© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 073/17 Rechtliche Vorgaben für die Planung und Finanzierung von Schienenwegeinfrastrukturvorhaben des Schienenpersonennahverkehrs der S-Bahn in Berlin und Brandenburg Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Maßgebliche Unternehmensstrukturen und rechtliche Vorgaben für die Planung und Finanzierung von Schienenwegeinfrastrukturvorhaben des SPNV der S- Bahn in Berlin und Brandenburg 4 2.1. S-Bahn Berlin GmbH als Eisenbahnverkehrsunternehmen 4 2.2. Grundzüge der rechtlichen Vorgaben für Planung und Finanzierung von Schienenwegeinfrastrukturvorhaben des SPNV der S-Bahn in Berlin und Brandenburg 5 2.2.1. ÖPNV als Aufgabe der Daseinsvorsorge im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer 7 2.2.1.1. Bestellerprinzip, Aufgabenträger, Regionalisierungsmittel 7 2.2.1.2. Aufstellung eines Nahverkehrsplans 8 2.2.2. Gewährleistungsverantwortung für die Schieneninfrastruktur des Bundes 8 2.2.2.1. Grundzüge der rechtlichen Vorgaben des BSWAG 9 2.2.2.2. Rechtliche Vorgaben des § 8 BSWAG für die Investitionstätigkeit des Bundes, LuFV II 9 2.2.2.3. Verknüpfung von Bedarfsprognosen im Nahverkehrsplan und Infrastrukturmaßnahmen in bundeseigene Schienenwege nach BSWAG und LuFV II 12 2.2.3. Finanzierung von SPNV-Infrastruktur durch Entflechtungsmittel 13 2.3. Zusammenfassung 13 3. Informationen zu aktuellen Planungen im Zusammenhang mit Infrastrukturinvestitionen für den SPNV der S-Bahn in Berlin und Brandenburg 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 4 1. Einleitung Der vorliegende Sachstand geht der Frage nach, welche rechtlichen Vorgaben für Planung und Finanzierung von Schienenwegeinfrakstrukturvorhaben im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) der S-Bahn in Berlin und Brandenburg maßgeblich sind. Den Hintergrund bilden Überlegungen der Bundesländer Berlin und Brandenburg, das Schienennetz der Berliner S-Bahn im Berliner Umland zu erweitern. Vor diesem Hintergrund stellt der erste Teil der vorliegenden Darstellung die tatsächlichen Hintergründe und Unternehmensstrukturen sowie die maßgeblichen rechtlichen Vorgaben überblicksartig dar (2.). In der weiteren Vorgehensweise werden die Rechercheergebnisse zum aktuellen Planungsstand der angesprochenen Erweiterung des Schienennetzes, das die Berliner S-Bahn als Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Erbringung ihrer Verkehrsleistungen nutzt, als Linksammlung präsentiert (3.). 2. Maßgebliche Unternehmensstrukturen und rechtliche Vorgaben für die Planung und Finanzierung von Schienenwegeinfrastrukturvorhaben des SPNV der S-Bahn in Berlin und Brandenburg 2.1. S-Bahn Berlin GmbH als Eisenbahnverkehrsunternehmen Die S-Bahn Berlin GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der DB Regio AG, die ihrerseits innerhalb des Konzern Deutsche Bahn AG (DB AG) für den Personennahverkehr in Deutschland zuständig ist.1 Die S-Bahn Berlin GmbH erbringt als Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) im Sinne des § 2 Abs. 3 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)2 die Verkehrsleistungen, zu denen sie sich 2003 in einem auf 15 Jahre befristeten Verkehrsvertrag mit den Ländern Berlin und Brandenburg (Besteller von Verkehrsleistungen) verpflichtet hat.3 Die Infrastruktur, die für die Erbringung dieser Verkehrsleistungen genutzt werden muss (Schienenwege , Bahnhöfe, Energieleistungen), wird von den einzelnen Infrastrukturunternehmen im Konzernverbund der DB AG zur Verfügung gestellt: So stellt etwa die DB Netz AG, ihrerseits eine 1 Dazu die Informationen auf der Internetseite der S-Bahn Berlin GmbH. Link: http://www.s-bahn-berlin.de/unternehmen /firmenprofil/kurzfassung.htm (letzter Abruf: 28.09.2017). 2 Allgemeines Eisenbahngesetz vom 27.12.1993, BGBl. I S. 2378, 2396 (1994 I S. 2439); zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.07.2017, BGBl. I S. 2808. 3 Dazu die detaillierten Informationen auf der Internetseite der S-Bahn Berlin GmbH. Link: http://www.s-bahnberlin .de/unternehmen/firmenprofil/partner.htm (letzter Abruf: 28.09.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 5 100ige Tochtergesellschaft der DB AG4, ihre Schienenwegeinfrastruktur gegen Entgelt (Trassenentgelt ) zur Verfügung.5 Die Anteile der DB AG befinden sich dabei ihrerseits vollständig im Besitz der Bundesrepublik Deutschland.6 Somit befindet sich das von der S-Bahn Berlin GmbH für die Erbringung ihrer Verkehrsleistungen genutzte Schienenwegenetz vollständig in der Hand des Bundes. 