© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 093/16 Indoor-Maßnahmen zur Emissionsminderung bei der Geflügelhaltung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 2 Indoor-Maßnahmen zur Emissionsminderung bei der Geflügelhaltung Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 093/16 Abschluss der Arbeit: 10. November 2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Einleitung 4 3. Immissionsschutzrechtliche Vorgaben für Tierhaltungsanlagen 6 4. Einzelne Indoor-Verfahren zur Emissionsminderung 7 5. VDI-Richtlinie 3894 -1 "Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen" 9 6. Zusammenhang zwischen Minderung des Rohproteingehaltes im Tierfutter und den Ammoniakemissionen 10 7. Weitere verfahrensintegrierte Minderungsmaßnahmen 11 8. Überprüfbarkeit von Indoor-Verfahren 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wurde nach Indoor-Maßnahmen zur Emissionsminderung bei der Geflügelhaltung und deren Bewertung. 2. Einleitung Der Anstieg der Geflügelhaltung in Deutschland führt auch zu größeren Emissionen von Ammoniak , Staub, Bioaerosolen und Gerüchen.1 Bei Tierhaltungsanlagen ist Ammoniak der bedeutendste entstehende Schadstoff.2 Neun Prozent der Ammoniakemissionen der Landwirtschaft stammen aus der Geflügelhaltung.3 Durch Abluftreinigungsanlagen, deren Kosten allerdings relativ hoch sind - mehr als 4 Euro pro Kilogramm Ammoniak (NH3)4 - werden diese Emissionen um 70 bis 90 Prozent messbar reduziert , und sie reduzieren auch die Staubbelastung.5 Während in der Schweinehaltung bereits mehr als 1.000 Abluftreinigungsanlagen errichtet wurden, sind mit Stand Dezember 2013 für die Geflügelhaltung erst 179 Anlagen vorhanden.6 Im Vergleich zur Schweinehaltung gibt es bei der Geflügelhaltung bislang vergleichsweise wenige DLG-zertifizierte Abluftreinigungsanlagen. Die 1 Vgl. https://www.thuenen.de/de/thema/nutztiershyhaltung-und-aquakultur/emissionen-mehr-als-nur-gestank /die-situation-in-der-gefluegelhaltung/ 2 http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Luft/taluft_entwurf_begruendung_bf.pdf Ammoniak (NH3) ist aufgrund der reaktiven Stickstoffverbindung (N) sehr wandlungsfähig und kann u.a. zu Nitrat (NO3) und zu Lachgas (N2O) umgewandelt werden. Vgl. Römpp-Online unter „Ammoniak“. https://roempp .thieme.de/roempp4.0/do/data/RD-01-02123 3 52 Prozent der Ammoniakemissionen stammen aus der Rinderhaltung, 20 Prozent aus der Schweinehaltung. https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/ammoniak 4 https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/ammoniak 5 https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/ammoniak; Hahne, Jochen et al. (2016). Aktuelle Entwicklung. Kosten-Nutzenanalyse und Vollzugsempfehlungen für den Einsatz von Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung. Dessau. Umweltbundesamt. UBA 2016/61. Abschlussdatum: August 2015. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/377/publikationen/aktuelle_entwicklung_kostennutze _nanalyse_und_vollzugsempfehlungen_fur_den_einsatz_von_abluftreinigungsanlagen_in_der_tierhaltung .pdf 6 Die Situation in der Geflügelhaltung. Hintergrund. https://www.thuenen.de/de/thema/nutztiershyhaltung-undaquakultur /emissionen-mehr-als-nur-gestank/die-situation-in-der-gefluegelhaltung/ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 5 Abluftreinigung in der Geflügelhaltung ist u. a. aufgrund sehr großer und stark