© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 080/16 Fragen zu Rüstungsexporten Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 2 Fragen zu Rüstungsexporten Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 080/16 Abschluss der Arbeit: 18.10.2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Genehmigungsverfahren 4 3. Kategorisierung der Rüstungsexportgenehmigungen nach EU, NATO und Drittstaaten 8 4. Mögliche Gründe für Rüstungsexporte 9 4.1. Politische Gründe 9 4.2. Volkswirtschaftliche Gründe 11 4.2.1. Ökonomische Effekte 11 4.2.2. Kooperationen 16 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Arbeit analysiert im Schwerpunkt aus Quellen des für Rüstungsexporte zuständigen Ministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie aus Studien und Presseartikeln die deutschen Rüstungsexporte. Die Gliederung der Arbeit orientiert sich dabei an den vorgelegten Fragen. 2. Genehmigungsverfahren Hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen des Exports von Rüstungsgütern wird auf die folgenden Gutachten des Fachbereichs WD 5 verwiesen: - Rechtliche Grundlagen für die Genehmigungsverfahren zum Export von Rüstungs- und Dual- Use-Gütern, WD 5 – 3000 – 106/14 (Anlage 1) - Aktuelle Fragen zu den rechtlichen Grundlagen von Rüstungsexportentscheidungen, WD 5 3000 – 174/14 (Anlage 2) Ergänzend wird auf die weiteren Ausführungen zu den Grundsätzen des Genehmigungsverfahrens seitens des für den Regelungsbereich Rüstungsexporte und deren Kontrolle maßgeblich zuständigen BMWi hingewiesen1: „Die Bundesregierung betreibt eine zurückhaltende, verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik. Rüstungsexporte sind kein Mittel der Wirtschaftspolitik. Die Entscheidungen über Genehmigungen für Rüstungsexporte richten sich in erster Linie nach außen- und sicherheitspolitischen Erwägungen . Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) verfolgt dabei die Entwicklungen in den importierenden Ländern auch aus Sicht der Rüstungsexportkontrolle genau. (…) Vor der parlamentarischen Sommerpause hat das Bundeskabinett am 6. Juli 2016 den Rüstungsexportbericht 20152 beschlossen. Im Gesamtjahr 2015 wurden Einzelgenehmigungen in Höhe von insgesamt 7,86 Mrd. Euro erteilt (2014: 3,97 Mrd. Euro). Der Anstieg der Genehmigungszahlen allein erlaubt allerdings keinen Rückschluss auf die Ausrichtung der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung, da auch einzelne Großaufträge regelmäßig zu Schwankungen der Genehmigungswerte führen. Ein hoher Anteil (41 Prozent) der Ausfuhrgenehmigungen entfiel im Jahr 2015 auf EU-/NATO- und NATO-gleichgestellten Länder. Die im Vergleich zum Vorjahr höheren Genehmigungszahlen sind unter anderem auf den Export von vier Tankflugzeugen in das Vereinigte Königreich (1,1 Mrd. Euro) zurückzuführen. Hervorzuheben ist auch die Genehmigung der 1 BMWi, Grundsätze und Genehmigungsverfahren http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ruestungsexportkontrolle/grundsaetze.html (letzter Abruf: 18.10.2016) 2 BMWi, Rüstungsexportbericht 2015, Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2015 http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/ruestungsexportbericht-2015,property=pdf,bereich =bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 5 Ausfuhr von Leopard 2-Kampfpanzern und Panzerhaubitzen nebst Munition und weiteren Begleitfahrzeugen nach Katar im Wert von rd. 1,6 Mrd. Euro. Dieser Genehmigung ist bereits im Jahr 2013, eine entsprechende Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz vorangegangen. (…) Rüstungsgüter sind kein Exportgut wie jedes andere - daher legt die Bundesregierung besonderen Wert auf Transparenz. Zum dritten Mal in Folge legt die Bundesregierung den Rüstungsexportbericht bereits vor der Sommerpause vor. Ergänzend dazu wurde bereits im Oktober 2015 erneut ein Zwischenbericht3 zur Genehmigung von Rüstungsexporten im ersten Halbjahr 2015 veröffentlicht . Zudem werden die abschließenden Genehmigungsentscheidungen des Bundessicherheitsrates gegenüber dem Parlament offengelegt. Damit wird schneller und umfassender über genehmigte Ausfuhren informiert und die Transparenz sowie die parlamentarische Kontrolle im sensiblen Bereich der Rüstungsexportpolitik verbessert4.