© 2018 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 110/18 Einzelfragen zu den Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Juli 2018 zur Auslegung des Begriffs der Mutagenese im Sinne der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Unterscheidung zwischen herkömmlichen Mutagenese- Verfahren und neuen Mutagenese-Verfahren nach 2001 6 4. Exkurs: Cibus-Raps 8 5. Welche Regelungen bestehen derzeit hinsichtlich des Imports von Organismen, die durch neue gentechnische Verfahren gezüchtet wurden? 9 6. Verfahren der Risikoüberprüfung bei durch konventionelle Mutagenese erzeugten Organismen 12 6.1. Rechtsgrundlagen für die Erlangung der Sortenzulassung 13 6.2. Prüfungsrahmen 14 6.3. Inhaltsstoffbestimmungen 14 6.4. Zuständigkeit 15 6.5. Exkurs: Clearfield-Raps 15 7. Anzahl angebauter Pflanzensorten in Deutschland, die durch radioaktive bzw. chemische Verfahren genetisch verändert wurden 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wurde insbesondere nach derzeit bestehenden Regelungen hinsichtlich des Imports von Organismen, die durch neue gentechnische Verfahren gezüchtet wurden und nach der aktuellen Anzahl angebauter Pflanzensorten in Deutschland, die durch radioaktive bzw. chemische Verfahren genetisch verändert wurden. Des Weiteren wurden Informationen erbeten zu den Verfahren der Risikoüberprüfung im Rahmen der Sortenzulassung und im Hinblick auf den Anbau von Organismen , die aufgrund der Mutagenese-Ausnahme nicht unter die GVO-Regulierung fallen. 2. Einleitung Landwirtschaftsverbände in Frankreich beantragten im Jahr 2015 beim Premierminister und dem zuständigen Minister für Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft, den Anbau und die Vermarktung herbizidtoleranter Rapssorten zu untersagen. Die Klage wurde aufgrund fehlender stichhaltiger Gründe mittels „stillschweigender Ablehnung“ abgewiesen.1 Daraufhin reichten die Landwirtschaftsverbände Klage beim Conseil d’État ein, dem obersten französischen Verwaltungsgericht , „gegen die französische Regelung, mit der durch Mutagenese2 gewonnene Organismen von den in der GVO-Richtlinie3 vorgesehenen Verpflichtungen ausgenommen werden“4. Daraufhin 1 Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 25. Juli 2018. Confédération paysanne u. a. gegen Premier ministre und Ministre de l’Agriculture, de l’Agroalimentaire et de la Forêt. Vorlage zur Vorabentscheidung – Absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt – Mutagenese – Richtlinie 2001/18/EG – Art. 2 und 3 – Anhänge I A und I B – Begriff ‚genetisch veränderter Organismus‘ – Herkömmlich angewandte und als sicher geltende Verfahren/Methoden zur genetischen Veränderung – Neue Verfahren/Methoden der Mutagenese – Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt – Ermessen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie – Richtlinie 2002/53/EG – Gemeinsamer Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten – Herbizidtolerante Pflanzensorten – Art. 4 – Zulassung durch Mutagenese gewonnener genetisch veränderter Sorten zum gemeinsamen Sortenkatalog – Anforderung zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt – Befreiung. Rechtssache C-528/16. Rn. 20. http://curia.europa.eu/juris /celex.jsf?celex=62016CJ0528&lang1=de&type=TXT&ancre= (letzter Abruf: 22.08.2018). 2 „Mit „Mutagenese“ werden alle Verfahren bezeichnet, die es, anders als die Transgenese, ermöglichen, das Erbgut lebender Arten ohne Einführung einer fremden DNS zu verändern.“ Gerichtshof der Europäischen Union (2018). PRESSEMITTEILUNG Nr. 111/18. Luxemburg, den 25. Juli 2018. Urteil in der Rechtssache C-528/16 Confédération paysanne u. a. / Premier ministre und Ministre de l’Agriculture, de l’Agroalimentaire et de la Forêt. Durch Mutagenese gewonnene Organismen sind genetisch veränderte Organismen (GVO) und unterliegen grundsätzlich den in der GVO-Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen. https://curia.europa.eu/jcms/upload /docs/application/pdf/2018-07/cp180111de.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). 3 Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (ABl. 2001, L 106, S. 5). 4 Gerichtshof der Europäischen Union (2018). PRESSEMITTEILUNG Nr. 111/18. Luxemburg, den 25. Juli 2018. Urteil in der Rechtssache C-528/16 Confédération paysanne u. a. / Premier ministre und Ministre de l’Agriculture , de l’Agroalimentaire et de la Forêt. Durch Mutagenese gewonnene Organismen sind genetisch veränderte Organismen (GVO) und unterliegen grundsätzlich den in der GVO-Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen. https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-07/cp180111de.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 5 beschloss der Conseil d’État, das Verfahren auszusetzen und richtete am 17. Oktober 2016 ein Vorabentscheidungsersuchen5 an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). In dem Vorabentscheidungsersuchen geht es somit „insbesondere um die Auslegung des Begriffs der Mutagenese im Sinne der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG und die Anwendbarkeit des Gentechnikrechts auf bestimmte Neue Züchtungstechnologien.