© 2015 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 102/15 Lebensmittelrechtliche Vorgaben für behördliche Maßnahmen im Fall von Salmonelleninfektionen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 2 Lebensmittelrechtliche Vorgaben für behördliche Maßnahmen im Fall von Salmonelleninfektionen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 102/15 Abschluss der Arbeit: 11. August 2015 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtliche Vorgaben für die Information der Öffentlichkeit bei Salmonelleninfektionen 5 2.1. Europarechtliche Vorgaben für die Öffentlichkeitsinformation bei Salmonelleninfektionen 6 2.1.1. Informationspflicht nach Art. 10 EG-Lebensmittel-BasisVO 6 2.1.2. Voraussetzungen für eine Informationspflicht nach Art. 10 EG- Lebensmittel-BasisVO 7 2.1.3. Inhalt der Informationspflicht nach Art. 10 EG-Lebensmittel- BasisVO 8 2.2. Bundesrechtliche Vorgaben für die Öffentlichkeitsinformation bei Salmonelleninfektionen 10 2.2.1. Informationspflichten nach Geflügel-SalmonellenVO 10 2.2.2. Informationspflichten nach Lebens- und Futtermittelgesetzbuch 10 2.2.2.1. Vorgaben des § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB 12 2.2.2.2. Weitere zur Begründung von staatlichen Informationspflichten bei Salmonelleninfektionen möglicherweise einschlägige Tatbestandsalternativen des § 40 Abs. 1 Satz 2 LFGB 13 2.2.2.2.1. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LFGB 13 2.2.2.2.2. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LFGB 14 2.2.2.3. Zwingende Veröffentlichung von Informationen nach § 40 Abs. 1a LFGB 15 2.2.2.3.1. Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB 16 2.2.2.3.2. Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB 16 2.2.2.3.3. Rechtsfolge bei Vorliegen der Voraussetzungen 16 2.2.2.4. Weitere Vorgaben für die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsinformation bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 bzw. Abs. 1a LFGB 17 3. Rechtliche Vorgaben für weitere behördliche Maßnahmen bei Salmonelleninfektionen 17 3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen 17 3.2. Regelungen der europäischen Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 18 3.3. Regelungen der nationalstaatlichen Geflügel-SalmonellenVO des Bundes 20 3.3.1. Allgemeine Regelungen zur Salmonellenbekämpfung 21 3.3.2. Spezielle Regelungen für Legehennenbetriebe 21 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 4 1. Einleitung Im Sommer 2014 erkrankten in Deutschland, Frankreich, Österreich und Großbritannien mehrere hundert Menschen an Salmonellen desselben Typs (Samonella enteritidis), zwei Menschen starben . Nach bisherigen Erkenntnissen gilt ein bayerisches Unternehmen zur Produktion von Hühnereiern als Ursprungsort dieses europaweiten Salmonellenausbruchs.1 Das Unternehmen hält an mehreren Betriebsstandorten insgesamt mehr als eine Million Hühner in Käfigen.2 Am 18. Februar 2014 sowie am 11. April 2014 wurde im Rahmen einer amtlichen Kontrolle in einem Betrieb des Unternehmens der genannte Erregertyp auf der Schale von Eiern nachgewiesen.3 Eine Lebensmittelwarnung wurde seitens der bayerischen Behörden nicht herausgegeben. In der Antwort auf eine entsprechende Kleine Anfrage führt die Bundesregierung dazu aus: „Für eine öffentliche Warnung vor Eiern aus dem betroffenen Betrieb hat es nach Einschätzung der zuständigen Behörden in Bayern zu keinem Zeitpunkt die fachlichen und rechtlichen Voraussetzungen gegeben.“4 Der Präsident des bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit führte in diesem Zusammenhang im Rahmen der Sitzung des Ausschusses des Bayerischen Landtags für Umwelt und Verbraucherschutz am 11. Juni 2015 aus, „eine öffentliche Warnung könne nur dort erfolgen, wo die Ware in den Handel und damit an den Endverbraucher gelangt sei. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen. Eine Sperrung für Betriebe bedeute die Auflage, nur Eier der Klasse B verkaufen zu dürfen und habe nicht die Schlachtung aller Hühner zur Folge. Bei Auffälligkeiten in einem Betrieb sei dies die erste Maßnahme. So sei es in der Geflügel-Salmonellen-Verordnung vorgesehen . Jeder Betrieb müsse Eigenkontrollen durchführen. Bei positivem Salmonellenbefund 1 Dazu Grüll, Philipp/Obermeier, Frederik (2015a). Chronologie des Versagens. Onlineartikel vom 11.06.2015. Link: http://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-ei-skandal-das-versagen-1.2514615 (letzter Abruf: 11.08.2015); Deutscher Bundestag (2015). Salmonellenausbruch bei einem bayerischen Eierproduzenten. Antwort der Bundesregierung vom 08.07.2015 auf eine Kleine Anfrage u.a. der Fraktion DIE LINKE. BT-Drs. 18/5491; Bayerischer Landtag (2015). Protokoll der 31. Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz am 11.06.2015; Huber, Til (2015). Umweltausschuss: Fragen zur Lebensmittelsicherheit bei Salmonelleninfektion . Pressemitteilung des Bayerischen Landtags vom 01.07.2015. Link: https://www.bayern.landtag .de/aktuelles/sitzungen/aus-den-ausschuessen/umweltausschuss-fragen-zur-lebensmittelsicherheit-bei-salmonelleninfektion / (letzter Abruf: 11.08.2015). 2 Huber, Til (2015). a. a. O. (Fn. 1) sowie Deutscher Bundestag (2015). a. a. O. (Fn. 1). S. 4. 3 Deutscher Bundestag (2015). a. a. O. (Fn. 1). S. 5. 4 Deutscher Bundestag (2015). a. a. O. (Fn. 1). S. 9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 5 in Staub- und Kotproben erfolge eine amtliche Probe. Dabei müsse man vonseiten des Amtes verhältnismäßig reagieren. In besonderen Fällen könne es zu weiteren Maßnahmen kommen.“5 Vor diesem Hintergrund geht der vorliegende Sachstand der Frage nach, welche Vorgaben das Lebensmittelrecht auf europäischer und Bundesebene für behördliche Maßnahmen im Fall von Salmonelleninfektionen enthält. Dabei werden zum einen die Voraussetzungen erläutert, die vorliegen müssen, damit die Öffentlichkeit über das Auftreten der Infektion zu informieren ist. Zum anderen werden die weiteren Regelungen dargestellt, die behördliche Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher bei Salmonelleninfektionen zum Gegenstand haben. Eine Darstellung eventuell bestehender landesrechtlicher Vorgaben erfolgt nicht. Ob und inwieweit neben lebensmittelrechtlichen Vorgaben, die Informationspflichten staatlicher Stellen normieren, auch Informationsansprüche von Verbrauchern etwa nach dem Verbraucherinformationsgesetz 6 (VIG) oder dem Informationsfreiheitsgesetz7 (IFG) bestehen, ist ebenfalls nicht Gegenstand der nachfolgenden Darstellung. Letztlich beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die abstrakte Erläuterung der bestehenden lebensmittelrechtlichen Vorgaben. Eine Bewertung der Frage, ob das Vorgehen der zuständigen bayerischen Behörden rechtmäßig war, erfolgt daher ebenso wenig. 