© 2019 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 084/19 Fragen zur Geltungsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen auf dem Gebiet der Verkehrsplanung und zur Historie des Verkehrsplanungsrechts Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 2 Fragen zur Geltungsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen auf dem Gebiet der Verkehrsplanung sowie zur Straßeninstandsetzungspflicht und Historie des Verkehrsplanungsrechts Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 084/19 Abschluss der Arbeit: 12. September 2019 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Vorbemerkungen 4 3. Zur Geltungsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen 5 3.1. Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses 5 3.2. Planaufhebung 6 3.3. Außerkrafttreten bei Nichtdurchführung des Plans 6 3.4. Nichterfüllen einer Planauflage 6 3.5. Funktionslosigkeit des Plans 7 4. Zur Instandsetzung von Bundesfernstraßen 8 5. Planungsrechtliche Grundlagen vor 1945 9 6. Zur Fortgeltung von Verwaltungsentscheidungen nach alter Rechtsordnung 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 4 1. Fragestellung Gegenstand dieses Sachstandes sind Fragen zur Geltungsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen, sowie zur Instandsetzung von Straßen und zur Historie des Verkehrsplanungsrechts. Da den Fragen ein konkreter Einzelfall zugrunde liegt, der nicht Gegenstand der Begutachtung der Wissenschaftlichen Dienste sein kann, erfolgt die kursorische Beantwortung der Fragen abstrakt vor dem Hintergrund eines möglichen Bauvorhabens der Wiedererrichtung einer Straßenbrücke über ein bestehendes Gewässer. Der Fokus liegt dabei gemäß der Zuständigkeit des Fachbereichs WD 5 auf dem Straßenplanungsrecht des Bundes. 2. Vorbemerkungen Fachplanung erfolgt in der Regel als Planfeststellungsbeschluss nach § 74 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)1 und damit als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 2 VwVfG. Das Planfeststellungverfahren stellt ein verfahrensrechtliches Instrument dar, das es einer Behörde ermöglicht , über ein komplexes raum- und umweltbeanspruchendes Vorhaben und seine öffentlichrechtliche Zulässigkeit in einem Verfahren eine einheitliche Sachentscheidung zu treffen.2 Geregelt ist es in den jeweiligen Fachplanungsgesetzen in Verbindung mit §§ 72 ff. VwVfG. Im Bereich der Verkehrsplanung steht der Bau und die Änderung von Bundesfernstraßen (Bundesstraßen mit Ortsdurchfahrten und Bundesautobahnen), die öffentliche Straßen darstellen und ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden sowie einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind, nach § 17 Abs. 1 S. 1 Bundesfernstraßengesetz (FStrG)3 unter Planungsvorbehalt .4 Zu den Bundesfernstraßen gehören nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG auch Brücken. Handelt es sich hingegen um den Bau oder die Änderung von Landesstraßen, richtet sich das Zulassungsverfahren nach jeweiligem Landesrecht.5 1 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Art. 5 Abs. 25 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist, https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/index.html#BJNR012530976BJNE009405116 [letzter Abruf: 12. September 2019]. 2 Siehe Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 72, Rn. 1-5; Kastner, in: Möllers, Wörterbuch der Polizei, 3. Auflage 2018, Stichwort: Verwaltungsverfahren. 3 Bundesfernstraßengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2237) geändert worden ist, https://www.gesetzeim -internet.de/fstrg/index.html#BJNR009030953BJNE002514124 [letzter Abruf: 12. September 2019]. 