“6 (Im weiteren Verlauf der Ausarbeitung werden Neue Züchtungstechnologien bzw. Neue molekularbiologische Techniken mit NZT abgekürzt.). Der EuGH urteilte schließlich am 25. Juli 20187 und stellte fest, „dass durch Mutagenese gewonnene Organismen GVO8 im Sinne der GVO-Richtlinie sind, da durch die Verfahren und Methoden der Mutagenese eine auf natürliche Weise nicht mögliche Veränderung am genetischen Material eines Organismus vorgenommen wird. Folglich fallen diese Organismen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der GVO-Richtlinie und sind den dort vorgesehenen Verpflichtungen unterworfen. Aus der GVO-Richtlinie ergibt sich jedoch auch, dass sie nicht für die mit bestimmten Mutagenese-Verfahren, nämlich solchen, die herkömmlich bei einer Reihe von Anwendungen verwendet wurden und seit langem als sicher gelten, gewonnenen Organismen gilt. Den Mitgliedstaaten steht es allerdings frei, derartige Organismen unter Beachtung des Unionsrechts (insbesondere der Regeln über den freien Warenverkehr) den in der GVO-Richtlinie vorgesehenen oder anderen Verpflichtungen zu unterwerfen. Denn der Umstand, dass diese Organismen vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sind, bedeutet nicht, dass interessierte Personen sie nach Belieben absichtlich freisetzen oder in der Union als Produkte oder in Produkten in den Verkehr bringen dürfen. Den Mitgliedstaaten steht es somit frei, in diesem Bereich – unter 5 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid =9ea7d0f130dc1711a802df2d402ebd18fb959e6024db.e34KaxiLc3eQc40LaxqMbN4Pb3yLe0?text=&docid=18 6771&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=121160 6 Schiemann, Joachim; Hartung, Frank; Sprink, Thorben (2016). Anwendung neuer Techniken der Genom-Modifikation in der Pflanzenzüchtung. Julius Kühn-Institut, Institut für die Sicherheit Biotechnologischer Verfahren bei Pflanzen. BfR-Symposium. Neue Technologien zur Modifikation des Genoms - Möglichkeiten, Grenzen und gesellschaftliche Herausforderungen. 6. Dezember 2016. https://www.bfr.bund.de/cm/343/anwendung-neuertechniken -der-genom-modifikation-in-der-pflanzenzuechtung.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). 7 Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 25. Juli 2018. Confédération paysanne u. a. gegen Premier ministre und Ministre de l’Agriculture, de l’Agroalimentaire et de la Forêt. Vorlage zur Vorabentscheidung – Absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt – Mutagenese – Richtlinie 2001/18/EG – Art. 2 und 3 – Anhänge I A und I B – Begriff ‚genetisch veränderter Organismus‘ – Herkömmlich angewandte und als sicher geltende Verfahren/Methoden zur genetischen Veränderung – Neue Verfahren/Methoden der Mutagenese – Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt – Ermessen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie – Richtlinie 2002/53/EG – Gemeinsamer Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten – Herbizidtolerante Pflanzensorten – Art. 4 – Zulassung durch Mutagenese gewonnener genetisch veränderter Sorten zum gemeinsamen Sortenkatalog – Anforderung zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt – Befreiung. Rechtssache C-528/16. http://curia.europa.eu/juris /celex.jsf?celex=62016CJ0528&lang1=de&type=TXT&ancre= (letzter Abruf: 22.08.2018). 8 GVO=Gentechnisch veränderte Organismen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 6 Beachtung des Unionsrechts, insbesondere der Regeln über den freien Warenverkehr – Rechtsvorschriften zu erlassen. Zu der Frage, ob die GVO-Richtlinie auch auf Organismen Anwendung finden soll, die mit Mutagenese-Verfahren gewonnen werden, die erst nach dem Erlass der Richtlinie entstanden sind, führt der Gerichtshof aus, dass sich die mit dem Einsatz dieser neuen Mutagenese-Verfahren verbundenen Risiken als vergleichbar mit den bei der Erzeugung und Verbreitung von GVO im Wege der Transgenese auftretenden Risiken erweisen könnten. (…) Folglich gilt die GVO-Richtlinie auch für die mit Mutagenese-Verfahren, die nach dem Erlass der Richtlinie entstanden sind, gewonnenen Organismen.“9 Nunmehr ist laut EuGH bei den Mutageneseverfahren/-methoden in der Pflanzenzucht zu differenzieren zwischen den seit Jahrzehnten angewandten „herkömmlichen In-vivo-Mutagenesemethoden “10 und den Methoden, die seit dem Erlass der Richtlinie 2001/18 angewandt werden, wie Verfahren/Methoden der gezielten Mutagenese (Mutagenese mit Hilfe von Oligonukleotiden oder Mutagenese mit Hilfe zielgerichteter Nukleasen, wie z.B. CRISPR/Cas).11 Somit fallen grundsätzlich alle Organismen, die mit nach dem Jahr 2001 entwickelten NZT entstanden sind, nicht mehr unter die Mutagenese-Ausnahme der Richtlinie 2001/18/EG und gelten als GVO. 3. Unterscheidung zwischen herkömmlichen Mutagenese-Verfahren und neuen Mutagenese- Verfahren nach 2001 Das Herbeiführen von Mutationen ist für die Pflanzenzüchtung von großer Bedeutung. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erläutert die herkömmlichen bzw. konventionellen Mutagenese-Verfahren in der Pflanzenzucht wie folgt: „Seit etwa 1930 werden radioaktive Strahlung und erbgutverändernde Chemikalien in der sogenannten Mutationszüchtung eingesetzt, um für die Landwirtschaft nützliche erbliche Veränderungen in Kulturpflanzen zu erzeugen. Weiterhin wird seit Jahrzehnten versucht, natürliche Befruchtungsbarrieren zu überwinden, indem man Gewebekulturtechniken, Pflanzenhor- 9 Gerichtshof der Europäischen Union (2018). PRESSEMITTEILUNG Nr. 111/18. Luxemburg, den 25. Juli 2018. Urteil in der Rechtssache C-528/16 Confédération paysanne u. a. / Premier ministre und Ministre de l’Agriculture , de l’Agroalimentaire et de la Forêt. Durch Mutagenese gewonnene Organismen sind genetisch veränderte Organismen (GVO) und unterliegen grundsätzlich den in der GVO-Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen. https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-07/cp180111de.pdf (letzter Abruf: 30.08.2018). 10 Urteil des EuGH vom 25.07.2018 in der Rechtssache C-528/16, Rn. 23. http://curia.europa.eu/juris /celex.jsf?celex=62016CJ0528&lang1=de&type=TXT&ancre=(letzter Abruf: 30.08.2018). 11 Vgl. Urteil des EuGH vom 25.07.2018 in der Rechtssache C-528/16, Rn. 23. http://curia.europa.eu/juris /celex.jsf?celex=62016CJ0528&lang1=de&type=TXT&ancre=(letzter Abruf: 30.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 7 mone, Chemikalien, mechanische Verfahren wie z.B. Bestäubung von Blütenknospen, Hitzeschockbehandlungen , Änderungen der atmosphärischen Bedingungen während der Befruchtung oder chirurgische Methoden einsetzt.“12 Des Weiteren erläutert das BVL: „Bei der herkömmlichen Pflanzenzüchtung werden Veränderungen im Pflanzengenom genutzt , ohne dass genau bekannt wäre, an welcher Stelle im Genom die Veränderung vorliegt. Man spricht dabei von fehlender Ortsspezifität13. Daher müssen in einem Selektionsprozess aus vielen unerwünschten Veränderungen die Erwünschten herausgelesen werden.“14 Ausführlich beschreibt Dr. Ralph Wilhelm, Leiter des Instituts für die Sicherheit biotechnologischer Verfahren bei Pflanzen im Julius Kühn-Institut, die neuen Mutagenese-Verfahren bzw. NZT. Insbesondere erläutert er die Genome-Editierungs-Methoden, die in der Regel eine präzise, zielgerichtete Änderungen im Genom bewirken und eine bei der konventionellen Mutagenese erforderliche Rückkreuzung entbehrlich machen und somit den Auswahlprozess verkürzen15 in einem Beitrag für den Deutschen Bauernbund im März 2018 – in Erwartung des EuGH-Urteils. Der Aufsatz liegt als ANLAGE 1 bei: Wilhelm, Ralph (2018). Was ist Genome Editing? Rundbrief. Deutscher Bauernbund, DBB. Informationen des Deutschen Bauernbundes e.V. 2018 (März). S. 27-29. https://www.bauernbund .de/images/bauernbund/pdf/Rundbriefe/2018%20Rundbrief%20Maerz%202018.pdf Des Weiteren wird auf die beiliegende Dokumentation „Ausgewählte Fragen zum Forschungsstand der Anwendung von Genom-Editierung in Nutzpflanzen“ (WD 8 - 3000 - 073 - 18) verwiesen , in der u.a. Oligonucleotide Directed Mutagenesis – ODM, Zinc Finger Nuclease ZFN (Sitedirected nucleases SDN) und insbesondere CRISPR/Cas erläutert werden. 12 FAQs zu neuen Züchtungstechniken. Auf die Frage „Ist der Einsatz von technischen Methoden in der Pflanzenzüchtung eine neue Entwicklung?“ https://www.bvl.bund.de/DE/06_Gentechnik/02_Verbraucher /08_FAQ/01_FAQ_Neue_Zuechtungstechniken/FAQ_Neue%20Zuechtungstechniken_node.html (letzter Abruf: 22.08.2018). 13 Sog. Off-Target. 14 FAQs zu neuen Züchtungstechniken. Auf die Frage „Worin unterscheidet sich genome editing von herkömmlichen Verfahren der Pflanzenzüchtung“. https://www.bvl.bund.de/DE/06_Gentechnik/02_Verbraucher /08_FAQ/01_FAQ_Neue_Zuechtungstechniken/FAQ_Neue%20Zuechtungstechniken_node.html (letzter Abruf: 22.08.2018). Siehe auch BfR (2018). Fragen und Antworten zum Genome Editing und CRISPR/Cas9. Aktualisierte FAQ des BfR vom 01.August 2018. https://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zum-genome-editing-undcrispr -cas9.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). 