2. Rechtliche Vorgaben für die Information der Öffentlichkeit bei Salmonelleninfektionen Das in Deutschland geltende Lebensmittelrecht ist größtenteils Gemeinschafts- bzw. Unionsrecht entweder in Form unmittelbar geltender Verordnungen oder durch Umsetzung von Richtlinien der Gemeinschaft/Union.8 Wenngleich europarechtlichen Vorgaben in Form von Verordnungen im Sinne des Art. 288 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)9 Anwendungsvorrang gegenüber mitgliedstaatlichem Recht zukommt, der von sämtlichen mitglied- 5 Bayerischer Landtag (2015). a. a. O. (Fn. 1). S. 17; kritisch im Hinblick auf die tatsächlichen Hintergründe dieser Aussagen Grüll, Philipp/Obermeier, Frederik (2015b). Ministerin machte falsche Angaben in Bayern-Ei-Affäre. Onlineartikel vom 24.06.2015. Link: http://www.sueddeutsche.de/bayern/salmonellen-skandal-ministerinmachte -falsche-angaben-in-bayern-ei-affaere-1.2535800 (letzter Abruf: 11.08.2015). 6 Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation vom 17.10.2012, BGBl. I S. 2166, 2725; zuletzt geändert durch Gesetz vom 07.08.2013, BGBl. I S. 3154. 7 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 05.09.2005, BGBl. I S. 2722; zuletzt geändert durch Gesetz vom 07.08.2013, BGBl. I S. 3154. 8 So Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). Lebensmittelrecht. Loseblatt- Kommentar aller wesentlichen Vorschriften für das Herstellen und Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Futtermitteln , kosmetischen Mitteln, sonstigen Bedarfsgegenständen sowie Tabakerzeugnissen. 160. Ergänzungslieferung (Stand: März 2015). EG-Lebensmittel-Basisverordnung. Vorbemerkung Rn. 1 ff. 9 ABl. EU Nr. C 326 vom 26.10.2012, S. 47. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 6 staatlichen Instanzen zu beachten ist und dazu führt, dass im Kollisionsfall jede entgegenstehende Bestimmung des mitgliedstaatlichen Rechts unanwendbar wird10, können die Mitgliedstaaten unter Umständen Informationspflichten normieren, die über die entsprechenden Verordnungsregelungen hinausgehen.11 Insofern ist nachfolgend zu differenzieren zwischen europarechtlichen und bundesrechtlichen Vorgaben. 2.1. Europarechtliche Vorgaben für die Öffentlichkeitsinformation bei Salmonelleninfektionen Eine spezielle europarechtliche Regelung, die mitgliedstaatliche Behörden dazu verpflichtet, die Öffentlichkeit bei Salmonelleninfektionen zu informieren, ist nicht ersichtlich. Insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 zur Bekämpfung von Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel übertragbaren Zoonoseerregern12 (EG-SalmonellenbekämpfungsVO) normiert eine derartige Pflicht nicht. 2.1.1. Informationspflicht nach Art. 10 EG-Lebensmittel-BasisVO Allerdings könnten die allgemeinen Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit13 (EG-Lebensmittel -BasisVO) von Bedeutung sein. So lautet deren Artikel 10: „Artikel 10 – Information der Öffentlichkeit Besteht ein hinreichender Verdacht, dass ein Lebensmittel oder Futtermittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen kann, so unternehmen die Behörden unbeschadet der geltenden nationalen oder Gemeinschaftsbestimmungen über den Zugang zu Dokumenten je nach Art, Schwere und Ausmaß des Risikos geeignete Schritte, um die Öffentlichkeit über die Art des Gesundheitsrisikos aufzuklären; dabei sind möglichst umfassend das Lebensmittel oder Futtermittel oder die Art des Lebensmittels oder Futtermittels, das möglicherweise damit verbundene Risiko und die Maßnahmen anzugeben , die getroffen wurden oder getroffen werden, um dem Risiko vorzubeugen, es zu begrenzen oder auszuschalten.“ 10 Ruffert, Matthias (2011). In: Callies, Christian/Ruffert, Matthias (Hrsg.). EUV/AEUV. Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta. Kommentar. 4. Auflage 2011. München: Verlag C.H.Beck. AEUV Art. 288 Rn. 20 f. 11 Vgl. dazu etwa Europäischer Gerichtshof (2013). Urteil vom 11.04.2013. Az.: C-636/11. Lebensmittel und Recht (LMuR). 17. Jahrgang (2013). S. 126 ff. 12 ABl. EG Nr. L 325 vom 12.12.2003. S. 1. 13 ABl. EG Nr. L 31 vom 01.02.2002. S. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 7 Die Norm regelt „eine Informationspflicht [für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten], wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass ein Lebensmittel oder Futtermittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen kann.“14 2.1.2. Voraussetzungen für eine Informationspflicht nach Art. 10 EG-Lebensmittel-BasisVO Bei Meyer/Streinz (2012) heißt es dazu: „Als Tatbestandsvoraussetzung des Art. 10 ist nicht das Vorliegen eines Gesundheitsrisikos , sondern der hinreichende Verdacht erforderlich, dass von einem Lebens- oder Futtermittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgehen kann. Damit stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem solchen hinreichenden Verdacht eines Gesundheitsrisikos auszugehen ist. […] Bereits Art. 3 Nr. 9 (Risikobegriff) beinhaltet ein Wahrscheinlichkeitsmerkmal, indem er für das Vorliegen eines Gesundheitsrisikos den wahrscheinlichen Eintritt einer gesundheitsschädlichen Wirkung verlangt. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich das Begriffsmerkmal der Wahrscheinlichkeit im Rahmen des hinreichenden Verdachts nur auf die Tatsachenebene bezieht und im Übrigen das entsprechende Begriffsmerkmal der Risikodefinition wiederholt. […] Damit beinhaltet das Tatbestandsmerkmal des hinreichenden Verdachts eines Gesundheitsrisikos eine doppelte Wahrscheinlichkeit in dem Sinne, dass zum einen das Vorliegen konkreter Tatsachen nur wahrscheinlich und nicht sicher sein muss, und zum anderen , dass sich daraus nur wahrscheinlich und nicht mit Sicherheit eine Gefahr für die menschliche Gesundheit zu ergeben braucht. Daraus folgt, dass die Behörde bereits dann risikoanalytisch (Art. 6) tätig werden muss, wenn sie Anhaltspunkte für Umstände hat, die im Ergebnis zu einem Gesundheitsrisiko führen können.“15 Konkretisierend heißt es bei Zipfel/Rathke (2015) in diesem Zusammenhang: „Die materielle Bedeutung der Bezugnahme auf den hinreichenden Verdacht beschränkt sich deshalb auf die Feststellung der Tatsachen, aus denen sich das Risiko einer gesundheitlichen Beeinträchtigung von Mensch oder Tier ergeben kann. Ergibt die Untersuchung von Rückstellmustern eine überhöhte Keimbelastung, ist es nahe liegend anzunehmen, dass auch die ausgelieferte Ware der gleichen Charge zu hoch mit Keimen belastet ist […]; handelt es sich um toxisch wirkende Keime, besteht auch ein hinreichender Verdacht gesundheitsschädlicher Wirkungen der bereits in Verkehr gebrachten Erzeugnisse. Sind die Keime nur Indikatoren für eine Verunreinigung, muss geprüft werden, ob die Verunreinigung gesundheitliche Beeinträchtigungen begründen kann; nur dann besteht auch ein hinreichender Verdacht für ein Risiko i. S. des Art. 10. Wird bei schon ausgelieferter Ware 14 So Europäischer Gerichtshof (2013). a. a. O. (Fn. 11). S. 129. Fettung durch den Verfasser. 