schwankender Volumenströme schwieriger als in der Schweinehaltung.7 Für die Masthähnchenhaltung sind bislang fünf Anlagen DLG-zertifiziert, aktuell wurde nun allerdings auch für die Legehennenhaltung eine Anlage DLG-zertifiziert.8 Auf der am 15. bis 18. November 2016 stattfindenden EuroTier 2016 sollen verfahrensintegrierte Emissionsminderungsmaßnahmen, so genannte „Indoor-Verfahren“, vorgestellt werden, die die Emissionsursache an der Quelle, direkt im Stall, bekämpfen, anstelle der sog. End-of-pipe-Technologie , der Abluftreinigung. Zur EuroTier 2016 wird es ein Special „Indoor Emission Control – Maßnahmen zur Emissionsminderung” zur Geflügelhaltung geben. Hierzu führen die Veranstalter vorab Folgendes aus: „Im Geflügelstall entstehen Staub-, Ammoniak- und Geruchsemissionen, die sowohl das Stallklima als auch die Umgebung außerhalb des Stalls beeinflussen können. Im Euro- Tier-Special informieren Aussteller über verfahrensintegrierte Emissionsminderungsmaßnahmen , sogenannte „Indoor-Verfahren“, die die Entstehung der Staub-, Ammoniak - und Geruchsemissionen minimieren. Die Verfahren können in Bezug auf die Abluftreinigung bei Nachweis ihrer Wirksamkeit eine Alternative zur End-of-pipe-Technologie sein und haben den Vorteil, dass sie neben der emissionsmindernden Wirkung auch positive Effekte auf die Tiergesundheit und das Tierwohl sowie auf die Arbeitsbedingungen des Tierhalters haben. Ausgestellt und aufgezeigt werden Ansätze und Verfahren aus den Bereichen Boden (zum Beispiel spezielle Einstreumaterialien oder Einstreuzusatzstoffe ), Fütterung (zum Beispiel Futterzusatzstoffe oder angepasste Fütterung ) und Klimatechnik (zum Beispiel Wärmetauscher).“9 7 https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/377/publikationen/aktuelle_entwicklung_kostennutze _nanalyse_und_vollzugsempfehlungen_fur_den_einsatz_von_abluftreinigungsanlagen_in_der_tierhaltung .pdf 8 Zu einzelnen DLG-geprüften Abluftreinigungssystemen für Geflügel, siehe nachfolgende Links: Legehennen. http://www.dlg-test.de/tests/6344.pdf; Masthähnchen. http://www.dlg-test.de/tests/6271.pdf; Masthähnchen. http://www.dlg-test.de/tests/6254.pdf; Masthähnchen. http://www.dlg-test.de/tests/6260.pdf 9 http://www.dlg.org/aktuell_landwirtschaft.html?detail/2015dlg/1/1/8685 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 6 3. Immissionsschutzrechtliche Vorgaben für Tierhaltungsanlagen Aufgrund europäischer Regelungen (IVU-Richtlinie, ersetzt durch die IED-Richtlinie)10 gibt es für Tierhaltungsanlagen ab einer bestimmten Größe - zur Vermeidung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden - immissionsschutzrechtliche Vorgaben. National wurden die europäischen Vorgaben durch die Vierte Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz (4. BImSchV)11 und die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft)12 umgesetzt. Die novellierte TA Luft liegt derzeit als Arbeitsentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) vor (Stand: 9. September 2016): Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft. Entwurf des BMUB: http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Luft/taluft_entwurf _bf.pdf http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Luft/taluft_entwurf _begruendung_bf.pdf Die Bundesregierung erläuterte im Januar 2016, der Arbeitsentwurf zur Anpassung der TA Luft sehe für bestimmte Tierhaltungsanlagen den Einbau von