© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 110/20 Ausfuhrgenehmigung von Reizstoffen, Reizstoffsprühgeräten und Elektroimpulsgeräten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 2 Ausfuhrgenehmigung für Reizstoffe, Reizstoffsprühgeräte und Elektroimpulsgeräte Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 110/20 Abschluss der Arbeit: 9. Oktober 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Anti-Folter-Verordnung (EU) 4 2.1. Überblick 4 2.2. Genehmigungsvorbehalt 5 2.3. Elektroimpulswaffen 6 2.4. Reizgas 6 3. „Dual-Use“-Verordnung (EU) 7 3.1. Überblick 7 3.2. Genehmigungsvorbehalt 7 3.3. Elektroimpulswaffen 8 3.4. Reizgas 9 4. Nationales Außenwirtschaftsrecht 9 4.1. Außenwirtschaftsgesetz 9 4.2. Außenwirtschaftsverordnung 9 5. Sanktionen 10 6. Kontrolle 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 4 1. Einleitung Gegenstand dieses Sachstands sind die Rechtsgrundlagen für Einzelausfuhrgenehmigungen ausfuhrgenehmigungspflichtiger Reizstoffe, Reizstoffsprühgeräte und Elektroimpulsgeräte. Dabei sind auch von Interesse die Genehmigungsverfahren, Kontrollen und Sanktionen bei Verstößen, sowie, wer als Zielland derartiger Importe in Frage kommt. Die Darstellung erfolgt im Hinblick auf die Grundzüge des Außenwirtschaftsrechts. 2. Anti-Folter-Verordnung (EU) 2.1. Überblick Die Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Januar 20191 – die so gennannte Anti-Folter-Verordnung – ist am 20. Februar 2019 in Kraft getreten und hat die bis dahin gültige Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 abgelöst. Zweck der Verordnung (EU) 2019/125 ist unter anderem, Unionsvorschriften für den Drittlandshandel mit Gütern aufzustellen , die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zwecke der Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (Art 1 der Anti-Folter-VO). Art. 3 i.V.m. Anhang II der Anti-Folter-VO verbietet grundsätzlich die Ausfuhr von Gütern, die außer zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe keine praktische Verwendung haben. Vom Ausfuhrverbot ausgenommen werden können Güter, für die nachgewiesen ist, dass sie im Zielland aufgrund ihrer historischen Bedeutung ausschließlich zum Zwecke der öffentlichen Ausstellung in einem Museum verwendet werden (Art. 3 Abs. 2 der Anti-Folter-VO).2 Auch werden durch die Anti-Folter-VO weder die Ausfuhrkontrollregelungen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck (siehe unten Abschnitt 3) beeinträchtigt, noch wird dadurch ausgeschlossen , dass aus anderen Gründen, wie insbesondere auf Grund von Art. 215 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) erlassenen Sanktionen, Ausfuhrverbote verhängt werden.3 Die Anti-Folter-VO ist so auszulegen, dass sie die bestehenden Regeln4 für die Ausfuhr 1 Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, zuletzt geändert durch die Delegierte Verordnung (EU) 2020/621 der Kommission vom 18. Februar 2020 (Kodifizierter Text), https://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02019R0125-20200527&qid=1602074959825&from=DE; siehe hierzu auch WD 2 – 3000 – 044/20, Ausfuhrkontrolle der Impulslöschtechnik, Rechtliche Voraussetzungen nach der EU-Anti-Folter-Verordnung, https://www.bundestag.de/resource /blob/704498/cfafe1ece55dd13ab0659a9018ad1dd8/WD-2-044-20-pdf-data.pdf. 2 https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Antragsarten/Anti_Folter_Verordnung/anti_folter _node.html. 3 Bungenberg, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Werkstand: 15. EL April 2020, Anti-Folter-VO Art. 1 Rn. 2. 