15 https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Pflanzenbau/Gentechnik/_Texte/FAQ-NeueZuechtungstechnologien .html;jsessionid=2F921E7258B3B1DB9AFF437F7A34BF18.2_cid296#doc11284300bodyText1 (letzter Abruf : 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 8 4. Exkurs: Cibus-Raps Auch in Deutschland – wie in Frankreich – wurde eine durch NZT entstandene herbizidresistente Rapssorte bislang nicht als GVO im Sinne des GenTG eingestuft, da der daraus resultierende Organismus auch durch konventionelle Mutation hätte entstehen können und von einem solchen nicht unterscheidbar ist. So heißt es in einem Briefing des European Parliamentary Research Service vom Mai 2016: „In February 2015, the German Federal Office for Consumer Protection and Food Safety (BVL) stated that plants generated by the ODM (including the RTDS) and CRISPR/Cas9 techniques do not constitute GMOs within the meaning of Directive 2001/18/EC, as the modifications could also be generated through conventional mutagenesis techniques and are not distinguishable from them. Therefore, field trials of a herbicide-resistant rapeseed generated with the RTDS could be carried out without the approval required for GMOs. The BVL stated, however , that the decision would be reversed if the legal interpretation of the European Commission produced a different result.“16 Hierbei handelte es sich um Cibus-Raps. Das BVL17 hatte im Februar 2015 – auf Grundlage der Stellungnahme der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit – mittels Bescheid entschieden , Cibus- Rapspflanzen nicht als gentechnisch veränderte Organismen im Sinne des 16 Laaninen, Tarja (2016). New plant-breeding techniques Applicability of GM rules. European Parliamentary Research Service. PE 582.018 http://www.europarl.europa.eu/Reg- Data/etudes/BRIE/2016/582018/EPRS_BRI(2016)582018_EN.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). 17 Das BVL ist „gemäß § 16 GenTG die zuständige Bundesoberbehörde für die Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit und -fähigkeit von Freilandversuchen mit Organismen, die unter das Gentechnikrecht fallen“. https://www.bvl.bund.de/DE/06_Gentechnik/04_Fachmeldungen/2015/2015_06_03_Fa_CIBUS.html (letzter Abruf: 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 9 GenTG einzustufen.18 Dieser Bescheid „war dahingehend bedingt, dass er seine Wirksamkeit verliert , sollte die EU-Kommission zu einem abweichenden Ergebnis gelangen.“19 Da die EU-Kommission zu keinem Ergebnis kam, wurde das unter Punkt 2. beschriebene Urteil abgewartet. Nach diesem Urteil hat das BVL den Cibus Raps-Bescheid zurückgenommen.20 5. Welche Regelungen bestehen derzeit hinsichtlich des Imports von Organismen, die durch neue gentechnische Verfahren gezüchtet wurden? Bis zum EuGH-Urteil galten in der EU für aus NZT hervorgegangene Pflanzen keine besonderen Bestimmungen. Anders als gentechnisch veränderte Pflanzen mussten sie kein dementsprechendes Zulassungsverfahren durchlaufen.21 Mit der Einstufung als GVO müssen solcherart gezüchtete Pflanzen nunmehr einer umfassenden Sicherheitsbewertung für Mensch, Tier und Umwelt unterzogen werden. Sie müssen rückverfolgbar sein und gekennzeichnet werden. Das Öko-Institut weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass für die Kontrolle des Imports noch wichtige Detailfragen gelöst werden müssten. Beispielsweise sei zu definieren, welche Nachweisverfahren und Referenzmaterialien für die neuen gentechnischen Verfahren im Einzelnen gelten sollten. Dies sei insbesondere wichtig für den grenzüberschreitenden Warenverkehr 18 Vgl. https://www.bvl.bund.de/DE/06_Gentechnik/04_Fachmeldungen/2015/2015_06_03_Fa_CIBUS.html (letzter Abruf: 22.08.2018). Die damalige Begründung lautet wie folgt: „Unter Mutagenese versteht man die Veränderung des genetischen Materials durch äußere Einflüsse, z. B. durch Strahlung oder Chemikalien. Die Anwendung von GRONs [„Gene Repair Oligonucleotides“] zeigt die gleiche Wirkungsweise wie ein chemisches Mutagen, indem es von außen in den Zellkern gelangt, zu einer Punktmutation führt und anschließend durch zelleigene Systeme abgebaut wird. Die durch GRONs bewirkten Punktmutationen sind nicht unterscheidbar von solchen, die durch Mutagenese mittels Chemikalien oder Strahlung hervorgerufen wurden oder spontan unter natürlichen Bedingungen entstehen können. Das RTDS-Verfahren fällt daher unter den Begriff der Mutagenese nach § 3 Nr. 3b GenTG und ist damit kein Verfahren der Veränderung von genetischem Material im Sinne der GVO-Definition des GenTG.“ https://www.bvl.bund.de/DE/06_Gentechnik/04_Fachmeldungen/2015/2015_06_03_Fa_CIBUS.html (letzter Abruf: 22.08.2018). 19 https://www.bvl.bund.de/DE/06_Gentechnik/04_Fachmeldungen/2015/2015_06_03_Fa_CIBUS.html (letzter Abruf: 22.08.2018). 20 BVL (2018). https://www.bvl.bund.de/DE/06_Gentechnik/04_Fachmeldungen/2018/2018_08_17_Fa_Cibus _Raps_Bescheid.html?nn=1471850 (letzter Abruf: 22.08.2018). 21 https://www.pflanzenforschung.de/de/themen/lexikon/mutagenese-2048 (letzter Abruf: 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 10 mit Erzeugnissen, die mit den neuen gentechnischen Verfahren hergestellt wurden, z.B. für Importe entsprechender landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus anderen Wirtschaftsräumen wie den USA.22 Zudem ist zu beachten, dass insbesondere Punktmutationen nach derzeitigem Kenntnisstand nicht von natürlichen Mutationen unterscheidbar sind, wie der folgenden Erläuterung des BVL entnommen werden kann: „Die Verfahren der neuen Züchtungstechniken (NZT) sowie das Genome Editing mittels CRISPR/Cas können mit unterschiedlicher Zielsetzung angewendet werden. Die Verfahren können einerseits zu Organismen führen, die sich nicht von klassisch gezüchteten Organismen unterscheiden. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die DNA-Sequenz nur an einer einzigen Stelle mittels CRISPR/Cas verändert wurde (eine sog. Punktmutation). Eine solche Mutation kann auch durch induzierte Mutagenese (z. B. durch ionisierende Strahlen oder erbgutverändernde Chemikalien) oder spontane (natürliche) Mutation entstehen. Punktmutationen der DNA-Sequenz sind analytisch im Labor nachweisbar, sofern die genaue Information über die Veränderung oder geeignetes Vergleichsmaterial vorliegt. Die Analyse kann nach derzeitigem Kenntnisstand jedoch nicht feststellen, wie die Veränderung entstanden ist, also ob ein Genome Editing-Verfahren oder induzierte Mutagenese eingesetzt oder ob sie durch spontane (natürliche) Mutation ausgelöst wurde. In anderen Fällen, wenn beispielsweise Fremd-DNA mittels CRISPR/Cas eingefügt wurde, sind sowohl ein Nachweis als auch die Identifizierung der Ursache der Veränderung möglich.“23 In einer Pressemitteilung zum EuGH-Urteil äußert sich auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zu dieser Problematik: „Dies dürfte zur Folge haben, dass Pflanzen und daraus gewonnene Erzeugnisse in bestimmten Ländern außerhalb der EU dereguliert sind, in der EU jedoch eine Zulassung nach dem Gentechnikrecht benötigen.“24 Der regulatorische Status der neuen molekularbiologischen Techniken (NMT) in ausgewählten Drittstaaten kann den nachfolgenden Links entnommen werden: BMEL (2018). Bericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), des Julius Kühn-Instituts (JKI) und des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) zum Sach- 22 Öko-Institut (2018). Verantwortungsvoller Umgang mit neuen gentechnischen Verfahren Positionspapier zu den Chancen und Risiken der Anwendung von „Genome Editing“ in der Landwirtschaft Neue gentechnische Verfahren („Genome Editing“) revolutionieren die Biotechnologie. https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Positionspapier -Genome-Editing.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). 23 https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Pflanzenbau/Gentechnik/_Texte/FAQ-NeueZuechtungstechnologien .html#doc11284300bodyText3; https://www.bfr.bund.de/cm/343/anwendung-neuer-techniken-der-genommodifikation -in-der-pflanzenzuechtung.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). 24 https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2018/084-EuGH_Urteil_Gentechnik.html (letzter Abruf: 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 11 stand der Regulierung, Deregulierung und Nicht-Regulierung von neuen molekularbiologischen Züchtungstechniken in ausgewählten Drittländern sowie zu Pflanzen, Nutztieren und Heimtieren, die derzeit mit Hilfe der klassischen Gentechnik sowie der neuen molekularbiologischen Züchtungstechniken für die Bereiche Ernährung, Landwirtschaft, Gartenbau sowie Arzneimittelherstellung und -forschung weltweit entwickelt werden erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Pflanze/GrueneGentechnik /NMT_Stand-Regulierung_Deckblatt.pdf?__blob=publicationFile BMEL (2018). Detaillierte Übersicht zum regulatorischen Status der neuen molekularbiologischen Techniken (NMT) in ausgewählten Drittstaaten. (ANLAGE 2) https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Pflanze/GrueneGentechnik /NMT_Stand-Regulierung_Anlage1.pdf?__blob=publicationFile BMEL (2018). Tabellarische Übersicht zum regulatorischen Status der NMT in ausgewählten Drittstaaten. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Pflanze/Gruene- Gentechnik/NMT_Stand-Regulierung_Anlage2.pdf?__blob=publicationFile Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V. (BDP), die „berufsständische Vertretung der rund 130 deutschen Pflanzenzuchtunternehmen und Saatenhändler aus den Bereichen Landwirtschaft , Gemüse und Zierpflanzen“, konstatierte: „Offen bleiben die möglichen Auswirkungen auf den weltweiten Handel. Konkret stellt sich die Frage, wie künftig mit Importprodukten aus dem Ausland umgegangen wird, die unter Anwendung der neuen Züchtungsmethoden entstanden sind.“25 25 Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V. Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu neuen Züchtungsmethoden ist Rückschritt für Landwirtschaft und Gesellschaft. Fragen des Imports ungeklärt. http://www.bdp-online .de/de/Presse/Aktuelle_Mitteilungen/EuGH-Urteil_zu_Neuen_Zuechtungsmethoden/2018-07-25_EuGH_Entscheidung _neue_Zuechtungsmethoden.