15 Pache, Eckhard/Meyer, Alfred Hagen (2012). In: Meyer, Alfred Hagen/Streinz, Rudolf (Hrsg.). LFGB – BasisVO – HCVO. Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, Basis-Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Health ClaimVO 1924/2006. Kommentar. 2. Auflage 2012. München: C. H. Beck. BasisVO Art. 10 Rn. 19 f. Fettungen ist Bestandteil des Originals. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 8 eine überhöhte Keimbelastung festgestellt, muss zunächst ermittelt werden, ob dieses Erzeugnis speziellen Einflüssen ausgesetzt war, sodass für die übrige Ware der gleichen Charge die Belastung ausgeschlossen werden kann. Gibt es dazu keine eindeutigen tatsächlichen Feststellungen, kann der Verdacht, dass die gesamte Charge fehlerhaft ist, nicht hinreichend sein.“16 Zur Frage der Abgrenzung des hinreichenden Verdachts von bloßen Vermutungen heißt es bei Meyer/Streinz (2012): „Andererseits können ungesicherte Vermutungen oder Gerüchte allein noch nicht ausreichen , um die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 10 zu erfüllen und zu Informationshandlungen auf der Grundlage dieser Vorschrift zu ermächtigen. Vielmehr müssen die Tatsachen, aus denen das Risiko einer Gesundheitsgefahr hergeleitet wird, mit einiger Wahrscheinlichkeit, d. h. fundiert und erhärtet, jedoch nicht endgültig nachgewiesen, vorliegen […]. […] Für die praktische Anwendung der Norm bedeutet dies: Hat die Behörde Informationen, die die Wahrscheinlichkeit in obigem Sinne begründen, dass Tatsachen vorliegen, die bei ihrem tatsächlichen Vorliegen zu einem Gesundheitsrisiko für Mensch und Tier führen könnten, so ist eine vollständige dreiphasige Risikoanalyse durchzuführen . Im Rahmen dieser Risikoanalyse ist zu prüfen, ob bei einem wirklichen Vorliegen der wahrscheinlichen Tatsachen ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier bestehen könnte. Ergibt die Risikoanalyse, dass ein solches Risiko bestehen würde oder auch nur nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dann liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 10 vor, und die Behörde muss die in Art. 10 vorgesehenen Rechtsfolgen verhängen.“17 2.1.3. Inhalt der Informationspflicht nach Art. 10 EG-Lebensmittel-BasisVO Hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 10 EG-Lebensmittel- BasisVO heißt es bei Meyer/Streinz (2012): „Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 10 vor, so sind die zuständigen Behörden verpflichtet, geeignete Schritte zu unternehmen, die Öffentlichkeit über das möglicherweise bestehende Gesundheitsrisiko aufzuklären. Diese Aufklärung hat abhängig von der Art, der Schwere und dem Ausmaß des Gesundheitsrisikos zu erfolgen und soll möglichst umfassend das Lebens- oder Futtermittel oder die Art des Lebens- oder Futtermittels sowie das möglichweise damit verbundene Risiko bezeichnen. Weiterhin sind die Maßnahmen anzugeben, die getroffen wurden oder getroffen werden, um dem Risiko vorzubeugen , es zu begrenzen oder auszuschalten. […] Die Verpflichtung der zuständigen Behörden geht dahin, geeignete Schritte zu unternehmen , um die Öffentlichkeit über die Art des Gesundheitsrisikos aufzuklären. […] In Be- 16 Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). EG-Lebensmittel- Basisverordnung Art. 10 Rn. 12. 17 Pache, Eckhard/Meyer, Alfred Hagen (2012). In: Meyer, Alfred Hagen/Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 15). BasisVO Art. 10 Rn. 21. Fettung ist Bestandteil des Originals. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 9 tracht kommen, an eine Kategorisierung in der deutschen Handlungsformenlehre anknüpfend , bloße aufklärende Hinweise, Empfehlungen und Warnungen […]. Gemeinsam ist allen drei Handlungsformen die Bestimmung zur Verhaltenslenkung; sie unterscheiden sich aber in der Intensität der beabsichtigten Verhaltenslenkung und danach, ob zusätzlich bestimmte konkretisierende Angaben gemacht werden oder ob sich die Information auf allgemeine Äußerungen beschränkt […]. […] Zu informieren ist nach Maßgabe des Art. 10 die Öffentlichkeit. […] Mit Öffentlichkeit ist […] die Allgemeinheit als solche in einem umfassenden, unbeschränkten Sinne gemeint. Zu informieren ist damit die gesamte Bevölkerung, neben EU-Bürgern und Drittstaatsangehörigen auch Verwaltungen, andere Organisationen und Institutionen. […] Die Öffentlichkeit ist von den zuständigen Behörden nach Möglichkeit umfassend über die Art des Gesundheitsrisikos aufzuklären. Das bedeutet, dass die Behörde im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit verhältnismäßigem Aufwand bei der Information sowohl eine Aussage über die Art der Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Realisierung als auch über deren prognostizierte Folgen treffen muss […]. Weiterhin ist von der Behörde möglichst umfassend anzugeben, von welchem Lebens- oder Futtermittel oder von welcher Art von Lebens- oder Futtermittel die Gefahr ausgeht. Das kann insbesondere im ersten Fall teilweise sehr konkrete Angaben erforderlich machen, die ggf. auch einen Nennung der Marke, des jeweils betroffenen Unternehmens sowie des Mindesthaltbarkeitsdatums sowie der Chargen-/Losnummer beinhalten können, wenn Produkte dadurch von anderen ähnlichen, aber ungefährlichen unterscheidbar sind.“18 Letztlich muss die Information der Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde verhältnismäßig sein. Dies wird insbesondere dadurch verdeutlicht, dass die Informationen in Abhängigkeit von der Art, der Schwere und dem Ausmaß des Gesundheitsrisikos zu erfolgen haben.19 In diesem Zusammenhang heißt es bei Zipfel/Rathke (2015): „Die Anwendung dieses Grundsatzes kann im konkreten Fall auch dazu führen, von einer Information der Öffentlichkeit abzusehen. Dies wird durch Art. 10 nicht ausgeschlossen. Denn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist auf Grund seines Verfassungsrangs Art. 10 übergeordnet. Seine Bedeutung hat er im Rahmen des Art. 10 insbesondere dadurch, dass nach den Voraussetzungen im ersten Teil der Vorschrift jedes Risiko für Gesundheit von Mensch oder Tier zu berücksichtigen ist […]. Eine Information der Öffentlichkeit ist jedoch nicht sinnvoll, wenn das Gesundheitsrisiko sehr gering ist und eine Information lediglich Verwirrung der Öffentlichkeit auslösen würde. In solchen Fällen entspricht es 18 Pache, Eckhard/Meyer, Alfred Hagen (2012). In: Meyer, Alfred Hagen/Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 15). BasisVO Art. 10 Rn. 23 ff. Fettung ist Bestandteil des Originals. 19 Detaillierte Erläuterungen bei Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). EG-Lebensmittel-Basisverordnung Art. 10 Rn. 17 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 10 dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, eine Information der Öffentlichkeit zu unterlassen , obgleich der Tatbestand des Art. 10 eine solche Möglichkeit nicht offenhält.