Deutscher Bundestag Telekommunikativer Breitbandausbau in Form des Universaldienstes Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 5 – 3000 – 065/2011 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 2 Telekommunikativer Breitbandausbau in Form des Universaldienstes Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 5 – 3000 – 065/2011 Abschluss der Arbeit: 29.03.2011 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Europäischer Rechtsrahmen 4 3. Rechtliche Umsetzung in Deutschland 7 3.1. Infrastruktursicherungsauftrag des Bundes, Art. 87 f GG 7 3.1.1. Dienstleistungsbegriff 7 3.1.2. Angemessene und ausreichende Dienstleistungen 8 3.1.3. Flächendeckende Gewährleistung 10 3.2. Nationale Umsetzung – Anpassung des Telekommunikationsgesetzes 11 4. Finanzierung 12 4.1. Rahmenbedingungen des EU-Rechts 12 4.2. Deutsche Ausgestaltung des Universaldienstes 13 4.3. Verfassungsrechtliche Bedenken 13 4.3.1. Öffentlicher Einnahmetatbestand 13 4.3.2. Verfassungsrechtliche Anforderungen 14 4.3.2.1. Abgabenart 15 4.3.2.2. Verfassungskonformität der Sonderabgabe 15 4.3.3. Zwischenergebnis zu verfassungsrechtlichen Bedenken 17 4.4. Ergebnis 17 5. Mindest-Umsetzungszeitraum für flächendeckenden Universaldienst 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 4 1. Einleitung In der dieser Ausarbeitung zugrundliegenden Anfrage geht es um die Möglichkeit, den Zugang breitbandiger Kommunikation im Rahmen eines Universaldienstes zu schaffen. Dabei sind folgende Fragen zu beantworten: Welche rechtlichen Möglichkeiten haben die EU-Mitgliedstaaten nach dem neuen europäischen Rechtsrahmen, national einen Breitbandzugang als Universaldienst zu definieren? (Gliederungspunkt 2.) In welcher Bandbreite könnte ein solcher Universaldienst festgelegt werden (in Mbit/s)? (Gliederungspunkt 2.) Wie müsste die konkrete rechtliche Umsetzung eines Breitband-Universaldienstes in Deutschland erfolgen? (Gliederungspunkt 3.) Wie könnte die notwendige Finanzierung ausgestaltet werden (Steuerfinanzierung, Umlagefinanzierung oder gemischte Finanzierung), ggf. differenziert nach konkreten Bandbreiten ? (Gliederungspunkt 4.) Von welchem Mindest-Umsetzungszeitraum muss ausgegangen werden, um einen Breitband -Universaldienst in Deutschland einzuführen? (Gliederungspunkt 5.) 2. Europäischer Rechtsrahmen Der europarechtliche Rahmen für den Ausbau von Telekommunikationsinfrastrukturen ergibt sich aus der Rahmenrichtlinie1 und aus den folgenden, die Rahmenrichtlinie konkretisierenden Einzelrichtlinien: Zugangsrichtlinie2 Genehmigungsrichtlinie3 Universaldienstrichtlinie4 Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation5. 1 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. 03.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste (Rahmenrichtlinie) – Abl. Nr. L 108 vom 24.04.2002, S. 33 ff., abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2002L0021:20070630:DE:PDF [22.03.2011]. 2 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.03.2002 vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschal -tung (Zugangsrichtlinie) – Abl. Nr. L 108 vom 24.04.2002, S. 7 ff., abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2002:108:0007:0007:DE:PDF [22.03.2011]. 3 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.03.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und –dienste (Genehmigungsrichtlinie) – Abl. L 108 vom 24.04.2002, S. 21 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2002:108:0021:0021:DE:PDF [22.03.2011]. 4 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.03.