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 12 6. Verfahren der Risikoüberprüfung bei durch konventionelle Mutagenese erzeugten Organismen Nach Einschätzung des EuGH26 ist die konventionelle Mutagenese als Verfahren in ihrer praktischen Anwendung seit Jahren erprobt und gilt damit als sicher.27 Dass die konventionelle Mutagenese nicht der GVO-Regulierung unterliegt, hat der EuGH mit der Entscheidung vom 25. Juli 2018, Rechtssache C-528/1628, klargestellt. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/1829 in Verbindung mit Nr. 1 ihres Anhangs I B, im Lichte des 17. Erwägungsgrundes der Richtlinie, hat der EuGH dahingehend ausgelegt, dass nur die Organismen , die mit Verfahren/Methoden der Mutagenese, die herkömmlich bei einer Reihe von Anwendungen zum Einsatz kommen und seit langem als sicher gelten, gewonnen werden, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sind.30 Für das nationale Recht gilt: Mit dieser Einordnung sind diese Verfahren/Methoden der herkömmlichen Mutagenese auch von den strengen Anforderungen des Gentechnikgesetzes (GenTG)31 ausgenommen, denn sie unterfallen dem Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 3b S. 2 a) GenTG. Nach dieser Bestimmung gilt die Mutagenese nicht als Verfahren der Veränderung genetischen Materials, es sei denn, es werden gentechnisch veränderte Organismen als Spender oder Empfänger verwendet. Damit ist für die Zulassung von Saatgut, welches mithilfe der konventionellen Mutagenese, etwa durch Einwirkung von Strahlung oder Chemikalien, erzeugt wurde, lediglich eine Sortenzulassung erforderlich32, deren rechtliche Grundlagen nachfolgend beschrieben werden. 26 Entscheidung des EuGH vom 25.07.2018 in der Rechtssache C-528/16, Rn 51. 27 Gentechnikgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2421). 28 http://curia.europa.eu/juris /document/document.jsf;jsessinid=9ea7d0f130dc7d88ca032b814168b8a9c86eb040b2ec.e34KaxiLc3eQc40Lax qMbN4Pb3uSe0?text=&docid=204387&pageIndex=0&dclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=442645 (letzter Abruf: 22.08.2018). 29 Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates. 30 EuGH-Urteil vom 25. Juli 2018, Rechtssache C-528/16, Rn. 54. 31 Gentechnikgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2421). 32 Übersicht des BVL zur Genom-Editierung abrufbar unter: https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads /08_PresseInfothek/Flyer/Flyer_Genom-Editierung.html?nn=3048456 (letzter Abruf: 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 13 6.1. Rechtsgrundlagen für die Erlangung der Sortenzulassung Das Saatgutverkehrsgesetz (SaatG)33 sowie die Verordnung über Verfahren vor dem Bundessortenamt (BSAVfV)34 bilden die Rechtsgrundlagen für die vom Bundessortenamt durchzuführenden Wertprüfungen. Nach § 4 Abs. 1 SaatG wird Saatgut dann anerkannt, wenn die Sorte nach § 30 Abs. 1 SaatG zugelassen ist. Zugelassen wird sie dann, wenn sie unterscheidbar, homogen und beständig ist, einen landeskulturellen Wert hat sowie durch eine eintragbare Sortenbezeichnung bezeichnet ist. Die Wertprüfungen dienen der Ermittlung der Anforderungen des § 30 Abs. 1 SaatG. Die BSAVfV enthält die Grundsätze über die Durchführung der Wertprüfung. Bei GVO gelten für die Zulassung zudem die Anforderungen des § 30 Abs. 5 und 6 SaatG. Die rechtliche Grundlage für die Anforderungen an die Durchführung der Wertprüfungen sind in § 6 BSAVfV niedergelegt: „(1) Unter Berücksichtigung der botanischen Gegebenheiten wählt das Bundessortenamt für die einzelnen Arten die für die Unterscheidbarkeit der Sorten wichtigen Merkmale aus und setzt Art und Umfang der Prüfungen fest. Dabei erstreckt das Bundessortenamt 1. im Falle der in Artikel 1 der Richtlinie 2003/90/EG35 der Kommission vom 6. Oktober 2003 mit Durchführungsbestimmungen zu Artikel 7 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates hinsichtlich der Merkmale, auf welche sich die Prüfungen mindestens zu erstrecken haben , und der Mindestanforderungen für die Prüfung bestimmter Sorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten (ABl. EU Nr. L 254 S. 7) genannten Arten sowie 2. im Falle der in Artikel 1 der Richtlinie 2003/91/EG36 der Kommission vom 6. Oktober 2003 mit Durchführungsbestimmungen zu Artikel 7 der Richtlinie 2002/55/EG des Rates 33 Saatgutverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004 (BGBl. I S. 1673), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3041). 34 Verordnung über Verfahren vor dem Bundessortenamt in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. September 2004 (BGBl. I S. 2552), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 83 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666). 35 Richtlinie 2003/90/EG der Kommission vom 6. Oktober 2003 mit Durchführungsbestimmungen zu Artikel 7 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates hinsichtlich der Merkmale, auf welche sich die Prüfungen mindestens zu erstrecken haben, und der Mindestanforderungen für die Prüfung bestimmter Sorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten , abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32003L0090&from=de (letzter Abruf: 22.08.2018). 