“20 2.2. Bundesrechtliche Vorgaben für die Öffentlichkeitsinformation bei Salmonelleninfektionen Neben Art. 10 der EG-Lebensmittel-BasisVO könnten sich staatliche Informationspflichten bei Salmonelleninfektionen gegenüber der Öffentlichkeit auch aus bundesrechtlichen Vorgaben ergeben . 2.2.1. Informationspflichten nach Geflügel-SalmonellenVO Eine spezialgesetzliche Pflicht staatlicher Behörden, bei Salmonelleninfektionen die Öffentlichkeit zu informieren, ist durch die Geflügel-Salmonellen-Verordnung21 (Geflügel-SalmonellenVO) nicht geregelt. Regelungsgegenstände der Verordnung sind vielmehr Pflichten von Unternehmern sowie behördliche Maßnahmen zum Zweck der Verhinderung und Eindämmung von Salmonelleninfektionen bei Geflügel. 2.2.2. Informationspflichten nach Lebens- und Futtermittelgesetzbuch Eine entsprechende Pflicht zur Information der Öffentlichkeit bei Salmonelleninfektionen könnte sich daher aus den allgemeinen Regelungen des § 40 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch22 (LFGB) ergeben. Die Norm lautet auszugsweise: „§ 40 – Information der Öffentlichkeit (1) Die zuständige Behörde soll die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels und des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt wurde oder in den Verkehr gelangt ist, und, wenn dies zur Gefahrenabwehr geeigneter ist, auch unter Nennung des Inverkehrbringers, nach Maßgabe des Artikels 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 informieren. Eine Information der Öffentlichkeit in der in Satz 1 genannten Art und Weise soll vorbehaltlich des Absatzes 1a auch erfolgen , wenn 1. der hinreichende Verdacht besteht, dass ein kosmetisches Mittel oder ein Bedarfsgegenstand ein Risiko für die menschliche Gesundheit mit sich bringen kann, 20 Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). EG-Lebensmittel- Basisverordnung Art. 10 Rn. 19. 21 Verordnung zum Schutz gegen bestimmte Salmonelleninfektionen beim Haushuhn und bei Puten vom 17.01.2014, BGBl. I S. 58; zuletzt geändert durch Verordnung vom 29.12.2014, BGBl. I S. 2481. 22 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch vom 03.06.2013, BGBl. I S. 1426; zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.12.2014, BGBl. I S. 1975. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 11 2. der hinreichende Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen dienen, verstoßen wurde, 3. im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von einem Erzeugnis eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit ausgeht oder ausgegangen ist und aufgrund unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus sonstigen Gründen die Unsicherheit nicht innerhalb der gebotenen Zeit behoben werden kann, 4. ein nicht gesundheitsschädliches, aber zum Verzehr ungeeignetes, insbesondere ekelerregendes Lebensmittel in nicht unerheblicher Menge in den Verkehr gelangt oder gelangt ist oder wenn ein solches Lebensmittel wegen seiner Eigenart zwar nur in geringen Mengen, aber über einen längeren Zeitraum in den Verkehr gelangt ist, […] In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 bis 5 ist eine Information der Öffentlichkeit zulässig nach Abwägung der Belange der Betroffenen mit den Interessen der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung. (1a) Die zuständige Behörde informiert die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens , unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen , im Falle von Proben nach § 39 Absatz 1 Satz 2 auf der Grundlage mindestens zweier unabhängiger Untersuchungen von Stellen nach Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass 1. in Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte , Höchstgehalte oder Höchstmengen überschritten wurden oder 2. gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist. (2) Eine Information der Öffentlichkeit nach Absatz 1 durch die Behörde ist nur zulässig, wenn andere ebenso wirksame Maßnahmen, insbesondere eine Information der Öffentlichkeit durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer oder den Wirtschaftsbeteiligten , nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden oder die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht erreichen. Unbeschadet des Satzes 1 kann die Behörde ihrerseits die Öffentlichkeit auf 1. eine Information der Öffentlichkeit oder 2. eine Rücknahme- oder Rückrufaktion Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 12 durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer oder den sonstigen Wirtschaftsbeteiligten hinweisen. […] (3) Bevor die Behörde die Öffentlichkeit nach den Absätzen 1 und 1a informiert, hat sie den Hersteller oder den Inverkehrbringer anzuhören, sofern hierdurch die Erreichung des mit der Maßnahme verfolgten Zwecks nicht gefährdet wird. Satz 1 gilt nicht in einem Fall des Absatzes 2 Satz 2 oder 3. […]“ Während der oben dargestellte Art. 10 EG-Lebensmittel-BasisVO in den Mitgliedstaaten unmittelbar gilt und eine gemeinschaftsrechtliche Grundlage für deren behördliche Informationstätigkeit bildet, erfolgt die nähere Ausgestaltung durch den zitierten § 40 LFGB.23 Dabei gehen die Regelungen in § 40 LFGB inhaltlich teilweise über Art. 10 EG-Lebensmittel-BasisVO hinaus, was jedenfalls im Hinblick auf die Regelung in § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 LFGB europarechtlich zulässig ist.24 Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungen des § 40 LFGB die zuständigen Behörden gegebenenfalls zur Information der Öffentlichkeit bei Salmonelleninfektionen verpflichtet, ist insbesondere § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB von Bedeutung. Daneben wird nachfolgend auf weitere Tatbestandsalternativen des § 40 Abs. 1 LFGB sowie auf die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a LFG eingegangen, der eine zwingende Veröffentlichung von Informationen regelt. 2.2.2.1. Vorgaben des § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB soll die zuständige Behörde die Öffentlichkeit nach Maßgabe des Art. 10 EG-Lebensmittel-BasisVO informieren. Dazu heißt es bei Zipfel/Rathke (2015): „Abs. 1 Satz 1 verpflichtet die zuständige Behörde zur Information der Öffentlichkeit nach Maßgabe des Artikels 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Da sich diese Formulierung sprachlich auf den Begriff informieren bezieht, ergibt sich daraus nach dem Wortlaut lediglich ein Verweis zur Art und Weise der Information, nicht jedoch zu den Voraussetzungen für die Informationspflicht gemäß Abs. 1. Es kann jedoch nicht unterstellt werden, dass der deutsche Gesetzgeber diese Voraussetzungen abweichend von Art. 10 der Verordnung (EG) 178/2002 bestimmen bzw. einschränken wollte (zumal die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift vorrangig ist); das ergibt sich schon daraus, dass Art. 10 eine Information der Öffentlichkeit vorschreibt, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, ein entsprechendes und notwendiges Tatbestandsmerkmal jedoch in Abs. 1 Satz 1 nicht enthalten ist […]. 