“ Zum Genehmigungsverfahren führt das BMWi weiter wie folgt aus: „Entscheidungen über Rüstungsexporte sind stets Einzelfallentscheidungen. Deutschland hat ein restriktives rechtliches Regelwerk für die Ausfuhr von Rüstungsgütern. Dieses Regelwerk bestimmt : Es besteht kein Anspruch auf Genehmigung der Ausfuhr von Kriegswaffen. Genehmigungen können u.a. nur dann erteilt werden, wenn keine Gefahr besteht, dass die Kriegswaffen bei einer friedensstörenden Handlung verwendet werden. Die Herstellung, der Handel oder die Vermittlung sowie die Ausfuhr von Kriegswaffen unterliegen den strengen Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KrWaffKontrG)5. Verstöße gegen das KrWaffKontrG werden in der Regel mit hohen Freiheitsstrafen geahndet. Über Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung auf Grundlage der "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vom 19. Januar 2000"6 und des Gemeinsamen Standpunkts der EU betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern vom 8. Dezember 20087. Sie 3 BMWi, Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2015 http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/bericht-der-bundesregierung-ueber-ihre-exportpolitik -fuer-konventionelle-ruestungsgueter-im-ersten-halbjahr-2015,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache =de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) 4 Link im Text des BMWi http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ruestungsexportkontrolle/transparenz.html (letzter Abruf: 18.10.2016) 5 Link im Text des BMWi (Kriegswaffenkontrollgesetz, Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes) http://www.bmwi.de/DE/Service/gesetze,did=24226.html (letzter Abruf: 18.10.2016) 6 Link im Text des BMWi http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/aussenwirtschaftsrecht-grundsaetze,property=pdf,bereich =bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) 7 Link im Text des BMWi http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32008E0944:DE:HTML (letzter Abruf: 13.18.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 6 legt dabei zum Teil strengere Kriterien an, als dies vom Gemeinsamen Standpunkt der EU für Waffenausfuhren gefordert wird. Die Bundesregierung prüft Exportanträge sehr gründlich. Eine hohe Bedeutung bei der Prüfung kommt der Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität sowie der Achtung der Menschenrechte zu. Im Rahmen der Prüfkriterien wird u.a. differenziert nach EU-, NATO- und diesen gleichgestellten Staaten (Australien, Japan, Neuseeland, Schweiz) einerseits und Drittländern andererseits. Die Bundesregierung legt bei Rüstungsexporten in sogenannte Drittstaaten - also außerhalb von EU, NATO und gleichgestellten Staaten - sehr strenge Grundsätze an: Der Export von Kriegswaffen wird nicht genehmigt, es sei denn, dass im Einzelfall besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen für eine Genehmigung sprechen . Ein Anspruch auf Genehmigung besteht nicht. Aktuelle Entwicklungen, wie die globalen Herausforderungen durch terroristische Organisationen wie den Islamischen Staat (IS/Daesh), insbesondere im nordafrikanischen Raum und im Nahen und Mittleren Osten, werden dabei berücksichtigt und spielen in der Einzelfallabwägung eine maßgebliche Rolle. Abgesehen von den Bereichen Bundeswehr, Zollgrenzdienst und Behörden für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit wurde die Befugnis zur Erteilung von Genehmigungen auf das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie übertragen. Es entscheidet über Anträge auf Ausfuhren von Kriegswaffen im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium der Verteidigung. Für sonstige Rüstungsgüter ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständige Genehmigungsbehörde. Entscheidungen über Rüstungsexportvorhaben werden unter Beteiligung des BMWi und des Auswärtigen Amtes (AA) nach einer sorgfältigen Abwägung der jeweiligen außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Argumente getroffen. Bei unterschiedlichen Auffassungen der am Entscheidungsfindungsprozess beteiligten Ressorts entscheidet in der Regel der Bundessicherheitsrat über die Erteilung oder Versagung von Ausfuhrgenehmigungen.“ Die nachfolgende Übersicht verdeutlicht die Verfahrensabläufe: Quelle: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ruestungsexportkontrolle/grundsaetze .html (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 7 Zur Überwachung bzw. Kontrolle der genehmigten Rüstungsgüterexporte verweist das BMWi ergänzend auf die folgenden Neuerungen8: „ Einführung von Post-Shipment-Kontrollen Um den Endverbleib von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern zu verbessern, führt die Bundesregierung sogenannte "Post-Shipment-Kontrollen" ein. Dabei handelt es sich um Kontrollen , die nach Auslieferung der Rüstungsgüter beim jeweiligen Empfänger stattfinden. Auf diese Weise können auch unerlaubte Weitergaben von aus Deutschland gelieferten Waffen an Dritte leichter entdeckt und sanktioniert werden. Im März 2016 hat das Bundeskabinett die dafür notwendige Änderung der Außenwirtschaftsverordnung beschlossen. Post-Shipment-Kontrollen verbessern die Kontrolle von