2.2. Grundzüge der rechtlichen Vorgaben für Planung und Finanzierung von Schienenwegeinfrastrukturvorhaben des SPNV der S-Bahn in Berlin und Brandenburg Die Kenntnis dieser grundsätzlichen Trennung zwischen Betrieb der Berliner S-Bahn und Betrieb der erforderlichen bundeseigenen Schienenwegeinfrastruktur ist für das Verständnis der nachfolgenden Darstellung von erheblicher Bedeutung. Die maßgeblichen bundesrechtlichen Regelungen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Allgemeinen sowie den SPNV im Besonderen sowie für die Planung und Finanzierung von Investitionsvorhaben in die Schienenwegeinfrastruktur für SPNV-Verkehrsleistungen der S-Bahn Berlin GmbH finden sich im:7 - Grundgesetz (GG)8 - Regionalisierungsgesetz (RegG)9, - Personenbeförderungsgesetz (PBefG)10, 4 DB Netz AG (2017). Geschäftsbericht 2016. S. 8. Link: http://www1.deutschebahn.com/file/ecm2-dbde /12205942/FPp2VlblxXxS2VnruQBnasdALdU/14337106/data/2016_gb_dbnetz.pdf (letzter Abruf: 28.09.2017). 5 Dazu die Informationen auf der Internetseite der S-Bahn Berlin GmbH. Link: http://www.s-bahn-berlin.de/unternehmen /firmenprofil/partner.htm (letzter Abruf: 28.09.2017); dazu auch Fülling, Thomas (2015). S-Bahn verliert Verantwortung für ihre Stellwerke. Online-Artikel der Berliner Morgenpost vom 04.12.2015. Link: https://www.morgenpost.de/berlin/article206750723/S-Bahn-verliert-Verantwortung-fuer-ihre-Stellwerke.html (letzter Abruf: 28.09.2017). 6 DB Netz AG (2017). A. a. O. (Fn. 4). S. 8. 7 Das Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.01.1988, BGBl. I S. 100; zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.08.2015, BGBl. I S. 1474) fehlt in dieser Auflistung, da nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) GVFG nur der Bau oder Ausbau von Verkehrswegen nichtbundeseigener Eisenbahnen, die dem ÖPNV dienen, förderfähig ist und diese Voraussetzung in der vorliegenden Fallkonstellation nicht gegeben ist. 8 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung; zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.07.2017, BGBl. I S. 2347. 9 Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (Regionalisierungsgesetz) vom 27.12.1993, BGBl. I S. 2378, 2395; zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016, BGBl. I S. 3234. 10 Personenbeförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.08.1990, BGBl. I S. 1690; zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.07.2017, BGBl. I S. 2808. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 6 - Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG)11, - Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II12 sowie - Entflechtungsgesetz (EntflechtG)13. Hinzu kommen die Regelungen der Landesnahverkehrsgesetze der Bundesländer Berlin und Brandenburg: - Gesetz über die Aufgaben und die Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs im Land Berlin (ÖPNVG-Berlin)14 sowie - Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Brandenburg (ÖPNVG-Brandenburg )15. Nachfolgend wird überblicksartig erläutert, wie die maßgeblichen Rechtsvorschriften miteinander verzahnt sind. Aufgrund der Komplexität der Regelungsmaterie und des Schwerpunkts der Fragestellung kann die vorliegende Darstellung jedoch nicht sämtliche Aspekte der Thematik abdecken . Insbesondere wird nachfolgend darauf verzichtet, die rechtlichen Vorgaben zu skizzieren , die das Planungsverfahren für tatsächliche Streckenverläufe von Schienenneu- oder -ausbauvorhaben zum Gegenstand haben (Planfeststellungsverfahren). 11 Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz) vom 15.11.1993, BGBl. I S. 1874; zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016, BGBl. I S. 3221. 12 Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II (LuFV II) vom 01.01.2015, abgeschlossen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, DB Netz AG, DB Station&Service AG, DB Energie GmH sowie der DB AG. Link: https://www.eba.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Finanzierung/LuFV/Einstellen _LuFV_II.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (letzter Abruf: 28.09.2017). 13 Gesetz zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen (Entflechtungsgesetz) vom 05.09.2006, BGBl. I S. 2098, 2102; zuletzt geändert durch Gesetz vom 01.12.2016, BGBl. I S. 2755. 14 Gesetz über die Aufgaben und die Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs im Land Berlin vom 27.06.1995, GVBl. 1995, 390; zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.06.2006, GVBl. S. 576. Link: http://gesetze .berlin.de/jportal/portal/t/ueb/page/bsbeprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste &documentnumber=25&numberofresults=40&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-%C3%96PNVGBErahmen &doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=1 (letzter Abruf: 28.09.2017). 15 Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Brandenburg vom 26.10.1995, GVBl. I/95 (Nr. 20) S. 252; zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2014, GVBl. I/14 (Nr. 15). Link: https://bravors.brandenburg .de/de/gesetze-212798 (letzter Abruf: 28.09.