23 So Schnall, Laura (2015). In: Streinz, Rudolf (Hrsg.). Lebensmittelrechts-Handbuch. 36. Ergänzungslieferung (Stand: Januar 2015). München: C. H. Beck. III. D. Rn. 221. 24 Vgl. Europäischer Gerichtshof (2013). a. a. O. (Fn. 11). Für die grundsätzliche Frage der Europarechtskonformität vgl. Schnall, Laura (2015). In: Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 23). Rn. 221; a. A. Pache, Eckhard/Meyer, Alfred Hagen (2012). In: Meyer, Alfred Hagen/Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 15). LFGB § 40 Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 13 Abs. 1 Satz 1 bestimmt nur, dass die Behörde die Öffentlichkeit informieren soll. Dies korrespondiert mit dem Begriff geeignete Schritte in Art. 10 Halbsatz 1 der Verordnung (EG) 178/2002. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kann sich danach die Behörde auch entscheiden, auf eine Information vollständig zu verzichten[…].25 Bei Streinz (2015) heißt es im Hinblick auf das Ermessen der Behörde: „Die Wahl der Formulierung „soll (…) informieren“ stellt die Information der Öffentlichkeit als Regelfall dar. Damit ist das Ermessen der Behörde erheblich reduziert[…].“26 Diese Einschätzung wird gestützt durch die entsprechenden Gesetzesmaterialien. So heißt es in der Begründung zum Entwurf des Gesetzes, welches den Wortlaut des § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB vom vorherigen „kann […] informieren“ zum aktuellen „soll […] informieren“ änderte: „Ziel der Änderung[…] ist, dass die zuständige Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 im Regelfall die Öffentlichkeit informiert.“27 2.2.2.2. Weitere zur Begründung von staatlichen Informationspflichten bei Salmonelleninfektionen möglicherweise einschlägige Tatbestandsalternativen des § 40 Abs. 1 Satz 2 LFGB Die Nummern des § 40 Abs. 1 Satz 2 LFGB zählen weitere Tatbestandsalternativen auf, bei deren Vorliegen ebenfalls die Information der Öffentlichkeit erfolgen „soll“. Nachfolgend wird daher der Frage nachgegangen, welche der aufgezählten Fälle des § 40 Abs. 1 Satz 2 LFGB je nach konkreter Einzelfallgestaltung bei Salmonelleninfektionen eine staatliche Informationspflicht im Regelfall begründen könnten. 2.2.2.2.1. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LFGB Eine Informationspflicht bei Salmonelleninfektionen könnte sich im Regelfall etwa aus § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LFGB ergeben, wenn ein hinreichender Verdacht28 besteht, dass die mit dem Erreger behafteten Eier in den Verkehr gelangt sind (Verdacht auf Verstoß gegen Verbraucherschutzvorschriften ). In diesem Zusammenhang heißt es bei Zipfel/Rathke (2015): „Vorschriften, die dem Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen dienen, sind insbesondere das Verbot gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) 178/2002, nicht sichere 25 Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 4 ff. Kursivschreibweise ist Bestandteil des Originals. 26 Schnall, Laura (2015). In: Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 23). III. D. Rn. 230. 27 Deutscher Bundestag (2007). Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 22.05.2007. BT-Drs. 17/5404. S. 14; vlg. dazu auch die Ausführungen bei Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 3a. 28 Zu diesem Begriff vgl. die obigen Ausführungen bei 2.1.2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 14 Lebensmittel in Verkehr zu bringen […]. Außerdem gehören dazu sämtliche hygienerechtlichen Vorschriften, da hygienerechtliche Anforderungen generell dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung dienen.“29 2.2.2.2.2. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LFGB Weiterhin könnte sich eine Pflicht zur Information im Regelfall aus § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LFGB ergeben, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mit Salmonellen behaftete Eier in den Verkehr gelangt sind. Zu den Voraussetzungen heißt es bei Streinz (2015): „Liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass von einem Erzeugnis eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit ausgeht und kann die Unsicherheit bezüglich dieser Gefährdung aufgrund unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus sonstigen Gründen nicht in der gebotenen Zeit behoben werden, ist eine Information trotz dieser Zweifel möglich […]. Hier wird das Vorsorgeprinzip aufgegriffen und eine Information der Öffentlichkeit auch dann möglich gemacht, wenn keine Zeit mehr bleibt, eine umfängliche Risikoabschätzung vorzunehmen. Je wahrscheinlicher die Gefährdung, desto weniger fundiert muss eine Information sein.“30 Bei dieser Tatbestandsalternative ist darüber hinaus § 40 Abs. 1 Satz 3 LFGB zu beachten, wonach selbst bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eine Veröffentlichung nur nach Abwägung der Belange der Betroffenen mit den Interessen der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung erfolgen darf. Dazu heißt es bei Streinz (2015): „Diese bedeutet keinen Automatismus in dem Sinne, dass das öffentliche Interesse grundsätzlich vorgeht. Wenn bereits der Abwägungsausgang feststünde, wäre die gesetzliche Festschreibung einer Abwägung überflüssig. Insofern muss das öffentliche Interesse an Veröffentlichung der Information die Belange des Betroffenen „überwiegen“.31 29 Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 12. 30 Schnall, Laura (2015). In: Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 23). III. D. Rn. 225 (vierter Blickfangpunkt). 31 Schnall, Laura (2015). In: Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 23). III. D. Rn. 226. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 15 2.2.2.3. Zwingende Veröffentlichung von Informationen nach § 40 Abs. 1a LFGB Während § 40 Abs. 1 LFGB die Fälle regelt, in denen die Öffentlichkeit im Regelfall informiert werden soll, gibt § 40 Abs. 1a LFGB vor, in welchen Fallkonstellationen die Information der Öffentlichkeit zwingend zu erfolgen hat.32 Die Vorschrift ist europa- und verfassungsrechtlich umstritten .33 Dessen ungeachtet ist beiden Nummern des § 40 Abs. 1a LFGB gemeinsam, dass eine Informationspflicht nur besteht, wenn ein hinreichend begründeter Verdacht hinsichtlich eines lebensmittelrechtlichen Verstoßes vorliegt. Dazu heißt es bei Zipfel/Rathke (2015): „Nach dem sprachlichen Satzbau bezieht sich das Wort hinreichend […] nicht auf das Wort Verdacht, sondern auf das Wort begründete. Danach muss nur die Begründung des Verdachts, also die Feststellung der für den Verdacht maßgebenden Tatsachen hinreichend sein. Der Gesetzgeber wollte mithin […] mit dem Wort begründete nicht auf einen – wenn auch unbestimmten – Grad der Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß abstellen; dies belegt neben dem Wortlaut auch die amtliche Begründung[34] […]. Die Vorschrift ist mithin so zu verstehen, dass die Tatsachenfeststellung dafür hinreichend sein muss, dass der Verdacht eines Verstoßes besteht.