© 2015 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 110/13 Auswirkungen des Transatlantischen Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika auf Entwicklungs- und Schwellenländer Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 2 Auswirkungen des Transatlantischen Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika auf Entwicklungs- und Schwellenländer Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 110/13 Abschluss der Arbeit: 20.11.2012 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Telefon: Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Das TTIP und seine Auswirkungen, insbesondere auf Entwicklungsländer und Schwellenländer 5 3. Staaten, mit denen die Europäische Union bereits Freihandelsabkommen getroffen hat bzw. mit denen sie in Verhandlungen steht 9 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 4 1. Einleitung Anfang des Jahres 2013 wurden beiderseits des Atlantiks immer mehr Stimmen laut, ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA abzuschließen. Daher haben die USA und die EU am 13. Februar 2013 beschlossen, Verhandlungen zur Vertiefung der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ziel einer transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) aufzunehmen. Auf dem G 8 Gipfel in Irland am 17. Juni 2013 verkündeten der Präsident der Europäischen Union, José Manual Barroso, und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, die offizielle Aufnahme der Verhandlungen über eine umfassende transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, (TTIP)). Ein solches Abkommen hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die beteiligten Verhandlungsstaaten , sondern beeinflusst auch die übrige Weltwirtschaft. Daher werden die Vor- und Nachteile eines TTIP in der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit breit diskutiert. Wie sich die Verhandlungen und deren Ergebnisse auf die beteiligten Handelsblöcke, auf den übrigen Welthandel und dabei insbesondere auf die Schwellen- und Entwicklungsländer auswirken werden, kann hier von den Wissenschaftlichen Diensten nicht beantwortet werden. Zum einen ist anzunehmen , dass sich die Verhandlungen über Jahre hinziehen werden. In dieser Zeit werden sich sowohl die an einem TTIP beteiligten Staaten als auch die übrigen Länder bei abzusehenden Verhandlungsergebnissen entsprechend wirtschafts- und handelspolitisch orientieren. Zum anderen kann über die Reaktion der nicht beteiligten Staaten zum jetzigen Zeitpunkt auch nur spekuliert werden. Diese Staaten könnten neue Handelsblöcke (BRICS o.ä.) als Gegengewicht gründen , oder sie könnten etwa die dort verhandelten Normen für die eigene Wirtschaft übernehmen. So relativiert auch Norbert Häring in seinem Kommentar im Handelsblatt1 vom 13.11.2013 die unten erwähnte umfangreiche Studie des ifo-Institutes, in der das Institut von zusätzlichen 110.000 Arbeitsplätzen allein in Deutschland infolge eines Abkommen ausgeht: „Ohnehin stellt sich die Frage, wie ifo Folgen eines Abkommens so genau schätzen kann, von dem die Öffentlichkeit noch keine konkreten Inhalte kennt.“ Die Studie des CARIS der Universität of Sussex2, in der es die möglichen Effekte der TTIP auf einige Entwicklungsländer untersuchte, kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Verhandlungen nicht um eine statische Aufgabe handelt. In der Studie wird vor allem auf die Dynamik in den Entwicklungsländer verwiesen: „Finally, the LIC (Low Income Countries3) are not standing still. Their economies and trade are growing and their specialisations are shifting. They could also consider focusing more energy into progressing multilateral negotiations at the 1 Norbert Häring: Stimmt es dass das Freihandelsabkommen mit den USA Jobs schafft? Handelsblatt