© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 108/16 Kommunale Beteiligung am bundesfernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren für eine Ortsumgehung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Gemeindliche Belange im bundesfernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren 7 2.2.2.1. Planaufstellung 7 2.2.2.2. Kommunale Beteiligung während des Anhörungsverfahrens 8 2.2.2.2.1. Beteiligung von Gemeinden im Rahmen der Behördenbeteiligung 8 2.2.2.2.2. Beteiligung von Gemeinden im Rahmen der Betroffenenbeteiligung 10 2.3. Rechtsschutz für planbetroffene Gemeinden gegen Planfeststellungsbeschlüsse 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 4 1. Einleitung Der vorliegende Sachstand widmet sich der Frage, inwieweit Gemeinden bei Verfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG)1 zu beteiligen sind, welche die Planung für bestimmte bundesfernstraßenrechtliche Neubauvorhaben zum Gegenstand haben. Den sachlichen Hintergrund bilden dabei Planungen, nach denen eine bestehende Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße durch den Neubau einer Ortsumgehung ersetzt werden soll. Nach § 5 Abs. 4 FStrG beschreibt der Begriff der Ortsdurchfahrt den Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Nach § 16 Abs. 1 Satz 3 FStrG ist eine Ortsumgehung der Teil einer Bundesstraße, der der Beseitigung einer Ortsdurchfahrt dient. Nachfolgend werden die Regelungen insbesondere des FStrG näher erläutert, die für die Planung von Ortsumgehungen und die entsprechende Beteiligung von Gemeinden von Bedeutung sind. 2. Rechtliche Vorgaben für Verfahren zur Planung einer Ortsumgehung im Sinne des Bundesfernstraßengesetzes Die bundesfernstraßenrechtlichen Vorgaben für die Planung von Bundesfernstraßenneubauvorhaben im Allgemeinen bzw. von Ortsumgehungen im Besonderen sind in § 16 FStrG (Linienbestimmungsverfahren ) und in den §§ 17 ff. FStrG (Planfeststellungsverfahren) enthalten. 2.1. Kein Linienbestimmungsverfahren für Ortsumgehungen Den ersten Schritt zur Verwirklichung eines konkreten Bundesfernstraßenneubauvorhabens bildet regelmäßig das Linienbestimmungsverfahren nach § 16 FStrG.2 Dies Norm lautet auszugsweise : „§ 16 Planungen (1) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bestimmt im Benehmen mit den Landesplanungsbehörden der beteiligten Länder die Planung und Linienführung der Bundesfernstraßen. Dies gilt nicht für den Neubau von Ortsumgehungen. Eine Ortsumgehung ist der Teil einer Bundesstraße, der der Beseitigung einer Ortsdurchfahrt dient. (2) […]“ 1 Bundesfernstraßengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.06.2007, BGBl. I S. 1206; zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.08.2015, BGBl. I S. 1474. 2 So Ronellenfitsch, Michael (2012). In: Marschall, Ernst (Begr.). Bundesfernstraßengesetz. Kommentar. 6. Auflage 2012. Köln: Carl Heymanns Verlag. § 16 Rn. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 5 Handelt es sich bei einem geplanten Bundesfernstraßenneubauvorhaben wie im zu Grunde liegenden Fall um eine Ortsumgehung, folgt aus § 16 FStrG, dass kein Linienbestimmungsverfahren durchzuführen ist.3 2.2. Planfeststellungsverfahren für Ortsumgehungen Nach § 17 FStrG dürfen Bundesfernstraßen im Sinne des § 1 FStrG, zu denen auch Ortsumgehungen zu zählen sind, nur gebaut oder geändert werden, wenn vorher ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt und ein entsprechender Plan festgestellt worden ist. Für das durchzuführende Planfeststellungsverfahren gelten nach § 17 Satz 3 FStrG die Regelungen der §§ 72 – 78 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)4 in der durch das FStrG modifizierten Fassung. Die Grundzüge des bundesfernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahrens werden nachfolgend erläutert. Im Anschluss folgen Ausführungen zu den kommunalen Beteiligungsmöglichkeiten im Planfeststellungsverfahren und zum Rechtsschutz von Gemeinden. 