“35 Dabei können diese Tatsachen etwa mittels zweier unabhängiger Untersuchungen im Sinne des Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/200436 unter Beweis gestellt werden.37 32 Dazu Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 61. 33 Dazu etwa Schnall, Laura (2015). In: Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 23). III. D. Rn. 229. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, dass das Bundministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Mai 2015 einen Gesetzesentwurf zur Konsultation stellte, mit dem die umstrittene Regelung des § 40 Abs. 1a LFGB geändert werden soll. Link: http://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/SichereLebensmittel/KontrolleRisikomanagement /_Texte/DossierKontrolleUndRisikomanagement.html;jsessionid =C8993425FF4C8CF4DDE05AE2C85A380B.2_cid365?nn=373498¬First=false&docId=6166380 (letzter Abruf: 11.08.2015). 34 Vgl. Deutscher Bundestag (2011). Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Verbraucherinformation. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 19.10.2011. BT-Drs. 17/7374. S. 20. 35 Dazu Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 62. Kursivschreibweise ist Bestandteil des Originals. 36 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebens- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz. ABl. EU Nr. L 165 vom 30.04.2004. S. 1. 37 Zu den weiteren Voraussetzungen siehe Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 63. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 16 2.2.2.3.1. Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB Nach § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB hat eine zwingende Information der Öffentlichkeit zu erfolgen, wenn ein hinreichend begründeter Verdacht besteht, dass Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen bestimmter Stoffen überschritten werden, die durch Vorschriften im Anwendungsbereich des LFGB festgelegt werden.38 2.2.2.3.2. Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB Daneben ist bei nicht unerheblichem oder wiederholtem Verstoß gegen Verbraucherschutzvorschriften und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB eine Öffentlichkeitsinformation zwingend.39 2.2.2.3.3. Rechtsfolge bei Vorliegen der Voraussetzungen Sind die Voraussetzungen der Norm erfüllt, hat die Behörde die Öffentlichkeit zu informieren und zwar unter Nennung der Bezeichnung des Lebens- oder Futtermittels sowie unter Nennung des entsprechenden Unternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebens- oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist. Diese zwingende Verpflichtung soll jedoch durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt sein.40 Weiterhin heißt es zu den Rechtsfolgen des § 40 Abs. 1a LFBG bei Zipfel/Rathke (2015): „Die Formulierung hergestellt, oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist besagt, dass die Behörde nach eigenem Ermessen entscheiden kann, welches Unternehmen sie bei der Information der Öffentlichkeit angibt. Das Ermessen ist jedoch sachgebunden, d. h. die Behörde muss dasjenige Unternehmen angegeben, dessen Angabe dem Zweck der Vorschrift am besten dient. […] Nicht geregelt ist, über welche Medien die Öffentlichkeit informiert werden soll. Daraus ergibt sich, dass die Behörde auch insoweit ein sachgebundenes Ermessen hat. In Betracht kommen Aushänge in den Geschäften und Informationen über Medien aller Art einschließlich Veröffentlichung über Portale im Internet.“41 38 Eine Auflistung von in Normen und numerisch festgelegten zulässigen Grenzwerten, Höchstgehalten und Höchstmengen findet sich bei Pache, Eckhard/Meyer, Alfred Hagen (2012). In: Meyer, Alfred Hagen/Streinz, Rudolf (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 15). LFGB § 40 Rn. 36. 39 Zu den Details der Voraussetzungen siehe Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 68 ff. 40 Strittig, vgl. Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 61 m. w. N. 41 Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 77 f. Kursivschreibweise ist Bestandteil des Originals. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 17 2.2.2.4. Weitere Vorgaben für die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsinformation bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 bzw. Abs. 1a LFGB Bei der Prüfung, ob in konkreten Einzelfällen Informationspflichten nach § 40 Abs. 1 oder Abs. 1a LFGB bestehen, sind neben den erläuterten Spezialvorgaben auch die oben genannten Regelungen des § 40 Abs. 2 und Abs. 3 LFGB zu beachten.42 Hervorzuheben ist etwa, dass die Behörde vor der Öffentlichkeitsinformation den betroffenen Hersteller bzw. Inverkehrbringer grundsätzlich anzuhören hat (§ 40 Abs. 3 LFGB). 3. Rechtliche Vorgaben für weitere behördliche Maßnahmen bei Salmonelleninfektionen Nachfolgend werden die rechtlichen Vorgaben dargestellt und überblicksartig erläutert, die anzuwenden sind, wenn in Legehennenbetrieben Infektionen mit Salmonellen des Typs Samonella enteritidis auftreten. 3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen Auf europäischer Ebene wird die grundsätzliche Überwachung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten , die von Tiere auf Menschen und umgekehrt (Zoonosen) über Lebensmittel übertragbar sind, durch die Verordnung (EG) Nr. 2160/200343 (SalmonellenbekämpfungsVO) sowie die Richtlinie 2003/99/EG44 (ZoonosenüberwachungsRL) geregelt. Darüber hinaus ist im Hinblick auf die spezielle Überwachung und Bekämpfung von Salmonelleninfektionen bei Legehennen die Verordnung (EU) Nr. 517/201145 zur Durchführung der SalmonellenbekämpfungsVO von Bedeutung . 42 Für Details siehe Rathke, Kurt-Dietrich (2015). In: Zipfel, Walter/Rathke, Kurt-Dietrich (Hrsg.). a. a. O. (Fn. 8). LFGB § 40 Rn. 31 ff. 43 Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.11.2003 zur Bekämpfung von Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel übertragbare Zoonoseerregern. ABl. EG Nr. L 325 vom 12.12.2003. S. 1. 44 Richtlinie 2003/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.11.2003 zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern und zur Änderung der Entscheidung 90/424/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 92/117/EWG des Rates. ABl. EG Nr. L 325 vom 12.12.2003. S. 31. 45 Verordnung (EU) Nr. 517/2011 der Kommission vom 25.05.2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf ein Ziel der Europäischen Union zur Senkung der Prävalenz bestimmter Salmonella-Serotypen bei Legehennen der Spezies Gallus gallus sowie zu Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 und der Verordnung (EU) Nr. 200/2010 der Kommission. ABl. EU Nr. L 138 vom 26.05.2011. S. 45. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 18 Auf Bundesebene sind zum einen die Regelungen des generellen Tiergesundheitsgesetzes46 und vor allem der speziellen Geflügel-Salmonellen-Verordnung47 (Geflügel-SalmonellenVO) zu beachten . Nachfolgend werden die wesentlichen Regelungen der europarechtlichen Salmonellenbekämpfungs VO sowie der bundesrechtlichen Geflügel-SalmonellenVO näher beleuchtet. 3.2. Regelungen der europäischen Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 Mit der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 (SalmonellenbekämpfungsVO) soll nach deren Art. 1 Abs. 1 gewährleistet werden, „dass angemessene und wirksame Maßnahmen zur Feststellung und Bekämpfung von Salmonellen und anderen Zoonoseerregern auf allen relevanten Herstellungs-, Verarbeitungsund Vertriebsstufen, insbesondere auf der Ebene der Primärproduktion, auch in Futtermitteln , getroffen werden, um die Prävalenz dieser Erreger und das von ihnen ausgehende Risiko für die öffentliche Gesundheit zu senken.“ Zu diesem Zweck regelt die Verordnung nach deren Art. 1 Abs. 2 lit. a) u. a.: „die Festlegung von Zielen für die Senkung der Prävalenz bestimmter Zoonosen in Tierpopulationen “. In diesem Zusammenhang sind einige der Erwägungsgründe der Verordnung von Interesse. Darin heißt es: „(18) Für bestimmte Zoonosen und Zoonoseerreger müssen jedoch spezifische Bekämpfungsmethoden festgelegt werden. (19) Diese spezifischen Anforderungen sollten an Zielen für die Senkung der Zoonosenund Erregerprävalenz ausgerichtet sein. (20) Die Ziele für Zoonosen und Zoonoseerreger in der Tierpopulation sollten insbesondere unter Berücksichtigung der […] Schwere der Krankheitsfälle beim Menschen […] festgelegt werden. (21) Um sicherzustellen, dass die Ziele rechtzeitig erreicht werden, sollten die Mitgliedstaaten gezielte Bekämpfungsprogramme aufstellen, die die Gemeinschaft genehmigen sollte.“ Folglich regelt die Verordnung nach deren Art. 1 Abs. 2 lit. b) und c) außerdem: 46 Gesetz zur Vorbeugung und Bekämpfung von Tierseuchen vom 22.05.2013, BGBl. I s. 1324. 47 Verordnung zum Schutz gegen bestimmte Salmonelleninfektionen beim Haushuhn und bei Puten vom 17.01.2014, BGBl. I S. 58; zuletzt geändert durch Verordnung vom 29.12.2014, BGBl. I S. 2481. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 19 „die Genehmigung spezifischer Bekämpfungsprogramme der Mitgliedstaaten und Lebensund Futtermittelunternehmer“ sowie „die Festlegung spezifischer Vorschriften für bestimmte Bekämpfungsmethoden, die zur Senkung der Prävalenz von Zoonosen und Zoonoseerregern angewandt werden“. Nach Art. 5 Abs. 1 der SalmonellenbekämpfungsVO in Verbindung mit deren Anhang I sind die Mitgliedstaaten im Hinblick auf Legehennenbetriebe verpflichtet, nationale Programme zur Bekämpfung aller Salmonella-Serotypen aufzustellen. Dabei definiert Art. 5 Abs. 3 der Salmonellenbekämpfungs VO die Mindestanforderungen an die jeweiligen Bekämpfungsprogramme. So lautet die Norm auszugsweise „Art. 5 – Nationale Bekämpfungsprogramme […] (3) Die nationalen Bekämpfungsprogramme: a) enthalten Vorschriften für die Feststellung von Zoonosen und Zoonoseerregern entsprechend den Anforderungen und den Mindestvorschriften für Probenahmen gemäß Anhang II; b) […] c) regeln die Bekämpfungsmaßnahmen nach Feststellung einer Zoonose oder eines Zoonoseerregers , insbesondere zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, einschließlich der Durchführung der spezifischen Maßnahmen gemäß Anhang II“. […]“ Während Teil A des durch Art. 5 der SalmonellenbekämpfungsVO in Bezug genommenen Anhangs II allgemeine Anforderungen an die Inhalte der nationalen Bekämpfungsprogramme formuliert , lautet der für Legehennenbetriebe spezielle Anforderungen formulierende Teil D folgendermaßen : „D. Besondere Anforderungen an Legehennenherden 1. Nach Ablauf von 72 Monaten nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung dürfen für den direkten menschlichen Verzehr (als Konsumeier) nur noch Eier verwendet werden, die aus einer Legehennenherde stammen, die einem nach Artikel 5 aufgestellten nationalen Programm unterliegt und für die keine amtliche Sperre gilt. 2. Eier, die aus Herden mit unbekanntem Gesundheitsstatus stammen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie infiziert sind, oder die aus infizierten Herden stammen, dürfen nur dann für den menschlichen Verzehr verwendet werden, wenn sie in einer Weise behandelt werden, dass die Tilgung aller Salmonella-Serotypen mit Belang für die öffentliche Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 20 Gesundheit gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über Lebensmittelhygiene gewährleistet ist. 3. Wenn Vögel von infizierten Herden geschlachtet oder vernichtet werden, so sind Maßnahmen zu treffen, um das Risiko der Ausbreitung von Zoonosen möglichst gering zu halten . Die Schlachtung muss gemäß den Gemeinschaftsvorschriften über Lebensmittelhygiene erfolgen. Aus solchen Vögeln gewonnene Erzeugnisse dürfen im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über Lebensmittelhygiene und – sobald anwendbar – gemäß Abschnitt E für den menschlichen Verzehr in Verkehr gebracht werden. Sind solche Erzeugnisse nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt, müssen sie gemäß der Richtlinie (EG) Nr. 1774/2002 verwendet oder beseitigt werden.“ Mit der Entscheidung vom Dezember 200748 genehmigte die Europäische Kommission die die Legehennenbetriebe betreffenden Vorgaben der Hühner-Salmonellen-Verordnung49 als nationales Bekämpfungsprogramm im Sinne der Vorgaben der SalmonellenbekämpfungsVO.50 Festhalten lässt sich folglich, dass die konkreten Vorgaben etwa für behördliche Maßnahmen bei Salmonelleninfektionen in Legehennenbetrieben in der bundesrechtlichen Geflügel-Salmonellen VO enthalten sind. 3.3. Regelungen der nationalstaatlichen Geflügel-SalmonellenVO des Bundes Nachfolgend werden daher die Regelungen skizziert, die behördliche Maßnahmen im Falle von Salmonelleninfektionen in Legehennenbetrieben zum Gegenstand haben. Nach der Definition in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Geflügel-SalmonellenVO sind Legehennenbetriebe im Sinne der Verordnung solche Betriebe, in denen „mindestens 350 Hühner erwerbsmäßig zum Zwecke der Konsumeierproduktion gehalten werden“. Weiterhin unterscheidet die Geflügel-SalmonellenVO zwischen Salmonellen der Kategorie 1 und Salmonellen der Kategorie 2. Nach der maßgeblichen Legaldefinition in § 1 Abs. 1 Nr. 7 und 8 Geflügel-SalmonellenVO gehört zur Kategorie 1 auch Salmonella enteritidis. Diese Unterscheidung ist für die weiteren Pflichten des Besitzers von Legehennenbetrieben sowie für die Zulässigkeit behördlicher Maßnahmen von Bedeutung. 48 Entscheidung der Kommission vom 11.12.2007 zur Genehmigung bestimmter nationaler Programme zur Salmonellenbekämpfung bei Legehennenbeständen der Spezies Gallus gallus (2007/848/EG). ABl. EG Nr. L 333 vom 19.12.2007. S. 83. 