4 Unternummer ML7c der Gemeinsamen Militärgüterliste der Europäischen Union, ABl. 2005 C 127/1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 5 von Tränengasen und anderen Reizstoffen, Schusswaffen, chemischen Waffen und toxischen Chemikalien nicht berührt.5 2.2. Genehmigungsvorbehalt Anhang III der Anti-Folter-VO enthält eine Liste von Gütern, für die nach Art. 11 der Anti-Folter- VO Ausfuhrgenehmigungen erforderlich sind. Art. 12 der Anti-Folter-VO definiert die Kriterien für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für die in Anhang III aufgeführten Güter. Nach Abs. 1 berücksichtigen die Behörden „dabei alle relevanten Aspekte, einschließlich insbesondere des Umstands, ob ein Antrag auf eine im Wesentlichen identische Ausfuhr in den vorangegangenen drei Jahren von einem anderen Mitgliedstaat abgelehnt wurde, und der Erwägungen zur beabsichtigten Endverwendung und der Gefahr einer Umlenkung. (2) Die zuständige Behörde erteilt keine Genehmigung, wenn hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass in Anhang III aufgeführte Güter von einer Strafverfolgungs-/Vollzugsbehörde oder einer natürlichen oder juristischen Person in einem Drittland zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, einschließlich gerichtlich angeordneter körperlicher Züchtigung, verwendet werden könnten. Die zuständige Behörde berücksichtigt: a) verfügbare internationale Gerichtsurteile, b) die Untersuchungsergebnisse der zuständigen Gremien der Vereinten Nationen, des Europarats und der Europäischen Union sowie die Berichte des vom Europarat eingesetzten Europäischen Ausschusses zur Verhinderung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und des VN-Sonderberichterstatters für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Andere relevante Informationen, einschließlich verfügbarer nationaler Gerichtsurteile, Berichte oder sonstiger Informationen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Informationen über Ausfuhrbeschränkungen des Bestimmungslandes für die in den Anhängen II und III aufgeführten Güter können berücksichtigt werden. […]“6 Nach Art. 14 Abs. 1 der Anti-Folter-VO kann ein Mitgliedstaat „ungeachtet der Artikel 11 und 12 […] ein Verbot der Aus- und Einfuhr von Fußeisen, Mehr-Personen-Fesseln und tragbaren Elektroschock -Geräten beschließen oder aufrechterhalten.“ 5 Erwägungsgrund 17 Anti-Folter-VO; Bungenberg, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Werkstand: 15. EL April 2020, Anti-Folter-VO Art. 1 Rn. 3. 6 Hervorhebung durch Autor dieses Sachstands. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 6 Mit Anhang V der Anti-Folter-VO wurde eine Allgemeine Genehmigung zur Ausfuhr von Gütern des Anhangs IV der Anti-Folter-VO eingefügt. Diese Allgemeine Genehmigung begünstigt Ausfuhren in Länder, die die Todesstrafe abgeschafft haben und kann mit sofortiger Wirkung genutzt werden .7 Dem Grundsatz nach kann der Genehmigungsvorbehalt jeden Drittstaat betreffen (vgl. Art. 1: „Drittlandshandel“). Zuständige Behörde ist in Deutschland das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA, Anhang I der Verordnung). Der 13. Tätigkeitsbericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 26 Absatz 3 der Anti- Folter-VO für den Zeitraum 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2019 enthält u.a. eine Auflistung der Genehmigungen nach Art. 11 der Anti-Folter-VO einschließlich der Zielländer.8 2.3. Elektroimpulswaffen Anhang III („Liste der Güter gemäß Artikel 11“) der Anti-Folter-VO, Ziffer 2, listet „Waffen und Geräte, konstruiert zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz“ auf.9 Hierzu gehören „tragbare Elektroimpulswaffen, mit denen jeweils nur einem Individuum ein Elektroschock versetzt werden kann, einschließlich — aber nicht beschränkt auf — Elektroschock-Schlagstöcke , Elektroschock-Schilde, Elektroschocker (Paralyser) und Elektroschock-Pfeilwaffen“. Ausgenommen hiervon sind u. a. einzelne Elektroschock-Geräte, wenn diese von ihren Benutzern zu deren eigenem persönlichen Schutz mitgeführt werden.10 2.4. Reizgas Anhang III („Liste der Güter gemäß Artikel 11“) der Anti-Folter-VO, Ziffer 3, zählt „Waffen und Ausrüstungen zur Ausbringung handlungsunfähig machender oder reizender chemischer Substanzen zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz sowie bestimmte zugehörige Substanzen“ auf. Ziffer 3 „erfasst nicht Ausrüstungen, die von Unternummer ML7e der Gemeinsamen Militärgüterliste der Europäischen Union erfasst werden.