36 Richtlinie 2006/127/EG der Kommission vom 7. Dezember 2006 zur Änderung der Richtlinie 2003/91/EG mit Durchführungsbestimmungen zu Artikel 7 der Richtlinie 2002/55/EG des Rates hinsichtlich der Merkmale, auf die sich die Prüfungen mindestens zu erstrecken haben, und der Mindestanforderungen für die Prüfung bestimmter Sorten von Gemüsearten, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32006L0127&from=DE (letzter Abruf: 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 14 hinsichtlich der Merkmale, auf welche sich die Prüfungen mindestens zu erstrecken haben , und der Mindestanforderungen für die Prüfung bestimmter Sorten von Gemüsearten (ABl. EU Nr. L 254 S. 11) genannten Arten die Prüfung auf die Erfüllung der dort jeweils genannten Bedingungen unter Einbeziehung der dort jeweils in den jeweiligen Artikel 2 genannten Merkmale und berücksichtigt die dort jeweils in den jeweiligen Artikel 3 genannten Anforderungen. Soweit in den jeweiligen Artikeln 1 bis 3 der Richtlinien 2003/90/EG und 2003/91/EG auf die Anhänge dieser Richtlinien verwiesen wird, wendet das Bundessortenamt die Anhänge in der jeweils geltenden Fassung an. Werden diese Anhänge geändert, wendet das Bundessortenamt die Anhänge in der geänderten und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Fassung mit Beginn des in der Änderungsrichtlinie festgelegten Anwendungstages an. (2) Gibt der Antragsteller im Antrag auf Sortenzulassung verschiedene, nicht vom selben Prüfungsumfang erfasste Anbauweisen oder Nutzungsrichtungen an, so werden die Wertprüfung und bei Sorten von Rebe die Prüfung der physiologischen Merkmale für jede angegebene Anbauweise oder Nutzungsrichtung gesondert durchgeführt.“ Die Anhänge I und II der Richtlinien 2003/90/EG und 2003/91/EG regeln, welche Arten jeweils die Testleitlinien des gemeinschaftlichen Sortenamts37 oder die Prüfungsrichtlinien des Internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen38 erfüllen müssen. Konkretisiert wird der Prüfungsrahmen durch die „Richtlinien für die Durchführung von landwirtschaftlichen Wertprüfungen und Sortenversuchen“ des Bundessortenamtes.39 6.2. Prüfungsrahmen Nach Unterpunkt 1.3. dieser Richtlinien bestimmt das Bundessortenamt für jede Pflanzenart den Prüfungsrahmen, d.h. diejenigen Eigenschaften, Leistungen und ggf. Anbauweisen oder Nutzungsrichtungen , die in der Wertprüfung zu prüfen sind. Der Prüfungsrahmen orientiert sich dabei an jenen Anbauweisen oder Nutzungsrichtungen und Eigenschaften, die im praktischen Anbau oder bei der Verwertung der Ernteprodukte beachtet werden und/oder für die Bewertung des Leistungsvermögens einer Sorte der betreffenden Pflanzenart üblicherweise von Bedeutung sind. 6.3. Inhaltsstoffbestimmungen Aus Punkt 2.8.3 der Prüfungsrichtlinien ergibt sich, dass bei den meisten Pflanzenarten am Erntegut Inhaltsstoffbestimmungen durchgeführt werden. Einen Teil der Bestimmungen muss die Prüfungsstelle selbst vornehmen, wie zum Beispiel die Bestimmung des Trockensubstanzgehalts 37 http://cpvo.europa.eu/en/applications-and-examinations/technical-examinations/technical-protocols (letzter Abruf: 22.08.2018). 38 http://www.upov.int/test_guidelines/de/introduction.html (letzter Abruf: 22.08.2018). 39 Richtlinien für die Durchführung von landwirtschaftlichen Wertprüfungen und Sortenversuchen, abrufbar unter : https://www.bundessortenamt.de/internet30/fileadmin/Files/PDF/Richtlinie_LW2000.pdf (letzter Abruf: 22.08.2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 15 oder des Stärkegehalts. Ferner sind für weitere Inhaltsstoffbestimmungen Ernteproben an die jeweils benannten Untersuchungsstellen einzusenden. Für die Durchführung der Inhaltsstoffbestimmungen ist eine exakte Probenahme und Aufbereitung der Probe Voraussetzung. 6.4. Zuständigkeit In der Bundesrepublik Deutschland ist die Durchführung der Aufgaben nach dem SaatG den Bundesländern übertragen. Bundesweit existieren 15 Anerkennungsstellen. Die Anerkennungsstellen arbeiten in der Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen für landwirtschaftliches Saat- und Pflanzgut eng zusammen.40 Durch die Arbeitsgemeinschaft wurden zur einheitlichen fachlichen Umsetzung Richtlinien für Feldbesichtigung, Probenahme, Kennzeichnung und Verschließung sowie Beauftragung von privaten Feldbesichtigern bzw. privaten Laboratorien erstellt. 