Rüstungsexporten. Denn damit ist die rechtliche Grundlage geschaffen, dass die Angaben, die Empfänger zum Verbleib der Waffen machen, vor Ort überprüft werden können. Als erster EU-Staat führt Deutschland damit ein System ein, bei dem die Rüstungsexportkontrolle nicht mit dem Erteilen einer Genehmigung endet. Zusammen mit den Kleinwaffen-Grundsätzen wurden damit die strengsten Regeln für Rüstungsexporte geschaffen, die es in der Bundesrepublik je gab. Bislang konnten lediglich bei Kriegswaffen Vor-Ort-Kontrollen verankert werden, künftig gilt dies auch für sonstige Rüstungsgüter, wie Pistolen oder Scharfschützengewehre. Die staatlichen Empfänger in Drittländern müssen sich also bereits in der Endverbleibserklärung verpflichten , diese Vor-Ort-Kontrollen zu dulden. Die Kontrollen werden jetzt stufenweise umgesetzt, zunächst konzentriert sich die Bundesregierung dabei in einer Pilotphase auf Kleinwaffen. Die ersten Vor-Ort-Kontrollen können naturgemäß erst beginnen, wenn Waffen produziert und exportiert sind, die unter der Auflage von Post-Shipment-Kontrollen genehmigt wurden. Das Bundeswirtschaftsministerium geht davon aus, dass die ersten Kontrollen noch in diesem Jahr durchgeführt werden können. - Verstärkte Regulierung von Kleinwaffen In inneren und grenzüberschreitenden Konflikten führt der Einsatz von Kleinwaffen und leichten Waffen zu den meisten Opfern. Zur Verbesserung der Kontrolle von Kleinwaffen hat die Bundesregierung bereits im März 2015 die sog. Kleinwaffengrundsätze beschlossen (Grundsätze für die Erteilung von Genehmigungen für die Ausfuhr von Kleinen und Leichten Waffen, dazugehöriger Munition und entsprechender Herstellungsausrüstung in Drittländer 9). Sie treten neben die strengen Kriterien der bestehenden Politischen Grundsätze. Die neuen Kleinwaffengrundsätze sehen u.a. vor, dass grundsätzlich keine Genehmigungen für die Ausfuhr von Komponenten und Technologie in Drittländer (z.B. im Zusammenhang mit Lizenzvergaben) erteilt werden, die in dem betreffenden Land eine neue Herstellungslinie für Kleine und Leichte Waffen oder passende Munition eröffnen. Außerdem werden Grundsätze für die Kennzeichnung von Kleinwaffen aufgestellt. Eine rechtsverbindliche Regelung zur Kennzeichnung wird angekündigt. So soll die Nachverfolgbarkeit von Kleinwaffen verbessert werden. 8 BMWi, Grundsätze und Genehmigungsverfahren http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ruestungsexportkontrolle/grundsaetze.html (letzter Abruf: 18.10.2016) 9 http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/G/grundsaetze-der-bundesregierung-fuer-die-ausfuhrgenehmigungspolitik -bei-der-lieferung-von-kleinen-und-leichten-waffen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache =de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 8 - Dual-Use-Güter und Überwachungstechnologie Auch in Bezug auf so genannte Dual-Use-Güter, also Güter, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können, betreibt die Bundesregierung auf der Basis eines parteiübergreifenden politischen Grundkonsenses seit jeher eine restriktive Exportkontrollpolitik. Das gleiche gilt für den Export von Überwachungstechnologien, den die Bundesregierung einschränken will.“ 3. Kategorisierung der Rüstungsexportgenehmigungen nach EU, NATO und Drittstaaten Die bereits benannten Rüstungsexportberichte der Bundesregierung kategorisieren die Rüstungsexportgenehmigungen nach den jeweiligen Abnehmerländern: BMWi, Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2015. http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/bericht-der-bundesregierung-ueberihre -exportpolitik-fuer-konventionelle-ruestungsgueter-im-ersten-halbjahr-2015,property=pdf,bereich =bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Die als Anlage 3 beigefügten Übersichten zeigen die Ausfuhrgenehmigungen von Rüstungsgütern nach Ländergruppen und Ländern für den Zeitraum 01.01.2015 bis 30.06.2015 sowie die wichtigsten Bestimmungsländer für den Zeitraum 01.01.15 bis 30.06.15 auf (S. 12-20). BMWi, Rüstungsexportbericht 2015, Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2015. http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/ruestungsexportbericht-2015,property =pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Der Bericht listet u.a. die wichtigsten Bestimmungsländer für erteilte Einzelgenehmigungen auf (S. 81-85) und gibt eine Übersicht über die im Jahre 2015 erteilten Genehmigungen bzw. Ablehnungen von Rüstungsgütern nach Bestimmungsländern (S. 86-113). Im ersten Teil werden die EU-Länder, im zweiten die NATO- und NATO-gleichgestellten Länder (ohne EU-Länder) und im dritten Teil alle anderen Länder (die sog. Drittländer) dargestellt. Zur besseren Transparenz der Exporte in Drittländer