Biomasse vs. Nahrungsmittel Stand der wissenschaftlichen Diskussion - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 5 - 105/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Biomasse vs. Nahrungsmittelproduktion Ausarbeitung WD 5 - 105/07 Abschluss der Arbeit: 16.05.07 Fachbereich WD 5: Wirtschaft und Technologie; Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft; Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - 1. Einleitung Der „Aktionsplan für Biomasse“ der Europäischen Kommission1 wird mit der Feststellung eingeleitet, dass die vorhandenen Potentiale der biogenen Energieträger bislang nur unzureichend mobilisiert werden. Der für das Jahr 2010 angestrebte Marktanteil von 5,75 % bei den Verkehrskraftstoffen wird in einigen Ländern (z.B. Deutschland) annähernd , EU-weit aber nur zur Hälfte realisiert werden. In der Elektrizitätserzeugung hat verstromte Biomasse einen Anteil von 2,5 % erreicht. 4 % sollen es im Jahr 2010 sein, 12 % werden für das Jahr 2020 als möglich erachtet. Im Wärmebereich stellt Biomasse – insbesondere in waldreichen Regionen – traditionell einen hohen Anteil der Primärenergie. Von 10% im Jahr 2004 kann der Anteil laut Aktionsplan theoretisch über 15 % im Jahr 2010 auf 20 % im Jahr 2020 wachsen. Insgesamt deckt Biomasse gegenwärtig 4 % des Energiebedarfs in der EU. Die Kommission schätzt, dass dieser Anteil bei voller Nutzung des Potentials bereits im Jahr 2010 mehr als verdoppelt werden könnte. Im „Fahrplan für Erneuerbare Energien“ vom Januar 2007,2 auf den sich die Beschlüsse der Frühjahrskonferenz des Rates zum Klimaschutz stützen, werden die Erwartungen an den Beitrag der Biomasse weiter erhöht. In der Diskussion um dieses Szenario sind vielfach Zweifel an der Realisierbarkeit des Unterfangens und widerstrebende Interessen laut geworden. Einerseits gilt, dass die in der Biomasse gespeicherte Sonnenenergie theoretisch mehr als das zehnfache des jährlichen globalen Energiebedarfs decken könnte. Andererseits melden sich vermehrt Stimmen , denen zufolge einerseits der ökologische Nutzen des verstärkten Einsatzes von Biomasse viel bescheidener ausfiele als die vermeintliche CO2-Neutralität erhoffen ließe , und andererseits das Preisgefüge bei den Nahrungsmitteln – bis hin zur Gefährdung der Ernährung in armen Ländern – gestört werden könnte. Auch ethische Zweifel („Brotgetreide in den Tank?“) werden geäußert. Die verschiedenen Zielkonflikte, insbesondere die vielfach vermutete Konkurrenz um die landwirtschaftlichen Nutzflächen, sollen in der vorliegenden Arbeit näher beleuchtet werden. 1 Mitteilung der Kommission, KOM(2005) 628 endg. vom 07.12.2005. 2 Renewable Energy Road Map, COM(2006)848 final, 10.1.2007. Biomasse-Aktionsplan und aktueller Trend Quelle: EurObserver 2006 - 4 - 2. Das EU-Szenario in der Diskussion Die Tabelle fasst die in Rohöl-Äquivalenten ausgedrückten Potentiale der verschiedenen Bio-Energieträger zusammen. Die Kommission bezeichnet ihre Schätzung als „konservativ “, da sie folgenden Prämissen unterworfen wurde: • keine Auswirkungen auf Binnenerzeugung und –Verbrauch von Nahrungsmitteln, • kein Druck auf landwirtschaftliche Nutzflächen und auf die forstliche Biodiversität, • kein Druck auf natürliche Ressourcen wie Böden und Wasser, • keine Umwidmung von Grünland für den Energiepflanzenanbau, • umweltverträglicherer Landbau, Aussparung eines Teils der Stilllegungsflächen als ökologische Trittbretter, • Bemessung der forstlichen Biomasse-Entnahme nach örtlicher Nährstoffbilanz und nach Erosionsrisiken. Mit den so vorgenommenen Einschränkungen des technischen wie des ökonomischen Potentials errechnet sich für das Jahr 2010 ein 2,5-facher, für 2020 ca. ein dreifacher und für 2030 ein ca. vervierfachter Deckungsbeitrag der Biomasse