vom 13.11.2013, Siehe Anlagen 2 CARIS, Centre for the Analysis of Regional Integration at Sussex, Anlage 9 3 Einfügung durch die Verfasser Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 5 WTO. These may bring more long run greater benefits than lobbying for preferences or compensation linked to the TTIP.” Die hier angefügten Dokumente enthalten daher auch diese zwei umfangreichen wissenschaftliche Arbeiten zur TTIP: zum einen vom ifo-Institut, München (hier in der Zusammenfassung), und zum Anderen die Auswirkungen einer TTIP auf Schwellen- und Entwicklungsländer vom CARIS in Sussex. Darüber hinaus enthält die Dokumentation weitere wissenschaftliche Artikel und einen Überblick über die Staaten, die in irgend einer Weise mit der EU Handelsabkommen abgeschlossen haben oder noch in Verhandlungen sind. 2. Das TTIP und seine Auswirkungen insbesondere auf Entwicklungsländer und Schwellenländer. Bereits im Vorfeld der avisierten Verhandlungen mit den USA hatte das Bundeswirtschaftsministerium das ifo-Institut in München im Juli 2012 beauftragt, die Auswirkungen einer solchen transatlantischen Partnerschaft insbesondere auf Deutschland zu untersuchen. Auf diese sehr umfangreiche Studie stützen sich in der Diskussion um eine TTIP eine Reihe von Artikeln. Felbermayr, Gabriel / Larch, Mario / Krüger, Finn / Flach, Lisandra / Yalcin, Erdal / Benz, Sebastian „Dimensionen und Auswirkungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA“ ifo Forschungsberichte / 62 Verlag: ifo Institut, München, 2013 Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Juni 2012-Januar 2013 http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/dimensionen-auswirkungenfreihandelsabkommens -zwischen-euusa ,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf Hier als Zusammenfassung: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/dimensionen-auswirkungenfreihandelsabkommens -zwischen-eu-usasummary ,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf Anlage 1 siehe auch: BMWi, Monatsbericht 04-2013 Dimensionen und Auswirkungen eines Transatlantischen Freihandelsabkommens http://www.bmwi.de/Dateien/BMWi/PDF/Monatsbericht/Auszuege/04-2013- freihandel,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf Das BMWi kommt hierbei zu dem Ergebnis: „Die vorliegenden Ergebnisse der ifo-Studie unterstützen die Einschätzung, dass eine transatlantische Freihandelsinitiative positive Wohlfahrts- Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 6 und Beschäftigungseffekte bei den beteiligten Ländern, aber auch darüber hinaus, erzeugen kann. Die Studie zeigt, dass ein umfassendes, ambitioniertes Abkommen, welches vor allem auch nicht-tarifäre Handelsbarrieren absenkt, zu einem Anstieg der bilateralen Exporte führt, von denen vor allem deutsche mittelständische Unternehmen profitieren können.“ Allen Widrigkeiten zum Trotz sind die Erfolgschancen für ein Abkommen heute größer denn je. Beide Partner leiden unter den schwachen Wachstumsaussichten für die nächsten Jahre. Ein transatlantisches Freihandelsabkommen verspricht erhebliche positive Wachstumseffekte für die EU und die USA. Ein Zollabbau würde in der EU und den USA zu erheblichen Wachstumseffekten führen, meinen Stormy-Annika Mildner und Claudia Schmucker. Stormy-Annika Mildner und Claudia Schmucker „Ein transatlantisches Handelsabkommen ist überfällig.