Fragen zum Weltmarkt für Soja Anbauflächen, Produktion und Preise von gentechnisch veränderter und gentechnikfreier Soja - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 068/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasserin: Fragen zum Soja-Markt Anbaufflächen, Produktion und Preise von gentechnisch veränderter und gentechnikfreier Soja Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 068/09 Abschluss der Arbeit: 29.04.2009 Fachbereich WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - 3 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 4 2. Anbauflächen und Erzeugung 4 3. Einfuhren in die EU 5 4. Sojaverbrauch in Deutschland 6 5. Preise 7 - 4 - 1. Einleitung Im Bereich der intensiven Tierproduktion ist die Landwirtschaft in Europa in hohem Maß von Sojaimporten bzw. von Extraktionsschrot, das bei der Ölgewinnung anfällt, abhängig geworden. Dieses Futtermittel ist wegen seines hohen Gehalts an Eiweiß durch andere Produkte aus heimischer Erzeugung kaum substituierbar. Eine neue Abhängigkeit entsteht im Segment des ökologischen Landbaus. Die zunehmende Zahl von Erzeugern, die ihre Milch- oder Fleischprodukte als „gentechnikfrei“ ausloben wollen, sehen sich durch die starke Ausweitung des Anbaus von gentechnisch verändertem Soja in den Exportländern mit einem sich verengenden Markt für konventionell erzeugte Saaten bzw. Schrot und mit entsprechenden Verteuerungen im Einkauf konfrontiert. 2. Anbauflächen und Erzeugung Ein Drittel der Anbauflächen für Sojabohnen befindet sich in den USA. 37 % der dort erzeugten Menge an Soja wird auf dem Weltmarkt abgesetzt. Stärker ausfuhrorientiert ist die Produktion in Brasilien mit 43 % Exportanteil . In Argentinien liegt er bei 30 %. Die drei genannten Länder verfügen zusammen über 70 % der weltweiten Anbauflächen und decken 90% des gesamten Importbedarfs. Die Entwicklung der Anbauflächen und des Anteils der gentechnisch veränderten Sojapflanzen (GVO-Soja) in den drei den Weltmarkt bestimmenden Ländern gestaltete sich im Zehnjahreszeitraum von 1997 bis 2007 wie folgt: In den USA hat der Sojaanbau seinen Höhepunkt flächenbezogen im Jahr 2006 erreicht. Seit 2007 stagniert er. In Brasilien und Argentinien weitet er sich kontinuierlich aus. - 5 - aus: www.transgen.de In den USA und in Argentinien wird heute annähernd flächendeckend GVO-Soja angebaut . In Brasilien, das den größten Teil seiner Exporte in der EU absetzt, sind aber noch Bezugsreserven für gentechnikfreie Soja vorhanden, die theoretisch ausreichen, die gesamte deutsche Sojanachfrage zu befriedigen. Der Soja-Anbau in anderen Ländern präsentiert sich in Größenordnungen, die keinen Einfluss auf das Geschehen am Weltmarkt haben. Immerhin eröffnet er bei geringeren Anteilen von GVO-Soja Nischen für den Bezug von gentechnikfreien Saaten und Schrot. In Rumänien, wo der GVO-Anteil im Jahr 2006 bereits 70 % erreicht hatte, ist mit dem Beitritt zur EU nur mehr konventioneller Anbau erlaubt. In der übrigen EU (Frankreich, Italien Österreich, Ungarn ) beläuft sich die jährliche Produktion auf ca. 750.000 to. 3. Einfuhren in die EU In der langjährigen Statistik zeigt sich die Importquote von Sojabohnen zur Verarbeitung in der Ölindustrie der EU mit jährlich 15 Mio. to relativ konstant. Argentinien hat im Export von Bohnen in die EU nie eine nennenswerte Größenordnung eingenommen. In dem Maße in dem die Bedeutung Brasiliens als Herkunftsland zugenommen hat, verloren die Exporte der USA in die EU an Umfang. Entwicklung der Sojaimporte der EU 1995-2007 - gesamt und nach Herkunftsländern Bohnen (Mio. to) Schrot (Mio. to) - 6 - Die Schrotimporte haben sich zwischen 1997 und 2007 verdoppelt. Argentinien ist auf diesem Sektor seit 2004 das wichtigste Herkunftsland. Der Selbstversorgungsgrad der Europäischen Union (EU-25) beträgt ca. 35 %. Im Jahr 2006 mussten deshalb rund 35 Mio. to eiweißreiche Futtermittel in die EU importiert werden. Den größten Anteil hält Sojaschrot mit einem Importvolumen von derzeit ca. 24 Mio. to. In der Ölgewinnung fielen bei den importierten 15 Mio. to Sojabohnen ca. 12 Mio. to Schrot als Nebenprodukt an. Da die Handelsstatistiken gentechnisch veränderte und GVO-freie Ware nicht getrennt ausweisen (speziell in Brasilien werden beide auch miteinander vermengt) und GVO- Soja vor dem Hintergrund der erreichten Anteile als Normalfall gilt, können die Importmengen im GVO-freien „Nischenmarkt“ nur geschätzt werden. Lt. Toepfer International1 ist die Nachfrage nach GVO-freier Soja mit 10 % zu beziffern . Hauptmärkte hierfür sind demnach Frankreich, das Vereinigte Königreich, Deutschland und die Schweiz. 