zur Primärenergieversorgung . Dabei wird die Energieerzeugung aus gezieltem Anbau von Energiepflanzen auf demselben Niveau angesetzt wie die Energiegewinnung aus Reststoffen und Abfällen. Die in der forstlichen Nutzung liegenden Reserven werden in etwa auf heutigem Niveau fortgeschrieben. Das Potential im Energiepflanzenanbau wächst hingegen durch Inanspruchnahme von Stilllegungsflächen, durch die Einbeziehung des infolge der neuen Marktordnung zurückgehenden Zuckerrübenbaus, durch Eingliederung von Energiepflanzen in die Fruchtfolgen des Ackerbaus sowie durch steigende Erträge in der Nahrungsmittelproduktion , welche – bei konstantem Selbstversorgungsgrad – wiederum Flächen für die Energiegewinnung freisetzen. Die Gemeinsame Agrarpolitik soll im Sinne der Mobilisierung dieses Potentials ausgerichtet werden. KOM(2006): 848 - 5 - Mit den zitierten Prämissen gleicht sich die Potentialabschätzung der Kommission den Ergebnissen der von der Europäischen Umweltagentur (EEA) vorgenommenen ökologischen Bewertung aus dem Jahr 20053 an. Allerdings wird dort der Wert von 300 Mtoe erst unter der Annahme eines CO2-Zertifikatspreises von € 65 / to im Jahr 2030 erreicht (gegenwärtig € 15 / to). Der Zielwert von 10 % für Biokraftstoffe im Jahr 2020 erscheint im Verhältnis zu den heute erreichten 2,4 % durchaus ehrgeizig . Im Vergleich mit den optimistischen Prognosen der Branche (hier werden Werte zwischen 25 und 100% prognostiziert) oder den früher von der EU selbst avisierten 20%, nimmt er sich hingegen bescheiden aus. 3. Exkurs Nahrungs- und Flächenkonkurrenz Ausschlaggebend für die relativ niedrige Zielfestlegung war die Befürchtung, dass eine höhere Quote spürbar auf die Lebensmittelpreise in der EU durchschlagen würde. Ein Anteil von 14 % hätte nach Berechnungen der Kommission bei einer (Ethanol)-Importquote von 30 % (more domestic scenario ) eine Steigerung der Weizenpreise um 6 % zur Folge. Vom „more imports“- Szenario (50/50), mit welcher sich eine Preis-Steigerung auch bei höheren Anteilen vermeiden ließe, nimmt die Kommission wegen der Preiswirkungen in Entwicklungsländern , sowie wegen ökologischer Bedenken gegenüber der Anbauintensivierung in tropischen Regionen Abstand. Nicht zu vermeiden sind erhebliche Preissteigerungen bei Sojaprodukten mit Folgen für die speiseölverarbeitenden Branchen (Lebensmittel, Kosmetika). Diese sind schon jetzt 3 “How much biomass can Europe use without harming the environment”, EEA Briefing 2/2005. Sources: 2003 data from Eurostat; projections for 2010, 2020 and 2030 from European Environmental Agency, “How much biomass can Europe use without harming the environment”, IEA-briefing 2/2005. - 6 - aufgrund der Intensivierung der Biokraftstoffproduktion auf Soja-Basis in den USA registrierbar. In den für das IFPRI4 (2006) erarbeiteten Szenarien werden mit Cassava und Mais auch zwei für Entwicklungsländer besonders wichtige Grundnahrungsmittel betrachtet5. Die „aggressive growth“ - Szenarien 1 und 3 gehen von einer globalen Biokraftstoffquote (1. Generation ) von 10% im Jahr 2020 aus. Bei Szenario 2 wird eine Massenproduktion von BTL ab 2015 angenommen. Hierbei zeigt das aus Biokraftstoffen der ersten Generation (unter kontinuierlicher technischer Fortentwicklung) und aus der zweiten Generation (Lignocellulose) zusammengesetzte Mischszenario die geringsten Auswirkungen auf das Preisniveau. Allerdings nimmt sich die Steigerung der Cassava-Preise in den Szenarien 1 und 2 dramatisch aus. Die ausgewiesenen Ziffern votieren deutlich für eine parallele Fortentwicklung der beiden Treibstoff-Pfade. Eine Konkurrenz zwischen Biomasse zur energetischen Verwertung einerseits und Nahrungsmittelanbau andererseits um die landwirtschaftlichen Nutzflächen besteht – zumindest in