© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 067/17 Anwendungsbereich des Eisenbahnkreuzungsgesetzes Ergänzung zu WD 5 – 3000 – 051/17 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 067/17 Seite 2 Anwendungsbereich des Eisenbahnkreuzungsgesetzes Ergänzung zu WD 5 – 3000 – 051/17 Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 067/17 Abschluss der Arbeit: 07. September 2017 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 067/17 Seite 3 1. Einleitung In dem Sachstand WD 5 - 3000 - 051/171 wurde geprüft, ob das Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG)2 auf die folgende Konstellation Anwendung findet: Eine nicht mehr für den Schienenverkehr zu verwendende Eisenbahnstrecke wird zu einer Straße umgebaut, die für den öffentlichen Personenverkehr ausschließlich mit Bussen genutzt werden soll (Szenario 1). Die Schieneninfrastruktur soll bestehen bleiben und das Fundament bzw. den baulichen Untergrund für die etwa durch Verlegung von Betonplatten zu errichtende Straße bilden. Im Ergebnis ist hier die Anwendbarkeit des Eisenbahnkreuzungsgesetzes zu verneinen, sofern unterstellt wird, dass der Schienenweg aufgrund baulicher Veränderung nicht mehr als solcher benutzbar ist.3 Nunmehr ist der Frage nachzugehen, ob das Eisenbahnkreuzungsgesetz einschlägig ist, wenn auf der umgebauten Bahnstrecke – die technische Machbarkeit unterstellt - sowohl ein öffentlicher Busverkehr als auch ein Bahnverkehr stattfindet (Szenario 2). 2. Rechtliche Bewertung von Szenario 2 Auch bei der Prüfung von Szenario 2 ist § 1 EKrG heranzuziehen, der den Anwendungsbereich des Gesetzes definiert: „§ 1 (1) Dieses Gesetz gilt für Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen. (2) Kreuzungen sind entweder höhengleich (Bahnübergänge) oder nicht höhengleich (Überführungen ). (3) Eisenbahnen im Sinne dieses Gesetzes sind die Eisenbahnen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, sowie die Eisenbahnen, die nicht dem öffentlichen Verkehr dienen, wenn die Betriebsmittel auf Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs übergehen können (Anschlußbahnen), und ferner die den Anschlußbahnen gleichgestellten Eisenbahnen. (4) Straßen im Sinne dieses Gesetzes sind die öffentlichen Straßen, Wege und Plätze. (5) Straßenbahnen, die nicht im Verkehrsraum einer öffentlichen Straße liegen, werden, wenn sie Eisenbahnen kreuzen, wie Straßen, wenn sie Straßen kreuzen, wie Eisenbahnen behandelt. (6) Beteiligte an einer Kreuzung sind das Unternehmen, das die Baulast des Schienenwegs der kreuzenden Eisenbahn trägt, und der Träger der Baulast der kreuzenden Straße.“ 1 Abzurufen unter: https://www.bundestag.de/blob/515436/cd1e8c41461ab7487040ad6cffa55541/wd-5-051-17- pdf-data.pdf. 2 Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.03.1971, BGBl. I S. 337, zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.08.2015, BGBl. I S. 1474. 3 Siehe hierzu: Sachstand WD 5 - 3000 - 051/17, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 067/17 Seite 4 Bei Szenario 2 bleibt der Bahnverkehr erhalten. Handelt es sich um Eisenbahnen im Sinne von § 1 Abs. 3 EKrG, so ist das Eisenbahnkreuzungsgesetz einschlägig. Es gilt gemäß § 1 Abs. 1 EKrG für Kreuzungen von Eisenbahnen mit Straßen, wobei Straßen in § 1 Abs. 4 EKrG als öffentliche Straßen, Wege und Plätze definiert sind. An dieser Bewertung ändert sich auch nichts, wenn im räumlichen Bereich der Schieneninfrastruktur – ggf. parallel zu den Schienen – zusätzlich zu Eisenbahnen Busse auf einem hierfür geschaffenen baulichen Untergrund verkehren. Für den Fall, dass auf den Eisenbahnschienen als Bahnverkehr nur Straßenbahnen