“ In: - SWP 31.1.2013 http://www.swp-berlin.org/de/publikationen/kurz-gesagt/ein-transatlantischeshandelsabkommen -ist-ueberfaellig.html Anlage 2 In einem umfassenden Artikel verweisen die beiden Autorinnen sowohl auf das Ziel eines TTIP, als auch auf die Probleme, die ein solches Abkommen initiieren könnte: „Ziel der »Transatlantic Trade and Investment Partnership« (TTIP) ist der Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen; dies verspricht deutliche Wohlfahrtsgewinne für beide Seiten . Doch eine TTIP ist nicht ganz ohne Risiken für den globalen Handel und das multilaterale Handelssystem. Die Gespräche über ein solches Abkommen dürften die Verhandlungskapazitäten von EU und USA zu erheblichen Teilen binden; damit wird die Aufmerksamkeit von der Doha- Runde der Welthandelsorganisation (WTO) abgelenkt. Darüber hinaus könnte die TTIP handelsumlenkende Effekte haben. Anderen Handelspartnern der EU und der USA drohen deshalb Wohlfahrtsverluste. Solche Nebenwirkungen gilt es zu vermeiden“. Als mögliche Nebenwirkungen nennen die Autorinnen weiterhin: „Ein zentrales Problem präferentieller Abkommen liegt in der Diskriminierung von Drittstaaten. Zwar kann der selektive Zollabbau Protektionismus und Verzerrungen zwischen den Mitgliedsländern eines solchen Abkommens beseitigen und sich für diese handelsschaffend und wohlfahrtssteigernd auswirken. Der Ökonom Jacob Viner beschrieb schon in den 1950er Jahren, dass es zur Handelsschaffung kommt, wenn durch den Abbau von Handelsbarrieren zwischen den Partnerländern der Handel steigt und die eigene Produktion oder die Importe bestimmter Güter /Dienstleistungen aus Drittländern durch billigere (d.h. effizienter hergestellte) Güter /Dienstleistungen aus dem Partnerland ersetzt werden. Häufig führt ein solches Abkommen aber auch zu einer Diskriminierung von Drittländern mit handelsumlenkenden Effekten. Handelsumlenkung entsteht laut Viner, wenn Güter/Dienstleistungen aus dem Partnerland durch den Abbau von Handelsbarrieren einen Wettbewerbsvorteil erhalten und in der Folge der bisherige Handel mit Drittländern auf die Partnerländer umgelenkt wird – auch wenn das Drittland die betreffenden Güter/Dienstleistungen effizienter herstellen kann. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 7 Ein besonderes Problem präferentieller Handelsabkommen besteht darin, dass sie viele verschiedene , teils inkompatible Regeln enthalten. Das betrifft vor allem die Ursprungsregeln in Freihandelsabkommen (FTAs). Diese legen fest, für welche Güter im Rahmen eines FTA Handelserleichterungen gewährt werden. Um in den Genuss eines präferentiellen Marktzugangs zu kommen, muss demnach ein Gut zu einem bestimmten Prozentsatz in einem der FTA-Partnerländer produziert worden sein. Damit soll verhindert werden, dass Nichtmitglieder von den Vergünstigungen profitieren, ohne selbst Zugeständnisse zu machen. Durch die Vielzahl an präferentiellen Handels-abkommen ist mittlerweile ein Wirrwarr an unterschiedlichen Ursprungsregeln entstanden , der die Abwicklung von Handel deutlich erschwert. Gerade kleine und mittlere Unternehmen leiden unter den hohen Transaktionskosten. Bereits in den 1990er Jahren warnte der Ökonom Jagdish Bhagwati vor einem »Spaghettischüssel- Effekt« im internationalen Handel. Die Sorge ist durchaus berechtigt, dass eine TTIP dieses Problem weiter verschärfen würde.“ Stormy-Annika Mildner / Claudia Schmucker: „Abkommen mit Nebenwirkungen?“ In SWP-Aktuell Nr. 26/2013 http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2013A26_mdn_schmucker.pdf Anlage 3 Eine sehr umfassende Analyse der Auswirkungen des TTIP auf einige Entwicklungsländer legt das CARIS (Centre for the Analysis of Regional Integration at Sussex) vor: Hierbei werden mögliche Auswirkungen des TTIP auf 43 Entwicklungsländer untersucht. Dabei werden die Auswirkungen eines Wegfalls der Meistbegünstigungsklausel bei den Zöllen geschätzt und die Auswirkungen technischer Barrieren geprüft. Jim Rollo u.a. “Potential Effects of the Proposed Transatlantic Trade and Investment Partnership on Selected Developing Countries” A report by CARIS, University of Sussex for the Department for International