werden für diese Länderkategorie in der Spalte „AL-Positionen“ (Ausfuhrlisten -Positionen) die maßgeblichen Produkte weiter aufgeschlüsselt. Soweit für ein Bestimmungsland Genehmigungsanträge abgelehnt wurden, ist dies in der Übersicht unter Angabe der Anzahl der Ablehnungen, der betroffenen AL-Positionen und des Wertes der Güter vermerkt (Anlage 4). Ergänzend wird der aktuelle Halbjahresbericht 2016 beigefügt: BMWi, Rüstungsexportgenehmigungen im ersten Halbjahr 2016 (Anlage 5). http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/ruestungsexportgenehmigungen-im-ersten-halbjahr -2016,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 9 4. Mögliche Gründe für Rüstungsexporte 4.1. Politische Gründe Das BMWi verweist unter dem Link: http://www.bmwi.de/DE/Service/parlamentarische-anfragen.html?bereich=ruestungsexporte (letzter Abruf: 18.10.2016) auf parlamentarische Anfragen zu Rüstungsexporten. Zu den Hintergründen von Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien und Israel geben die vom BMWi aufgeführten und nachfolgend aufgelisteten Antworten einen Überblick: - Brigitte Zypries MdB, Parlamentarische Staatssekretärin, Schriftliche Fragen an die Bundesregierung im Monat Mai 2015, Frage Nr. 53 der Abg. Katja Keul, Antwort v. 19. Mai 2015 (Anlage 6). http://bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/2015/5-53-keul,property =pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) - Uwe Beckmeyer MdB, Parlamentarischer Staatssekretär, Schriftliche Fragen an die Bundesregierung im Monat Dezember 2015, Frage Nr. 205 der Abg. Doris Wagner, Antwort v. 6. Januar 2016 (Anlage 7). http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/2016/12- 205,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) - Matthias Machnig, Staatssekretär, Schriftliche Fragen an die Bundesregierung im Monat Januar 2016, Frage Nr. 45 der Abg. Agnieszka Brugger, Antwort v. 18. Januar 2016 (Anlage 8). http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/2016/1-45,property =pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) - Matthias Machnig, Staatssekretär, Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz u. a. der Fraktion DIE LINKE, betr.: „Der Export offensiver und defensiver Rüstungsgüter nach Saudi- Arabien", BT-Drucksache: 18/7307, Antwort v. 2. Februar 2016 (Anlage 9). http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/2016/18- 7307,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) - Matthias Machnig, Staatssekretär, Schriftliche Fragen an die Bundesregierung im Monat März 2016, Frage Nr. 152 des Abg. Jan van Aken, Antwort v. 31. März 2016 (Anlage 10) http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/2016/3-152- aken,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) - Matthias Machnig, Staatssekretär, Schriftliche Fragen an die Bundesregierung im Monat März 2016, Frage Nr. 154 des Abg. Hans-Christian Ströbele, Antwort v. 31. März 2016 (Anlage 11) http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/2016/3-154- stroebele,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 10 - Brigitte Zypries MdB, Parlamentarische Staatssekretärin, Schriftliche Fragen an die Bundesregierung im Monat Juni 2016, Frage Nr. 290 des Abg. Hans-Christian Ströbele, Antwort v. 11.Juli 2016 (Anlage 12). http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/2016/6- 290,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) - Brigitte Zypries MdB, Parlamentarische Staatssekretärin, Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen u. a. der Fraktion DIE LINKE, betr.: „Produktion von G36 in Saudi-Arabien", BT-Drucksache: 18/7477, Antwort v.19. Februar 2016 (Anlage 13). http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/Parlamentarische-Anfragen/2016/18- 7477,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Dr. Christian Mölling, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) Berlin, hat mehrere Abhandlungen zum Bereich der deutschen Verteidigungs- und Rüstungspolitik sowie der europäischen und transatlantischen Sicherheitspolitik veröffentlicht, u.a.: - Dr. Christian Mölling, Der Beitrag des Rüstungssektors zur Sicherheit Deutschlands (Anlage 14), abrufbar unter: https://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/bY7NCsJADITfaLcVquCtxYNe- Paj1UtJu3Ab3p2TTevHh3QreTGAY-DJM9F3nDbCQBaEYwOmbbgfa9y_V-8WqRMOI- PCJJmqIjoaeCYLGPgooRDHL356TqPG- UHyJQy7EYIxs3Bpge6HFGRLQRK30p9XV8wqIYYUFYVDEJZLYNEVlNkcSuZmTNRZHRbl IemKIvflO96czm2u2pbHE7NWU_e1x-qeZZo/ (letzter Abruf: 18.10.2016) - Dr. Christian Mölling, 2013, Für eine sicherheitspolitische Begründung deutscher Rüstungsexporte , in: SWP-Aktuell 66, November 2013 (Anlage 15). https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2013A66_mlg.