qualitätsgesicherten oder zertifizierten Abluftreinigungseinrichtungen vor.13 In einigen Bundesländern - in Niedersachsen, Nordrhein- Westfalen und in Schleswig-Holstein - ist für große Schweinehaltungsanlagen der Einbau von Abluftreinigungsanlagen bereits verbindlich vorgeschrieben. Niedersachsen hat zudem das Ziel, auch in der Geflügelhaltung für große Ställe Filter vorzuschreiben.14 10 Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, die sog. IVU-Richtlinie ((ABl. 2008 Nr. L 24 S. 8ff), überarbeitet durch die Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung), die sog. Richtlinie über Industrieemissionen (IED-Richtlinie), (ABl. 2010 Nr. L 334 S. 17; ber. ABl. 2012 Nr. L 158f S. 25.) 11 Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen. BGBl. I 2013, 973 (3756). 12 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft. Vom 24. Juli 2002. GMBl. 2002, 511. http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet .de/bsvwvbund_24072002_IGI2501391.htm 13 Antwort der Bundesregierung vom 21. Januar 2016 auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN. Luftschadstoffe − Umsetzung der NEC-Richtlinie und Ziele für 2030. BT-Drs. 18/7320. http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/18/073/1807320.pdf 14 http://www.ml.niedersachsen.de/service/archivierte_beitraege/amtsperiode_meyer/fachsymposium-emissionsminderung -in-der-tierhaltung-120019.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 7 In den Arbeitsentwurf der TA Luft neu aufgenommen werden darüber hinaus sowohl Anforderungen an Geruchsimmissionen als auch an Bioaerosolimmissionen.15 (Für detailliertere Informationen zu Gesetzesänderungen im Umweltrecht siehe ANLAGE 1: Gnauk, Susanne (2016). „Umweltverträgliche Landwirtschaft. Gesetzesnovellen in der Pipeline. DGS Magazin. 31/2016, S. 35 ff.). Siemers (2016) geht sogar davon aus, dass von den erweiterten Vorgaben der novellierten TA Luft nicht nur immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Tierhaltungsanlagen (sog. IED-Anlagen ) betroffen sein werden, sondern auch solche, für die eine Baugenehmigung ausreicht.16 4. Einzelne Indoor-Verfahren zur Emissionsminderung Siemers (2016)17 stellt in seinem Aufsatz „Bereits im Stall für gute Luft sorgen - Emissionsminderung in Geflügelställen“ die Frage, welche Alternativen es zur Minderung von Schadstoffen aus Geflügelställen neben dem Einsatz einer Abluftreinigung gebe und verweist auf das „Special Geflügel “ auf der diesjährigen EuroTier 2016.18 Siemers (2016) listet folgende Indoor-Verfahren zur Emissionsminderung für den Bereich Stallboden: „Spezial-Einstreumaterial, Einstreuzusätze (chemisch, mineralisch, biologisch), Fußbodenheizung, Kottrocknung und –belüftung.“19 Für den Bereich Fütterung: „Fütterungszusätze (organisch, mineralisch), Tränkwasseraufbereitung, Einsatz effektiver Mikroorganismen, 15 http://www.bmub.bund.de/themen/luft-laerm-verkehr/luftreinhaltung/luft-luftreinhaltung-download/artikel /anpassung-der-ta-luft/ Siehe auch erläuternd hierzu die nachfolgende Präsentation, die allerdings vor dem aktuellen Arbeitsentwurf des BMUB entstanden ist. Grimm, Ewald (2016). Novellierung der TA Luft – Aktueller Stand. (Stand: 1. Juni 2016). Aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen für die Tierhaltung. https://www.ktbl.de/fileadmin/user_upload /Allgemeines/Download/Tagungen-2016/Rechtliche_Rahmenbedingungen_Tierhaltung /ARR_2016_Grimm.pdf 16 Siemers, Volker (2016). Bereits im Stall für gute Luft sorgen - Emissionsminderung in Geflügelställen. DGS Magazin – Das Magazin für die Geflügelwirtschaft und Schweineproduktion. 