© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 084/20 Fragen zu Gaslieferungsverträgen in der Grundversorgung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 084/20 Seite 2 Fragen zu Gaslieferungsverträgen in der Grundversorgung Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 084/20 Abschluss der Arbeit: 11.08.2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 084/20 Seite 3 Den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages sind Fragen zur Grundversorgung im Zusammenhang mit Gaslieferungsverträgen und deren Zustandekommen gestellt worden. Da der Fragestellung ein konkreter Einzelfall zugrunde liegt, der nicht Gegenstand der Begutachtung der Wissenschaftlichen Dienste sein kann, erfolgt die Beantwortung der Fragen abstrakt anhand allgemeiner Ausführungen unter Beachtung der derzeit geltenden Rechtslage. Nachdem die Fragestellung konkretisiert wurde stand nur eine kurze Bearbeitungsfrist zur Verfügung, weshalb die Darstellung hier kursorisch bleibt. Zur Beantwortung der Fragen wurde unter anderem das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) angeschrieben.1 Die zitierten Links wurden zuletzt am 11. August 2020 aufgerufen. Bei der Grundversorgung gemäß § 36 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – EnWG)2 handelt es sich um eine Art der Versorgung mit Strom oder Gas, auf die jeder Haushaltskunde einen Anspruch hat. Als Grundversorger fungiert das Energieversorgungsunternehmen , das in dem Netzgebiet vor Ort die meisten Haushaltskunden mit Gas bzw. Strom beliefert. Die Belieferung erfolgt dabei zu allgemeinen Bedingungen und allgemeinen Preisen.3 Bei der Grundversorgung handelt es sich um ein Instrument, welches ausschließlich Haushaltskunden zur Verfügung steht.4 Es besteht keine Regelungslücke im Hinblick auf Nicht-Haushaltskunden . Der Gesetzgeber hat die Regelung bewusst so ausgestaltet.5 Gemäß § 3 Nr. 22 EnWG sind Haushaltskunden „Letztverbraucher, die Energie überwiegend für den Eigenverbrauch im Haushalt oder für den einen Jahresverbrauch von 10 000 Kilowattstunden nicht übersteigenden Eigenverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kaufen“. Letztverbraucher sind gem. § 3 Nr. 25 EnWG „Natürliche oder juristische Personen, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen; auch der Strombezug der Ladepunkte für Elektromobile steht dem Letztverbrauch im Sinne dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen gleich“. 1 Die Antwort vom BMWi erfolgte mit E-Mail vom Parlaments- und Kabinettsreferat vom 06. August 2020. 2 Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 249 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, https://www.gesetze-im-internet.de/enwg_2005/BJNR197010005.html. 3 Bundesnetzagentur, Grundversorgung, Was versteht man unter Grundversorgung, https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Verbraucher/Vertragsarten/Grundversorgung /Grundversorgung_node.html. 4 Vgl. Heinlein/Weitenberg, in: Theobald/Kühling (Hrsg.), Energierecht, Werkstand: 105. EL Februar 2020, EnWG § 36 Rn. 31. 5 E-Mail des BMWi vom 6. August 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 084/20 Seite 4 Ein Vertrag über die Gaslieferung in der Grundversorgung kann durch ausdrückliche Vereinbarung oder aber durch Entnahme konkludent geschlossen werden. So ist in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen. Durch Entnahme von Gas wird die Offerte angenommen. Dieses Angebot auf Abschluss eines Gaslieferungsvertrages richtet sich typischerweise an denjenigen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Das kann beispielsweise auch der Mieter einer Wohnung sein. Entscheidend ist damit grundsätzlich, wer das Gas tatsächlich entnehmen und verbrauchen kann.6 Neben der Grundversorgung sieht das EnWG in § 38 EnWG noch die Ersatzversorgung vor. Zur Ersatzversorgung kommt es automatisch, wenn eine Entnahme keiner Lieferung oder keinem Liefervertrag zugeordnet werden kann. Es handelt sich dabei also um eine Art „Auffangbelieferung“. Anders als bei Grundversorgung begründet die Entnahme durch den Letztverbraucher jedoch keinen konkludenten Versorgungsvertrag zwischen dem Grundversorger und dem Verbraucher, sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis.7 Unter die Ersatzversorgung können nicht nur Haushaltskunden fallen, sondern sämtliche Letztverbraucher.8 Die maximale Dauer der Ersatzversorgung beträgt drei Monate.9 Eine häufige Konstellation der Ersatzversorgung stellt die Entnahme von Gas in Niederdruck ohne ausdrücklichen Vertrag durch einen Letztverbraucher dar, der nicht die Voraussetzungen eines Haushaltskunden nach § 3 Nr. 22 EnWG erfüllt. Denn auch wenn die Entnahme in Niederdruck erfolgt, entsteht hier kein Grundversorgungsvertrag.10 Schließlich können Verträge außerhalb der Grundversorgung (sogenannte Sonderverträge) geschlossen werden.11 *** 6 BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 165/18. Die Entscheidung kann über die Seite https://juris.bundesgerichtshof .de/cgi-bin/rechtsprechung/list.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288 aufgerufen werden. In dem Fall, der dem Urteil zugrunde lag, ging es um die Stromversorgung. In Rn. 10f finden sich indes weiterführende Feststellungen, die auch für die Gasversorgung gelten. 7 Vgl. Heinlein/Weitenberg, in: Theobald/Kühling (Hrsg.), Energierecht, Werkstand: 105. EL Februar 2020, EnWG § 38 Rn. 1. 8 Vgl. ebd., § 36 Rn. 26. 9 Vgl. ebd., § 38 Rn. 1 ff. 10 Vgl. Heinlein/Weitenberg, in: Theobald/Kühling (Hrsg.), Energierecht, Werkstand: 105. EL Februar 2020, EnWG § 38 Rn. 20. 11 S. zum Beispiel die Kommentierungen von Heinlein/Weitenberg in: Theobald/Kühling (Hrsg.), Energierecht, Werkstand: 105. EL Februar 2020, EnWG § 36 Rn. 25, § 40 Rn. 10; Bundesnetzagentur Verträge „außerhalb“ der Grundversorgung“ mit einem wettbewerblichen Energielieferanten, https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Verbraucher/Vertragsarten/Sondervertrag /faq_AusserhalbGrundversorgung-table.html#FAQ330356.