4. Sojaverbrauch in Deutschland Laut Raiffeisenverband3 wurden im Durchschnitt der letzten Jahre knapp 20 Mio. t Mischfutter hergestellt. Nach Getreide mit einem Anteil von 45 % sind Ölschrote mit einem Anteil von 25,7 % die wichtigste Komponente. Bei diesen wiederum hat Sojaschrot mit fast 60 % den größten Anteil, gefolgt von Rapsschrot mit knapp 30 %. 1 Marktbericht 20. März 2008, abrufbar unter: http://www.acti.de/media/MB_dt_03-08.pdf 2 3 Ehlers, Czekala (DRV) Hintergrundinformationen zur Herkunft und Verwendung von Soja in der Futtermittelwirtschaft, abrufbar unter http://www.raiffeisen.de/presse/pdf-aktuelles/Hintergrundinformationen-Soja-01-02-07.pdf - 7 - Die deutsche Nachfrage nach gentechnikfreien Sojabohnen wird von Toepfer International auf 20000 to, nach gentechnikfreiem Sojaschrot auf 500000 to geschätzt. 5. Preise Die Explosion der Preise für Agrar-Rohstoffe im Jahr 2008 fand losgelöst von dem in nebenstehender Abbildung erkennbaren längerfristigen Trend statt. Inzwischen sind die Preise wieder auf zum Niveau von 2006/2007 zurückgekehrt. Die Volatilität bleibt jedoch offenbar hoch. So ist lt. letztem Bericht der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle GmbH (ZMP) der Preis für Sojaschrot in der 17. Kalenderwoche 2009 gegenüber der Vorwoche um 43 EUR, d.h. um 15 % auf 343 EUR/to gestiegen. Vier bis sechsmonatige Termingeschäfte notierten dagegen an der Hamburger Getreidebörse im April dieses Jahres bei 288 EUR/to. Gentechnikfreie Soja wird an den Getreidebörsen nicht gehandelt. Eine Statistik über abgeschlossene Kontrakte ist nicht verfügbar. Deshalb sind – analog zu den abgesetzten Mengen - Aussagen über Preisdifferenzen zu GVO-Soja auf Schätzungen angewiesen. Quelle: www.veredelungsproduktion.de - 8 - Zwei Faktoren dürften mittelfristig für eine Stabilisierung der Preisaufschläge für gentechnikfreie Soja auf hohem Niveau sorgen: - Die Etablierung eigener Versorgungsketten für als „gentechnikfrei“ gekennzeichnete landwirtschaftliche Erzeugnisse bedingt zusätzlichen Aufwand für Zertifizierungssysteme sowie für getrennte Lagerung und Transport. - Neu entwickelte GVO-Sorten, die auch im tropischen Klima der nördlichen Anbaugebiete Brasiliens angebaut werden können. Damit geriete die dort produzierte Nicht-GVO-Soja unter Flächenkonkurrenz. Diese wäre nur zu bestehen, wenn die geringeren Kosten und die Ertragsvorteile der GVO-Soja mindestens egalisiert würden Größere Marktstörungen werden von mehreren Verbänden im Hinblick auf drei neue GVO-Sorten befürchtet, die zur Aussaat 2009 in den USA und möglicherweise auch in Argentinien und Brasilien bereitstehen5: Das langwierige Zulassungsverfahren der EU kann in Verbindung mit der Nulltoleranz für nicht zugelassene Sorten dazu führen, dass bei den kaum vermeidbaren Verunreinigungen in Lagern und Transportmitteln große Lieferungen vom Markt genommen werden müssen. Toepfer International schätzt, dass auf diesem Weg bis zu 4 Mio. to Soja für die EU mit entsprechender Wirkung auf die Preise ausfallen könnten. Im Extremfall könnte die gesamte Produktion in Nord- und Südamerika so schnell auf neue GVO-Events umgestellt werden, dass im Zeitraum bis zum Abschluss des EU- Zulassungsverfahrens keine GVO-Soja mehr in die EU eingeführt werden kann. Dann wäre der gesamte Bedarf von (gentechnikfreien) Flächen in Brasilien zu decken. Im Verhältnis zu der inzwischen von China eingenommenen Marktstellung als Hauptimporteur wäre der Einfluss der europäischen Nachfrage auf die Anbauentscheidungen eher geringfügig. Die EU-Kommission rechnet im „worst-case scenario“, d.h. wenn die Produktion in den USA, Argentinien und Brasilien gleichzeitig auf neue, in der EU nicht zugelassene GVO-Events umgestellt wird, für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 mit einer Preissteigerung bei Sojaschrot um 60 % und einem dadurch verursachten Rückgang der europäischen Geflügel- und Schweineproduktion zwischen 35 und 42 %. Eine auf die USA beschränkte Umstellung hätte dagegen kaum Auswirkungen6. 5 VDG, DBV, DRV, BVE, BLL, DVT, VDO BGA: Rohstoffversorgung sichern – Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Futtermittel- und Lebensmittelwirtschaft erhalten, Mai 2008 Anlage 1 6 Europäische Kommission, GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung: Economic Impact of Unapproved GMOs on EU Feed Imports and Livestock Production, Brüssel, 22.07.2007 Anlage 2