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 7 2.2.1. ÖPNV als Aufgabe der Daseinsvorsorge im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer Im Zuge der Bahnreform des Jahres 1993 wurde der Rechtsrahmen für den ÖPNV auf Straße (ÖSPV) und Schiene (SPNV) grundlegend neu gestaltet.16 Das Regionalisierungsgesetz des Bundes und die entsprechenden ÖPNV-Gesetze der Länder, die in diesem Zusammenhang entstanden sind, befassen sich dabei mit der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für den ÖPNV.17 2.2.1.1. Bestellerprinzip, Aufgabenträger, Regionalisierungsmittel So formuliert § 1 Abs. 1 RegG den Grundsatz, dass die „Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr […] eine Aufgabe der Daseinsvorsorge“ ist. Der Begriff der „Sicherstellung“ zeigt, dass die Gewährleistungsverantwortung dabei nicht die Erstellung von Verkehrsleistungen durch staatliche Stellen meint, sondern es vielmehr um behördliche Maßnahmen geht, die Verkehrsunternehmen18 dazu veranlassen, die gewünschten Verkehrsdienste durchzuführen. Eine Folge dieser Trennung von unternehmerischer Tätigkeit und staatlicher Gewährleistungsverantwortung ist das so genannte Bestellerprinzip: Verkehrsunternehmen bieten nur dann Verkehrsdienste an, wenn die ihren Rentabilitätsinteressen entsprechen. Sollte der Staat aus Gründen des Gemeinwohls Dienste für erforderlich halten, die der Markt allein nicht zur Verfügung stellt, kann er diese bei Unternehmen gegen einen finanziellen Ausgleich bestellen.19 Die zuständigen Stellen, denen die Gewährleistungsverantwortung für ÖPNV-Verkehrsdienste zugewiesen wird, sind durch die einzelnen Bundesländer in Eigenverantwortung festzulegen (§ 1 Abs. 2 RegG) und werden als Aufgabenträger bezeichnet. Für die Übernahme der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung insbesondere des SPNV setzten die Länder im Rahmen der Bahnreform eine finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten des ÖPNV durch. Dabei handelt es sich um die so genannten Regionalisierungsmittel im Sinne des § 5 RegG, mit denen die Länder „insbesondere den Schienenpersonennahverkehr zu finanzieren “ haben.20 Die Bundesländer verwenden diese Mittel (2016: 8 Milliarden EUR21) folglich 16 Dazu umfassend Barth, Sibylle (2013). In: Baumeister, Hubertus (Hrsg.). Recht des ÖPNV. Praxishandbuch für den Nahverkehr mit VO (EG) 1370/2007, PBefG und ÖPNV-Gesetzen der Länder. Band 2 – Kommentar. 1. Auflage 2013. Hamburg: DVV. S. 235 ff. 17 So Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 236. 18 Von diesem Begriff können durchaus auch staatliche Eigenbetriebe erfasst sein. Diese handeln dann jedoch nicht behördlich, sondern betätigen sich wirtschaftlich im ÖPNV. Dazu Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 290. 19 Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 239. 20 So § 6 Abs. 1 RegG. In dieser Vorgabe kommt jedoch keine justiziable Verwendungsbindung zum Ausdruck, sondern lediglich das verkehrspolitische Ziel, den SPNV zu stärken. So Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 331. 21 Die konkrete Verteilung dieser Mittel auf die einzelnen Bundesländer wird durch Anlage 1 RegG festgelegt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 8 u. a. dazu, SPNV-Verkehrsleistungen bei Eisenbahnverkehrsunternehmen wie etwa der S-Bahn Berlin GmbH bestellen und finanzieren zu können.22 2.2.1.2. Aufstellung eines Nahverkehrsplans Neben der Bestellung und Finanzierung von Verkehrsdiensten zur Erfüllung der Gewährleistungsverantwortung ist mit dem Status des Aufgabenträgers vor allem auch die Aufgabe verbunden , einen so genannten Nahverkehrsplan im Sinne des § 8 Abs. 3 PBefG aufzustellen.23 Nach § 8 Abs. 3 S. 2 PBefG definiert der Aufgabenträger darin „die Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebots, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen“. Die grundlegende Bedeutung des Nahverkehrsplans liegt folglich darin, dass der Aufgabenträger mit der Definition von Anforderungen an den ÖPNV im Nahverkehrsplan die ausreichende Verkehrsbedienung im Sinne des § 1 RegG konkretisiert und damit die gewünschte Bedarfsdeckung bestimmt.24 Dies ergibt sich auch aus § 8 Abs. 3 S. 8 PBefG, wonach der Nahverkehrsplan „den Rahmen für die Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs“ bildet. Insofern ist der Nahverkehrsplan der Entwicklungs- und Bedarfsplanung zuzuordnen, mit der zum einen der vorhandene Bestand und Bedarf an Verkehrsleistungen im ÖPNV festgestellt und zum anderen der künftige Bedarf prognostiziert wird.25 2.2.2. Gewährleistungsverantwortung für die Schieneninfrastruktur des Bundes Wie gezeigt, bestand ein Element der Bahnreform darin, die staatliche Gewährleistungsverantwortung