“ Ferner erfasst 7 https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Antragsarten/Anti_Folter_Verordnung/anti_folter _node.html. 8 https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Antragsarten/Anti_Folter_Verordnung/anti_folter _node.html; siehe zu anderen Berichten: https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Antragsarten /Anti_Folter_Verordnung/anti_folter_node.html. 9 S. 34 der pdf-Fassung, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02019R0125- 20200527&qid=1602074959825&from=DE. 10 Siehe Erläuterung zu Ziffer 2.1 Anhang III der VO 2019/125. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 7 diese Nummer „nicht einzelne tragbare Ausrüstungen – selbst wenn diese eine chemische Substanz enthalten –, wenn diese von ihren Benutzern zu deren eigenem persönlichen Schutz mitgeführt werden.“ 3. „Dual-Use“-Verordnung (EU) 3.1. Überblick Die EG-Dual-Use-Verordnung11 unterwirft Exporte von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (einschließlich Software und Technologie) – sog. „Dual-Use-Güter“ – einer Kontrolle. Diese Verordnung enthält insbesondere Genehmigungspflichten für die im Anhang I zu dieser Verordnung gesondert aufgeführten Güter, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke genutzt werden können. Zuständige Behörde für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen in der Bundesrepublik Deutschland ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Ergänzt wird die Dual-Use-Verordnung im „zivilen“ Bereich durch die Anti-Folter-VO.12 3.2. Genehmigungsvorbehalt Nach Artikel 3 der EG-Dual-Use-VO ist die Ausfuhr aller im Anhang I EG-Dual-Use-VO aufgelisteten Güter genehmigungspflichtig.13 Nach Artikel 4 EG-Dual-Use-VO kann die Ausfuhr von nicht gelisteten Dual-Use-Gütern genehmigungspflichtig sein. Ausschlaggebend für die Genehmigungsbedürftigkeit sind hierbei der vorgesehene Verwendungszweck der Güter sowie das jeweilige Käufer- oder Bestimmungsland. Eine Genehmigungspflicht kann insbesondere dann vorliegen, wenn – die Güter für eine Verwendung im Zusammenhang mit der Entwicklung, Herstellung, Handhabung, Wartung, Lagerung, Ortung, Identifizierung oder dem Betrieb von atomaren, biologischen oder chemischen Waffen sowie Flugkörpern für derartige Waffen bestimmt sind oder sein können oder 11 Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck , https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32009R0428; siehe hierzu auch WD 11 – 3000 – 208/11, Zur Vereinbarkeit eines Exportverbotes von Rüstungsgütern und Atomtechnologie mit dem Recht der Europäischen Union, https://www.bundestag.de/resource /blob/412678/9cf9605bd39bc1dc3d625e566fd52681/WD-11-208-11-pdf-data.pdf. 12 Karpenstein/Kottmann, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Werkstand: 15. EL April 2020, Dual-Use-VO Art. 1 Rn. 2. 13 Dieser Absatz stützt sich im Wesentlich auf: https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Aussenwirtschaft-Bargeldverkehr /Warenausfuhr/Waren/Dual-Use-Gueter/dual-use-gueter_node.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 8 – gegen das Käufer- oder Bestimmungsland ein Waffenembargo verhängt wurde oder – die Güter ganz oder teilweise für die Verwendung als Bestandteil in Rüstungsgütern, die zuvor rechtswidrig ausgeführt worden sind, bestimmt sind oder sein können oder – die Güter für die Errichtung, den Betrieb den Einbau in zivilen kerntechnischen Anlagen in den Ländern Algerien, Irak, Iran, Israel, Jordanien, Libyen, Nordkorea, Pakistan und Syrien bestimmt sind oder sein können. Als militärische Endverwendung gilt – der Einbau in Güter, die in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genannt sind, – die Verwendung von Herstellungs-, Test oder Analyseausrüstung – sowie Bestandteilen