© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 068/17 Freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen in den Niederlanden Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 068/17 Seite 2 Freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen in den Niederlanden Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 068/17 Abschluss der Arbeit: 8. November 2017 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 068/17 Seite 3 1. Einleitung Im Rahmen des vorliegenden Sachstands wurde der Frage nachgegangen, inwieweit bei einer freiwilligen Selbstverpflichtung von Unternehmen in den Niederlanden in verschiedenen Bereichen , wie Umweltschutz, Ernährung oder Werbung, die Möglichkeit einer stärkeren Durchsetzbarkeit der vereinbarten Zielvorgaben besteht. In diesem Zusammenhang hat sich der Fachbereich WD 5 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages mit folgenden Fragen an das niederländische Parlament gewandt: Wie ist das ,,Transition Management" in den Niederlanden aktuell ausgestaltet, und gibt es hierzu eine Evaluierung? Werden in bestimmten Industriebereichen noch immer "covenants" ("negotiated, not strictly legally binding agreements between the government and various industry sectors") geschlossen, und wenn ja, wie sind diese ausgestaltet? Gibt es andere Regelungen zur stärkeren Durchsetzbarkeit und zur Kontrolle der freiwilligen Selbstverpflichtung von Unternehmen in den Bereichen Umweltschutz, Ernährung oder Marketing? Im Folgenden wird zunächst in Gliederungspunkt 2 der vierte Nationale Umweltplan kurz vorgestellt und im Anschluss in Gliederungspunkt 3 auf die Evaluierung des Übergangs zur nachhaltigen Nutzung der Biodiversität und der natürlichen Ressource eingegangen. Unter Gliederungspunkt 4 wird die weitere Entwicklung der Umweltpolitik in den Niederlanden auf der Basis von Informationen des niederländischen Parlaments skizziert. 2. Vierter Nationaler Umweltplan In den Niederlanden wurde 1989 der erste Nationale Umweltplan vorgelegt, in dem Themen wie Luftverschmutzung, Klimawandel und Müllentsorgung aufgegriffen sowie die jeweiligen Hauptverursacher aus Industrie und Wirtschaft eruiert wurden. 2001 wurde der vierte Nationale Umweltplan („Nationaal Milieubeleidsplan 4 (NMP 4)“)1 von neun Ministerien unterzeichnet und unter dem Titel „Een wereld en een wil: werken aan duurzaamheid“2 veröffentlicht. Dieser zeichnete sich insbesondere durch eine stärkere interministerielle Koordinierung sowie die Stärkung des Vorsorgeprinzips im Hinblick auf spätere Generationen aus. Die nachhaltige ökologische Modernisierung soll danach in 30 Jahren erreicht sein. Als zentrales Ziel wurde eine gute Lebensqualität in Harmonie mit der Umwelt benannt. Das Nachhaltigkeitskonzept setzt dabei eigenverantwortliches Handeln der Menschen voraus.3 1 http://www.rivm.nl/bibliotheek/digitaaldepot/VROM2001NMP4.pdf (zuletzt aufgerufen am 25.10.2017). 2 „Eine Welt und ein Wille: Arbeit an der Nachhaltigkeit“. 3 http://www.rivm.nl/bibliotheek/digitaaldepot/VROM2001NMP4.pdf, S. 6 sowie https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/umwelt/vertiefung/umweltschutz/politikziel.html (zuletzt aufgerufen am 7.11.2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 068/17 Seite 4 Als Barrieren, die der Verwirklichung entgegenstehen, wurden im NMP 4 benannt:4 die Ungleichheit in der Verteilung zwischen Industrie und Entwicklungs- bzw. Schwellenländern ; kurzfristiges Termindenken; institutionalisiertes Inseldenken; die mangelnde Bereitschaft, für Nachhaltigkeit mehr zu bezahlen; Angst vor systemischen Veränderungen sowie die mangelnde Bereitschaft, heute für künftige Generationen Vorsorgemaßnahmen zu treffen . Der NMP 4 listet sieben Umweltproblembereiche auf:5 Verlust der Biodiversität, Klimawandel, Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, Gefährdung der Gesundheit, Bedrohung der Sicherheit, Bewahrung