6.5. Exkurs: Clearfield-Raps Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es sich bei einem in Deutschland vertriebenen herbizidtoleranten Raps, dem Clearfield-Raps, um eine mittels konventioneller chemischer Mutagenese gezüchtete Sorte handelt.41 Mit der Sortenzulassung von Pflanzen, die durch ein herkömmliches Mutationsverfahren gezüchtet wurden und die eine Herbizidresistenz besitzen, beschäftigte sich im Jahr 2014 eine Bund- Länder-Expertengruppe. In ihrem Bericht zur „Technikfolgenabschätzung für neue Technologien auf der Basis konventionell gezüchteter herbizidresistenter Kulturpflanzen“42 machen sie Vorschläge , wie mit der Frage der Bewertung und der Zulassung herbizidresistenter Sorten zu verfahren ist. Die Sortenzulassung wird detailliert auf den Seiten 7 und 8 des Berichts der Bund-Länder-Expertengruppe zur Technikfolgenabschätzung beschrieben.43 40 https://www.ag-akst.de/index.shtml (letzter Abruf: 22.08.2018). 41 E-Mail an Verfasser der Ausarbeitung vom 29. August 2018 vom Julius Kühn-Institut (JKI). Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Institut für die Sicherheit biotechnologischer Verfahren bei Pflanzen 42 Bund-Länder-Expertengruppe (2014). Technikfolgenabschätzung für neue Technologien auf der Basis konventionell gezüchteter herbizidresistenter Kulturpflanzen. http://www.abl-ev.de/fileadmin/Dokumente/AbL_ev/Gentechnikfrei /Bund-L%C3%A4nder-Expertengruppe_Technikfolgenabsch%C3%A4tzung_HR-Pflanzen_2014.pdf 43 Die Bund-Länder-Expertengruppe weist auf Folgendes hin: „Dabei weisen die HR-Systeme in einzelnen Bereichen Parallelen zu GV-Systemen auf. Grundsätzlich besteht hier wie bei GV-Sorten die Gefahr der Auskreuzung der Herbizidresistenz, der Überdauerung herbizidresistenter Samen im Boden und der Verschleppung resistenter Samen, die zu Belastungen wie einem erhöhten Bekämpfungsaufwand auf betroffenen Flächen führen können. Mögliche negative Auswirkungen des Anbaus von HR- Sorten unterliegen ausschließlich dem privatrechtlichen Haftungsrecht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 16 7. Anzahl angebauter Pflanzensorten in Deutschland, die durch radioaktive bzw. chemische Verfahren genetisch verändert wurden Aus der gemeinsamen Mutationszüchtungsdatenbank der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der FAO/IAEA Mutant Variety Database44, ergibt sich, dass derzeit weltweit 3.281 durch sog. herkömmliche Mutationszüchtung45 erzeugte Arten registriert sind.46 Diese sind auch für den kommerziellen Gebrauch freigegeben. Insgesamt sind über 210 Pflanzenarten aus über 70 Ländern zugelassen worden.47 Auf Deutschland entfallen dabei 172 Zulassungen.48 Hierbei ist zu ergänzen, dass Sorten, die „in einem anderen Vertragsstaat der Europäischen Union auf ihren landeskulturellen Wert geprüft49 und zugelassen“ wurden, „über den europäischen Sortenkatalog auch in Deutschland vertriebsfähig“50 sind. Die bestehenden Rechtsbereiche, Pflanzenschutzrecht und Sortenrecht, sind voneinander unabhängig, so dass HR-Systeme, bestehend aus Sorte und Herbizid nicht ganzheitlich bewertet werden. Vielmehr wird bei der Pflanzenschutzmittelzulassung das Herbizid beurteilt, in der Sortenzulassung die Sorte. Eine Verbindung zwischen den beiden Rechtsbereichen besteht nicht.“ http://www.abl-ev.de/fileadmin/Dokumente/AbL_ev/Gentechnikfrei /Bund-L%C3%A4nder-Expertengruppe_Technikfolgenabsch%C3%A4tzung_HR-Pflanzen_2014.pdf 44 https://mvd.iaea.org/(letzter Abruf: 22.08.2018). 45 Die in der Datenbank aufgeführten Varietäten sind neue Pflanzen, die durch die folgenden herkömmlichen Methoden gezüchtet wurden: 1. “Direct use of a mutant line that is developed through physical and chemical mutagenesis, or somaclonal variation and activation of endogenous transposable elements; 2. Indirect use of a mutant line/lines, which is/are used as a parental variety/varieties in cross breeding (cross between mutant lines or with a commercial variety/varieties); 3. Use of wild species’ genes translocated into plant genomes through irradiation facilitated translocations, e.g. genes of wheat wild relative species.” (https://mvd.iaea.org/#!Home. (letzter Abruf: 22.08.2018). 46 https://mvd.iaea.org/#!Search (letzter Abruf: 28.08.2018). 47 http://www-naweb.iaea.org/nafa/pbg/mutation-breeding.html (letzter Abruf: 28.08.2018). 48 https://mvd.iaea.org/#!Search?page=1&size=15&sortby=Name&sort=ASC&Criteria[0][field]=FreeText&Criteria [0][val]=Germany (letzter Abruf: 28.08.2018). 49 Bei landwirtschaftlichen Pflanzenarten ist auch der landeskulturelle Wert zu prüfen. 50 Bundessortenamt (2018). Beschreibende Sortenliste Getreide, Mais Öl- und Faserpflanzen Leguminosen Rüben Zwischenfrüchte 2018. http://www.bundessortenamt.de/internet30/fileadmin/Files/PDF/bsl_getreide_2018.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 110/18 Seite 17 Bei der Mehrheit, der durch Mutationszüchtung entstandenen Sorten, handelt es sich um Getreide , gefolgt von Blumen und Gemüse.51 Nach Angaben von pflanzen.forschung.ethik.de wurden bei 87 Prozent der registrierten Sorten die Mutationen physikalisch durch Bestrahlung ausgelöst und bei 13 Prozent chemisch.52 *** 51 http://www-naweb.iaea.org/nafa/pbg/mutation-breeding.html (letzter Abruf: 22.08.2018). 52 Mutagenese – Mehr Variation im Erbgut. https://www.pflanzen-forschung-ethik.de/verfahren/mutagenese.html (letzter Abruf: 22.08.2018).