Deutschland, Frankreich und Spanien bei näherer Betrachtung nicht, es sei denn, die Erzeuger sähen sich durch Überkompensationen durch zu hohe Subventionierung oder durch Preissprünge bei den Erdölimporten zu einer massiven Umwidmung veranlasst. Zunächst begrenzt aber schon die Aufnahmefähigkeit der Verarbeitungskapazitäten und Verteilernetze das Absatzpotential von Bioenergieträgern. Vor allem aber gehen die Sensitivitätsanalysen für Agrarpreise i.d.R. von statischen Annahmen für Verbrauch und Erträge aus. Dagegen steht – einen Selbstversorgungsgrad von 100 und Rückführung der EU-Agrarexporte vorausgesetzt -, dass die laufende Produktivitätssteigerung ständig Flächen aus der Nahrungsmittelproduktion freisetzt, die durch Energiepflanzenanbau genutzt werden können. Hinzu kommen Freisetzungen von Flächen durch Abbau von Überproduktion, die aus den GAP-Reformen und dem WTO-Prozess 4 International Food Policy Research Institute. Quelle: IFPRI (2006) - 7 - resultieren. Eine im Jahr 2005 von vier wissenschaftlichen Instituten für das Bundesumweltamt erstellte Studie beziffert den so entstehenden Nettoeffekt bereits für den Zeitraum 2000-2010 auf 11,88 % der Ackerflächen in Deutschland. Bis zum Jahr 2020 soll die mögliche Freisetzung aus der Nahrungsmittelproduktion eine Fläche von 7,23 Mio ha, das sind 42,5 % der Ackerfläche, umfassen6. Das gegenwärtige Potential wird auf 3,5 Mio ha geschätzt7. Weitere 1,7 Mio ha Flächenpotential errechnet die Studie aus dem Abbau von Überproduktion in der tierischen Erzeugung. Diese Zahlen (Frankreich und Spanien weisen ähnliche Gegebenheiten auf) dürften hinreichend belegen, dass von Seiten der Flächenverfügbarkeit - zumindest in dem von der EU- Kommission abgesteckten Horizont aus dem Energiepflanzenanbau keine Konkurrenz für den Nahrungsmittelsektor erwachsen wird, welche negative Folgen für die Nahrungsmittelversorgung nach sich zöge. Die Kommission selbst beziffert im Biomasse-Aktionsplan den Flächenbedarf für die Erreichung des 5,75%–Ziels für Biokraftstoffe (erste Generation) in 2010 auf 17 Mio ha. Neben den drei genannten Schwerpunktländern ist insbesondere in den neuen Beitrittsländern Rumänien und Bulgarien mit dem dort großflächig etablierten Sonnenblumenanbau hinreichendes Potential zur Erreichung des Etappenziels 2020 gegeben, ohne dass mit Beeinträchtigungen des Nahrungsmittelsektors in der EU zu rechnen ist. Solchen Beeinträchtigungen sind vielmehr die Agrarmärkte in Entwicklungsländern ausgesetzt , wenn es nicht gelingt, die Binnenerzeugung und das Importvolumen der Industrieländer so zu steuern, wie dies von der Kommission beabsichtigt ist. Dies gilt insbesondere für Ethanol-Importe, welche z. B. aus Brasilien zu konkurrenzlosen Preisen bezogen werden können oder auch für Palmöl aus Süd-Ostasien. Dort könnte die weitere Verlagerung auf Energiepflanzen nebst negativen ökologischen Folgen auch erhebliche Störungen der Nahrungsmittelversorgung zeitigen. Da sich ein Ausgleich der Wettbewerbsnachteile europäischer Bio-Energieträger durch produktbezogene Subventionen auf Dauer verbietet, muss versucht werden, die heimische Produktion kostengünstiger zu gestalten. Dies würde für die nächsten Jahre eine Beschränkung auf Stilllegungsflächen nahelegen, für die keine wirtschaftlich interessanten Nutzungsalternativen vorhanden sind. Auf mittlere Frist sind Kostensenkungen durch technologischen Fortschritt anzustreben bzw. die Potentiale der Biokraftstoffe der zweiten Generation auszuloten. 5 Rosegrant et al.: Biofuels and the Global Food Balance, IFPRI Focus 14, Brief 3 of 12, December 2006. 6 Institut für Energetik und Umwelt et al.: Nachhaltige Biomassenutzungsstrategien im europäischen Kontext, Leipzig 2005. 