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und –diensten (Universaldienstrichtlinie) – Abl. Nr. L 108 vom 24.04.2002, S. 51 ff., abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2002:108:0051:0051:DE:PDF [22.03.2011]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 5 Dabei wurden die Universaldienstrichtlinie sowie die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation durch die Richtlinie 2009/136/EG vom 25.11.20096, die übrigen Richtlinien dieses Rechtsrahmens durch die Richtlinie 2009/140/EG vom 25.11.20097 geändert. Bezüglich des Breitbandausbaus in Form des Universaldienstes ist folglich die Universaldienstrichtlinie einschlägig. Nach deren Art. 3 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die in der Richtlinie beschriebenen Dienste mit der angegebenen Qualität allen Endnutzern in ihrem Hoheitsgebiet , unabhängig von ihrem geografischen Standort und unter Berücksichtigung der landesspezifischen Gegebenheiten zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung gestellt werden. Hierzu gehört gemäß Art. 4 Absatz 2 unter anderem die Bereitstellung eines Anschlusses mit Übertragungsraten, die einen funktionalen Internetzugang gewähren. Dabei legt die Universaldienstrichtlinie keine genauen Breitbandraten fest. Vielmehr besagt Art. 4 Absatz 2 HS. 2, dass bezüglich des Umfangs der bereitzustellenden Dienstleistungen die „[…] von der Mehrzahl der Teilnehmer vorherrschend verwendeten Technologien und die technische Durchführbarkeit [zu berücksichtigen sind]“. In den Erwägungsgründen wird dies vor allem damit begründet, dass die Geschwindigkeit des Internetzugangs letztlich von verschiedenen Faktoren abhängt, sodass die Festlegung einer bestimmten Übertragungsrate auf Gemeinschaftsebene nicht angebracht wäre. Vielmehr müsse „[…] ein Spielraum geboten werden, damit die Mitgliedstaaten gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen können, um zu gewährleisten, dass die Anschlüsse zufriedenstellende Übertragungsraten unterstützen können, die für einen funktionalen Internetzugang nach der Definition der Mitgliedstaaten ausreichen, wobei die besonderen Bedingungen in den nationalen Märkten wie die von der überwiegenden Mehrheit der Nutzer im jeweiligen Mitgliedstaat verwendete Bandbreite und die technische Durchführbarkeit […] ausreichend berücksichtigt werden […].“8 5 Richtlinie 2002/58 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.07.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) – Abl. L 201, S. 37 ff., abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2002:201:0037:0047:DE:PDF [22.03.2011]. 6 Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und - diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz – Abl. vom 18.12.2009 Nr. L 337, S. 11 ff, abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:337:0011:0036:DE:PDF [22.03.2011]. 7 Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und –dienste – ABl. vom 18.12.2009, Nr. L 337, S. 37 ff., abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:337:0037:0069:DE:PDF [22.03.2011]. 8 Vgl. Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009, Erwägungsgrund 5 (Hervorhebungen durch die Verfasser). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 6 Damit gibt die Universaldienstrichtlinie lediglich einen Mindeststandard9 vor. Die Festsetzung der genauen Übertragungsraten wird im weiteren Verlauf den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen , wobei diese dabei nicht vollkommen frei sind, sondern sich an den tatsächlichen Gegebenheiten der überwiegenden Mehrheit der Nutzer sowie an der technischen Durchführbarkeit innerhalb des eigenen Mitgliedstaates orientieren müssen. Im Rahmen der Umsetzung wäre zudem Folgendes zu beachten: Einerseits unterliegt der europäische Rechtsrahmen dem Grundsatz der Technologieoffenheit. So heißt es in den Erwägungsgründen unter anderem: „Es sollte weder Einschränkungen hinsichtlich der technischen Mittel geben, mit denen dieser Anschluss vorgenommen wird, so dass sowohl leitungsgebundene als auch drahtlose Technologien zulässig sind, […]“10. Hintergrund hierfür ist, dass der Ausbau elektronischer Kommunikation vorrangig durch den Markt ermöglicht werden soll11. Eine gesetzliche Festlegung der zu verwendenden Technologie ist daher nicht möglich. Zudem ist zu berücksichtigen, dass im Falle einer unzumutbaren Belastung der in Anspruch genommenen Unternehmen ein entsprechender finanzieller Ausgleich erfolgen muss12. Im Ergebnis lässt sich also Folgendes festhalten: Der europarechtliche Rahmen lässt den Breitbandausbau