hierfür – für die Entwicklung, die Herstellung und die Wartung von Gütern, die in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genannt sind oder – die Verwendung von unfertigen Erzeugnissen in einer Anlage für die Herstellung von Gütern , die in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genannt sind. Dem Grundsatz nach kann der Genehmigungsvorbehalt jeden Drittstaat betreffen (vgl. Art. 2 der EG-Dual-Use-VO: „Drittland“). Nach Art. 3 Abs. 2 der EG-Dual-Use-VO kann aber „auch für die Ausfuhr von bestimmten, nicht in Anhang I aufgeführten Gütern mit doppeltem Verwendungszweck nach allen oder bestimmten Bestimmungszielen eine Genehmigung vorgeschrieben werden .“ Nach Art. 4 Abs. 2 S. 1 der EG-Dual-Use-VO ist die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, die nicht in Anhang I aufgeführt sind, „auch genehmigungspflichtig, wenn gegen das Käuferland oder das Bestimmungsland ein Waffenembargo aufgrund eines Beschlusses des Rates oder eines vom Rat festgelegten Gemeinsamen Standpunkts oder einer Entscheidung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder ein Waffenembargo aufgrund einer verbindlichen Resolution des VN-Sicherheitsrates verhängt wurde […].“14 3.3. Elektroimpulswaffen Die aktualisierte Liste15 der der Verordnung unterworfenen Güter enthält unter den Stichworten „Elektroimpuls“ oder „Elektroschock“ keinen Eintrag. 14 Hervorhebung durch Autor dieses Sachstands. 15 Delegierte Verordnung (EU) 2019/2199 der Kommission vom 17. Oktober 2019 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, Anhang I, alphabetische Liste der Begriffe, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:L:2019:338:FULL&from=DE. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 9 3.4. Reizgas Die aktualisierte Liste16 der der Verordnung unterworfenen Güter führt „Reizstoffe“ auf und definiert diese wie folgt: „(1) (riot control agent): Stoffe, die, unter den zu erwartenden Bedingungen bei einem Einsatz zur Bekämpfung von Unruhen, beim Menschen spontan Reizungen der Sinnesorgane oder Handlungsunfähigkeit verursachende Wirkungen hervorrufen, welche innerhalb kurzer Zeit nach Beendigung der Exposition verschwinden. Technische Anmerkung: Tränengase sind eine Untermenge von ‚Reizstoffen‘.“ 4. Nationales Außenwirtschaftsrecht 4.1. Außenwirtschaftsgesetz Nach seinem § 1 Abs. 2 Nr. 3 lässt das Außenwirtschaftsgesetz17 „unberührt Rechtsvorschriften der Organe zwischenstaatlicher Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland Hoheitsrechte übertragen hat“. Der Gesetzgeber des AWG hat damit den Vorrang des Unionsrechts anerkannt .18 Dies gilt sowohl für die Anti-Folter-VO als auch im Grundsatz für die Dual-Use-Verordnung , jedenfalls im Bereich der hier angesprochenen Sachverhalte.19 Damit bestimmt sich die Genehmigungspflicht im Wesentlichen nach Unionsrecht. 4.2. Außenwirtschaftsverordnung Für mitgliedstaatliche Regelungen zu Dual-Use-Gütern „ist nur insoweit Raum, wie die EG-Dual-Use-VO dies ausdrücklich zulässt. Art. 4 Abs. 5 EG- Dual-Use-VO ermächtigt die Mitgliedstaaten zusätzliche Waren in eine nationale Güterliste – 16 Delegierte Verordnung (EU) 2019/2199 der Kommission vom 17. Oktober 2019 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, Anhang I, alphabetische Liste der Begriffe, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:L:2019:338:FULL&from=DE. 17 https://www.gesetze-im-internet.de/awg_2013/. 18 Diemer, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 231. EL Juli 2020, AWG § 1 Rn. 3. 19 Zu den grundsätzlichen Abgrenzungsproblemen bei dieser „Rahmenverordnung“ siehe Karpenstein/Kottmann, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Werkstand: 15. EL April 2020, Dual-Use- VO Art. 1 Rn. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 10 in Deutschland die Ausfuhrliste[20] als Anhang zur Außenwirtschaftsverordnung[21] – aufnehmen . In der Ausfuhrliste sind die nationalen Güter in Teil I Abschnitt B gelistet und an den 900er-Listenpositionen zu erkennen.