39/2016, Seite 27. 17 Der Autor ist im Testzentrum der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) tätig. 18 Siemers, Volker (2016). Bereits im Stall für gute Luft sorgen - Emissionsminderung in Geflügelställen. DGS Magazin – Das Magazin für die Geflügelwirtschaft und Schweineproduktion. 39/2016, Seite 26 – 30. 19 Siemers, Volker (2016). Bereits im Stall für gute Luft sorgen - Emissionsminderung in Geflügelställen. DGS Magazin – Das Magazin für die Geflügelwirtschaft und Schweineproduktion. 39/2016, Seite 29. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 8 Fütterung.“20 Für den Bereich Klimatechnik: „Vernebelung/Sprühkühlung, Verdunstungskühlung (Cooling pads), Spezielle Staubminderungsverfahren, Wärmetauscher, Klima-Vorraum/Zuluftkonditionierung, Einstreubelüftung/Doppelboden.“21 Siemers (2016) bespricht in seinem Aufsatz einige dieser Indoor-Verfahren. Er führt aus, dass eine Anerkennung des Emissionsminderungspotenzials der Indoor-Verfahren jedoch in der Regel schwierig sei, da bisher nur wenige der aufgeführten Maßnahmen und Produkte wissenschaftlich auf ihren emissionsmindernden Effekt hin untersucht worden seien. Neben ein paar grundsätzlichen wissenschaftlichen Arbeiten seien nur zu einigen wenigen Einstreu- und Futterzusätzen Studien verfügbar. Im Bereich Klimatechnik gebe es ebenfalls einige Messungen, z. B. zum Effekt von Wärmetauschern oder zu speziellen Verfahren der Staubminderung. Er weist zudem auf eine - in Anlehnung an die Prüfung zur Zertifizierung von Abluftreinigungsverfahren - aktuell gegründete DLG-Prüfungskommission für Indoor-Verfahren und auf den bestehenden Forschungsbedarf, um mehr belastbare Messdaten zu erhalten. Der Aufsatz liegt als ANLAGE 2 bei. Prof. Michael Grashorn von der Universität Hohenheim äußert zu Indoor-Verfahren Folgendes: „Möglichkeiten zur Verminderung der Freisetzung von emissionsrelevanten Substanzen [gewinnen] im Stall zunehmend an Bedeutung. Optimierungen bei der Fütterung und der Bodengestaltung (Einstreusubstrate) können in Kombination mit technischen Maßnahmen hier durchaus zu messbaren Emissionsminderungen führen und ggfs. die Installation teurer Abluftreinigungstechnik überflüssig machen. (…) Die Forderung nach immer stärkerer Reduzierung der Emissionen aus Geflügelställen erschwert zunehmend den Um- und Neubau von Geflügelställen. Daher gewinnt die Verminderung der Freisetzung von emissionsrelevanten Substanzen im Stall mehr und mehr an Bedeutung. Hier gibt es drei wesentliche Stellschrauben: Fütterung, Einstreusubstrate, Klimakontrolle. Es wird daher vom ZDG und der DLG für die EuroTier 2016 das Geflügelspecial ‚Indoor Emission Control‘ organisiert, welches das Potenzial dieser Optimierungsmaßnahmen veranschaulichen soll. Die Fütterung kann über die Optimierung der Stoffwechselleistung die Ausscheidungen beeinflussen. Eine Verbesserung der Futterverwertung reduziert in der Regel die Stickstoffausscheidung, wodurch wiederum die Bildung von Ammoniak vermindert wird. Hierzu wird eine Vielzahl an Futterzusatzstoffen, wie Prebiotka , Probiotika, Phytobiotika, organische Säuren usw., angeboten. Das Problem ist, dass die Wirkung der einzelnen Produkte/Substanzen nicht immer klar belegbar ist, auch 20 Siemers, Volker (2016). Bereits im Stall für gute Luft sorgen - Emissionsminderung in Geflügelställen. DGS Magazin – Das Magazin für die Geflügelwirtschaft und Schweineproduktion. 