unter Nutzung des Universaldienstes grundsätzlich zu. Dabei werden keine exakten Bandbreiten vorgegeben. Vielmehr ist dies Sache der Mitgliedstaaten, welche sich dabei an den eigenen tatsächlichen Gegebenheiten - insbesondere mit Blick auf die Mehrheit der Nutzer sowie die technische Durchführbarkeit - orientieren müssen. Unter Einhaltung dieser Voraussetzungen ist dann grundsätzlich auch die Festlegung exakter Breitbandraten möglich13. Nicht zulässig ist es demgegenüber, die zu verwendende(n) Technologie(n) gesetzlich festzuschreiben. Im Übrigen muss bei unzumutbarer Belastung der zu verpflichtenden Unternehmen ein Kostenausgleich vorgesehen werden. 9 Vgl. hierzu auch Art. 1 Absatz 2 Satz 2 der Universaldienstrichtlinie, wonach in Hinblick auf die Gewährleistung eines Universaldienstes ein Mindestangebot an Diensten durch die Universaldienstrichtlinie festgelegt wird. 10 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 07.03.2002, Erwägungsgrund 5; vgl. zudem Franzius: Wo bleibt der Staat? Das Modell der Universaldienste und seine Alternativen, ZG 2010, 66, 69. 11 Verwiesen sei hierzu unter anderem auf Art. 8 Absatz 5 Buchstabe d der Rahmenrichtlinie, welcher die nationalen Regulierungsbehörden im Rahmen ihrer Tätigkeit unter anderem zur Wahrung des Wettbewerbs auf dem Markt verpflichtet. 12 Vgl. Art. 12 der Universaldienstrichtlinie, der eine entsprechende Kostenregulierung vorsieht, sowie die Aussagen des Erwägungsgrundes 5 der Richtlinie EG/2009/136. 13 In diese Richtung auch Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, München, 60. Ergänzungslieferung 2010, Art. 87 f. Rn. 82 sowie Fn. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 7 3. Rechtliche Umsetzung in Deutschland 3.1. Infrastruktursicherungsauftrag des Bundes, Art. 87 f GG14 Die konkrete rechtliche Umsetzung des Universaldienstes in Deutschland hat sich an Art. 87 f GG zu orientieren. Dieser befasst sich mit Dienstleistungen unter anderem im Bereich der Telekommunikation 15 und der diesbezüglich staatlichen Verwaltung16. Dabei gibt Art. 87 f Absatz 1 GG dem Bund die Gewährleistung von flächendeckenden, angemessenen und ausreichenden Dienstleistungen als verfassungsrechtliches Staatsziel auf17. Das Bundesverfassungsgericht geht dabei in einem Beschluss vom 07.10.2003 von einem Infrastruktursicherungsauftrag des Bundes aus18. Nach Art. 87 f Absatz 2 GG ist die Umsetzung dieses Infrastrukturgewährleistungsauftrags zwingend der Privatwirtschaft überlassen und enthält damit einen Verfassungsauftrag zur Privatisierung 19. Die genaue inhaltliche Ausgestaltung dieses Gewährleistungsauftrages bereitet auch nach Sichtung des einschlägigen Schrifttums Schwierigkeiten. Ausschlaggebend für die Bestimmung ist jedoch letztlich die Interpretation der Kriterien „angemessen und ausreichend“ einerseits sowie „flächendeckend“ andererseits. 3.1.1. Dienstleistungsbegriff Einführend sei darauf hingewiesen, dass der Dienstleistungsbegriff in Art. 87 f Absatz 1 GG weit zu verstehen ist und neben der Nachrichtenübermittlung als solche auch die Schaffung der vorgelagerten technischen Einrichtungen und somit auch das Netzwerk umfasst. Dies wird zwar teilweise kritisch hinterfragt20, spiegelt jedoch insgesamt die fast einhellige Meinung wider21. 14 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Juli 2010 (BGBl. I, S. 944) geändert worden ist. 15 Daneben wird in Art. 87 f GG zudem noch der Bereich des Postwesens geregelt. 16 Remmert, in: Epping/Hilgruber, Beck'scher Online-Kommentar GG, Stand 15.01.2011, Art. 87 f Rn. 1. 17 Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz Band 3, München, 6. Auflage 2010, Art. 87 f Rn. 28 ff; Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, München, 60. Ergänzungslieferung 2010, Art. 87 f. Rn. 2; Wieland, in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, Tübingen, 2. Auflage 2008, Art. 87 f Rn. 17f.; Windthorst, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, München, 5. Auflage 2009 Art. 87 f Rn. 9, 15. 