7Der Nutzungsgrad ist wegen fehlender Angaben zu Biomasseimporten nicht exakt zu beziffern. Für die EU 25 wurde die im Jahr 2004 zur Herstellung von Bio-Kraftstoffen genutzte Fläche von der Kommission auf 1,9 Mio. ha geschätzt. Das sind 2,7 % der gesamten Ackerfläche der EU. - 8 - 4. Exkurs Konversionseffizienz Skeptikern, die ihre Kritik auf die relativ geringe Konversionseffizienz von Biomasse bei der Verarbeitung zu Treibstoff und die damit verbundenen Kosten bzw. den Subventionsbedarf abstellen, erscheint die Zielsetzung der EU-Kommission zu hoch. Eine im Auftrag der Internationalen Energieagentur (IEA) durchgeführte Untersuchung8 kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Umwandlung von Biomasse in Kraftstoffe wegen der geringen Energieeffizienz nicht empfiehlt. Vielmehr sollen Holz und andere pflanzliche Materialien vorzugsweise der Verwertung durch Strom und Wärme, am besten in Kraft- Wärme-Kopplung, zugeführt werden. Bei Biodiesel und Ethanol liegt dieser Faktor bei 1,5 bis 2,1. Biogas erreicht eine Energieausbeute von ca. 4,5. Auch die pflanzenbasierten so genannten Treibstoffe der zweiten Generation (z. B. BTL) machen nur 36 bis 52 Prozent des ursprünglichen Energieinhalts der Biomasse verfügbar. Werden Holz und Stroh dagegen verbrannt, um Öl und Erdgas in Heizungsanlagen zu ersetzen, können rund 70 Prozent ihres Energieinhalts genutzt werden. Erneuerbare Energie aus Biomasse kann der Studie zufolge stationär wesentlich effektiver eingesetzt werden als im Verkehr . In der Schlussfolgerung befindet die Studie, dass die bisher erreichten Ergebnisse im Kraftstoffsektor wie auch die Projektionen nur unter den Bedingungen dauerhafter und massiver Subventionierung darstellbar sind. Eine Steuerung durch den Markt würde demgegenüber den effizientesten Weg, nämlich die direkte und vollständige Verbrennung von Holz, bei feuchter Biomasse die Verwertung über Biogas zu Strom bevorzugen . Wegen des entfallenden Einsatzes fossiler Energien für die Herstellung von Biokraftstoffen wäre zudem der CO2-Einspareffekt in der Gesamtbilanz höher. Schon 1999 hatte das Umweltbundesamt die nach seinem Urteil dürftige Umweltbilanz des in Deutschland dominierenden Biodiesels moniert, die in erster Linie dem hohen Aufwand an Produktionsmitteln in der Rapserzeugung geschuldet ist. Der Treibstoff für die Landmaschinen und die auf Basis fossiler Energieträger hergestellten Dünge- und Pflanzenschutzmittel konterkarieren demnach die im Verkehr vermiedenen CO2- Emissionen . „Auch der Verkehrsminister will sagen können, dass er etwas für den Klimaschutz tut“ wird einer der Autoren der oben zitierten IEA-Studie in der Presse zitiert.9 In der Quintessenz unterstellt er dort, dass „die Biomasse mit finanziellen Anreizen in alle Energie- 8 Thomas Nussbaumer, Michael Oser: Evaluation of Biomass Combustion based Energy Systems by Cumulative Energy Demand and Energy Yield Coefficient, International Energy Agency IEA, Bioenergy. Task 32, and Swiss Federal Office of Energy, Verenum press, Version 1.0, Zurich, January 2004. 9 Die ZEIT, 23.11.2006 Nr. 48 - 9 - sektoren gelockt wird“, nicht zuletzt auch im Interesse der Automobilindustrie. Dieser ist die Beimischung von Biokraftstoffen bei der Einlösung ihrer Selbstverpflichtung zur Begrenzung des CO2 Ausstoßes auf 140 Gramm/Kilometer im Jahr 2008 auf relativ bequeme Weise behilflich. „Energetisch betrachtet hat Biomasse im Auto nichts verloren “ lautet das Urteil des Autors. Es erstreckt sich ausdrücklich auch auf die bereits effizienteren Biokraftstoffe der zweiten Generation, zumindest für den Zeitraum in dem fossile Kraftstoffe noch billiger zu haben sind als nicht subventionierte Biokraftstoffe. Aufgegriffen wird diese Kritik in der agrarischen Fachwelt inzwischen durch Betrachtungen, die auf eine verstärkte Nutzung