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) - Dr. Christian Mölling, Das Rahmennationen-Konzept; Deutschlands Beitrag, damit Europa verteidigungsfähig bleibt, in: SWP-Aktuell 67, November 2014 (Anlage 16). https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2014A67_mjr_mlg.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) - Dr. Christian Mölling, Der europäische Rüstungssektor – zwischen nationaler Politik und industrieller Globalisierung, in: SWP-Studie 12/2015, Berlin Juni 2015 (Anlage 17). https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S12_mlg.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) zitiert einen im Handelsblatt erschienenen Beitrag, nachdem Bundeswirtschaftsminister Gabriel im Rahmen eines nationalen Konsenses die Einrichtung einer Kommission zur Zukunft der Rüstungsexportkontrolle plant. - FAZ, 15.09.2016, Nationaler Konsens zu Rüstungsexporten geplant http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/nationaler-konsens-zu-ruestungsexporten-geplant- 14436388.html (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 11 Die Bundesregierung hat am 8. Juli 2015 ein Strategiepapier zur Stärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland vorgelegt (Anlage 18). http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/S-T/strategiepapier-bundesregierung-staerkung-verteidigungsindustrie -deutschland,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Zu Saudi-Arabien wird ergänzend auf zwei Beiträge von Spiegel Online verwiesen, die u.a. auf die Umstände des Handels mit Rüstungsgütern vor dem arabischen Frühling und die weitere Entwicklung eingehen. - SPIEGEL ONLINE, 06.01.2016, Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Handel mit Henkern (Anlage 19). http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/warum-saudi-arabien-noch-waffen-ausdeutschland -bekommt-a-1070603.html (letzter Abruf: 18.10.2016) - SPIEGEL ONLINE, 28.09.2016, Saudi-Arabien pocht auf Einhaltung von Rüstungsverträgen mit Deutschland (Anlage 20) http://www.spiegel.de/politik/ausland/saudi-arabien-pocht-auf-einhaltung-von-ruestungsvertraegen -mit-deutschland-a-1114203.html (letzter Abruf: 18.10.2016) 4.2. Volkswirtschaftliche Gründe 4.2.1. Ökonomische Effekte Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) hat zwei Studien zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der Rüstungsindustrie (Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ) beim Wirtschaftsforschungsinstitut WifOR der Technischen Universität Berlin in Auftrag gegeben. Die Kernstudie aus dem Jahre 201210 (Anlage 21) untersuchte erstmals die volkswirtschaftliche Bedeutung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI). Dabei wurden nicht nur die unmittelbaren wirtschaftlichen Daten ermittelt, sondern auch die Verflechtungen der SVI in andere Wirtschaftszweige. Die Studie kommt dabei zu folgenden Schlussfolgerungen (S. 6-9): „Die Daten für das Jahr 2011 beruhen auf Fortschreibungen der amtlichen Statistiken durch WifOR, die bis in die Jahre 2009, 2010 und partiell bis 2011 vorlagen. Im Jahr 2011 lag das gesamte Güteraufkommen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie bei 28,3 Mrd. EUR. Der Produktionswert der erfassten Güter erreichte 22,6 Mrd. EUR. Die abgebildeten Wirtschaftszweige der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie generierten 8,3 Mrd. EUR direkte Bruttowertschöpfung . Zusätzlich zur direkten Bruttowertschöpfung von 8,3 Mrd. EUR entstanden indirekte und induzierte Wertschöpfungseffekte von 13,1 Mrd. EUR. Inklusive der Ausstrahlungseffekte bedingt 10 WifOR Berlin ℅ Technische Universität Berlin, 2012, Quantifizierung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie für den deutschen Wirtschaftsstandort - Mit einem Exkurs über die Forschungsintensität der Branche. http://www.wifor.de/tl_files/wifor/PDF_Publikationen/Schubert,%20S.%20;%20Knippel,%20J.%20(2012).pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 12 die Geschäftstätigkeit der Branche in Deutschland eine Bruttowertschöpfung von insgesamt ca. 21,4 Mrd. EUR. Die Bruttowertschöpfung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ist in den Jahren 2005 bis 2011 um durchschnittlich 5,0 Prozent jährlich gewachsen. Dies ist mehr als doppelt so stark wie das Wachstum der deutschen Gesamtwirtschaft mit 2,3 Prozent. Im Untersuchungsjahr 2011 exportierte die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie Güter im Wert von 12,5 Mrd. EUR. Das entspricht einer Exportquote von 48,1 Prozent gemessen am gesamten Güteraufkommen. Im gleichen Zeitraum wurden entsprechende Güter für 5,7 Mrd. EUR importiert , das ergibt eine Importquote von 20 Prozent. Der Außenhandelsüberschuss betrug 6,8 Mrd. EUR. Die im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe (28,8 Prozent im Jahr 2008) niedrige Importquote lässt die Deutung zu, dass es die Güter der heimischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sind, die zur äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands beitragen. Der hohe Außenhandelsüberschuss bedingt eine tendenzielle Abhängigkeit der Branche von der konjunkturellen Entwicklung und von sicherheits- und wirtschaftspolitischen Strategien in den Abnehmerländern . Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie beschäftigte im Jahr 2011 annähernd 98.000 Erwerbstätige . Indirekt und induziert bringt die Geschäftstätigkeit der SVI weitere 218.640 Beschäftigungsverhältnisse hervor. Insgesamt sichert das Wirtschaftshandeln der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie somit über 316.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Der durchschnittliche jährliche Beschäftigungszuwachs der Jahre 2005 bis 2011 in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie beläuft sich auf 4,1 Prozent. Die Beschäftigung in der deutschen Volkswirtschaft wuchs im gleichen Zeitraum nur um 0,9 Prozent. Damit wächst die Beschäftigung in der SVI mehr als viermal so stark wie in der Gesamtwirtschaft. Die durchschnittliche Arbeitsproduktivität, d.h. die Bruttowertschöpfung pro Arbeitnehmer, belief sich auf ca. 82.100 EUR in der SVI und übertraf damit die durchschnittliche Arbeitsproduktivität in Deutschland um 28.500 EUR. Im Schnitt wurde in der SVI ein durchschnittliches Einkommen pro Erwerbstätigem von knapp 61.000 EUR gezahlt. Im Jahresvergleich (2005-2010) lagen die Einkommen in der SVI somit um durchschnittlich 36 Prozent über denen des Verarbeitenden Gewerbes und um 79 Prozent über denen der Gesamtwirtschaft. Mit einem Produktionswert von 18,7 Mrd. EUR im Jahr 2011 waren es die Güter des Erweiterten Bereichs der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (ESV), die das Profil der Branche weitgehend bestimmten. Zum ESV gehören Güter für Prävention und Einsatzmanagement, wie z.B. Lösungen für Überwachung und Aufklärung, für den Schutz etwa von Kritischen Infrastrukturen oder IT, für die Einsatzkommunikation oder Schadensminimierung. Die Herstellung von Waffen, mobilen und stationären Waffensystemen und Munition wurde als traditioneller Kernbereich der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (KSV) identifiziert, der der Erfüllung hoheitlicher Sicherheitsaufgaben im militärischen und zivilen Bereich dient. Diese Güter stellten im Referenzjahr 2011 mit 3,9 Mrd. EUR nur noch den kleineren Teil des Produktionswerts der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie dar. Weniger als 34 Prozent der in Deutschland produzierten sicherheitsrelevanten Güter dienten der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Diese Kennzahl verdeutlicht, dass im Jahr 2011 zwei Drittel der Produktion durch die Privatwirtschaft bereitgestellt wurden. Dennoch bleibt die Öffentliche Hand der größte Einzelkonsument der SVI, was auf die Beschaffung sicherheitsdienlicher Güter durch die Bundeswehr und durch Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben wie Polizeien von Bund und Ländern, Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern und Bundesnachrichtendienst , darüber hinaus THW, Feuerwehren, Ordnungs- und Katastrophenschutzbehörden und Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 13 andere Einrichtungen zurückzuführen ist. Der Öffentlichen Hand kommt somit eine Rolle als Impulsgeber für Innovationen in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu. Um diese Rolle auszufüllen, bedarf es effizienter öffentlicher Beschaffungsprozesse.“ Die folgende Übersicht (S. 51 WifOR-Studie) gibt die wesentlichen Aussagen wieder: http://www.wifor.de/tl_files/wifor/PDF_Publikationen/Schubert,%20S.%20;%20Knippel ,%20J.%20(2012).pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Weiter heißt es in der Studie des WifOR (S. 8 f.): „Eine Umfrage zu den Forschungs- und Entwicklungsleistungen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie , an der sich 32 Unternehmen beteiligten, ergab folgendes Bild: Bezogen auf die Bruttowertschöpfung ergibt sich eine interne FuE-Quote der SVI von 19,1 Prozent. Damit übertrifft die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie bei weitem das Drei-Prozent-Ziel für Forschung und Entwicklung, das in der Europa 2020-Strategie der EU anvisiert wurde. Zum Vergleich: Im Zeitraum von 2007 bis 2009 betrug der Mittelwert der FuE-Quote im Verarbeitenden Gewerbe 8,4 Prozent, in der deutschen Wirtschaft 2,1 Prozent. Gemessen am Umsatz erreicht die SVI eine FuE-Quote von 8,95 Prozent (interne FuE-Quote 7 Prozent). Damit zählen die Güter der SVI zur sog. Spitzentechnologie. Rund 81 Prozent der teilnehmenden Unternehmen haben in den letzten drei Jahren Innovationen am Markt etabliert. Zum Vergleich: In der deutschen Wirtschaft betrug der Anteil der innovativen Unternehmen 42 Prozent im Jahr 2010. Diese innovativen Produkte sicherten 32 Prozent des Umsatzes der SVI im Jahr 2011. Zum Vergleich: In Deutschland betrug der durchschnittliche Umsatz mit innovativen Produkten 15 Prozent im Jahr 2010. 