für den SPNV vom Bund auf die Länder zu übertragen. Dies ermöglichte die mit der Reform intendierte Zusammenführung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für den gesamten ÖPNV – also Straße und Schiene – bei den jeweiligen Stellen der einzelnen Bundesländer .26 Die Verantwortung für den Ausbau und Erhalt des Schienennetzes des Bundes wurde allerdings nicht im Zuge der Bahnreform an die Länder übertragen. Nach Art. 87e Abs. 4 GG27 gewährleistet 22 Dazu auch Deutsche Bahn AG (2017). Die Finanzierung der Eisenbahn des Bundes. Positionspapier. Januar 2017. S. 2. Link: https://www.deutschebahn .com/file/de/11877804/gxfeqvcTpmeLc3lDpHU47cUlhys/2267530/data/finanz_eisenbahn_dtl.pdf (letzter Abruf: 28.09.2017). Vgl. dazu auch § 6 ÖPNVG-Berlin bzw. § 10 ÖPNVG-Brandenburg. 23 Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 238, 301 ff. 24 So Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 301. 25 Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 301. 26 Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 237. 27 Art. 87e GG bildet die verfassungsrechtliche Grundlage der Bahnreform im Jahr 1993. So Möstl, Markus (2006). In: Maunz, Theodor/Dürig, Günter (Begr.). Grundgesetz. Kommentar. Loseblatt. 79. Ergänzungslieferung 2016. München: C. H. Beck. Art. 87e Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 9 nach wie vor der Bund, dass „dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen , beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes […] Rechnung getragen wird. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.“28 Das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) füllt diese Gewährleistungsverantwortung aus.29 Konkretisiert werden die Regelungen des BSWAG durch die vertraglichen Vereinbarungen der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II (LuFV II).30 Darüber hinaus sind in diesem Zusammenhang die Regelungen des Entflechtungsgesetzes (Entflecht G) von Bedeutung. 2.2.2.1. Grundzüge der rechtlichen Vorgaben des BSWAG Die Regelungen des BSWAG setzen sich zum einen mit Spezialfragen im Zusammenhang mit dem Ausbau des Schienenwegenetzes der Eisenbahnen des Bundes und zum anderen mit Fragen zur grundsätzlichen Investitionstätigkeit des Bundes im Zusammenhang mit seinem Schienenwegenetz auseinander. Nach § 1 BSWAG wird das Schienenwegenetz nach dem Bedarfsplan ausgebaut, der dem BSWAG als Anlage beigefügt ist. Der Aufnahme bestimmter in § 3 BSWAG benannter Infrastrukturvorhaben in den Bedarfsplan kommt dabei im Rahmen des Zulassungsverfahrens, in dem über die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des konkreten Vorhabens entschieden wird, erhebliche Bedeutung zu (§ 1 Abs. 2 BSWAG). Ob der Bedarfsplan zu aktualisieren ist, muss alle fünf Jahre überprüft werden. 2.2.2.2. Rechtliche Vorgaben des § 8 BSWAG für die Investitionstätigkeit des Bundes, LuFV II Die Regelungen zur Investitionstätigkeit des Bundes beschränken sich demgegenüber nicht auf den Ausbau bundeseigener Schienenwegeinfrastruktur, die Bestandteil des Bedarfsplans ist. Vielmehr lautet § 8 BSWAG auszugsweise: „§ 8 Investitionen (1) Der Bund finanziert Investitionen in die Schienenwege des Bundes. Die Investitionen umfassen Bau, Ausbau sowie Ersatzinvestitionen der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes nach Maßgabe dieses Gesetzes im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel . 28 Der Eisenbahnbegriff des Art. 87e GG umfasst beide Bereiche des Rad-/Schiene-Systems, d. h. sowohl den Betrieb des Fahrwegs als auch den Transport auf diesem Fahrweg selbst. Dies ergibt sich bereits aus der Norm selbst: Ausgehend vom Oberbegriff „Eisenbahnen“ differenziert Art. 87e GG zwischen Bau, Unterhaltung und Betreiben von Schienenwegen einerseits und dem Erbringen von Verkehrsangeboten auf diesen Schienenwegen andererseits. So Möstl, Markus (2006). A. a. O. (Fn. 27). Art. 87e Rn. 145. 29 So auch Möstl, Markus (2006). A. a. O. (Fn. 27). Art. 87e Rn. 187. 30 Zur LuFV II vgl. die Informationen auf der entsprechenden Internetseite des Eisenbahnbundesamts. Link: https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Finanzierung/LuFV/lufv_node.html;jsessionid =EAB22DA4F3B6CDC6F3B9BC52D9D00670.live21304#doc1527880bodyText2 (letzter Abruf: 28.09.