18 BVerfG, Beschluss vom 07.10.2003 – 1 BvR 1712/01, NVwZ 2004, 329, 331; hier war zwar das Postwesen betroffen , die Aussage lässt sich aber auf den Telekommunikationsbereich übertragen. 19 Vgl. die Nachweise unter Fußnote 17; zudem Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Kommentar, 10. Aufl. 2009, Art. 87 f Rn. 3. 20 Gramlich: Breitbandzugang für alle: „Anreizorientierter“ Ansatz oder staatlicher Netzbetrieb, NJ 7/2009, 274, 277 f., unter anderem mit dem Hinweis auf die sprachliche Divergenz zwischen Art. 87 e GG und Art. 87 f GG. 21 Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 16; Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f, Rn. 70; Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 8 3.1.2. Angemessene und ausreichende Dienstleistungen Demgegenüber gehen die Ansichten hinsichtlich der Frage, was unter angemessener und ausreichender Versorgung zu verstehen ist, teilweise auseinander. Weitgehend Einigkeit besteht darüber, dass der Gewährleistungsauftrag lediglich auf eine „Grundversorgung“ beschränkt ist. Dabei bezieht sich der Begriff „angemessen“ auf die Qualität (Beschaffenheit), der Begriff „ausreichend“ auf die Quantität (Menge) der Dienstleistungen22. Im Übrigen herrscht Einigkeit darüber, dass bei der Festlegung dieser Grundversorgung dem Gesetzgeber eine weite, wenn auch nicht unbeschränkte, Einschätzungsprärogative zusteht23. Gerade die Festlegung der verfassungsmäßigen Schranken dieses Spielraums, also die Beantwortung der Frage, wo die Grenzen der Grundversorgung verfassungsrechtlich liegen, ist im Detail jedoch umstritten. Grund der juristischen Auseinandersetzung ist dabei, dass bei dieser Festlegung verschiedene, zum Teil widerstreitende verfassungsrechtliche Schutzgüter in Einklang zu bringen sind24. Dabei ist zum einen die in Art. 87 f Absatz 2 GG festgelegte Privatwirtschaftlichkeitsgarantie zu berücksichtigen, durch welche die Umsetzung des Universaldienstes grundsätzlich der privaten Hand obliegt. In diesem Zusammenhang werden gewisse Grenzen durch die Situation der betroffenen Unternehmen gezogen. Denn Verpflichtungen zur Erbringung von Universaldienstleistungen sind insbesondere mit Blick auf Art. 12 GG (Berufsfreiheit) sowie Art. 14 GG (Eigentumsfreiheit) von grundrechtlicher Relevanz25, was folglich auch mit der Frage der Verhältnismäßigkeit in enger Beziehung steht. Letztlich enthält Art. 87 f Absatz 1 GG auch eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz des Bundes26, sodass ein weites Verständnis der Grundversorgung sich auch entsprechend auf die Reichweite der Gesetzgebung auswirken würde. Vor diesem Hintergrund besteht Einigkeit darüber, dass die Grundversorgung jedenfalls dem Ziel dient, ein verfassungsrechtlich gebotenes Mindestniveau nicht zu unterschreiten (Untergrenze)27. Inwieweit der Gesetzgeber darüber hinaus (im Sinne einer gewissen Obergrenze) handeln darf, ist demgegenüber umstritten. Einerseits wird vertreten, dass die Grundversorgung als Minimalstandard gleichzeitig den Maximalstandard bilde und beide somit deckungsgleich seien28. Nach an- 22 Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f Rn. 72; Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 20. 23 Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 27, 31; Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f, Rn. 65. 24 Vgl. zum Folgenden Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 32 ff.; Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 19; ders., in: Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz Kommentar, München, 2. Auflage 2008, § 78 Rn. 17; Cornils, in: Beck´scher Telekommunikationsgesetz – Kommentar, 3. Auflage 2006, § 78 Rn. 17. 25 Allgemein zum Grundrechtsbezug im Rahmen der Regulierung Lepsius, in: Fehling/Ruffert, Regulierungsrecht, Tübingen 2010, § 4 Rn. 45 ff., insbesondere Rn. 51 ff. 26 Gemäß Art. 87 f Absatz 1 GG ist dabei die Zustimmung des Bundesrates notwendig, es handelt sich also um ein Zustimmungsgesetz. 27 Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 24.; Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f, Rn. 65; Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 12, 19. 