von Lebensräumen sowie Vermeidung von zu großen Umweltrisiken. Zu einigen Problembereichen wurden Reduktionsziele für das Jahr 2030 benannt sowie die Maßnahmen , die die Regierung dazu vorsieht.6 Diese Ziele sind jedoch nicht gesetzlich bindend.7 3. Evaluierung des Übergangs zur nachhaltigen Nutzung der Biodiversität und der natürlichen Ressourcen Um die Effektivität der Umweltpolitik zu steigern, wurde das „Transition Management“ eingeführt . „Transition“ beschreibt beispielsweise das Zentrum für Niederlande-Studien der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als „die Umstellung von technischen und sozialen Systemen zur Veränderung der Gesellschaft, hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise. Dabei werden Innovationen gesucht und geprüft, die bestehende, als nicht nachhaltig eingestufte Systeme 4 Siehe http://www.rivm.nl/bibliotheek/digitaaldepot/VROM2001NMP4.pdf, S. 103 ff (zuletzt aufgerufen am 7.11.2017). 5 http://www.rivm.nl/bibliotheek/digitaaldepot/VROM2001NMP4.pdf, S 37 ff (zuletzt aufgerufen am 24.10.2017). 6 http://www.rivm.nl/bibliotheek/digitaaldepot/VROM2001NMP4.pdf, S. 146 (zuletzt aufgerufen am 24.10.2017). 7 https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/umwelt/vertiefung/umweltschutz/politikziel.html (zuletzt aufgerufen am 7.11.2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 068/17 Seite 5 ersetzen könnten. Gleichzeitig werden Möglichkeiten untersucht, unmittelbar und innerhalb der bestehenden Systeme nachhaltige Verbesserungen zu implantieren.“8 In diesem Kontext erfolgte im Jahr 2006 in den Niederlanden eine Evaluierung des Übergangs zur nachhaltigen Nutzung der Biodiversität und der natürlichen Ressourcen. Der Evaluierungsbericht liegt ausschließlich in niederländischer Sprache vor und ist als Anlage 1 beigefügt. Hierin wird ausgeführt, dass es Ziel des Berichts sei, einen Einblick in den Veränderungsprozess in der „Transition Biodiversität“ zu gewinnen und Empfehlungen für die Verbesserung zukünftiger Ansätze zu geben. Das übergeordnete Ziel des Übergangs zur biologischen Vielfalt sei die Initiierung eines (sozialen) Veränderungsprozesses, so dass in einem Zeitraum von 20 bis 30 Jahren der Verlust an Biodiversität gestoppt und Systeme geschaffen würden, die die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt gewährleisten. Viele Organisationen der Zivilgesellschaft seien motiviert worden, sich an der Zukunft der Biodiversität zu engagieren. Es sei eine gemeinsame Problemwahrnehmung und ein Übergang zu einer „Transitionagenda“ entwickelt worden. Insbesondere aufgrund der Notwendigkeit, konkrete Ergebnisse zu erzielen, seien unterschiedliche Methoden für abgegrenzte Gebiete (Wald-, Fisch-, Agrar- und ökologische Netze) formuliert worden . In der anschließenden Phase, in der Teilübergänge ausgearbeitet und eingerichtet worden seien, habe eine Reihe von Engpässen eine Verzögerung des Übergangsprozesses verursacht. Das Programm bliebe damit hinter den formulierten Zielen zurück. Es wurde festgestellt, dass die Ziele des Übergangs angesichts der äußerst begrenzten Kapazität, der eingeschränkten finanziellen Mittel und des engen Spielraums des Transitionteams zu ehrgeizig formuliert worden seien. Darüber hinaus sei die Biodiversität im Übergang überaus komplex und tangiere viele unterschiedliche und zum Teil auch internationale Themenbereiche, in denen der nationale Einfluss der Niederlande gering sei. 4. Weitere Entwicklung der Umweltpolitik in den Niederlanden Nach Informationen des niederländischen Parlaments wurde im März 2014 eine neue Umweltpolitik 9 vorgestellt, in der die öffentliche Gesundheit im Vordergrund stand und neue (internationale ) Koalitionen gebildet wurden. Im November 2015 legte die OECD10 eine Bewertung der niederländischen Umweltpolitik für die Jahre 2003 bis 2014 vor (siehe Anlage 2). Hierin wird u.a. ausgeführt, dass der Übergang von der traditionellen Abfallwirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft im Gange sei. Dies erfordere die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die Suche nach neuen Wegen, um über die gesamte Produktkette hinweg zu arbeiten und die Volatilität der Rohstoffpreise zu bewältigen. Ein detaillierter Fahrplan zur Förderung der Kreislaufwirtschaft, maßgeschneiderte Indikatoren und eine stärkere Produktpolitik könnten dazu beitragen, diesen Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft voranzutreiben . 