© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 097/20 Nutzung von Geodaten für flächenbezogene EU-Agrarzahlungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 097/20 Seite 2 Nutzung von Geodaten für flächenbezogene EU-Agrarzahlungen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 097/20 Abschluss der Arbeit: 21. September 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 097/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Luft- und Satellitenbilder als Kontrollinstrument flächenbezogener EU-Agrarbeihilfezahlungen 4 3. Programme der Bundesländer für die geobasierte Antragstellung 5 4. Satellitendaten des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 097/20 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wurde nach den technischen Programmen der 16 Bundesländer, die zur Ermittlung der Zahlungsansprüche von EU-Agrarbeihilfen eingesetzt werden und nach den EU-Ländern, die das Erdbeobachtungssystem Copernicus für diese Zwecke nutzen. 2. Luft- und Satellitenbilder als Kontrollinstrument flächenbezogener EU-Agrarbeihilfezahlungen Der Europäische Rechnungshof erläutert in seinem aktuellen Sonderbericht, Luft- und Satellitenbilder würden in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) schon lange dafür eingesetzt, um einen Teil der flächenbezogenen Beihilfen zu kontrollieren.1 Nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erfolgte Anfang der 1990er Jahre die EU-weite Einführung der Satellitenfernerkundung als Kontrollinstrument flächenbezogener EU-Agrarbeihilfezahlungen im Bereich des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKos). Demnach setzen fast alle Bundesländer seit Jahren Fernerkundungsmethoden zur Durchführung von Vor-Ort- Kontrollen von landwirtschaftlichen Flächen ein.2 Aufgrund der hohen Zeit- und Kostenersparnis sei der Anteil der Fernerkundungskontrollen in Deutschland für den Bereich der Direktzahlungen in den letzten Jahren stetig angestiegen.3 Nach Angaben des Europäischen Rechnungshofs wurde mit der GAP-Reform von 2013 der Einsatz des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen (land-parcel identification system - LPIS) obligatorisch. Es basiere auf Luft- und Satellitenbildern, bei denen geometrische Verzerrungen korrigiert ("orthorektifiziert") würden.4 Für die Luftbildaufnahmen werden die 16 Bundesländer im Auftrag der jeweiligen Landesvermessungsämter alle drei Jahre mit Flugzeugen überflogen (ca. 30 Prozent des Landes jährlich), um digitale Orthofotos (DOPs) zu erstellen. Nach Rechnungshofangaben nutzen die Zahlstellen LPIS zur Kontrolle, damit Zahlungen ausschließlich für beihilfefähige landwirtschaftliche Flächen und pro landwirtschaftlicher Fläche nur einmal getätigt würden. In Deutschland verfüge jede Region über ein LPIS. Die LPIS-Orthofotos mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung (meist 25-50 cm pro Pixel) würden in der Regel alle drei Jahre aktualisiert.5 1 https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_04/SR_New_technologies_in_agri-monitoring_DE.pdf 2 BMEL (2019). Programm des BMEL zur Fernerkundung. Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung. April 2019. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Fernerkundung .pdf?__blob=publicationFile&v=7 3 BMEL (2019). Programm des BMEL zur Fernerkundung Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung. April 2019. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Fernerkundung .pdf?__blob=publicationFile&v=7. 4 https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_04/SR_New_technologies_in_agri-monitoring_DE.pdf 5 https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_04/SR_New_technologies_in_agri-monitoring_DE.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 097/20 Seite 5 3. Programme der Bundesländer für die geobasierte Antragstellung Um ihre Zahlungsansprüche für flächenbezogene EU-Agrarbeihilfen anzumelden, steht den anspruchsberechtigten Landwirten eine geobasierte Antragstellung (geo-spatial aid application - GSAA) zur Verfügung. Diese greift auf ein Geoinformationssystem (GIS) zurück, das es den Antragstellern ermöglicht, ihre „Beihilfe- und Zahlungsanträge zusammen mit der Geoposition ihrer angemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen auf elektronischem Wege einzureichen, d. h., die IT-Systeme der Zahlstellen verknüpfen nunmehr Geodaten mit landwirtschaftlichen Parzellen.