4 Abweichungen davon siehe Stüer, in: Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrecht, 5. Auflage 2015, Kapitel E., Rn. 3729. 5 Siehe z.B. §§ 35 ff. Thüringer Straßengesetz (ThürStrG) vom 7. Mai 1993, http://landesrecht.thueringen.de/jportal /?quelle=jlink&query=StrG+TH+%C2%A7+35&psml=bsthueprod.psml&max=true [letzter Abruf: 12. September 2019]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 5 Die wesentlichen Rechtswirkungen eines Planfeststellungsbeschlusses normiert § 75 VwVfG. So stellt die Verwaltungsentscheidung die Zulässigkeit des planfestgestellten Vorhabens fest (Genehmigungswirkung ).6 Weiterhin sind neben der Planfeststellung keine weiteren behördlichen Entscheidungen erforderlich, da sämtliche in Frage kommenden materiell-rechtlichen Vorschriften im Laufe des Planfeststellungsverfahrens geprüft werden (Konzentrationswirkung).7 Letztlich werden durch die Planfeststellung zudem alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen Vorhabenträger und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt (Gestaltungswirkung ).8 Der Planfeststellungsbeschluss genehmigt zwar das konkrete Vorhaben, verpflichtet dessen Träger grundsätzlich aber nicht dazu, den festgestellten Plan auch tatsächlich auszuführen.9 Will der Vorhabenträger das planfestgestellte Vorhaben jedoch verwirklichen, unterliegt er einer Planbefolgungspflicht – auch hinsichtlich der ihm nach § 74 Abs. 2 VwVfG auferlegten Leistungsverpflichtungen , zu denen etwa die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zählen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Von solchen kann sich nur im Wege der Planänderung nach § 76 VwVfG gelöst werden , die grundsätzlich ein erneutes Planfeststellungsverfahren erfordert.10 3. Zur Geltungsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen 3.1. Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses Die Voraussetzung für die Gültigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses ist zunächst dessen Wirksamkeit, die sich nach §§ 35 ff. VwVfG richtet, sofern sich aus den §§ 72 ff. VwVfG bzw. §§ 17 ff. FStrG nichts anderes ergibt.11 6 Näheres Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 75, Rn. 6 ff. 7 Näheres ebenda, Rn. 10 ff. 8 Näheres ebenda, Rn. 20 ff. 9 Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 74, Rn. 22; Traulsen /Haidinger, Die endgültige Aufgabe planfeststellungsbedürftiger Vorhaben, Natur und Recht 2009, S. 701. 10 Vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 19. Dezember 2007 – 9 A 22/06 –, Rn. 16, juris; Näheres dazu siehe Deutscher Bundestag , Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung, Bindungswirkung von Planfeststellungsbeschlüssen, WD 5 - 3000 - 028/19, 26. März 2019, https://www.bundestag.de/resource /blob/638752/89cac1def50b58a27aa63f880492af75/WD-5-028-19-pdf-data.pdf [letzter Abruf: 12. September 2019]. 11 Dazu Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 74, Rn. 157; siehe auch zu Nebenbestimmungen, die die Wirksamkeit entfallen lassen könnten Kämper, in: Johlen/Oerder, MAH, Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2017, § 19, Rn. 180 und Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 36, Rn. 140. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 6 3.2. Planaufhebung Wird ein Vorhaben endgültig – wenn auch nur teilweise – aufgegeben, so hat die Planfeststellungsbehörde den Planfeststellungsbeschluss nach § 77 S. 1 VwVfG ganz oder zum Teil aufzuheben.12 Dies gilt über den Wortlaut hinaus auch dann, wenn mit der Durchführung des Vorhabens zwar noch nicht begonnen wurde, das Vorhaben aber endgültig aufgegeben wurde.13 Handelt es sich hingegen um ein bereits fertig gestelltes planfeststellungsbedürftiges Vorhaben, finden mangels spezieller Regelungen die allgemeinen Aufhebungsregelungen (§§ 48, 49 VwVfG) Anwendung.14 Auch kann ein Planfeststellungsbeschluss anderweitig aufgehoben werden, z.B. im Zuge eines Rechtsbehelfsverfahrens durch gerichtliche Entscheidung, § 113 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)15. Durch eine Aufhebung verliert ein Verwaltungsakt nach § 43 Abs. 2 VwVfG seine Wirksamkeit. 