwirtschaft am Reichtum der anderen Sektoren, vor allem des Fremdenverkehrs, zu ermöglichen. In Ermangelung einer umfassenderen Integration ist eine Zukunft ohne erneute Maßnahmen zum Ausgleich des Einkommensgefälles für die benachteiligten Betriebe in Berggebieten undenkbar.“37 5.2. Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2013 – 2020 Im aktuellen RDP der Autonome Provinz Bozen – Südtirol 38 wird zu der in einigen Punkten geänderten Ausgleichszulage ausgeführt, die mit Beschluss der Landesregierung Nr. 1686 von 2013 nur Betrieben gewährt, die mit bestimmten Erschwernispunkten klassifiziert wurden. Die berücksichtigten Erschwerniskategorien sind: die Hangneigung, die Höhe und die Entfernung zur nächsten Ortschaft: „Die Ausgleichszulage wird jenen landwirtschaftlichen Betrieben aufgrund ihrer orographischen und morphologischen Lage gewährt aufgrund welcher sie in einem benachteiligten Umfeld wirtschaften. In der Autonomen Provinz Bozen wird die Ausgleichszulage ausschließlich den Grünlandwirtschaftsbetrieben gewährt, da die Bruttoerlöse der anderen für das Land wichtigen Produktionsformen über jenen aus dem Flachland liegen. Dieses resultiert daraus, dass die Dauerkulturen und der Gartenbau (die Daten beziehen sich auf Kartoffel und grünem Salat) einen Spezialisierungsgrad erreicht haben, der hohe Hektarerlöse mit sich bringt. Die Vergleichswerte von Betrieben in Gunstlagen (Friaul-Julisch Venetien und Veneto) sind niedriger als jene für dieselbe Produktionsform im Berggebiet. Aus diesem Grund ist die Beihilfe auf die Grünlandwirtschaft beschränkt, die in den Berglagen praktiziert wird und deren Benachteiligungen gegenüber den Gunstlagen sich stark auf die Kosten und Erlöse auswirken .“39 37 S.122. http://www.provincia.bz.it/landwirtschaft/download/ELR_10.7_D.pdf 38 Italien – Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum Autonome Provinz Bozen. 752 Seiten, Stand: 20. Mai 2019. http://www.provinz.bz.it/land-forstwirtschaft/landwirtschaft/downloads/PSR_7_1_de-pdf_A.pdf Siehe auch Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum 2013 – 2020. 48 Seiten. http://www.provinz .bz.it/land-forstwirtschaft/landwirtschaft/downloads/Broschure_ELR_DT_internet.pdf 39 S. 533. http://www.provinz.bz.it/land-forstwirtschaft/landwirtschaft/downloads/PSR_7_1_de-pdf_A.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 15 Des Weiteren heißt es dort: „Die in den Bergen gelegenen Betriebe haben im Vergleich zu denen in der Ebene eine geringere durchschnittliche Fläche und bewegen sich zahlenmäßig im Gegensatz zu den intensiveren Gruppierungen, die die Realität im Flachland sind, in Richtung der extensiveren Gruppierung . In extensiven Flachlandbetrieben sind die Bruttogewinnspannen höher, während sich die Größen bei jenen Betrieben mit einem Viehbesatz von mehr als 2,5 GVE pro Hektar umkehren , deren Bruttogewinnspanne pro Hektar bei Bergbetrieben höher ist. Auf Grundlage dieser Ergebnisse erscheint es daher als richtig, die Ausgleichszulage neu zu formulieren, die den unterschiedlichen Viehbesatz pro Hektar Fläche, auch im Hinblick auf die allgemeine ökologische Nachhaltigkeit, berücksichtigt.“40 Zudem wird darauf hingewiesen, dass sich die Förderung auf die Tierhaltungsaktivitäten der Kategorie der extensiven Tierhaltung im Berggebiet beschränkt.41 „Die Prämien stützen auf einen Vergleich des Bruttoertrages der Berglandwirtschaftsbetriebe der Autonomen Provinz Bozen mit Betrieben in nicht benachteiligten Gebieten, indem die Mindererlöse und Mehrkosten berechnet werden. Der Unterschied, ausgedrückt in Bruttoerlös pro Hektar, beläuft sich im Durchschnitt 1.581 €/ha. Die Prämien sind betriebsindividuell und stehen daher direkt im Verhältnis zu den betrieblichen Erschwernissen auf Basis der Erschwernispunkte für die Höhenlage und die Hangneigung. Die Degressivität wird auf Basis der betrieblichen prämienberechtigten Flächen angewandt. Die maximale individuelle Prämie beträgt 900 €/ha und der maximale Landesdurchschnitt 401 €/ha unter Berücksichtigung der Viehbesatzklassen.“42 Nach Angaben des Südtiroler Bauernbunds sind die Fördervoraussetzungen für die Ausgleichszulage : „Mindestfläche von 1 ha, Fläche über 1000m oder 20% Steigung.