39/2016, Seite 29. 21 Siemers, Volker (2016). Bereits im Stall für gute Luft sorgen - Emissionsminderung in Geflügelställen. DGS Magazin – Das Magazin für die Geflügelwirtschaft und Schweineproduktion. 39/2016, Seite 29. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 9 wenn in der Regel positive Effekte beobachtet werden. Hier ist sicher noch mehr Forschungsbedarf erforderlich, um die Wissenslücke zu schließen. Ein anderer Ansatz ist die Bindung der ausgeschiedenen, emissionsrelevanten Substanzen. Hier gibt es eine Vielzahl von Einstreusubstraten, die einerseits für einen geringen Wassergehalt und anderseits für die Bindung von z.B. Stickstoff sorgen. Diese ersetzen die Standardeinstreu (Stroh, Hobelspäne) entweder teilweise bis vollständig oder werden dieser zugemischt. Die Wasseraufnahmekapazität ist durchaus unterschiedlich, so dass jeder Betrieb, auch unter Berücksichtigung der Kosten, die für sich beste Lösung auswählen muss. Trockene Einstreu ist eine der Voraussetzungen für eine geringe Ammoniakbildung. Diese kann durch eine Fußbodenheizung unterstützt werden, wobei allerdings eine erhöhte Staubbildung zum Problem werden kann. Verneblungssysteme für Wasser oder Wärmetauscher mit vorgeschalteter Kühlung können den Staub wieder binden. Generell kann das Potential dieser Indoor-Systeme als hoch angesehen werden, wenn es auch im Moment noch nicht möglich ist, das Ausmaß genau zu beziffern.“22 5. VDI-Richtlinie 3894 -1 "Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen" Enthält die TA Luft keine oder keine vollständigen Regelungen zur Begrenzung der Emissionen, so werden zur Ermittlung des Standes der Technik u. a. BVT-Merkblätter oder Richtlinien des VDI herangezogen.23 Genehmigungsbedürftige Anlagen müssen die „Beste Verfügbare Technik“ (BVT) bzw. den aktuellen Stand der Technik anwenden.24 Die besten verfügbaren Techniken werden für jede betroffene Branche in einem Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, der Industrie und den Umweltverbänden erarbeitet und in BVT-Merkblättern, die auch als branchenspezifische Referenzdokumente (Best Available Techniques (BAT) Reference Documents - BREFs) bezeichnet werden, festgelegt.25 Die BVT-Merkblätter enthalten auch detaillierte Beschreibungen von Techniken für die Tierhaltung. Eine Übersicht zum aktuellen Stand auf europäischer Ebene zur Intensivtierhaltung von Geflügel gibt das BVT-Merkblatt der Europäischen Kommission „Best Available Techniques (BAT) Reference Document for the Intensive Rearing of Poultry or Pigs“ in 22 Neuere technische Entwicklungen und Trends in der Geflügelhaltung. Prof. Dr. Michael Grashorn, AG Geflügel, Fachgebiet Populationsgenomik bei Nutztieren, Institut für Nutztierwissenschaften. Universität Hohenheim. Stuttgart. http://www.fairmessage.de/pages/messemagazin/messen-2016-quartal-4/eurotier-2016/entwicklungen -und-trends-in-der-gefluegelhaltung.php 23 https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/beste-verfuegbare-techniken/nutzung-der-bvtmerkblaetter -in-deutschland 24 Vgl. Art. 10 der IVU-Richtlinie. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=OJ:L:2008:024:0008:0029:de:PDF 25 https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/beste-verfuegbare-techniken Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 10 Kapitel 4.6.4.26 (Siehe ANLAGE 3. Bei dem Dokument handelt es sich allerdings noch um einen Arbeitsentwurf – „working draft in progress“.) Die VDI-Richtlinie 3894 -1 "Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen" enthält allgemeine Hinweise zur Emissionsvermeidung, z. B. in der Tabelle 18 "Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung der Ammoniak- und Geruchsemissionen" und in der Tabelle 20 „Maßnahmen und ihr Einfluss auf die Staubemissionen“.27 Das Thünen-Institut führt hierzu aus, die allgemeinen Hinweise entsprächen nach wie vor dem aktuellen Erkenntnisstand. Dort seien auch die für die Geflügelhaltung relevanten (Indoor-)Maßnahmen qualitativ bewertet (wie Zuluftkühlung , Fußbodenheizung, Bildung von Funktionsbereichen, Kotbandentmistung, Fütterung und Vermeidung von Tränkewasserverlusten) sowie Maßnahmen zur Staubbindung (Wasser- und Ölnebel ) beschrieben.28 6. Zusammenhang zwischen Minderung des Rohproteingehaltes im Tierfutter und den Ammoniakemissionen In der KTBL-Schrift 494 „Emissionen und Immissionen von Tierhaltungsanlagen – Handhabung der Richtlinie VDI 3894“ wird die - für alle Nutztierarten - grundsätzliche Bedeutung der Maßnahmen im Bereich der Fütterung zur Emissionsminderung hervorgehoben.29 In der Begründung zum Arbeitsentwurf zur TA Luft vom 9. September 2016 heißt es zur Wirksamkeit einer Stickstoff- und Phosphor-reduzierten Fütterung wie folgt: „Wissenschaftlich belegt ist der Zusammenhang von Minderung des Rohproteingehaltes im Futter der Tiere und den Ammoniakemissionen aus dem Stall. Die in der VDI-Richtlinie 3894, Bl.1 veröffentlichten Konventionswerte geben pro durchschnittlich reduziertem Rohproteingehalt im Futter von einem Prozent eine Ammoniakminderung von 10 Prozent an. Stand der Technik ist eine 20 prozentige Minderung von Ammoniakemissionen , die technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist. Dies wird deutlich vor dem Hintergrund, dass bereits in der Praxis Techniken verbreitet sind, die durchschnittlich sogar zwischen 30 und 40 Prozent Ammoniakminderung durch tägliche Anpassung der Rohproteingehalte im Futter erreichen. Die Stickstoff- und Phosphor -reduzierte Fütterung in Mehrphasen stellt die kosteneffizienteste Minderungsmaßnahme für Ammoniak und Phosphor in der Tierhaltung überhaupt dar, weil Kostenein- 26 European Commission (2015). Best Available Techniques (BAT) Reference Document for the Intensive Rearing of Poultry or Pigs. Industrial Emissions Directive 2010/75/EU (Integrated Pollution Prevention and Control). JOINT RESEARCH CENTRE Institute for Prospective Technological Studies Sustainable Production and Consumption Unit. European IPPC Bureau. FINAL Draft - August 2015. http://eippcb.jrc.ec.europa.eu/reference /BREF/IRPP_Final_Draft_082015_bw.pdf 27 So auch Antwort des Thünen-Instituts per E-Mail am 7.11.2016 an Verfasser. 28 Antwort des Thünen-Instituts per E-Mail am 7.11.2016 an Verfasser. 29 Eckhof, W.; Gallmann, E. ; Grimm, E. et al. (2012). Emissionen und Immissionen von Tierhaltungsanlagen – Handhabung der Richtlinie VDI 3894. S. 70. (Fernleihe). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 11 sparungen beim Kauf der Futtermittel erreicht werden. Die positiven synergetischen Effekte für das Tierwohl und zugleich zur Emissionsminderung sind hier unbedingt hervorzuheben .