3.3. Außerkrafttreten bei Nichtdurchführung des Plans Gemäß § 17c Nr. 1 FStrG in Verbindung mit § 75 Abs. 4 VwVfG kann der Plan zudem außer Kraft treten, wenn mit seiner Durchführung nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses begonnen wurde, es sei denn er wird zuvor auf rechtzeitigen Antrag des Straßenbaulastträgers um bis zu fünf Jahre verlängert.16 Für den Plan tritt dann durch Zeitablauf im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG Erledigung ein, sodass seine Wirksamkeit entfällt. Als Beginn der Durchführung gilt nach § 75 Abs. 4 VwVfG jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens.17 3.4. Nichterfüllen einer Planauflage Ein Planfeststellungsbeschluss kann unter Umständen auch dann seine Gültigkeit verlieren, wenn eine Planauflage nicht erfüllt wird. Auflagen können als Nebenbestimmungen im Sinne 12 Siehe Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 77, Rn. 5; Stüer, in: Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Kapitel E. Fachplanung, Rn. 5120. 13 Stüer, in: Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Kapitel E. Fachplanung, Rn. 5119; BVerwG, Urt. v. 11. April 1986 – 4 C 53/82 –, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1986, S. 834 ff. 14 Siehe z.B. Kämper, in: Bader/Ronellenfitsch [Hrsg.], BeckOK VwVfG, 44. Auflage 2019, § 77, Rn. 13 f.; zur generellen Anwendbarkeit siehe BVerwG, Urt. v. 19. Dezember 2017 – 3 A 8/15 –, in: NVwZ 2018, S. 501 ff., Rn. 23. 15 Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1294) geändert worden ist, https://www.gesetzeim -internet.de/vwgo/index.html#BJNR000170960BJNE013502308 [letzter Abruf: 12. September 2019]. 16 Zur Neuregelung des Geltungszeitraums eines Planfeststellungsbeschlusses im Zusammenhang mit Infrastrukturvorhaben siehe Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben (BGBl. I 2006, S. 2833 ff.); Näheres Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung – Grundlagen – Fachrecht – Rechtsschutz - Beispiele, 2. Auflage 2016, S. 498. 17 Näheres Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 75, Rn. 96. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 7 von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG grundsätzlich zum Hauptverwaltungsakt hinzutreten.18 Die Auflage enthält dabei eine eigene Sachregelung und stellt einen selbstständigen Verwaltungsakt dar.19 Regelungsgegenstand kann im Rahmen der Planfeststellung insbesondere die Anordnung von Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 VwVfG sein.20 Die Auflage ist im Gegensatz zur Bedingung im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nicht an die Rechtswirkungen der Hauptentscheidung geknüpft , weshalb der Planfeststellungsbeschluss bei Nichterfüllen der Auflage nicht seine Wirkung verliert.21 Es besteht jedoch die Möglichkeit den Planfeststellungsbeschluss nach § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwVfG zu widerrufen, wenn der Begünstigte eine Auflage nicht oder nicht fristgemäß erfüllt, wodurch der Planfeststellungsbeschluss nach § 43 Abs. 2 VwVfG seine Wirksamkeit verliert.22 Die Auflage selbst bleibt nach § 43 Abs. 2 VwVfG als Verwaltungsakt grundsätzlich solange wirksam , bis sie zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.23 So kann eine Auflage ihrerseits mit Nebenbestimmungen versehen werden und damit beispielsweise wegen Fristablauf