bzw. nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Personenbeförderungsgesetz (PBefG)4 ebenso zu qualifizierende Stadtbahnen5 verkehren, ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Ob sie als Straßenbahnen nach § 1 Abs. 5 EKrG zu qualifizieren sind und nach dieser Bestimmung folglich als Straßen behandelt werden, wenn sie Eisenbahnen kreuzen bzw. als Eisenbahnen, wenn sie Straßen kreuzen, setzt zunächst voraus, dass sie nicht im Verkehrsraum einer öffentlichen Straße liegen. Dies ist zu bejahen , wenn sie die Eisenbahnstrecke nutzen. Entscheidend ist aber für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 5 EKrG, ob die Eisenbahnstrecke, die von einer solchen Bahn genutzt wird, noch für den öffentlichen Eisenbahnverkehr gewidmet und tatsächlich noch für Eisenbahnen benutzbar ist. Auf die tatsächliche Nutzung des Schienenweges kommt es nicht an.6 Ist die Nutzbarkeit als Eisenbahnbetriebsanlage weiterhin zu bejahen, weil es an durchgreifenden baulichen Änderungen infolge einer eisenbahnfremden Nutzung fehlt, dann sind Straßenbahnen - unabhängig von ihrer Einordnung nach dem Personenbeförderungsgesetz als Straßenbahnen- Eisenbahnen im Sinne des Eisenbahnkreuzungsgesetzes.7 Das Eisenbahnkreuzungsgesetz legt also 4 Personenbeförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.08.1990, BGBl. I S. 1690, zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 14 (Nummer 52) mit Wirkung vom 29.07.2017, BGBl. I S. 2808. § 4 PBefG „(1) Straßenbahnen sind Schienenbahnen, die 1. den Verkehrsraum öffentlicher Straßen benutzen und sich mit ihren baulichen und betrieblichen Einrichtungen sowie in ihrer Betriebsweise der Eigenart des Straßenverkehrs anpassen oder 2. einen besonderen Bahnkörper haben und in der Betriebsweise den unter Nummer 1 bezeichneten Bahnen gleichen oder ähneln und ausschließlich oder überwiegend der Beförderung von Personen im Orts- oder Nachbarschaftsbereich dienen . (2) Als Straßenbahnen gelten auch Bahnen, die als Hoch- und Untergrundbahnen, Schwebebahnen oder ähnliche Bahnen besonderer Bauart angelegt sind oder angelegt werden, ausschließlich oder überwiegend der Beförderung von Personen im Orts- oder Nachbarschaftsbereich dienen und nicht Bergbahnen oder Seilbahnen sind.“ 5 Siehe zur „Vorgebirgsbahn“: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 28.05.2015 – 3 C 1/15 -, abzurufen bei juris, Rn. 12. 6 Liebler, Stefan, jurisPR-BVerwG 1/2016 Anm. 4, abzurufen bei juris. 7 Liebler, Stefan, jurisPR-BVerwG 1/2016 Anm. 4, abzurufen bei juris. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 067/17 Seite 5 eigene Voraussetzungen für Straßenbahnen als Kreuzungsbeteiligte fest.8 § 1 Abs. 5 EKrG ist in diesem Fall nicht einschlägig. Für Kreuzungen dieser Bahnen mit Straßen handelt es sich um eine Kreuzung von Eisenbahnen mit Straßen; der Anwendungsbereich des Eisenbahnkreuzungsgesetzes nach § 1 Abs. 1 EKrG ist eröffnet. Nicht anwendbar ist das Gesetz dagegen auf eine Kreuzung einer solchen „Straßenbahn“ mit einer Eisenbahn, weil es sich im Sinne des Eisenbahnkreuzungsgesetzes um eine Kreuzung von Eisenbahn und Eisenbahn handelt.9 Ist die Eisenbahnstrecke dagegen nicht mehr für den Eisenbahnverkehr gewidmet und nicht mehr tatsächlich für Eisenbahnen benutzbar, so ist für die hier verkehrenden Straßenbahnen § 1 Abs. 5 EKrG einschlägig. Sowohl bei der Kreuzung dieser Bahnen mit einer Straße als auch mit einer Eisenbahn ist der Anwendungsbereich des Eisenbahnkreuzungsgesetzes nach § 1 Abs. 1 EKrG eröffnet . * * * 8 Liebler, Stefan, jurisPR-BVerwG 1/2016 Anm. 4, abzurufen bei juris. 9 So auch im Falle der „Vorgebirgsbahn“: BVerwG, Urteil vom 28.05.2015 – 3 C 1/15 -, abzurufen bei juris, Rn. 11.