feuchter Biomasse in der Stromerzeugung nach Transformation in der Biogasanlage hinauslaufen10. Erbringt die Umwandlung von Biomasse in synthetische Kraftstoffe (BTL) schon wegen der Nutzung der ganzen Pflanze erheblich höhere Netto-Energieerträge als die Biodiesel- oder Ethanolpfade, so ließe sich die Ausbeute nochmals erheblich steigern, wenn der Umwandlung eine Verstromung von Biogas aus der flüssigen Fraktion des gepressten Pflanzgutes vorgeschaltet würde. Für die Herstellung von BTL-Kraftstoff stünde dann noch das Pressgut zur Verfügung. Allerdings weist auch hier die Verwertung als Brennstoff in der Wärmeversorgung noch höhere Energieerträge auf. Immerhin entfielen durch das Abscheiden des Presssaftes erhebliche Teile der Transportkosten zu den Bioraffinerien und ein größerer Teil der Wertschöpfung würde in der dezentral organisierten Vergasung und Verstromung in ländlichen Regionen verbleiben. 5. Schlussfolgerungen Die verschiedentlich vorgetragenen Zweifel an der Tragfähigkeit der EU-Politik für die Förderung der Biokraftstoffe sind nachvollziehbar. Allerdings lassen sie sich, was den Binnenmarkt für Nahrungsmittel angeht, nicht mit einer Konkurrenz von Kraftstoffen 10Scheffer: Wege zur Steigerung der Flächen und Konversionseffizienz bei der Nutzung von Biomasse, 8. EuroSolar-Konferenz „Der Landwirt als Energiewirt“, Bonn 2006. Quelle: Scheffer (2006) - 10 - und Nahrungsmitteln um die Anbauflächen begründen. Die in der Wissenschaft formulierte Kritik richtet sich vielmehr auf die Energieeffizienz wie auch die potentielle CO2- Vermeidung der Konversion von Biomasse zu Treibstoffen, die der Umwandlung zu Strom und Wärme weit unterlegen sind. Diese Kritik wird von der Kommission nicht negiert. Da aber in der Sparte der erneuerbaren Energien allein Biokraftstoffe sich zur Substitution fossiler Kraftstoffe eignen, will die EU mit Blick auf die Kyoto-Verpflichtungen einerseits und die Importabhängigkeit bei Kraftstoffen für den Verkehr andererseits auf diesen Nutzungspfad nicht verzichten. Was die CO2 –Einsparungen angeht, so ist der Netto-Beitrag der ersten Generation von Biokraftstoffen eher bescheiden, da bei der Produktion ein hoher Einsatz fossiler Energien vonnöten ist. Der Beitrag der zweiten Generation (synthetische Konversion von Ganzpflanzen) lässt sich nur theoretisch bemessen, da die Produktion im großen Maßstab noch nicht begonnen hat und die Erfordernisse an Landwirtschaft und Agrarpolitik noch nicht definiert sind. Für die dritte Generation (mit Biomasse erzeugter Wasserstoff und andere in der Forschungsphase befindliche Ansätze) gilt dies verstärkt. Unter den Kraftstoffen der ersten Generation nähert sich Biodiesel aus Raps bei einem Marktanteil von 5 % bereits den durch die landwirtschaftlichen Produktionsabläufe gesetzten Potentialgrenzen. Höhere Anteile sind mit Ethanol erzielbar, dessen Erzeugung in Europa aber angesichts des Exportangebots aus tropischen Ländern wie Brasilien unwirtschaftlich ist. Mit dem Ansteigen des Anteils importierten Ethanols wachsen allerdings Gefahren für die Nahrungsmittelversorgung und die ökologischen Risiken in den Exportländern. Anders als die elektrische oder thermische Biomasseverwertung erscheint also eine forcierter Biokraftstoff-Produktion aus mehreren Blickwinkeln fragwürdig . Angesichts der bereits etablierten Besitzstände sowie der in Landwirtschaft und Industrie geweckten Erwartungen erscheint aber eine Abkehr von der bisherigen Politik als nicht realisierbar. Vor diesem Hintergrund kann das Biomasse-Szenario des Fahrplans für erneuerbare Energien als ausgewogener Kompromiss gewertet werden. Eine Alternative zu den mit Blick auf den Klimaschutz erforderlichen Energie-Einsparungen im Verkehr bietet er hingegen nicht. - 11 - - 12 -