55 Prozent der Unternehmen entwickeln ihre Innovationen im Rahmen von Forschungskooperationen mit Unternehmen aus anderen Wirtschaftssektoren. Alle Unternehmen gaben an, dass die Kooperationen zu einem Kompetenzgewinn geführt haben. Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie stimuliert durch den Bezug innovativer Güter die FuE-Aktivitäten ihrer Vorleistungsindustrien. Die Höhe der FuE-Aufwendungen für innovative Vorprodukte gibt Hinweise auf die Bedeutung der Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 14 SVI als Impulsgeber für Innovationen. Im Jahr 2011 inkorporierte die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie FuE-Leistungen aus Vorleistungsindustrien von 166 Mio. EUR. Das bedeutet: Durch die Verwendung und Finanzierung innovativer Vorprodukte ermöglicht die Sicherheitsund Verteidigungsindustrie FuE-Investitionen von 166 Mio. EUR in vorgelagerten Branchen. Das Verhältnis der inkorporierten FuE zum Produktionswert, der FuE-Impuls, ermöglicht es, die Ausstrahleffekte verschiedener Branchen zu vergleichen. Die SVI ist die Branche mit dem fünftgrößten FuE-Impuls in Deutschland, hinter Automobil, Pharma, Chemie und Erzeugnissen der Nachrichtentechnik , etwa gleichauf mit der Herstellung von Sonstigen Fahrzeugen, vor Luftfahrtleistungen , Medizin-, Mess-, und Regelungstechnik und Maschinenbau.“ Die aktualisierte WifOR-Studie11 (Anlage 22) aus dem Jahr 2015 kommt zu folgenden Ergebnissen : Zentrale Ergebnisse der aktualisierten Studie 11 Wifor, 2015, Der Ökonomische Fußabdruck der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI), Projekt im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) http://www.vsm.de/sites/default/files/dokumente/710296d773cbda7b8ddf209975ffd804/151104_managementsummary _bdsv_oekofussabdruck_wifor_final.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 15 Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) greift in einem im Jahre 2014 in der Reihe SWP-Aktuell erschienenen Beitrag12 (S. 2) die Thematik auf und kommt zu folgender Quintessenz (Anlage 23): „Volkswirtschaftlich betrachtet hat die Rüstungsindustrie nur geringes Gewicht. Laut Statistik stellt die Branche 310 000 Arbeitsplätze; bei schärferer Abgrenzung von der Verteidigungsindustrie sind es nur etwa 98 000, in der klassischen Rüstungsindustrie (Waffensysteme, Waffen und Munition) sogar weniger als 20 000 direkt Beschäftigte. Dem stehen etwa in der Automobilindustrie 740 000 Beschäftigte gegenüber – davon ca. 130 000 Ingenieure. In Zeiten des Facharbeitermangels wandern Arbeitskräfte von der Rüstungsindustrie in andere Sektoren ab, die mehr Karrierechancen bieten. Der Anteil der Verteidigungs- und Sicherheitsbranche am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt, großzügig berechnet, bei 1 Prozent (22 Mrd. 2011). Die Automobilbranche kommt auf 7 Prozent. Die klassische Rüstungsindustrie wird vollständig staatlich finanziert oder subventioniert. Rund 90 Prozent der 10 Milliarden Euro, die im Haushalt des Verteidigungsministeriums für Investitionen eingestellt sind, gehen an deutsche Unternehmen. Die Investition öffentlicher Mittel in die Rüstungsindustrie zahlt sich jedoch immer seltener in Form technologischer Innovationen (»spin offs«) aus, die in der zivilen Wirtschaft genutzt werden könnten. Rüstung profitiert stattdessen zusehends von der Dynamik technischen Fortschritts in der zivilen Wirtschaft .“ Zum Spagat nationaler Versorgungssicherheit durch Exportförderung und hoher Beschaffungspreise durch Exportbeschränkung fährt der SWP-Beitrag wie folgt fort (S. 3-4): „Nationale Versorgungssicherheit, d.h. der Traum ausschließlich von rein nationalen Unternehmen beliefert zu werden, ließe sich verwirklichen, wenn Deutschland seine Verteidigungsausgaben anheben würde: auf einen Anteil von 2 Prozent des BIP, wie ihn die Nato fordert. Pro Jahr entspräche das derzeit rund 20 Milliarden Euro. Kehrseite: Wer Güter nur bei der nationalen Industrie nachfragt (durch extensive Auslegung des wettbewerbsbegrenzenden Artikels 346 AEUV), verzichtet auf die preissenkenden Effekte des europäischen oder globalen Wettbewerbs. Nationale Rüstungsprojekte liefern warnende Beispiele: Ein PUMA-Schützenpanzer sollte 2004 6,5 Millionen Euro kosten, Ende 2013 