“30 Siemers (2016)31 verweist in seinem Aufsatz auf ein von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen erstelltes „Verzeichnis der RAM-Futterhersteller und Anforderungen an RAM-Futter“. (Das Verzeichnis der RAM-Futterhersteller liegt als ANLAGE 4 bei.) Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen informiert auf ihrer Homepage, dass sie Mischfutterherstellern Untersuchungsverträge zur Begrenzung der Gehalte an Rohprotein und Phosphor u. a. auch für Legehennen-, Hähnchenmast - und Putenmastfutter anbietet, um den Nährstoffanfall in der Tierhaltung zu reduzieren .32 Das Thünen-Institut benennt in diesem Zusammenhang eine konsequente bedarfsgerechte Fütterung , wie sie in DLG-Band 199: Bilanzierung der Nährstoffausscheidungen landwirtschaftlicher Nutztiere, DLG-Verlag, 2. Auflage 2014 beschrieben sei, als Alternative, wenn für die Geflügelhaltung keine Abluftreinigung gefordert würde.33 7. Weitere verfahrensintegrierte Minderungsmaßnahmen Eine weitere Emissionsminderung für Ammoniak würde laut Hahne durch die Erhöhung der Entmistungsintervalle erreicht.34 Ewald Grimm (KTBL) weist ebenfalls auf diese als nachgewiesen wirksame Maßnahme bei der Jung- und Legehennenhaltung hin, die Kotbandentmistung mit oder ohne Belüftung (dann aber mindestens 2mal pro Woche Kotabzug). Diese Maßnahme sei zur Minderung gasförmiger Emissionen verfügbar und sehr effektiv. Allerdings würde in der Volierenhaltung die hohe Staubbelastung Probleme bereiten.35 Siehe zum Emissionsverhalten der einzelnen Legehennenhaltungsverfahren die nachfolgende Tabelle: 30 Hervorhebung durch Verfasser. http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download _PDF/Luft/taluft_entwurf_begruendung_bf.pdf 31 Siemers, Volker (2016). Bereits im Stall für gute Luft sorgen - Emissionsminderung in Geflügelställen. DGS Magazin – Das Magazin für die Geflügelwirtschaft und Schweineproduktion. 39/2016, Seite 29. 32 https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/1/nav/753/article/25537.html?&page=print 33 Antwort des Thünen-Instituts per E-Mail am 7.11.2016 an Verfasser. 34 Hahne, J. (2010). Mehrstufige Abluftreinigung für die Geflügelhaltung. Landtechnik 65 (2010) Nr.5, S. 334 ff.; Hahne, J. (2013). Dynamik und Höhe von Emissionen aus der Hühnerhaltung. Landtechnik 68 (2013), Nr. 5, S. 295 ff. 35 Laut Antwort von Ewald Grimm per E-Mail vom 8.11.2016 an Verfasser. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 12 Quelle: KTBL (2012).36 Grimm konstatiert, bei Mastgeflügel (Masthühner, Mastputen, Enten) würden entsprechende technische Maßnahmen zur Emissionsminderung weitgehend fehlen.37 Grimm verweist ebenfalls auf die VDI-Richtlinie 3894 "Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen - Haltungsverfahren und Emissionen" Blatt 1 (2011) und erläutert, nach den Vorgaben der VDI-Richtlinie seien die eingestreuten Böden mit einer Wärmedämmung auszuführen und vor dem Einstallen der Tiere vorzuwärmen, um ein Kondensieren von Luftfeuchte und die Vernässung der Einstreu, die Emissionen verursache, zu verhindern. Regelmäßiges Nachstreuen mindere ebenfalls die Emissionen. Darüber hinaus würden folgende Maßnahmen empfohlen: - Einsatz einer Bodenheizung in Verbindung mit Bodenkühlung, - Zuluftkonditionierung (Vorwärmen der Zuluft / Einsatz von Wärmetauschern, Befeuchtungskühlung ), - Einsatz von Umluftventilatoren zur