“6 Da die Zuteilung von Zahlungsansprüchen durch die Agrarverwaltungs- bzw. Prämienstellen der Bundesländer erfolgt 7, werden von den einzelnen Bundesländern eigene Programme für die geobasierte Antragstellung genutzt. So wird z.B. in Baden-Württemberg das Beantragungssystem FIONA verwendet, in Bayern iBALIS, in Niedersachsen und Bremen ANDI, in Sachsen ELAISA und in Schleswig-Holstein und Hamburg ELSA. Nachfolgend findet sich ein Auszug aus der Tabelle der Zentralen InVeKoS-Datenbank mit den Beantragungssystemen der einzelnen Bundesländer : 6 Europäischer Rechnungshof (2020). Nutzung neuer Bildgebungstechnologien zur Überwachung der Gemeinsamen Agrarpolitik: Fortschritte insgesamt kontinuierlich, bei der Klima- und Umweltüberwachung jedoch langsamer . Sonderbericht. S. 10. https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_04/SR_New_technologies _in_agri-monitoring_DE.pdf. 7 https://www.zi-daten.de/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 097/20 Seite 6 Quelle Zentrale InVeKoS-Datenbank (Ausschnitt).8 8 https://www.zi-daten.de/gsaa-adress.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 097/20 Seite 7 4. Satellitendaten des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus Das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus liefert Satellitendaten. Copernicus greift auf Daten von bislang sieben Satelliten zurück (u. a. Sentinel-1 und -29). Die Daten haben in der Regel eine Auflösung von 10 m. Für die Antragstellung der Zahlungsansprüche ist nach Expertenangaben die Auflösung von 10 m zu ungenau, da bei dieser Auflösung z.B. Grenzen nicht sichtbar sind. Dazu bedarf es der genaueren LPIS-Orthofotos. Für die Kontrolle der angegebenen Zahlungsansprüche allerdings sind die Copernicus-Daten statt der Vor-Ort-Kontrolle gut nutzbar. Bereits seit 2018 können die Zahlstellen auf freiwilliger Basis statt der Vor-Ort-Kontrollen Copernicus-Sentinel-Daten nutzen.10 Auf freiwilliger Basis findet diese „Kontrolle durch Monitoring“ mit Copernicus-Daten seit dem Jahr 2019 bereits in fünf EU- Staaten statt (Malta, Spanien, Italien, Belgien und Dänemark).11 Laut BMEL beabsichtige die EU-Kommission in Zukunft für die Kontrolle von EU-Agrarbeihilfezahlungen noch mehr Fernerkundung einzusetzen, unter anderem mit Hilfe der Daten der Copernicussatelliten Sentinel-1- und -2.12 Nach Angaben des Europäischen Rechnungshofs könnten bei „Kontrollen durch Monitoring“ die Daten, die alle fünf Tage von Copernicus‐Sentinel 1 und 2 erfasst werden, mit den Angaben der Landwirte in ihren Anträgen zusammengeführt werden.13 So könnten die Zahlstellen grundsätzlich auch Tätigkeiten, die während des Jahres auf der Parzelle stattfinden, wie Pflanzen, Ernten, Mähen usw., überprüfen, ohne Vor-Ort-Kontrollen durchzuführen.14 *** 9 „Die Sentinel-2 Satelliten liefern Aufnahmen im sichtbaren und infraroten Spektrum zwischen 443 und 2190 nm. Ihre 13 Kanäle sind für die Beobachtung der Landoberflächen optimiert. Die hohe Auflösung von bis zu 10m und die Abtastbreite von 290 km sind ideal, um Veränderungen der Vegetation zu erkennen und etwa Erntevorhersagen zu erstellen, Waldbestände zu kartieren oder das Wachstum von Wild- und Nutzpflanzen zu bestimmen .“ https://www.d-copernicus.de/daten/satelliten/daten-sentinels/. 10 https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_04/SR_New_technologies_in_agri-monitoring_DE.pdf. 11 Europäischer Rechnungshof (2020). Nutzung neuer Bildgebungstechnologien zur Überwachung der Gemeinsamen Agrarpolitik: Fortschritte insgesamt kontinuierlich, bei der Klima- und Umweltüberwachung jedoch langsamer . Sonderbericht. S. 13. https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_04/SR_New_technologies _in_agri-monitoring_DE.pdf. 12 BMEL (2019). Programm des BMEL zur Fernerkundung Chancen für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Verwaltung. April 2019. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Fernerkundung .pdf?__blob=publicationFile&v=7. 13 https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_04/SR_New_technologies_in_agri-monitoring_DE.pdf. 14 https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_04/SR_New_technologies_in_agri-monitoring_DE.pdf.