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 10 (2) Von den Mitteln sind zwanzig vom Hundert für Investitionen in Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes, die dem Schienenpersonennahverkehr dienen, zu verwenden. Die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft stimmt diese Maßnahmen mit dem jeweiligen Bundesland ab. (3) […] (4) Die Eisenbahnen des Bundes tragen Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung ihrer Schienenwege. […]“ Die Finanzierung von Neu- und Ausbaumaßnahmen, die Bestandteil des Bedarfsplans sind, (2015: ca. 950 Millionen EUR)31 erfolgt über nicht rückzahlbare Baukostenzuschüsse, die der Bund im Wege der Vollfinanzierung zur Verfügung stellt.32 Voraussetzung ist zum einen, dass entsprechende Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch das Eisenbahnbundesamt (EBA) für die Realisierung des Vorhabens sprechen33 und, dass entsprechend den Vorgaben in § 9 BSWAG eine Vereinbarung zwischen den Eisenbahnen des Bundes, deren Schienenwege gebaut oder ausgebaut werden sollen, und denjenigen Gebietskörperschaften oder Dritten, die den Bau oder Ausbau ganz oder teilweise finanzieren, abgeschlossen wurde. Den weitaus größeren Teil seiner Investitionen gewährt der Bund aufgrund der Vereinbarungen der so genannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II (LuFV II) in Form des so genannten Infrastrukturbeitrags (2015: 3,35 Milliarden EUR).34 Sie wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DB AG sowie deren Tochtergesellschaften DB Netz AG, DB Station&Service AG und DB Energie GmbH abgeschlossen und trat am 1. Januar 2015 mit einer Laufzeit von fünf Jahren in Kraft. Während dieser Laufzeit wird der Bund 20 Milliarden Euro zur Verfügung stellen .35 31 So Deutsche Bahn AG (2017). A. a. O. (Fn. 22). S. 4. 32 So die Informationen auf der Internetseite des Eisenbahnbundesamts. Link: https://www.eba.bund.de/DE/Themen /Finanzierung/finanzierung_node.html (letzter Abruf: 28.09.2017). 33 Dazu die Informationen auf der Internetseite des Eisenbahnbundesamts. Link: https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Finanzierung/finanzierung_node.html (letzter Abruf: 28.09.2017). 34 Deutsche Bahn AG (2017). A. a. O. (Fn. 22). S. 3; LuFV II vom 01.01.2015. A. a. O. (Fn. 12). S. 7. 35 Vgl. dazu die Informationen auf der Internetseite des Eisenbahnbundesamts. Link: https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Finanzierung/LuFV/lufv_node.html (letzter Abruf: 28.09.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 11 In diesem Zusammenhang ist § 1 LuFV II von erheblicher Bedeutung. Die Regelung lautet auszugsweise : „§ 1 Gegenstand der Vereinbarung 1.1 Gegenstand dieser Vereinbarung sind Maßnahmen, die der Erhaltung der Schienenwege der EIU[36] dienen, sowie ihre Finanzierung. 1.2 Die „Erhaltung der Schienenwege“ umfasst die Maßnahmen zur „Instandhaltung“ (§ 8 Abs. 4 BSWAG) und die Durchführung von Ersatzinvestitionen. „Ersatzinvestitionen“ (§ 11 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 2 BSWAG) sind alle Investitionen in die Schienenwege, die nicht Gegenstand des Bedarfsplans sind. 1.3 […] 1.4 Vorhaben des Neubaus, der Erweiterung und der Kapazitätssteigerung von Schienenwegen , die im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege gemäß § 1 Abs. 1 BSWAG enthalten sind („Bedarfsplanvorhaben“), sind nicht Gegenstand dieser Vereinbarung.“ Wie aus diesen Regelungen ersichtlich, gehen die Vertragsparteien von einem sehr weiten Begriff der Ersatzinvestitionen aus. Davon werden folglich auch sämtliche Ausbauvorhaben erfasst, die nicht Gegenstand des Bedarfsplans nach § 1 BSWAG sind. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU)37 verpflichten sich ihrerseits, während der Vertragslaufzeit der LuFV II mindestens acht Milliarden Euro für die Instandhaltung der Schienenwege aufzuwenden (§ 4 LuFV II). Mit diesem so genannten gesamthaften Ansatz der LuFV II finanziert der Bund nicht mehr im Einzelnen definierte Maßnahmen und Investitionsprogramme, sondern stellt den EIU den Infrastrukturbeitrag zur eigenverantwortlichen Verwendung entsprechend den Vereinbarungen der LuFV II zur Verfügung. Das erhöht deren Planungssicherheit. Im Gegenzug geben sie ein Qualitätsversprechen für das gesamte Netz ab.38 36 Die Abkürzung EIU steht für Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Nach den Legaldefinitionen des § 2 Abs. 1, 6, 7 AEG handelt es sich dabei um die Eisenbahnunternehmen, die die Eisenbahninfrastruktur (Betriebsanlagen einschließlich der Bahnstromfernleitungen) betreiben (Bau, Betrieb und Unterhaltung der Infrastruktur). Dementsprechend fasst die LuFV II die Vertragsparteien DB Netz AG, DB Station&Service AG und DB Energie GmbH unter diesem Oberbegriff bzw. dieser Abkürzung zusammen. Vgl. LuFV II vom 01.01.2015. A. a. O. (Fn. 12). S. 5 (Präambel, Ziff. 3). 37 Zum Begriff siehe Fn. 36. 38 So die Informationen auf der Internetseite des Eisenbahnbundesamts. Link: https://www.eba.bund.de/DE/Themen /Finanzierung/LuFV/lufv_node.html (letzter Abruf: 28.09.