2.2.1. Grundzüge des bundesfernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahrens Der Plan eines Vorhabenträgers, ein bestimmtes raumbezogenes Vorhaben mit örtlichen und/oder überörtlichen Auswirkungen realisieren zu wollen, bildet den Gegenstand eines Planfeststellungsverfahrens .5 Derartige Vorhaben berühren regelmäßig zahlreiche öffentliche und private Belange , die für oder gegen deren Verwirklichung angeführt werden können und von privat Betroffenen , anerkannten Natur- und Umweltschutzvereinigungen sowie verschiedenen Behörden vertreten werden. Das Planfeststellungsverfahren stellt vor diesem Hintergrund ein verfahrensrechtliches Instrument dar, das es ermöglicht, über ein komplexes Vorhaben und seine öffentlichrechtliche Zulässigkeit in einem Verfahren durch eine Behörde mittels einer einheitlichen Sachentscheidung mit umfassender Rechtswirkung und Problembewältigung zu entscheiden (Planfeststellungsbeschluss ).6 Nach § 17 Satz 2 FStrG sind im Verlauf eines bundesfernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahrens die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Diese Belange werden mittels eines durchzuführenden Anhörungsverfahrens7 in das eigentliche Planfeststellungsverfahren eingebracht und gegebenenfalls mit den Beteiligten und Betroffenen 3 Zur Begründung vgl. die Ausführungen bei Ronellenfitsch, Michael (2012). A. a. O. (Fn. 2). § 16 Rn. 12. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003, BGBl. I S. 102; zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.07.2016, BGBl. I S. 1679. 5 Überörtliche Vorhaben sind etwa die Realisierung von Straßen, Wasserstraßen, Stromleitungen, Eisenbahnlinien . Örtliche bzw. Punkt-Vorhaben sind etwa Flughäfen, Abfalldeponien oder Endlager für radioaktive Abfälle. 6 So die allgemeinen Ausführungen bei Neumann, Werner (2014). In: Stelkens, Paul/Bonk, Heinz Joachim/Sachs, Michael (Hrsg.). Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar. 8. Auflage 2014. München: C. H. Beck. § 72 Rn. 3 ff. 7 Vgl. § 17a FStrG sowie § 73 VwVfG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 6 erörtert.8 Den Abschluss des Anhörungsverfahrens bildet die schriftliche Stellungnahme der Anhörungsbehörde zu dessen Ergebnis. Darin äußert sie sich zusammenfassend zu dem Vorhaben sowie dazu, welche Schutzmaßnahmen in Betracht kommen. Dabei soll die Stellungnahme die Planfeststellungsbehörde in die Lage versetzen, auf der Grundlage der Ergebnisse des Anhörungsverfahrens eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können.9 Nach § 73 Abs. 9 VwVfG fügt die Anhörungsbehörde ihrer Stellungnahme den Plan, die Stellungnahmen der Behörden und Vereinigungen sowie die nicht erledigten Einwendungen bei und leitet diese Unterlagen der Planfeststellungsbehörde zu. Auf dieser Grundlage10 entscheidet die Planfeststellungsbehörde mittels des Planfeststellungsbeschlusses über die Zulässigkeit des Vorhabens.11 Nach § 74 Abs. 2 VwVfG hat sie darin auch über solche Einwendungen gegen das geplante Vorhaben zu entscheiden, über die bei der Erörterung keine Einigung erzielt worden ist. Ist der Plan gerechtfertigt und stehen zwingend zu beachtende Planungsleitsätze der Zulässigkeit des geplanten Vorhabens nicht entgegen,12 unterliegt die Zulässigkeitsentscheidung der Planfeststellungsbehörde im Übrigen dem Abwägungsgebot. Sie ist daher unter diesem Aspekt nur dann rechtmäßig, wenn die Planfeststellungsbehörde13 1. eine Abwägung überhaupt durchgeführt hat, in die sie 2. die Belange eingestellt hat, die nach Lage der Dinge zu berücksichtigen waren und dabei weder 3. die Bedeutung der öffentlichen und/oder privaten Belange verkannt noch 4. einen Ausgleich zwischen den berührten öffentlichen und privaten Belangen einer Weise vorgenommen hat, die zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange außer Verhältnis steht.14 8 Vgl. § 73 Abs. 6 VwVfG sowie die Möglichkeit für die Anhörungsbehörde nach § 17a FStrG, auf die Erörterung verzichten zu können. 9 So Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 139. 10 Zu der Frage, ob die Planfeststellungsbehörde eigene Ermittlungen anstellen kann bzw. aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 24 VwVfG ggf. sogar muss vgl. Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 74 Rn. 8. 11 Zu den grundsätzlichen formellen und materiellen Rechtmäßigkeitskriterien siehe Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 74 Rn. 32. 12 Zur Planrechtfertigung vgl. Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 74 Rn. 33 ff.; zu Begriff und Bedeutung von Planungsleitsätzen vgl. Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 74 Rn. 130 ff. 13 Nach § 17b Abs. 1 Nr. 2 FStrG ist das stets die oberste Landesstraßenbaubehörde. 14 Stüer, Bernhard (2015). Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts. Planung – Genehmigung – Rechtsschutz. 5. Auflage 2015. München: C. H. Beck. Rn. 4926 mit weiteren Ausführungen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 7 In Anwendung dieser Grundsätze stellt die Planfeststellungsbehörde zunächst die in die Abwägungsentscheidung einzustellenden Belange, die im Verlauf des Anhörungsverfahrens oder durch eigene (ergänzende) Tätigkeit ermittelt wurden, fest, bewertet und gewichtet diese im Anschluss und wägt sie, soweit sie der Abwägung zugänglich sind, letztlich gegeneinander ab.15 Darüber hinaus hat die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger im Planfeststellungsbeschluss Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Die wesentlichen Rechtswirkungen eines Planfeststellungsbeschlusses normiert § 75 VwVfG. So stellt diese Verwaltungsentscheidung die Zulässigkeit des planfestgestellten Vorhabens fest (Genehmigungswirkung ). Weiterhin sind neben der Planfeststellung keine weiteren behördlichen Entscheidungen erforderlich, da sämtliche materiell-rechtliche Vorschriften, die für die Frage nach der Zulässigkeit des konkreten Vorhabens von Bedeutung sind, im Verlauf des Planfeststellungsverfahrens und unter Berücksichtigung der für und gegen das konkrete Vorhaben streitenden Argumente geprüft werden (Konzentrationswirkung). Und letztlich werden durch die Planfeststellung alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen Vorhabenträger und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt (Gestaltungswirkung).16 Die Frage der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses ist im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren überprüfbar, welches nach Erlass des konkreten Planfeststellungsbeschlusses unter bestimmten Voraussetzungen angestrebt werden kann. Wird ein Planfeststellungsbeschluss jedoch unanfechtbar, sind nach § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens , auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ausgeschlossen (Duldungswirkung ). 2.2.2. Gemeindliche Belange im bundesfernstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren Für die Gemeinden besteht die Möglichkeit, ihre Belange im Rahmen des Anhörungsverfahrens in die Abwägungsentscheidung des Planfeststellungsbeschlusses einfließen zu lassen. 2.2.2.1. Planaufstellung Das förmliche Planfeststellungsverfahren beginnt damit, dass der Vorhaben- bzw. Baulastträger den von ihm aufgestellten Plan17 bei der Anhörungsbehörde einreicht.18 Bei der vorangehenden 15 Vgl. dazu Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 74 Rn. 32, 54 ff. 16 Umfassend dazu Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 75 Rn. 1 ff. 17 Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 VwVfG besteht der Plan aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. 18 Vgl. § 73 Abs. 1 VwVfG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 8 Planaufstellung sollte sich der bundesfernstraßenrechtliche Baulastträger19 aber bereits mit den im Anhörungsverfahren zu beteiligenden Stellen und Behörden absprechen, um den Ablauf des eigentlichen Anhörungs- und Planfeststellungsverfahrens möglichst reibungslos zu gestalten. Rechtliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit dieser informellen Vorlaufphase bestehen jedoch nicht.20 2.2.2.2. Kommunale Beteiligung während des Anhörungsverfahrens Die kommunale Beteiligung im Anhörungsverfahren ist entweder als Behörden- oder als Betroffenenbeteiligung denkbar.21 2.2.2.2.1. Beteiligung von Gemeinden im Rahmen der Behördenbeteiligung