“43 Im kommenden Jahr wird es eine weitere Änderung geben; so werden nach Angaben der Verwaltung der Provinz Bozen strengere Regeln für die Ausgleichszulage für Berggebiete der Maßnahme 13 gelten. Es wird auf Folgendes hingewiesen: „Auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Analyse stellte sich heraus, dass Intensivbetriebe in Berggebieten keine wirtschaftlichen Nachteile im Vergleich zu Betrieben in nicht benachteiligten Gebieten aufweisen. Betriebe mit einer Nutzlast von mehr als 2,5 GVE pro Hektar Futterfläche gelten als Intensivbetriebe in den Bergen. Da der wirtschaftliche Nachteil der 40 S. 537. http://www.provinz.bz.it/land-forstwirtschaft/landwirtschaft/downloads/PSR_7_1_de-pdf_A.pdf 41 S. 538. http://www.provinz.bz.it/land-forstwirtschaft/landwirtschaft/downloads/PSR_7_1_de-pdf_A.pdf 42 Hervorhebung durch Verfasser der Ausarbeitung. S. 542. http://www.provinz.bz.it/land-forstwirtschaft/landwirtschaft /downloads/PSR_7_1_de-pdf_A.pdf 43 Südtiroler Bauernbund. Ausgleichszulage. https://www.sbb.it/service/foerderungen/ausgleichszulage Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 16 Prämienkampagne 2020 nicht gegeben ist, wird Unternehmen mit einer Viehbestandslast von mehr als 2,5 GVE pro Hektar Futterfläche ohne Einhaltung von Toleranzen die Prämie für die Ausgleichszulage nicht gewährt.“44 6. Ausblick In den Verordnungsentwürfen aus dem Jahr 201845 verlagert die EU-Kommission die Kompetenzen für die Gestaltung der GAP nach 2020 stärker auf die EU-Staaten, womit ihnen eine „deutlich stärkere Gemeinwohlorientierung in der Umsetzung der GAP ermöglicht wird. Zukünftig gibt die EU den Legislativvorschlägen zufolge nur noch Ziele und grobe Interventionskategorien vor und überlässt den Mitgliedstaaten sowohl die Zielquantifizierung als auch die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen. Hierzu erstellt jeder Mitgliedstaat für sein gesamtes Hoheitsgebiet einen nationalen Strategieplan, in dem die Maßnahmen der 1. und 2. Säule der GAP gemeinsam programmiert werden. Dieser Plan ist zur Genehmigung der EU-Kommission vorzulegen.“46 Im Verordnungsentwurf über den GAP-Strategieplan sieht die EU-Kommission eine „EU-Beteiligung für die Ausgleichszulage für natürlich benachteiligte Gebiete bis zu 65 %“ vor.47 44 Neuigkeiten für die RDP Awards. Jedes Jahr im Herbst beginnen die Vorbereitungsaktivitäten für die RDP-Preiskampagne des folgenden Jahres. Im Hinblick auf die Kampagne für die Sammlung von Anträgen für die Prämie für die Entwicklung des ländlichen Raums RDP gibt es einige neue Funktionen. 11.11.2019. 17.41. http://www.provincia.bz.it/agricoltura-foreste/agricoltura/news.asp?aktuelles_action=4&aktuelles_article _id=632326 45 Die EU-Kommission hat im Juni 2018 drei Verordnungsentwürfe vorgelegt: 1. „Vorschlag für die Verordnung über den GAP-Strategieplan, der in Zukunft von den Mitgliedstaaten zu erstellen und durch die EU-Kommission zu genehmigen ist (KOM 2018a), 2. Vorschlag für die Finanzverordnung über die Finanzierung, Verwaltung und Überwachung der GAP (KOM 2018b), 3. Vorschlag für die Marktordnungsverordnung zur Änderung der einschlägigen Verordnungen der zurzeit noch laufenden Förderperiode (KOM 2018c).“ https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/Stellungnahme-GAP-Effektivierung -AUK.pdf;jsessionid=907973B75ED79E30C25BB051E70632E4.2_cid296?__blob=publicationFile 46 Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (2019). Zur effektiven Gestaltung der Agrarumwelt- und Klimaschutzpolitik im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU nach 2020. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Mai 2019. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/Stellungnahme-GAP-Effektivierung -AUK.pdf;jsessionid=907973B75ED79E30C25BB051E70632E4.2_cid296?__blob=publicationFile 47 Artikel 85 Nr. 2 lit. c) Sätze der ELER-Beteiligung. In: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates. COM/2018/392 final - 2018/0216 (COD). https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar :aa85fa9a-65a0-11e8-ab9c-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format=PDF Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 17 Nachfolgend werden aktuelle Stimmen zur Ausgleichszulage (AGZ) aufgeführt: Fährmann, Barbara et al. (2018) sehen die AGZ aufgrund ihrer in deutschen Evaluierungsstudien kritischen Bewertung als reine Einkommenskompensation besser in der sog. ersten Säule verankert : „Die Ausgleichszulage (Artikel 6648) immer noch mit bis zu 65 % ELER-Beteiligung anzubieten 49, ist nicht nachzuvollziehen. Zumindest in den deutschen Evaluierungsstudien wurde die Ausgleichszulage sehr kritisch bewertet. Diese Maßnahme wurde mit Zielen überfrachtet. Sie ist kaum mit Auflagen an die Art der Bewirtschaftung verbunden; Wirkungen sind kaum nachweisbar. Es gibt wesentlich zielgerichtetere und wirksamere Instrumente. Wenn es um eine reine Einkommenskompensation geht, wäre die Ausgleichszulage besser in der 1. Säule aufgehoben.