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 12 2.2.2.3. Verknüpfung von Bedarfsprognosen im Nahverkehrsplan und Infrastrukturmaßnahmen in bundeseigene Schienenwege nach BSWAG und LuFV II Wie gezeigt, besteht das Ziel der Aufstellung eines ÖPNV-Nahverkehrsplans auch darin, Verkehrsbedarfe zu prognostizieren. Veränderte Verkehrsbedarfe im SPNV können folglich dazu führen , dass Investitionen erforderlich werden, um diese Bedarfe netzseitig bedienen zu können.39 Insofern ist eine Kooperation zwischen den Aufgabenträgern des ÖPNV und den jeweiligen Eisenbahninfrastrukturunternehmen erforderlich. Ein entsprechendes Kooperationsgebot für EIU des Bundes enthält § 8 Abs. 2 S. 2 BSWAG, wonach die DB AG sich mit dem jeweiligen Bundesland abzustimmen hat. Die LuFV II konkretisiert dieses Kooperationsgebot an verschiedenen Stellen. So heißt es etwa in § 8 Ziff. 8.7 LuFV II auszugsweise dazu: „Diese Vereinbarung dient auch der Umsetzung von § 8 Abs. 2 BSWAG, wonach von den Mitteln die der Bund gemäß § 8 Abs. 1 BSWAG für Investitionen in die Schienenwege der EIU zur Verfügung stellt, 20 vom Hundert für Investitionen in Schienenwege der EIU, die dem Schienenpersonennahverkehr dienen, zu verwenden sind. Dies erfolgt durch Neuund Ausbauinvestitionen, die Gegenstand des Bedarfsplans sind, sowie durch Verbesserungs - und Ausbaumaßnahmen und Ersatzinvestitionen nach Maßgabe dieser Vereinbarung in die Schienenwege der EIU, die auch dem Schienenpersonennahverkehr dienen. In diesem Rahmen sind […] während der Laufzeit dieser Vereinbarung insgesamt € 1,1 Milliarden vorgesehen. Die EIU stimmen sich hierzu entsprechend der Anlage 8.7 mit den Ländern ab.“ In Anlage 8.7 enthält die LuFV II weitere Vorgaben für die Kooperation zwischen den EIU des Bundes und den Bundesländern. So sind die Beteiligten u. a. dazu verpflichtet, die Investitionsmaßnahmen zur Verbesserung des SPNV in den Bundesländern im Rahmen so genannter Ländergespräche miteinander abzustimmen. Dies betrifft sowohl Verbesserungs- und Ausbaumaßnahmen als auch wesentliche Investitionen zur Erhaltung und Erneuerung der SPNV-Infrastruktur.40 Im Zusammenhang mit der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Fragestellung ist die Regelung in Ziff. 8. lit. c) LuFV II von erheblicher Bedeutung. Sie lautet: „Die Finanzierung von Bau- und Ausbau der Schienenwege (§ 1.3 LuFV) für den Betrieb von S-Bahnen ist im Rahmen des BSWAG und der LuFV ausgeschlossen.“41 39 So auch LuFV II vom 01.01.2015. A. a. O. (Fn. 12). S. 5 (Präambel, Ziff. 4). 40 Vgl. dazu LuFV II vom 01.01.2015. A. a. O. (Fn. 12). Ziff. 3 der Anlage 8.7. 41 LuFV II vom 01.01.2015. A. a. O. (Fn. 12). Ziff. 8. lit. c) der Anlage 8.7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 13 Im Umkehrschluss folgt daraus, dass für andere Investitionsmaßnahmen, die für den Betrieb von S-Bahnen erforderlich sind und nicht den Bau oder Ausbau entsprechender Schienenwege betreffen , die Finanzierung im Rahmen des BSWAG und der LuFV II erfolgt und entsprechende Kooperationen zwischen den Beteiligten erforderlich sind. 2.2.3. Finanzierung von SPNV-Infrastruktur durch Entflechtungsmittel Ein weiterer wesentlicher Baustein der Finanzierung von Bau- und Ausbaumaßnahmen der Schienenwege, die für den Betrieb von S-Bahnen erforderlich sind, sind die Mittel, die den Bundesländern im Rahmen des Entflechtungsgesetzes (EntflechtG) seitens des Bunds bis 2019 jährlich zur Verfügung gestellt werden.42 Dieses Gesetz geht auf die Föderalismusreform 2006 zurück und zielt u. a. auf die finanzielle Kompensation der sich aus dem Auslaufen der Finanzierungshilfen im Bereich der Gemeindeverkehrsfinanzierung ergebenden Einnahmeverluste der Bundesländer .43 Nach den §§ 1, 3 Abs. 1 EntflechtG steht den Bundesländern mit der Beendigung der Finanzhilfen des Bundes für „Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden“ ab dem 1. Januar 2014 jährlich ein Betrag von 1.335,5 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt zu. Die Verteilung erfolgt nach der in § 4 Abs. 3 EntflechtG normierten Aufschlüsselung. Danach erhält - das Bundesland Berlin jährlich 3,723811 Prozent und - das Bundesland Brandenburg jährlich 4,059626 Prozent dieser Mittel. Nach § 5 EntflechtG haben die Bundesländer diese Mittel für investive Zwecke zu verwenden. Zahlreiche Bundesländer haben diese Zweckbindung bereits in ihre ÖPNV-Gesetze übernommen. So bestimmt etwa § 10 Abs. 1 S. 1 ÖPNVG-Brandenburg, der sich mit Fragen der Finanzierung des ÖPNV auseinandersetzt, dass das Land zur „Förderung von Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr […] Mittel nach […] den §§ 1 und 3 Absatz 1 des Entflechtungsgesetzes […] zur Verfügung“ stellt, die nach § 10 Abs. 1 S. 2 ÖPNVG-Brandenburg „für Investitionen zur Verbesserung von Verkehrsverhältnissen des öffentlichen Nahverkehrs […] zu verwenden“ sind. 2.3. Zusammenfassung Ausgehend von diesen grundsätzlichen Erwägungen kann die Frage, nach welchen bundesrechtlichen Vorgaben Investitionsmaßnahmen in die Schienenwegeinfrastruktur finanziert werden, die für den S-Bahn Betrieb in Berlin und Brandenburg erforderlich sind, folgendermaßen beantwortet werden: - Handelt es sich nicht um Bau- oder Ausbaumaßnahmen kommt eine Finanzierung im Rahmen des BSWAG und der LuFV II in Betracht. 