“22 Reizstoffe oder Elektroimpulswaffen sind soweit ersichtlich von den 900er-Listenpositionen nicht erfasst. 5. Sanktionen Nach Artikel 33 der Anti-Folter-VO erlassen die Mitgliedstaaten „Vorschriften über Sanktionen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und treffen alle für die Anwendung der Sanktionen erforderlichen Maßnahmen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“ Nach Artikel 24 der Dual-Use-VO trifft jeder Mitgliedstaat „geeignete Maßnahmen, um die ordnungsgemäße Durchführung aller Bestimmungen dieser Verordnung sicherzustellen. Er legt insbesondere Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen diese Verordnung und ihre Durchführungsvorschriften zu verhängen sind. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“ Der deutsche Gesetzgeber hat diese Bestimmungen insbesondere wie folgt umgesetzt: – § 18 Außenwirtschaftsgesetz,23 Strafvorschriften (Zuwiderhandeln eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union). – Nach § 19 Außenwirtschaftsgesetz handelt ordnungswidrig u. a. „wer eine in § 18 Absatz 1 bis 4 oder Absatz 5 bezeichnete Handlung fahrlässig begeht“. – § 82 Abs. 4 Außenwirtschaftsverordnung,24 Ordnungswidrigkeiten – Verstöße gegen Rechtsakte der Europäischen Union. 20 Die Liste hat u.a. das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlicht: https://www.bmwi.de/Redaktion /DE/Downloads/A/anlage-al-zur-aussenwirtschaftsverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 21 https://www.gesetze-im-internet.de/awv_2013/. 22 Martinek/Semler/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, 4. Auflage 2016, § 45 Rn. 17 (Hervorhebung durch Autor des Sachstands). 23 https://www.gesetze-im-internet.de/awg_2013/. 24 https://www.gesetze-im-internet.de/awv_2013/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 110/20 Seite 11 Zu außenwirtschaftsrechtlichen Verstößen gibt es höchstrichterliche Entscheidungen, die im Ergebnis die Verhängung mehrjähriger Haftstrafen bestätigen.25 6. Kontrolle Für die Kontrolle26 über die Einhaltung der Außenwirtschaftsbestimmungen sind unter anderem die folgenden Bestimmungen des Außenwirtschaftsgesetzes27 einschlägig: – § 21 Aufgaben und Befugnisse der Zollbehörden: Abs. 2 ermächtigt die Zollbehörden in den dort genannten Fällen, Ermittlungen auch ohne Ersuchen der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde vorzunehmen. – § 23 Allgemeine Auskunftspflicht: § 23 bestimmt abschließend den Kreis der Auskunftspflichtigen und der Auskunfts- und Prüfungsbefugten sowie den Umfang der Auskunftspflicht . – § 24 Übermittlung von Informationen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA): Abs. 1 gestattet die Übermittlung von Daten an andere öffentliche Stellen des Bundes zur Erfüllung der Aufgaben des BAFA, wobei diese im Einzelnen abschließend aufgezählt sind. – § 25 Automatisiertes Abrufverfahren: Abs. 1 regelt die Befugnis des Zollkriminalamts, Informationen im automatisierten Verfahren abzurufen. – § 27 Überwachung des Fracht-, Post- und Reiseverkehrs: § 27 regelt die Überwachung des Fracht-, Post- und Reiseverkehrs für die Überwachung durch den Zolls im Hinblick auf Ausfuhr, Einfuhr, Verbringung und Durchfuhr. In der Außenwirtschaftsverordnung finden sich ebenfalls Vorschriften in Kapitel 2, Unterabschnitt 2, wie z. B. § 22 Informations- und Buchführungspflichten, § 24 Datenaustausch und § 26 Aufzeichnungspflichten. *** 25 BGH, NStZ 2014, 586; BGH, NStZ-RR 2014, 53; BGH, wistra 2013, 153; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.4.2014 – III-3 RVs 154/13, 3 RVs 154/13; OLG Hamburg, AW-Prax 2014, 180; zitiert nach Martinek/Semler/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, 4. Auflage 2016, § 45 Rn. 108 Fn. 228. 26 Siehe hierzu allgemein: https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/ausfuhrkontrolle _node.html. 27 https://www.gesetze-im-internet.de/awg_2013/.