Development, 2013 http://r4d.dfid.gov.uk/pdf/outputs/misc_ecodev/61075-EU- US_trade_agreement_and_LICs_final_report_no_annexes_P1.pdf Anlage 4 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 8 Die Studie von Sandler Trade, einem internationalem Beratungsunternehmen in Washington, DC versucht, sowohl die Möglichkeiten als auch die potenziellen negativen Auswirkungen auf Entwicklungsländer abzuschätzen. Je mehr diese sich bei einem TTIP einbringen, desto stärker werden die positiven Auswirkungen für das Weltwirtschaftswachstum sein. Sandler Trade LCC „The Transatlantic Trade and Investment Partnership: A New Engine for Global Development?” Washington DC, Juni 2013 http://sandlertrade.com/wp-content/uploads/2013/06/Sandler-Trade-LLC-Emerging-Economiesand -TTIP-Study.pdf Anlage 5 In der Arbeit von Kim Bizarri werden eine ganze Reihe von möglichen negativen Nebeneffekte eines TTIP besonders für die Menschen in der EU angesprochen. So werden die Auswirkungen auf die Arbeitnehmerrechte, auf die Umwelt, auf Landwirte und Konsumenten, auf das Gesundheits - und auf das Finanzsystem erörtert. Kim Bizzarri “A Brave New Transatlantic Partnership The proposed EU-US Transatlantic Trade and Investment Partners hip (TTIP/TAFTA), and its socio-economic & environmental consequences “ Published by the Seattle to Brussels Network (S2B) Brussels, October 2013 http://corporateeurope.org/sites/default/files/attachments/brave_new_transatlantic_partnership.p df Anlage 6 In einem sehr kompakten Artikel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird eingeräumt, dass die Effekte eines Abkommens sehr schwer abschätzbar sind. Die Einkommensverluste der Entwicklungsländer sollten durch einen vereinfachten Marktzugang in die USA und die EU gemildert werden. Grundsätzlich plädieren die Autoren aber für einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde, da hier die Entwicklungsländer am Verhandlungstisch sitzen. Axel Berger, Clara Brandi und Julia Kubny: „Welche Folgen hat das geplante Freihandelsabkommen zwischen USA und EU für Entwicklungsländer?“ In: KFW-DEVELOPMENT RESEARCH Entwicklungspolitik Kompakt, 14. Oktober 2013 https://www.kfw-entwicklungsbank.de/PDF/Download-Center/PDF-Dokumente-Development- Research/2013-10-14_EK_TTIP.pdf Anlage 7 Die von der Bertelsmann Stiftung veröffentlichten Studie wurde ebenfalls vom ifo-Institut unter Leitung von Gabriel Felbermeyr verfasst und enthält daher die gleichen Ergebnisse, wie die vom BMWi in Auftrag gegebene Studie. Sie ist aber kompakter und setzt den Schwerpunkt mehr auf die Auswirkungen des TTIP auf die Weltwirtschaft. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 9 Bertelsmann Stiftung „Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) Wem nutzt ein transatlantisches Freihandelsabkommen?“ Teil 1: Makroökonomische Effekte, Gütersloh 2013 http://www.ged-shorts.de/wp-content/uploads/2013/06/Studie_TransatlFreihandel_final_DE.pdf Anlage 8 3 Staaten, mit denen die Europäische Union bereits Freihandelsabkommen getroffen hat, bzw. mit denen sie in Verhandlungen steht. Umfassende Informationen über den Stand der Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten bietet die unten als Link aufgeführte Website der EU-Kommission Quelle: http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-and-regions/agreements/ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 110/13 Seite 10 Über die neusten Entwicklungen und den Stand aller Handelsabkommen der EU, die derzeit in Verhandlungen sind, gibt der folgenden Bericht der EU-Kommission vom 18. Oktober 2013 einen sehr guten Überblick. The EU's bilateral trade and investment agreements – where are we? http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2012/november/tradoc_150129.pdf Anlage 9