Innerhalb eines Monats, nachdem der vollständige Plan der Anhörungsbehörde zugegangen ist, fordert sie die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf.22 Nach § 73 Abs. 3a VwVfG haben die Behörden ihre Stellungnahmen innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben. Dabei darf die Frist drei Monate nicht überschreiten. Da der Behördenbegriff weit zu verstehen ist, können darunter auch Gemeinden fallen, die staatliche Aufgaben wahrnehmen.23 Hierunter fällt insbesondere die Planungshoheit der Gemeinden 24, wie sie sich aus einfachgesetzlichen Konkretisierungen ergeben kann.25 So obliegt den Gemeinden nach § 1 Baugesetzbuch (BauGB)26 die Aufgabe der Bauleitplanung, deren Aufgabe es ist, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe des BauGB vorzubereiten und zu leiten. Die Bauleitpläne bilden die Grundlage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung nach §§ 29 ff. BauGB. In diesem Zusammenhang stellt § 38 BauGB klar, dass diese Zulässigkeitsprüfung etwa dann nicht gilt, wenn für Vorhaben ein Plan- 19 Nach § 5 Abs. 1 FStrG ist zwar der Bund Straßenbaulastträger für Bundesfernstraßen. Die Planaufstellung erfolgt jedoch regelmäßig im Wege der Auftragsverwaltung im Sinne der Art. 90 Abs. 2, 85 GG durch die zuständigen Landesbehörden. Dazu Ronellenfitsch, Michael (2012). A. a. O. (Fn. 2). § 17a Rn. 6. 20 Vgl. dazu Ronellenfitsch, Michael (2012). A. a. O. (Fn. 2). § 17a Rn. 8. 21 Vgl. dazu Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 35. 22 Vgl. § 73 Abs. 2 VwVfG. 23 So etwa Kromer, Michael (2013). In: Müller, Hermann/Schulz, Gerhard (Hrsg.). Bundesfernstraßengesetz mit Bundesfernstraßenmautgesetz. Kommentar. 2. Auflage 2013. München: C. H. Beck. § 17 Rn. 48; Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 35. 24 Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 35. 25 Zu der Einschränkung vgl. Ronellenfitsch, Michael (2012). A. a. O. (Fn. 2). § 17a Rn. 21. 26 Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004, BGBl. I S. 2414; zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.10.2015, BGBl. I S. 1722. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 9 feststellungsverfahren durchzuführen ist. Gleichwohl sind die Gemeinden zu beteiligen. In diesem Zusammenhang kann die kommunale Planungshoheit ein Abwehrrecht gegenüber überörtlichen Planungen für Vorhaben wie etwa einer bundesfernstraßenrechtlichen Ortsumgehung dann gewähren, wenn das Vorhaben eine eigene hinreichend bestimmte und rechtmäßige Planung der Gemeinde nachhaltig stört oder wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung der Gemeinde entzieht.27 Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine bereits in Bauleitplänen28 zum Ausdruck gekommene gemeindliche Planung nicht mehr verwirklicht werden könnte oder infolge unterlassener Schutzvorkehrungen oder – anlagen nachträglich geändert werden müsste.29 Die Beteiligung von Gemeinden im Rahmen der Behördenbeteiligung nach § 73 Abs. 3a VwVfG stellt kein Geschäft der laufenden Verwaltung dar und bedarf daher eines Ratsbeschlusses, bei dem ggf. die Befangenheit einzelner Ratsmitglieder zu beachten ist. So kann etwa die Planfeststellungsbehörde bei der planerischen Abwägung gewichten, ob eine gemeindliche Stellungnahme die Situation der gemeindlichen Planungen und Belange objektiv nachzeichnet oder ob ersichtlich bestimmte einseitige Interessen einzelner Ratsmitglieder, die auch von dem Vorhaben betroffene Grundstückseigentümer sind, in die Stellungnahme eingeflossen sind.30 Zwar normiert § 73 Abs. 3a VwVfG eine Maximalfrist für die Behördenstellungnahmen. Allerdings bedeutet ein Verstreichenlassen dieser Frist durch die Behörde nicht, dass verspätete Stellungnahmen für das weitere Planfeststellungsverfahren unberücksichtigt bleiben müssen (begrenzte Behördenpräklusion). Unter dem Gesichtspunkt der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG)31 wäre eine vollständige Behördenpräklusion problematisch . Insofern beschränkt § 73 Abs. 3a Satz 2 VwVfG die Behördenpräklusion, indem sie vorgibt, dass Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist eingehen, zu berücksichtigen sind (kein Ermessen ), wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden (Ermessen). Eine Fristversäumung bleibt danach weitgehend folgenlos.32 27 So Ronellenfitsch, Michael (2012). A. a. O. (Fn. 2). § 17a Rn. 22; zu den Voraussetzungen und Einschränkungen vgl. Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 74 Rn. 107 ff. 28 Bauleitpläne sind nach § 1 Baugesetzbuch (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004, BGBl. I S. 2414; zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.10.2015, BGBl. I S. 1722) der Flächennutzungsplan und der daraus zu entwickelnde Bebauungsplan. Sie sind von den Gemeinden aufzustellen. 29 Ronellenfitsch, Michael (2012). A. a. O. (Fn. 2). § 17a Rn. 22. 30 So Ronellenfitsch, Michael (2012). A. a. O. (Fn. 2). § 17a Rn. 20. 31 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung; zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2014, BGBl. I S. 2438. 32 So auch Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 41 ff.; Ronellenfitsch, Michael (2012). A. a. O. (Fn. 2). § 17a Rn. 23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 10 2.2.2.2.2. Beteiligung von Gemeinden im Rahmen der Betroffenenbeteiligung Neben der Anforderung von Stellungnahmen der Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, veranlasst die Anhörungsbehörde nach § 73 Abs. 2 VwVfG auch, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird. Spätestens drei Wochen, nachdem ihnen der Plan zugegangen ist, haben diese Gemeinden den Plan für die Dauer von einem Monat zur Einsicht auszulegen, nachdem sie diese Auslegung vorher ortsüblich bekannt gemacht haben.33 Nach § 73 Abs. 4 VwVfG kann im Anschluss jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist bei der Anhörungsbehörde oder der auslegenden Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Während bei der Behördenanhörung nach § 73 Abs. 2 VwVfG die Wahrnehmung öffentlicher Interessen aus einem öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich im Vordergrund steht, geht es bei der Anhörung betroffener Rechtssubjekte nach § 73 Abs. 4 VwVfG um die Wahrnehmung eigener subjektiver Rechte und Belange. Eine Gemeinde, die als Behörde nach § 73 Abs. 2 VwVfG zu beteiligen war, kann daneben auch in eigenen subjektiven Rechten betroffen und folglich einwendungsberechtigt sein.34 Eine Einwendung im Sinne der Norm ist ein sachliches Gegenvorbringen, das der Wahrung der eigenen Rechte oder Belange dient und auf die Verhinderung des Vorhabens oder seine Änderung zielt.35 Als Grundstückseigentümer, als Aufgabenträger des örtlichen Landschaftsschutzes, des Denkmalschutzes, als Träger kommunaler Einrichtungen (z. B. des der örtlichen Trinkwasserversorgung dienenden Wasserwerks) oder als Baulastträger können Gemeinden als von dem geplanten Vorhaben Betroffene einwendungsbefugt sein.36 Den Hintergrund der kommunalen Einwendungsbefugnis bilden somit entweder zivilrechtliche Rechtsverhältnisse der Gemeinde oder das in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützte Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Unter welchen Umständen eine eigene Betroffenheit einer Gemeinde gegeben ist, kann nur für jeden Einzelfall entschieden werden und entzieht sich einer pauschalen Beantwortung. Eigene Belange der Gemeinde sind nach der Rechtsprechung etwa dann nicht betroffen, wenn das Vorhaben landwirtschaftliche oder gewerbliche Betriebe im Gemeindegebiet beeinträchtigt 33 Vgl. § 73 Abs. 2, 3, 5 VwVfG. 34 Zu dieser Doppelrolle von Gemeinden vgl. auch Kirchberg, Josef-Walter/Boll, Michaela (2002). Der Rechtsschutz von Gemeinden in der Fachplanung. Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ). 21. Jahrgang (2002). München: C. H. Beck. S. 550; auch Kämper, Norbert (2016). In: Bader, Johann/Ronellenfitsch, Michael (Hrsg.). Beck’scher Onlinekommentar VwVfG mit VwVG und VwZG. 33. Edition. Stand: 01.10.2016. VwVfG. § 73 Rn. 17. 35 Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 82. 36 So Kromer, Michael (2013). In: Müller, Hermann/Schulz, Gerhard (Hrsg.). A. a. O. (Fn. 23). § 17a Rn. 37. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 11 und sich dadurch auf die Wirtschaftsstruktur der Gemeinde oder ihre Einnahmen aus der Gewerbesteuer auswirkt.37 Anders ist dies, wenn die Auswirkungen einer Fachplanung die Wirtschaftsstruktur und Leistungsfähigkeit einer Gemeinde so massiv und nachhaltig verschlechtern, dass eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts in Betracht zu ziehen ist.38 Nach § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG sind mit Ablauf der Frist, in der Einwendungen erhoben werden können39, alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen (materielle Präklusion). Daraus folgt, dass Betroffene, die Einwendungen im Verlauf des Anhörungsverfahrens nicht oder nicht rechtzeitig erheben, mit der Geltendmachung dieser Einwendungen auch im anschließenden Planfeststellungsverfahren sowie in einem nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss ausgeschlossen sind.40 Im Hinblick auf die Doppelrolle, die Gemeinden im Verlauf eines Anhörungsverfahrens zum einen als nach § 73 Abs. 2 VwVfG zu beteiligende Träger öffentlicher Belange und zum anderen als nach § 73 Abs. 4 VwVfG möglicherweise einwendungsbefugte Betroffene eines Vorhabens einnehmen können, ergibt sich aus dieser materiellen Präklusionsvorschrift Folgendes: Geht eine kommunale Stellungnahme nach § 73 Abs. 2 VwVfG erst nach Ablauf der Einwendungsfrist des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG bei der Anhörungsbehörde ein und enthält diese Stellungnahme zusätzlich erstmals substantiiert vorgebrachte Einwendungen, ist die Gemeinde mit diesen Einwendungen präkludiert.41 Will sie sich die Möglichkeit offen halten, ihre subjektiven Rechte notfalls im Klagewege geltend zu machen, muss sie folglich nach § 73 Abs. 4 VwVfG frist- und formgerecht ihre Einwendungen erheben.42 2.3. Rechtsschutz für planbetroffene Gemeinden gegen Planfeststellungsbeschlüsse Gegen einen ein bundesfernstraßenrechtliches Vorhaben wie eine Ortsumgehung zulassenden Planfeststellungsbeschluss hat eine planbetroffene Gemeinde sämtliche verwaltungsprozessuale Rechtsschutzmöglichkeiten: Mit der Anfechtungsklage kann die Aufhebung, mit der Verpflichtungsklage die Ergänzung des Plans erstrebt werden.43 Insofern sind die entsprechenden Zulässigkeitsvoraussetzungen anzuwenden. Insbesondere muss die Klagebefugnis der Gemeinde gegeben sein. 37 Dazu Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 74 Rn. 112 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; Kirchberg, Josef-Walter/Boll, Michaela (2002). A. a. O. (Fn. 34). S. 551. 38 Sauthoff, Michael (2013). In: Müller, Hermann/Schulz, Gerhard (Hrsg.). A. a. O. (Fn. 23). § 17e Rn. 20. 39 Vgl. § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. 40 Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 88. 41 Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 84. 42 So Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 73 Rn. 70. 43 Ebenso Kirchberg, Josef-Walter/Boll, Michaela (2002). A. a. O. (Fn. 34). S. 550. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 108/16 Seite 12 Eine Gemeinde ist jedoch nur dann klagebefugt, wenn sie angibt, in subjektiven Rechten verletzt zu sein. Sie kann sich daher nicht zur Sachwalterin der Allgemeinheit machen, indem sie etwa eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit Rechten der Gemeindebürger oder mit sonstigen objektiv-rechtlichen Bestimmungen, etwa des Umwelt- oder Naturschutzrechts, verlangt.44 Sie darf weiterhin hinsichtlich der geltend gemachten subjektiven Rechte auch nicht nach § 73 Abs. 4 VwVfG präkludiert sein. Insofern ist hier von entscheidender Bedeutung, dass die Gemeinde im Verlauf des Anhörungsverfahrens ihre Einwendungen formund fristgerecht und in substantiierter Form erhoben hat. *** 44 Neumann, Werner (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 74 Rn. 268; Kirchberg, Josef-Walter/Boll, Michaela (2002). A. a. O. (Fn. 34). S. 551; Sauthoff, Michael (2013). In: Müller, Hermann/Schulz, Gerhard (Hrsg.). A. a. O. (Fn. 23). § 17e Rn. 18.