8 https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/umwelt/vertiefung/umweltschutz/politikziel.html (zuletzt aufgerufen am 25.10.2017). 9 https://www.rijksoverheid.nl/documenten/kamerstukken/2014/03/10/modernisering-milieubeleid (nur in niederländischer Sprache – zuletzt aufgerufen am 19.10.2017). 10 OECD - Organisation for Economic Cooperation and Development. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 068/17 Seite 6 Am 24. Januar 2017 wurde das so genannte "Grondstoffenakkoord" (Nationale Vereinbarung über die Kreislaufwirtschaft) unterzeichnet und veröffentlicht (siehe Anlage 3). Eine Übersicht der Unternehmen, die den Vertrag bisher unterzeichnet haben, findet sich unter dem Link: https://www.circulaireeconomienederland.nl/ondertekenaars/default.aspx (zuletzt aufgerufen am 19.10.2017) Die Vereinbarung ist eine Umsetzung des Nationalen Programms "A Circular Economy in the Netherlands by 2050" (siehe Anlage 4), das im September 2016 vorgestellt wurde. Die entsprechende Zusammenfassung ist als Anlage 5 beigefügt. In dem Programm werden folgende Bereiche hervorgehoben: Biomasse und Lebensmittel, Kunststoffe, die verarbeitende Industrie, der Bausektor sowie Konsumgüter. Für jeden dieser Bereiche wurden "Transitionteams" gebildet, die sich aus Vertretern der Teilnehmer der oben genannten nationalen Vereinbarung zusammensetzen. Jedes Transitionteam muss eine "Transitionagenda" erstellen, in der Entwicklungslinien vorgestellt werden, die zum einen realistisch sein sollen und zum anderen bis 2021, 2025 und 2030 umgesetzt werden können. Die Transitionagenda soll hierbei beinhalten: eine Aktionsagenda, in der innovative Projekte ausgewählt werden; eine Wissensagenda, in der neue Wissens- und Forschungsfragen formuliert und die geeigneten Indikatoren entwickelt werden, die den Fortschritt überwachen können; eine Sozialagenda, die die Auswirkungen des Übergangs auf den Arbeitsmarkt analysiert und die Entwicklung neuer Kreislaufwirtschaftsgeschäftsmodelle einleitet sowie eine Investitionsagenda, die dazu beiträgt, finanzielle Hürden zu beseitigen und den Abschluss und die Finanzierung der Kreislaufwirtschaftsgeschäftsmodelle zu erreichen. Die endgültige Transitionagenda soll nach Informationen des niederländischen Parlaments bis Ende November 2017 vorliegen. *** Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 068/17 Seite 7 5. Anlagen Anlage 1 Evaluatie transitie naar een duurzaam gebruik van biodiversiteit en natuurlijke hulpbronnen. TNO-rapport-0770. 6 oktober 2006. Anlage 2 The Netherlands 2015. OECD Environmental Performance Reviews. November 2015. https://zoek.officielebekendmakingen.nl/blg-702591 (zuletzt aufgerufen am 25.10.2017). Anlage 3 National Agreement on the Circular Economy. 24. Januar 2017. https://www.government.nl/documents/discussiondocuments /2017/01/24/national-agreement-on-the-circular-economy (zuletzt aufgerufen am 25.10.2017). Anlage 4 A Circular Economy in the Netherlands by 2050. September 2016. https://www.government.nl/documents/policy-notes/2016/09/14/a-circulareconomy -in-the-netherlands-by-2050 (zuletzt aufgerufen am 25.10.2017). Anlage 5 A Circular Economy in the Netherlands by 2050. Summary. September 2016. https://www.government.nl/documents/leaflets/2016/09/22/a-circular-economy -in-the-netherlands-by-2050 (zuletzt aufgerufen am 25.10.2017).