28 Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 35f.; Sofern Regelungen über den unverzichtbaren Mindeststandard hinaus geschaffen werden sollen, ergebe sich die Gesetzgebungskompetenz aus der allgemeineren Kompetenzbestimmung des Art. 74 Absatz 1 Nr. 11, 16 in Verbindung mit Art. 72 Absatz 1, 2 GG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 9 derer Ansicht soll der Gesetzgeber nicht an das sozialstaatlich Unerlässliche gebunden sein, sondern auch jenseits davon auf ein sozialstaatlich wünschenswertes Versorgungsniveau hinwirken dürfen29. Um hier einen gemeinsamen Standpunkt ausmachen zu können, ist es ratsam, am Gesetzeszweck anzusetzen. Denn diesbezüglich geht man übereinstimmend davon aus, dass durch Art. 87 f Absatz 1 GG eine Unterversorgung auf Grund eines Marktversagens verhindert werden soll, weil der Wettbewerb (noch) nicht funktioniert oder sich auf lukrative Bereiche beschränkt („Rosinenpicken “)30. In diesem Zusammenhang wird eine objektive Betrachtung aus Sicht der durchschnittlichen Nutzer zu Grunde gelegt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit diese zur Realisierung grundrechtlicher Freiheiten (insbesondere aus Art. 5 Absatz 1 GG) auf die jeweilige Dienstleistung angewiesen sind. Als Indikatoren dienen dabei insbesondere die Nachfrage einerseits sowie der Verbreitungsgrad und -zeitraum andererseits31. Diesbezüglich heißt es auch im Entwurf der damaligen Bundesregierung zur Änderung des Grundgesetzes, dass der staatliche Handlungsauftrag „[…] auf die Gewährleistung einer flächendeckenden Grundversorgung durch Sicherung der aus Sicht der Benutzer angemessenen und ausreichenden Dienstleistungen [zielt].“32 Im Ergebnis wird dabei auch eine gewisse Parallelität zur europäischen Universaldienstrichtlinie ersichtlich. Denn einerseits stellt auch bei Letzterer das tatsächliche Nutzungsverhältnis der überwiegenden Mehrheit das ausschlaggebende Kriterium dar33. Zudem wird mit Bezug auf das tatsächliche Nutzungsverhältnis ein dynamischer Charakter der Grundversorgung im Sinne einer Entwicklungsgarantie anerkannt34, was auch den Charakter der Universaldienstrichtlinie widerspiegelt 35. 29 Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f Rn. 72; kritisch gegenüber der Ansicht einer Deckungsgleichheit auch Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 19 Fn. 71. 30 BVerfG, Beschluss vom 07.10.2003 – 1 BvR 1712/01, NVwZ 2004, 329, 331; Gersdorf, in: Mangoldt /Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 21; Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 8. 31 Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 33; Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f Rn. 72; Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 19; Mager, in: Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, Frankfurt a.M., 2. Auflage 2009§ 78 Rn. 16. 32 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.04.1994, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, BT – Drucksache 12/7269, S. 5, Hervorhebung durch die Verfasser. 33 Vgl. die Ausführungen unter Gliederungspunkt 2. 34 Vgl. hierzu Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f Rn. 72; Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 19. 35 Der dynamische Charakter des europarechtlichen Universaldienstleistungsbegriffs wird vor allem aus der in Artikel 15 Universaldienstrichtlinie sowie dem Erwägungsgrund 25 gezogenen Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung des Universaldienstes anhand der sozialen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklung gefolgert. vgl. Windthorst, in : Scheurle/Mayen, § 78 Rn. 22; Cornils, in: Beck´scher Telekommunikationsgesetz – Kommentar , München, 3. Auflage 2006, § 78 Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 10 3.1.3. Flächendeckende Gewährleistung Vor dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, erfordert die flächendeckende Gewährleistung die Verfügbarkeit der notwendigen Infrastruktur im gesamten Bundesgebiet36. Trotz