waren es 9,9 Millionen Euro. Setzt Deutschland seinen derzeitigen rüstungspolitischen Kurs fort und hält am Vorrang nationaler Beschaffung fest, wird das damit verbundene System kollabieren. Das für die Nachfrage nach Rüstung verfügbare Budget verliert durch die Praxis nationaler Bevorzugung schnell an Wert (die sogenannte Verteidigungs-Inflationsrate beträgt zwischen 5 und 10 Prozent pro Jahr). Die Industrie wird deshalb bei ihren Kalkulationen zusehends damit rechnen, dass der Staat Exporte zulässt oder gar fördert, die zur Stützung beitragen. Es gilt: Je geringer die Exportaussichten sind, desto teurer ist nationale Beschaffung, weil die Kosten für Entwicklung und die Produktion kleiner Stückzahlen national bezahlt werden müssen. Wo diese Mischkalkulation nicht mehr finanziell attraktiv ist, verlegt sich die Industrie auf den zivilen Bereich, wie das schon heute der Fall ist. Kehrseite: Wer Exporte fördert, zieht sich Konkurrenten am Weltmarkt heran, geht nicht klar 12 Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), 2014, Rüstung und Kernfähigkeiten, Alternativen deutscher Rüstungspolitik , in: SWP-Aktuell 45, Juni 2014. https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2014A45_lnk_mlg.pdf (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 16 umrissene politische Verpflichtungen ein und verhindert europäische Konsolidierung und Kooperation . Wer an der traditionellen Vorstellung von Rüstungsindustrie und insbesondere von Großunternehmen festhält, verkennt außerdem ihren zunehmend zivilen Charakter und damit den Wandel im Verhältnis von Staat und Rüstungsindustrie: Mehr und mehr behandelt die Industrie den Staat als einen Nachfrager unter vielen, zusehends weniger betrachtet der Staat die Rüstungsindustrie als Anbieter.“ Weitere Presseartikel zur volkswirtschaftlichen Bedeutung: Die Zeit, 24. Juni 2014, Rüstungsexporte. Die stumpfen Argumente der Waffenbauer. Die Bundesregierung will Waffenexporte eingrenzen, die Rüstungslobby warnt vor Arbeitsplatzabbau und ökonomischen Folgen. Dabei hat sie wirtschaftlich kaum Bedeutung. http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-06/bundesregierung-waffenexporte-beschraenkung-ruestungslobby /komplettansicht (letzter Abruf: 18.10.2016) Die Zeit, 14. August 2014, Rüstungsexport: Frieden durch deutsche Waffen? http://www.zeit.de/2014/34/ruestungsexport-kurden-sigmar-gabriel (letzter Abruf: 18.10.2016) 4.2.2. Kooperationen Ergänzend wird überblicksartig auf bestehende deutsch-israelische bzw. deutsch-saudi-arabische Kooperationen eingegangen. Die folgenden Beiträge zeigen die generelle deutsch-israelische bzw. deutsch-saudi-arabische Rüstungs- bzw. Militärkooperation auf: Deutschlandradio Kultur berichtete in einem Beitrag am 12.05.2015 über deutsch-israelische Rüstungskooperationen: Rüstungskooperationen - U-Boote für Israel, Drohnen für Deutschland (Archiv) http://www.deutschlandradiokultur.de/ruestungskooperationen-u-boote-fuer-israel-drohnenfuer .976.de.html?dram:article_id=319673 (letzter Abruf: 18.10.2016) n-tv, 12.01.2016, Statt amerikanischer Predator: Bundeswehr will israelische Drohnen - n-tv.de http://www.n-tv.de/politik/Bundeswehr-will-israelische-Drohnen-article16745366.html (letzter Abruf: 18.10.2016) Zeit online, 12.01.2016, Rüstung: Bundeswehr beschafft waffenfähige Drohne aus Israel. http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-01/ruestung-bundeswehr-drohne-heron-israel (letzter Abruf: 18.10.2016) Spiegel online, 30.08.2016, Bundeswehr: Von der Leyens Kampfdrohnen-Projekt verzögert sich. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-von-der-leyens-kampfdrohnen-projektverzoegert -sich-a-1110194.html (letzter Abruf: 18.10.2016) Berlin Information-center for Transatlantic Security (BITS), 2003, Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Israel. http://www.bits.de/public/researchreport/rr03-1-1.htm (letzter Abruf: 18.10.2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 080/16 Seite 17 Sächsische Israelfreunde e.V., 03.04.2016, Ein kurzer Rückblick auf die Geschichte der deutschisraelischen Militärkooperation http://www.zum-leben.de/aktuelles/v/a/ein-kurzer-rueckblick-auf-die-geschichte-der-deutschisraelischen -militaerkooperation/ (letzter Abruf: 18.10.2016) Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), 30.01.2015, Zur Geschichte der deutsch-israelischen Rüstungskooperation. http://www.bpb.de/apuz/199900/zur-geschichte-der-ruestungskooperation?p=all (letzter Abruf: 18.10.2016) Tagesspiegel, 04.12.2015, Saudi-Arabien und Deutschland: Der Preis der Zusammenarbeit http://www.tagesspiegel.de/politik/saudi-arabien-und-deutschland-der-preis-der-zusammenarbeit /12682716.html (letzter Abruf: 18.10.2016) ENDE DER BEARBEITUNG