42 Ebenso Deutsche Bahn AG (2017). A. a. O. (Fn. 22). S. 7. 43 Umfassend dazu Schwarz, Kyrill-Alexander (2014). In: Maunz, Theodor/Dürig, Günter (Begr.). Grundgesetz. Kommentar. Loseblatt. 79. Ergänzungslieferung 2016. München: C. H. Beck. Art. 143c Rn. 1 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 14 - Andernfalls können entsprechende Maßnahmen mit Hilfe von Entflechtungsmitteln nach dem EntflechtG finanziert werden, über die die Bundesländer eigenverantwortlich verfügen . - Ob darüber hinaus Regionalisierungsmittel nach dem RegG für Investitionen in die Schienenwegeinfrastruktur des SPNV verwendet werden dürfen, ist umstritten: Einerseits wird vertreten, dass die rechtlichen Vorgaben des RegG dies jedenfalls nicht verbieten.44 So haben die Bundesländer die Regionalisierungsmittel nach § 5 RegG „für den öffentlichen Personennahverkehr“ zu verwenden und damit nach § 6 RegG insbesondere den „Schienenpersonennahverkehr zu finanzieren.“ Weitere Vorgaben enthalte das Gesetz nicht. Daraus habe sich die gängige Praxis entwickelt, Regionalisierungsmittel zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen zu verwenden. Andererseits wird mit der in Art. 87e Abs. 4 GG verankerten Gewährleistungsverantwortung des Bundes für seine Schienenwege argumentiert und diese Frage verneint.45 Diese Gewährleistungsverantwortung werde durch das BSWAG konkretisiert. Der Auftrag nach § 1 RegG, eine ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit ÖPNV-Verkehrsleistungen sicherzustellen, beziehe sich daher nicht auf die bundeseigene Schienenwegeinfrastruktur . Wie sich aus § 6 Abs. 2 i. V. m. Anlage 3 RegG ergibt, ist die erste Ansicht wohl zutreffend . Nach § 6 Abs. 2 RegG haben die Bundesländer die Verwendung der Regionalisierungsmittel nach Maßgabe des Verwendungsnachweises in Anlage 3 RegG nachzuweisen .46 Unter Ziff. 4 dieses Verwendungsnachweises haben die Länder die Mittel anzugeben , die sie für „Investitionen in Verkehrsanlagen“ verwendet haben, wobei eine Unterteilung vorzunehmen ist in Mittel, die an die DB Netz AG sowie an die DB Station&Service AG geflossen sind. Würde der Bundesgesetzgeber nicht selber davon ausgehen, dass Regionalisierungsmittel auch für Investitionen in SPNV-Schienenwegeinfrastruktur verwendet werden können, wäre Ziff. 4 des Verwendungsnachweises in dieser Form überflüssig . Neben den bundesrechtlichen Vorgaben sind für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage auch die ÖPNV-Gesetze der Bundesländer Berlin und Brandenburg maßgeblich, die festlegen, dass auch Landeshaushaltsmittel für die Infrastrukturfinanzierung im SPNV zur Verfügung gestellt werden.47 44 So Munzert, Rüdiger (2001). Das Schienennetz in Deutschland nach der Bahnreform. 1. Auflage 2001. Wiesbaden : Deutscher Universitäts-Verlag. S. 79. 45 So Barth, Sibylle (2013). A. a. O. (Fn. 16). S. 323. 46 Anlage 3 RegG findet sich in BGBl. I (2016) S. 2763. 47 Siehe dazu § 10 ÖPNVG-Brandenburg sowie §§ 6, 7 ÖPNVG-Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 15 3. Informationen zu aktuellen Planungen im Zusammenhang mit Infrastrukturinvestitionen für den SPNV der S-Bahn in Berlin und Brandenburg Wie gezeigt ist die Nahverkehrsplanung der Aufgabenträger unter dem Aspekt der Bedarfsanalyse und Bedarfsprognose entscheidend für die Frage, ob Investitionen in die Schienenwegeinfrastruktur für den SPNV der Berliner S-Bahn erforderlich sind. In diesem Zusammenhang werden nachfolgend eine Reihe weiterführender Informationen überblicksartig zusammengestellt, die Aufschluss über aktuelle Planungsstände und Bewertungsergebnisse geben. - Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (2016). ÖPNV-Konzept 2013. Workshop mit den Kommunen. März 2016. Link: http://www.mil.brandenburg.de/media_fast/4055/2016-03- 17_OEPNV-Konzept_2030.pdf (letzter Abruf: 28.09.2017). Derzeit laufen in Brandenburg die Vorbereitungen zur Aufstellung des Landesnahverkehrsplans für den Zeitraum 2018 – 2022, dessen Entwurf bis Ende 2017 verabschiedet werden soll.48 In Vorbereitung führte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB)49 im Auftrag der Länder Berlin und Brandenburg eine Korridoruntersuchung durch.50 In deren Rahmen wurden aktuelle Daten der Bevölkerungsprognose und der Nachfrageerhebung zu Berufs-, Ausbildungs- und Freizeitverkehren auf den Korridoren des ÖPNV im Berliner Umland und dem weiteren Metropolenraum erhoben und ausgewertet. Das o. g. Dokument gibt die Datengrundlage wieder, über die die