oder Eintritt einer auflösenden Bedingung unwirksam werden.24 Zudem kann eine einzelne Auflage unter Umständen im Zuge einer isolierten Anfechtungsklage aufgehoben werden, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.25 Da Auflagen einen Teil des Planfeststellungsbeschlusses darstellen und zu diesem akzessorisch sind, erledigt sich die einzelne Auflage im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG auf andere Weise auch dann, wenn der Planfeststellungsbeschluss als Ganzes seine Gültigkeit verliert.26 3.5. Funktionslosigkeit des Plans Auch kann ein Planfeststellungsbeschluss auf dem Gebiet des Straßenplanungsrechts im Zuge der Einziehung der planfestgestellten Verkehrsanlage wegen Funktionslosigkeit seine Wirkung 18 Vgl. Kämper, in: Bader/Ronellenfitsch [Hrsg.], BeckOK VwVfG, 44. Auflage 2019, § 74, Rn. 8; Stelkens, in: Stelkens /Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 36, Rn. 140. 19 Vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 36, Rn. 83. 20 Vgl. Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 74, Rn. 168. 21 Näheres Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 36, Rn. 86 f. 22 Zur Vollstreckung der Auflage siehe Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 36, Rn. 84. 23 Näheres zur Wirksamkeitsdauer von Verwaltungsakten siehe Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 36, Rn. 190 ff. 24 Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 43, Rn. 198. 25 So z.B. BVerwG, Urt. v. 22. November 2000 – 11 C 2/00 –, in: NVwZ 2001, S. 429 ff.; siehe auch Überblick zum Meinungsstand zur Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen bei Fricke, Zur isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen , in: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 2019, S. 48 ff. 26 Vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 36, Rn. 83; Voßkuhle/Kaiser , Grundwissen – Öffentliches Recht: Nebenbestimmungen, in: Juristische Schulung (JuS) 2012, S. 699. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 8 verlieren.27 § 2 Abs. 4 bis 6 FStrG regelt die Einziehung von Straßen als actus contrarius zu ihrer Widmung (sog. Entwidmung). So ist nach § 2 Abs. 4 FStrG eine Bundesfernstraße, bei der sich die Verkehrsbedeutung geändert hat und die kein zusammenhängendes Verkehrsnetz mehr bildet sowie keinem weiträumigen Verkehr mehr dient oder zu dienen bestimmt ist oder überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, unverzüglich einzuziehen. Im Zuge der Entwidmung der Verkehrsanlage kann auch der ihre Errichtung legitimierende Planfeststellungsbeschluss wegen Funktionslosigkeit seine Wirkung verlieren.28 Ebenso kann ein Planfeststellungsbeschluss infolge tatsächlicher Entwicklungen funktionslos und rechtlich gegenstandslos werden.29 Funktionslosigkeit tritt dann ein, wenn der Plan durch äußere Umstände auf Dauer offensichtlich überholt und kein schutzwürdiges Vertrauen (mehr) auf den Fortbestand des Plans gegeben ist.30 In solchen Fällen verliert der Planfeststellungsbeschluss seine Wirksamkeit, indem er sich im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt hat.31 4. Zur Instandsetzung von Bundesfernstraßen Betreffend die Frage nach einer Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Wiederinstandsetzung zerstörter Teilabschnitte einer Straße ist auf die gesetzlichen Regelungen zur Straßenbaulast zu verweisen. Unter Straßenbaulast ist die Gesamtheit der mit dem Bau (Neu-, Um- bzw. Ausbau) und der Unterhaltung der Straßen zusammenhängenden Aufgaben zu verstehen.32 Dabei legt § 3 Abs. 1 FStrG fest, dass die Baulast für Bundesfernstraßen dessen Träger33 verpflichtet, die Straßen in einem Zustand zu erhalten oder in einen solchen zu versetzen, der dem „regelmäßigen Verkehrsbedürfnis“ genügt.34 Speziell für die Unterhaltung von Gewässerkreuzungsanlagen (z.B. Brücken) legt § 13a FStrG fest, dass der Träger der Straßenbaulast die Kreuzungsanlagen von Bundesfernstraßen und Gewässern auf seine Kosten zu unterhalten hat, soweit nichts anderes 27 Vgl. Kämper, in: Bader/Ronellenfitsch [Hrsg.], BeckOK VwVfG, 44. Auflage 2019, § 77, Rn. 14 f. 28 Dazu siehe ebenda, Rn. 14 f. 29 Vgl. BVerwG, Urt. v. 31. August 1995 – 7 A 19/94 –, Rn. 21 ff., juris; zur Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen vgl. BVerwG, Urt. v. 3. Dezember 1998 – 4 CN 3–97 –; Bell/Herrmann, Die Modifikation von Planfeststellungsbeschlüssen , in: NVwZ 2004, S. 288 ff. 30 Näheres Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG, Kommentar, 9. Auflage 2018, § 77, Rn. 7. 31 Ebenda, Rn. 8. 32 Tegtbauer, in: Kodal [Hrsg], Straßenrecht, 7. Auflage 2010, Kapitel 13, Rn. 3. 33 Nach § 5 Abs. 1 FStrG ist grundsätzlich der Bund Träger der Straßenbaulast für Bundesfernstraßen soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt, Näheres siehe Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Sachstand, Zuständigkeiten für Bundesstraßen - Konzeption , Planung, Bau und Änderung, WD 5 – 3000 – 077/18, 14. Juni 2018, https://www.bundestag.de/resource /blob/564570/69545a18fd7b23c5d82bfcf1228d370f/WD-5-077-18-pdf-data.pdf [letzter Abruf: 12. September 2019]. 34 Lampe, in: Erbs/Kohlhaas [Hrsg.], Strafrechtliche Nebengesetze, 224. EL März 2019, FStrG, § 3, Rn. 1 f.; Ein Anspruch auf Erfüllung der Straßenbaulast und damit auf Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe im Bereich der Daseinsvorsorge gegenüber der öffentlichen Hand als Träger besteht nicht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 9 vereinbart oder durch Planfeststellung bestimmt wird. Die Unterhaltungspflicht des Trägers der Straßenbaulast erstreckt sich dabei nicht auf Leitwerke, Leitpfähle, Dalben, Absetzpfähle oder ähnliche Einrichtungen zur Sicherung der Durchfahrt unter Brücken im Zuge von Bundesfernstraßen für die Schifffahrt sowie auf Schifffahrtszeichen. Im Gegensatz zu Straßenbau- oder –änderungsmaßnahmen bedarf es für reine Instandsetzungsmaßnahmen zur Erhaltung des ursprünglichen und bereits planfestgestellten Zustandes keiner erneuten Planfeststellung.35 Dies gilt auch für Fälle, in denen ein teilweise zerstörtes Vorhaben wiederaufgebaut werden soll, sofern die Fläche ihre ursprüngliche Funktion nicht verloren hat.36 Sobald im Rahmen einer Instandsetzung oder Wiederherstellung die Straße jedoch auch nur teilweise ausgebaut und damit vom ursprünglichen Plan abgewichen wird, bedarf dies grundsätzlich eines erneuten Planfeststellungsverfahrens.37 Inwiefern Besonderheiten für die Wiederinstandsetzung von während des Zweiten Weltkriegs durch die Wehrmacht zerstörten Straßen gelten, ist keine Frage des Verkehrsplanungsrechts, zu denen der Fachbereichs WD 5 im Rahmen seiner Zuständigkeiten Stellung nimmt. 5. Planungsrechtliche Grundlagen vor 1945 Soweit gefragt wurde, ob bereits vor 1945 verkehrsplanungsrechtliche Verfahren genutzt wurden, ist anzuführen, dass das Planfeststellungsverfahren als solches ursprünglich der eisenbahnrechtlichen „Genehmigung der Bahnlinie in ihrer vollständigen Durchführung durch alle Zwischenpunkte “ nach § 4 des Preußischen Gesetzes über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. November 1838 entspringt, das bereits von einer Zuständigkeitskonzentration gekennzeichnet war.38 Nachdem Art. 90 Weimarer Reichsverfassung (WRV) die Eisenbahnhoheit dem Reich übertragen hatte, übernahm dieses die eisenbahnrechtliche Planfeststellung durch § 37 des Reichsbahngesetzes vom 30. August 1924. Differenzen zwischen den Ländern und dem Reich über die Rechtsfolgen und Reichweite der Planfeststellung führten durch das Gesetz zur Änderung des Reichsbahngesetzes vom 13. März 1930 zu einer bereits in Art. 94 Abs. 1 S. 2 WRV vorgeschriebenen förmlichen Anhörung der sachlich beteiligten Landesbehörden. Durch § 8 des Gesetzes 35 Siehe z.B. Dürr, in: Kodal [Hrsg.], Straßenrecht, 7. Auflage 2010, Rn. 7.3; VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 2. Februar 2010 – 3 K 283/06 –; VGH München, Urt. v. 18. Mai 2017 – 6 BV 16.2345 –. 