Einstreutrocknung, - Einsatz verlustarmer Tränkesysteme (höhenverstellbare Nippeltränken mit Auffangschale ). Zudem würden auf dem Markt spezielle Einstreumittel und Zusätze in Einstreu, Futter und Tränkwasser angeboten, zu deren Wirkung nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen vorlägen .38 36 KTBL (2012). Ammoniak-Emissionsfaktoren und Minderungsmaßnahmen - Milchkuh-, Mastschweine- und Legehennenhaltung . Fachartikel. https://www.ktbl.de/fileadmin/user_upload/artikel/Tierhaltung/Allgemeines /Ammoniak-Emissionsfaktoren/Ammoniak-Emissionsfaktoren.pdf 37 Grimm verweist hier auf: Eurich-Menden, B.; Döhler, H.; Van den Weghe, H. (2011). Ammoniakemissionsfaktoren im landwirtschaftlichen Emissionsinventar - Teil 2. Geflügel und Mastschweine. Landtechnik 66 (2011), no.1, S. 60–63) 38 Laut Antwort von Ewald Grimm per E-Mail vom 8.11.2016 an Verfasser. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 093/16 Seite 13 8. Überprüfbarkeit von Indoor-Verfahren Nach Angaben des Thünen-Instituts sei zu bedenken, dass auch Indoor-Verfahren im Vergleich zu Abluftreinigungsverfahren reproduzierbar wirksam und prüfbar sein müssten, um eine Emissionsminderung sicherzustellen. Je geringer ein Emissionsminderungseffekt einer Maßnahme sei, desto umfangreicher müsse die Stichproben- oder Versuchsanzahl gegenüber einer Referenz sein, um wirklich einen belastbaren "signifikanten" Unterschied nachweisen zu können. Und das sei vielfach das Problem bei Indoor-Verfahren. Vielfach fehle eine vergleichbare Referenzanlage bei den Versuchen oder es würden aus Kostengründen zu wenig Versuche durchgeführt, die allein schon deswegen benötigt würden, um jahreszeitliche Effekte bewerten zu können. Der Emissionsmassenstrom ergebe sich aus dem Produkt aus Konzentration der Komponente und dem Volumenstrom , ggf. genormt auf Normtemperatur und Normdruck und trockene Luft. Aber allein die Volumenstrommessung könne kaum genauer als +/- 15 Prozent sein. Bei der Bestimmung der Konzentration einer Komponente sei es zunächst entscheidend, ein eignungsgeprüftes Messgerät sachkundig einzusetzen. Erschwerend komme hinzu, dass ein Stallgebäude nicht überall die gleiche Konzentration der betrachteten Komponente aufweise.39 Es sei schwierig, einem Verfahren einen bestimmten Abscheidegrad im unteren Prozentbereich zu attestieren. Ferner sei unklar, wie sich die Kombination verschiedener Indoor-Verfahren auswirken könne. Eine einfache Addition der Wirkungsgrade sei hier natürlich nicht möglich. Wenn die Zuluftkühlung z. B. mit einer Fußbodenheizung und einer zweimaligen Entmistung einer Legehennenanlage kombiniert würde, wirke sich dies auf das gesamte und längerfristige Emissionsgeschehen aus. Derartige Untersuchungsergebnisse lägen bislang nicht vor. Auch belastbare Kostenberechnungen würden bislang fehlen.40 Auch Grimm (KTBL) bewertet die Datenlage als insgesamt unzureichend, um die emissionsmindernde Wirkung der genannten Maßnahmen ausreichend zu quantifizieren bzw. zwischen den Maßnahmen zu differenzieren. Hier bestehe erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Daher würden die Maßnahmen im Rahmen von Stallbaugenehmigungsverfahren in der Regel nicht als emissionsmindernd anerkannt.41 ENDE DER BEARBEITUNG 39 Laut E-Mail vom Thünen-Institut vom 7.11.2016. 40 Laut E-Mail vom Thünen-Institut vom 7.11.2016. 41 Laut Antwort von Ewald Grimm per E-Mail vom 8.11.2016 an Verfasser.