49 Die Hühner-Salmonellen-Verordnung ist der ehemalige Name der aktuellen Geflügel-SalmonellenVO, vgl. Bundesrat (2013). Erste Verordnung zur Änderung der Hühner-Salmonellen-Verordnung. Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 06.11.2013. BR-Drs. 757/13. 50 Vgl. dazu Bundesrat (2013). a. a. O. (Fn. 49). S. 17 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 21 3.3.1. Allgemeine Regelungen zur Salmonellenbekämpfung Die §§ 1 – 7 der Geflügel-SalmonellenVO enthalten neben den Begriffsbestimmungen auch noch allgemeine Pflichten u. a. für Besitzer von Legehennenbetrieben. So hat etwa der Besitzer eines Legehennenbetriebs bereits den Verdacht auf eine Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen.51 Eine Verletzung dieser Pflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des Tiergesundheitsgesetzes52 (Tier- GesG) dar und kann mit einer Geldbuße von bis zu 30.000,- EUR geahndet werden.53 Weiterhin hat der Besitzer in diesem Fall nach § 6 Geflügel-SalmonellenVO „unverzüglich Untersuchungen zur Ermittlung der Ursache des Verdachtes oder der Infektion unter Hinzuziehung eines Tierarztes durchzuführen oder durchführen zu lassen.“ Daneben normiert § 7 Geflügel-SalmonellenVO detaillierte Vorgaben für die umfangreiche Reinigung und Desinfektion, die im Falle eines Verdachts auf eine Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 durchzuführen sind. Diese Verpflichtung bezieht sich auf sämtliche Räumlichkeiten und Gegenstände, die Träger von Salmonellen sein können. 3.3.2. Spezielle Regelungen für Legehennenbetriebe Demgegenüber enthalten die §§ 19 – 24 Geflügel-SalmonellenVO spezielle Regelungen zur Bekämpfung von Salmonelleninfektionen in Legehennenbetrieben. Nach § 22 Geflügel-SalmonellenVO führt die zuständige Behörde „1. im Falle des Verdachtes auf eine Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 nach § 4, 2. soweit sonstige hinreichende Anhaltspunkte den Verdacht auf eine Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 begründen, oder 3. soweit durch epidemiologische Untersuchungen die Eier eines Legehennenbetriebes als Ursache einer Salmonellose bei Menschen festgestellt sind, eine Untersuchung der betroffenen Herde […] durch.“ Sollten bei einer derartigen Untersuchung Salmonellen der Kategorie 1 amtlich festgestellt werden , dürfen nach § 23 Geflügel-SalmonellenVO „1. Hühner aus dem Betrieb oder der betroffenen Betriebsabteilung nur verbracht werden 51 § 4 Geflügel-SalmonellenVO. 52 Gesetz zur Vorbeugung und Bekämpfung von Tierseuchen vom 22.05.2013, BGBl. I s. 1324. 53 Vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 3 Geflügel-SalmonellenVO in Verbindung mit § 37 Abs. 3 TierGesG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 22 a) zu diagnostischen Zwecken, b) unmittelbar zur Schlachtung […] oder c) zur Tötung und unschädlichen Beseitigung, 2. Eier aus dem Betrieb oder der betroffenen Betriebsabteilung nur a) unmittelbar zur Verarbeitung ein einen nach Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 zugelassenen Verarbeitungsbetrieb für Eiprodukte, b) als Eier der Klasse B nach Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 oder c) zur unschädlichen Beseitigung verbracht werden. […]“ Nach § 24 Geflügel-SalmonellenVO sind diese Maßnahmen erst dann nicht mehr anzuwenden, wenn der Verdacht auf eine Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 oder die Infektion mit diesen Salmonellen im Sinne des § 24 Abs. 2 und Abs. 3 Geflügel-SalmonellenVO erloschen sind. Die Überwachung dieser Vorgaben obliegt den nach Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) zuständigen Behörden, die auf der Grundlage des § 24 TierGesG die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Norm lautet auszugsweise: „§ 24 – Überwachung (1) Die Durchführung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften[54] sowie der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes obliegt den zuständigen Behörden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. In diesem Rahmen überwachen sie die Einhaltung der vorstehend genannten Vorschriften sowie der auf Grund dieser Vorschriften ergangenen vollziehbaren Anordnungen. […] (2) […] (3) Die zuständige Behörde trifft die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts, eines Verstoßes oder 54 Dies schließt die Geflügel-SalmonellenVO ein, da diese auf Grund des Tierseuchengesetzes (vom 22.06.2004, BGBl. I S. 1260, ber. S. 3588; zuletzt geändert durch Gesetz vom 07.08.2013, BGBl. I S. 3154; aufgehoben mit Wirkung vom 01.05.2014 durch § 45 TierGesG) erlassen wurde, welches seinerseits durch das Tiergesundheitsgesetz ersetzt wurde, vgl. dazu Deutscher Bundestag (2013). Entwurf eines Gesetzes zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 09.01.2013. BT-Drs. 17/12032. S. 30, 43. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 102/15 Seite 23 zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße erforderlich sind. Sie kann insbesondere 1. […] 2. anordnen, dass derjenige, der ein Tier hält[…] a) eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und ihr das Ergebnis mitteilt , (b) […] 3. vorübergehend verbieten, dass ein Tier oder Erzeugnis verbracht oder in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis der Untersuchung einer entnommenen Probe […] vorliegt , 4. das Verbringen oder das Inverkehrbringen eines Tieres oder das Herstellen, das Behandeln , das Verbringen oder das Inverkehrbringen eines Erzeugnisses verbieten oder beschränken, […] 8. eine Maßnahme überwachen oder, soweit erforderlich, anordnen, mit der verhindert werden soll, dass ein Tier oder ein Erzeugnis, das den Verbraucher noch nicht erreicht hat, auch durch andere Wirtschaftsbeteiligte weiter in den Verkehr gebracht wird (Rücknahme ), oder die auf die Rückgabe eines in den Verkehr gebrachten Tieres oder Erzeugnisses abzielt, das den Verbraucher oder den Verwender bereits erreicht hat oder erreicht haben könnte (Rückruf), 9. anordnen, dass diejenigen, die einer von einem lebenden oder toten Tier, einem Teil eines Tieres oder Erzeugnisses ausgehenden Gefahr ausgesetzt sein können, rechtzeitig in geeigneter Form auf diese Gefahr hingewiesen werden, […] (4) Natürliche und juristische Personen und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen haben den zuständigen Behörden auf Verlangen die Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der den Behörden nach Absatz 1 übertragenen Aufgaben erforderlich sind. […] […]“ Insbesondere mit den Regelungen in § 24 Abs. 3 TierGesG werden der zuständigen Behörde alle erforderlichen rechtlichen Möglichkeiten eingeräumt, um Verdachtsfälle oder Verstöße auszuräumen bzw. im Vorfeld bereits tätig zu werden.55 55 So die Begründung zum Entwurf der Vorschrift, vgl. Deutscher Bundestag (2013). a. a. O. (Fn. 54). S. 43.