36 Bell/Herrmann, Die Modifikation von Planfeststellungsbeschlüssen, in: NVwZ 2004, S. 289. 37 Dürr, in: Kodal [Hrsg.], Straßenrecht, 7. Auflage 2010, Rn. 7.3 ff. 38 Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 72, Rn. 12; Brändlein, Die historische Entwicklung des Eisenbahnplanungsrechtes: Von 1825 bis 1945 (Teil 1), in: Infrastruktur Recht (IR) Energie, Verkehr, Abfall, Wasser 2015, S. 77; Preußische Gesetzessammlung (GS) 1838, S. 505. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 10 über die Errichtung eines Unternehmens „Reichsautobahnen“ vom 27. Juni 1933 wurde letztlich eine einheitliche straßenrechtliche Planfeststellung eingeführt.39 6. Zur Fortgeltung von Verwaltungsentscheidungen nach alter Rechtsordnung Das Fortbestehen vorkonstitutionellen Rechts ist vorrangig in Art. 123 Grundgesetz (GG)40 geregelt , der bestimmt, dass vorkonstitutionelles Recht fortgilt, soweit es dem GG nicht widerspricht .41 Dies ist grundsätzlich auch auf Rechtsnormen aus der Zeit des Nationalsozialismus anwendbar .42 Als „Recht“ kommt dabei jede Rechtsnorm innerstaatlichen Rechts in Betracht, die bereits vor dem Zusammentritt des Bundestages am 7. September 1949 in Deutschland galt und ursprünglich formell verfassungskonform sowie am genannten Stichtag noch gültig war.43 Nicht erfasst sind jedoch – wie vorliegend in Frage stehend – reine Verwaltungsentscheidungen wie Verwaltungsvorschriften und Verwaltungsakte.44 Auch etwaige Überleitungsvorschriften betreffend die Fortgeltung behördlicher Einzelentscheidungen aus der Zeit des Nationalsozialismus sind in den vorliegend in Frage kommenden Gesetzen (FStrG, VwVfG) nicht normiert.45 Es bleibt 39 Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 72, Rn. 13; Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens „Reichsautobahnen“ vom 27. Juni 1933 (RGBl. 1933, Teil II, Nr. 28, S. 509 ff.), abrufbar unter: http://www.verfassungen.de/de33-45/autobahnen33.htm [letzter Abruf: 12. September 2019], siehe dort §§ 6 ff. 40 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. März 2019 (BGBl. I S. 404) geändert worden ist, https://www.gesetze-im-internet.de/gg/index.html. 41 Siehe auch vergleichbare Regelung Art. 9 Einigungsvertrag (EV) betreffend die Fortgeltung von DDR-Recht und insbesondere Art. 19 EV betreffend die Fortgeltung von Einzelentscheidungen der DDR-Behörden, Näheres Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs [Hrsg.], VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 43, Rn. 236 ff. 42 Näheres dazu Wittreck, in: Dreier [Hrsg.], GG-Kommentar, 3. Auflage 2018, Art. 123, Rn. 24. 43 Dazu ebenda, Rn. 20. ff. 44 So z.B. Schulze/Jasper, in: Sachs [Hrsg.], GG Kommentar, 8. Auflage 2018, Art. 123, Rn. 5; Giegerich, in: Maunz/Düring, GG-Kommentar, 87. EL März 2019, Art. 123, Rn. 20. 45 Siehe allerdings Bestimmungen in § 24 FStrG betreffend u.a. Rechtsnormen aus der Zeit des Nationalsozialismus : § 24 Abs. 6 FStrG: „Beginn und Ende der Ortsdurchfahrten bemessen sich nach ihrer Festsetzung nach §§ 13 ff. der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die einstweilige Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltung vom 7. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1237), bis sie nach § 5 Abs. 4 neu festgesetzt werden.“, § 24 Abs. 7 FStrG: „Waldungen, die Schutzwaldungen nach § 9 des Reichsautobahngesetzes vom 29. Mai 1941 (RGBl. I S. 313) sind, gelten als Schutzwaldungen nach § 10.“, § 24 Abs. 9 FStrG: „Sind in Rechtsvorschriften aus der Zeit vor dem 23. Mai 1949 die Worte "Reichsautobahnen " oder "Reichsstraßen" gebraucht, so treten an ihre Stelle die Worte "Bundesautobahnen" oder "Bundesstraßen ".“ und § 24 Abs. 10 FStrG „Wo in anderen Gesetzen für das Unternehmen "Reichsautobahnen" besondere Rechte und Pflichten begründet sind, tritt an seine Stelle der Bund.“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 084/19 Seite 11 daher bei den generellen Wirksamkeitsvoraussetzungen für Verwaltungsakte bzw. Planfeststellungsbeschlüsse nach heutiger Rechtslage.46 Dabei führt der Umstand allein, dass die Verwaltungsentscheidung während der Zeit des Nationalsozialismus getroffen wurde, nicht per se zu ihrer Nichtigkeit.47 Eine solche ist nach Ansicht des BVerwG jedoch im Falle der Willkür anzunehmen .48 Die Frage, ob eine vor 1945 und damit nach alter Rechtsordnung gefasste Planungsentscheidung bis heute fortgilt, kann folglich nicht generell beantwortet werden, sondern bedarf vielmehr einer rechtlichen Prüfung bezogen auf die konkrete Verwaltungsentscheidung und die hier im einzelnen einschlägigen Rechtsvorschriften. Eine solche Einzelfallprüfung ist nicht Gegenstand der Begutachtung durch die Wissenschaftlichen Dienste.49 *** 46 So BVerwG, Urt. v. 7. Dezember 1995, – 3 C 15/94 –, Rn. 26, juris; siehe dazu Gliederungspunkt 3. 47 So bereits BVerwG, Beschl. v. 13. März 1969, – I B 9.69 –, juris. 48 BVerwG, Urt. v. 7. Dezember 1995, – 3 C 15/94 –, Rn. 26 ff., juris. 49 Siehe exemplarisch zu einer entsprechenden gerichtlichen Einzelfallprüfung betreffend das Fortbestehen von vor 1945 erlassenen jagdrechtlichen Abrundungsverfügungen BVerwG, Urt. v. 7. Dezember 1995, – 3 C 15/94 –, Rn. 26 ff., juris. Das BVerwG führt diesbezüglich u.a. wie folgt aus: „Es gilt damit der in § 43 Abs. 2 VwVfG verankerte Grundsatz, daß ein Verwaltungsakt wirksam bleibt, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Die allein in Betracht kommende Möglichkeit einer Erledigung durch Zeitablauf scheidet schon deshalb aus, weil die Beteiligten über Jahrzehnte von der Wirksamkeit der Angliederungsverfügung aus dem Jahre 1943 ausgegangen sind. Auch ein Fall der Nichtigkeit liegt erkennbar nicht vor. Der Umstand allein, daß die Verfügung während der Herrschaft des Dritten Reichs erlassen worden ist, führt nicht zu ihrer Nichtigkeit (vgl. Beschluß vom 13. März 1969 - BVerwG 1 B 9.69 - Buchholz 451.16 § 5 BJagdG Nr. 12). Nur wenn ein Akt der Willkür bei der Grenzbegradigung der Jagdbezirke vorläge, käme nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Nichtigkeit in Betracht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß im Jahre 1943 die Abrundung willkürlich verfügt worden ist. Die auf § 6 Abs. 1 RJG gestützte Behördenentscheidung führte zu einem sachgerechten Flächenaustausch zwischen dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk und dem staatlichen Eigenjagdbezirk. Wie sachgerecht dieser Ausgleich letztlich war, macht der Umstand deutlich, daß bis 1988 die damaligen Angliederungsmaßnahmen zwischen den Beteiligten außer Streit standen. Im übrigen entspricht die Regelung des § 6 Abs. 1 des RJG weitgehend dem heutigen § 5 Abs. 1 BJagdG. Die Abrundungsverfügung des Kreisjägermeisters ist auch nicht durch das Inkrafttreten des rheinland-pfälzischen Landesausführungsgesetzes zum BJagdG (AGBJG) beseitigt worden. Ebensowenig wie im BJagdG findet sich im AG-BJG eine einschlägige Übergangsregelung.“.