Landkreise und Kommunen im März 2016 informiert wurden. In der Folge fanden im Juni 2017 vier Regionaldialoge mit Fachleuten, Verbänden, Kommunen , Verkehrsunternehmen und Bürgern in den Regionen Nordostbrandenburg, Südostbrandenburg , Nordwestbrandenburg sowie Südwestbrandenburg statt, in deren Verlauf die wichtigsten strategischen Vorhaben diskutiert und die Zielkonzeptionen vorgestellt wurden, die beschreiben, wie der Nahverkehr auf der Schiene in den kommenden Jahren in den einzelnen Regionen aussehen soll.51 Die umfangreichen Informationen und Präsentationen u. a. des VBB zu Nachfrageprognosen, daraus folgenden Handlungsbedarfen sowie Empfehlungen zur prioritären Weiterverfolgung in den einzelnen Regionen sind auf der Internetseite des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung abrufbar.52 48 So die Informationen auf der Internetseite des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung . Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/808403 (letzter Abruf: 28.09.2017). 49 Zu den Aufgaben des VBB siehe § 5 ÖPNVG-Brandenburg sowie § 4 ÖPNVG-Berlin. 50 Siehe dazu die Informationen auf der Internetseite des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung. Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/808403 (letzter Abruf: 28.09.2017). 51 So die Informationen auf der Internetseite des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung . Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/808403 (letzter Abruf: 28.09.2017). 52 Siehe dazu die weiterführenden Links auf der Internetseite des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung. Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/808403 (letzter Abruf: 28.09.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 073/17 Seite 16 - Intraplan Consult GmbH (2008). Verkehrliche Voruntersuchung und Standardisierte Bewertung für die Wiederinbetriebnahme der Potsdamer Stammbahn. Untersuchungsergebnisse . Februar 2008. Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail .php/bb1.c.513522.de (letzter Abruf: 28. September 2017). Auf der Internetseite Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung heißt im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Potsdamer Stammbahn: „Ein Bestandteil des Konzepts zur Wiederherstellung des Eisenbahnknotens Berlin ist der Wiederaufbau der Potdsamer Stammbahn, die nicht in den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege aufgenommen ist, aber im Rahmen der Quote nach § 8 Abs. 2 Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) – teilweise im Rahmen der Altlastensanierung – finanziert werden kann. Voraussetzung hierfür ist eine Nutzen-Kosten-Untersuchung mit einem Nutzen-Kosten-Indikator > 1,0. Mit Realisierung der Infrastruktur für die Potsdamer Stammbahn kann der Korridor Potsdam – Zehlendorf – Potsdamer Platz – Berlin Hauptbahnhof in unterschiedlichen SPNV- Linienkonzepten bedient werden.“53 Das o. g. Gutachten der Intraplan Consult GmbH von 2008 kommt zu dem Ergebnis, dass der geforderte Nutzen-Kosten-Indikator > 1,0 nicht erreicht wird.54 - Intraplan Consult GmbH (2006/2008). Standardisierte Bewertung S-Bahn Falkensee. Untersuchungsergebnisse . Juli 2006/März 2008. Link: http://www.mil.brandenburg .de/sixcms/detail.php/809970 (letzer Abruf: 28.09.2017). Seit Anfang der 1990er Jahre wird von den Ländern Berlin und Brandenburg eine Verlängerung des Spandauer S-Bahn nach Falkensee mit zusätzlicher S-Bahn-Gleichstrom-Infrastruktur gefordert.55 Das o. g. Gutachten gibt Auskunft über Hergang und Ergebnisse einer Standardisierten Bewertung für eine Verlängerung der S-Bahn von Spandau Bahnhof nach Falkensee mit den zwei zusätzlichen S-Bahn-Halten Nauener Straße und Hackbuschstraße . Für die untersuchten Konstellationen konnte ein Nutzen-Kosten-Indikator > 1,0 ermittelt werden.56 * * * 53 So die Informationen auf der Internetseite des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung . Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.513522.de (letzter Abruf: 28.09.2017). 54 Intraplan Consult GmbH (2008). Verkehrliche Voruntersuchung und Standardisierte Bewertung für die Wiederinbetriebnahme der Potsdamer Stammbahn. Untersuchungsergebnisse. Februar 2008. S. 133 ff. Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.513522.de (letzter Abruf: 28.09.2017). 55 So die Informationen auf der Internetseite des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung . Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/809970 (letzter Abruf: 28.09.2017). 56 Siehe Intraplan Consult GmbH (2006/2008). Standardisierte Bewertung S-Bahn Falkensee. Untersuchungsergebnisse . Juli 2006/März 2008. S. 109 ff., 138. Link: http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/detail.php/809970 (letzter Abruf: 28.09.2017).