“50 So lautet auch die Bewertung der Maßnahme von Schnaut, Gitta et al. (2018) für das Land Hessen : „Ausgleichszulage – keine ausreichende Zielorientierung und unspezifische Wirkungen. Die AGZ ist weiterhin im Programm enthalten und die effiziente Umsetzbarkeit und ihre Einkommenseffekte sind unumstritten. Bereits im Rahmen der Ex-post-Bewertung wurde aber herausgestellt , dass von der AGZ bei der derzeitigen Förderausgestaltung weder Umweltwirkungen noch andere strukturelle Effekte im Hinblick auf die Verhinderung potenzieller Nutzungsaufgabe ausgehen. Durch die nach wie vor bestehenden Schwächen in der Interventionslogik und der weiterhin unspezifischen Ausgestaltung der Maßnahme bleiben diese Aussagen bestehen . Für das Ziel des Erhalts und der Verbesserung der Biodiversität leistet die AGZ kei- Mitteilung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Unterrichtung des Landtags in EU- Angelegenheiten; – Vorhaben von erheblicher politischer Bedeutung. https://www.landtag-bw.de/files/live/sites /LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/4000/16_4503_D.pdf; Artikel 66 Naturbedingte oder andere gebietsspezifische Benachteiligungen. https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:aa85fa9a-65a0-11e8- ab9c-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format=PDF 48 Anmerkung durch Verfasser der Ausarbeitung: Artikel 66. Naturbedingte oder andere gebietsspezifische Benachteiligungen . Artikel 85 Nr. 2 lit. c) Sätze der ELER-Beteiligung „65 % der der förderfähigen Ausgaben für Zahlungen gemäß Artikel 66“. In: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates. COM/2018/392 final - 2018/0216 (COD). https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:aa85fa9a-65a0-11e8- ab9c-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format=PDF 49 Ausgleichszulage in der Förderperiode bis zu 75 % ELER-Beteiligung. S.12. https://www.econstor .eu/bitstream/10419/184672/1/1039260438.pdf 50 Fährmann, Barbara et al. (2018). Working Paper. Der ELER in der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020: Wie bewerten EvaluatorInnen die europäischen Verordnungsentwürfe? Thünen Working Paper, No. 107. November 2018. S. 13. https://www.econstor.eu/bitstream/10419/184672/1/1039260438.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 112/19 Seite 18 nen Beitrag. Seitens der Evaluatoren wird die Einstellung der AGZ-Förderung und die Umwidmung der Fördergelder zugunsten von flächenbezogenen Maßnahmen des SPB 4A51 als wesentlich zielgerichteter eingestuft.“52 Sinabell, Franz et al. (2019) sieht einen positiven Effekt durch die AGZ in Österreich: „Die Ausgleichzulage, die in Gemeinden mit hohem Anteil von Betrieben im Berggebiet vergleichsweise höher ist, hängt folglich positiv mit den Beschäftigungszuwächsen von Frauen und Männern zusammen. Ein explizites Ziel der Ausgleichszulage ist die Aufrechterhaltung der Bewirtschaftung und damit zusammenhängend die Aufrechterhaltung der Beschäftigung in Gebieten mit erschwerten Wirtschaftsbedingungen.“53 Des Weiteren heißt es dort: „Damit verhindert diese Maßnahme die Aufgabe landwirtschaftlicher Tätigkeit in alpinen Regionen . Über die damit verbundene hohe Attraktivität alpiner Kulturlandschaften für Erholungs - und Freizeitaktivitäten können positive Effekte in anderen Branchen (v.a. Tourismus und verwandte Dienstleistungsbranchen) ausgelöst werden. Somit kann die Wertschöpfung in einer Region gesteigert werden.“54 *** 51 SPB 4A = Maßnahmen zur Biodiversität. 52 Schnaut, Gitta et al. (2018). Entwicklungsplan für den ländlichen Raum des Landes Hessen 2014 – 2020 Analyse der Inanspruchnahme und Umsetzung. Dezember 2018. Thünen-Institut für Ländliche Räume. S. 142f. https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn060598.pdf; vgl. auch S. 176 https://literatur.thuenen.de/digbib _extern/dn060494.pdf 53 Sinabell, Franz et al. (2019). Eine Zwischenbilanz zu den Wirkungen des Programms der Ländlichen Entwicklung 2014-2020. S. 36. https://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument .jart?publikationsid=61913&mime_type=application/pdf 54 Sinabell, Franz et al. (2019). Eine Zwischenbilanz zu den Wirkungen des Programms der Ländlichen Entwicklung 2014-2020. S. 65. https://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument .jart?publikationsid=61913&mime_type=application/pdf