dieses Grundsatzes werden im Rahmen der Auslegung verschiedene Auffassungen vertreten. Ein striktes Verständnis am Wortlaut dahingehend, dass alle Orte Deutschlands versorgt sein müssen, würde einer irgendwie ausgestalteten Differenzierung entgegenstehen37. So wäre unter anderem auch eine Unterscheidung innerhalb der Bandbreiten zwischen verschiedenen Regionen nicht möglich. Andererseits wird vertreten, dass „flächendeckend“ lediglich eine zu optimierende Zielvorgabe darstelle, die zu keiner lückenlosen Versorgung verpflichte. Vielmehr soll aus überwiegenden Gründen (Kostenintensität, Aufbau zu Erprobungszwecken z. B. im Rahmen von Innovationen) eine örtliche Differenzierung bzw. eine etappenweise Verwirklichung möglich sein38. Sofern man dem Gesetzgeber im Rahmen des Art. 87 f Absatz 1 GG ein Wirken über das unerlässliche Minimum hinaus zugesteht, kann dies dahingehend verstanden werden, dass zumindest dieses Minimum bundesweit sichergestellt werden muss und Differenzierungen erst darüber hinaus zulässig sind39. Damit kommt der unter Gliederungsziffer 3.1.2. aufgezeigte Streit auch an dieser Stelle wieder zum Tragen. Es zeigt sich insgesamt, dass bei der genauen Bestimmung der „Grundversorgung“ eine gewisse Rechtsunsicherheit herrscht. Zudem sind die Ausführungen des Schrifttums hierzu häufig sehr allgemein gehalten, was die konkrete praktische Umsetzung noch erschwert. Letztlich stellt sich aber die Frage, ob man bei einer Differenzierung überhaupt noch von einer Grundversorgung sprechen kann40. Gerade in diesem Zusammenhang spricht viel dafür, den Begriff „flächendeckend “ in einem umfassenden, lückenlosen Sinne zu verstehen. Im Ergebnis lässt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht Folgendes sagen: Die Einführung einer Universaldienstverpflichtung hinsichtlich einer Breitbandversorgung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich möglich. Die Festlegung der Breitbandrate richtet sich dabei nach den tatsächlichen Gegebenheiten im Bundesgebiet und in diesem Zusammenhang im Wesentlichen danach, inwieweit die Nutzer zur Realisierung ihrer grundrechtlichen Freiheiten (ins- 36 Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 21; Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f Rn. 71; Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 13. 37 So Mager, in: Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, Frankfurt a.M., 2. Auflage 2009, § 78 Rn. 17. 38 Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 26; Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f Rn. 71; Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 13. 39 In diese Richtung Möstl, in: Maunz/Dürig, Art. 87 f Rn. 71; anders aber Gersdorf, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87 f Rn. 26, welcher trotz der von ihm vertretenen Deckungsgleichheit zwischen Minimal- und Maximalstandard eine lückenlose Versorgung ablehnt. 40 So auch Windthorst, in: Sachs, Art. 87 f Rn. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 11 besondere aus Art. 5 Absatz 1 GG) auf eine entsprechende Breitbandversorgung angewiesen sind. Maßstab hierfür ist neben der tatsächlichen Nachfrage auch der Verbreitungsgrad und –zeitraum. Eine Differenzierung, zum Beispiel durch regional unterschiedliche Breitbandraten, ist verfassungsrechtlich bedenklich. 3.2. Nationale Umsetzung – Anpassung des Telekommunikationsgesetzes Im Rahmen der Telekommunikationsversorgung ist der Universaldienst bereits in den §§ 78 ff TKG41 vorgesehen. Die Regelungen knüpfen im Wesentlichen an die europäischen Vorgaben durch die Universaldienstrichtlinie an und setzen diese um42. Dabei ist der Universaldienst durch §§ 78 ff. TKG wie folgt konzipiert: Gemäß § 78 Absatz 1 TKG werden die Universaldienstleistungen allgemein als Mindestangebot an Diensten für die Öffentlichkeit definiert, für die eine bestimmte Qualität festgelegt ist und zu denen alle Endnutzer unabhängig von ihrem Wohn- oder Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis Zugang haben müssen und deren Erbringung für die Öffentlichkeit als Grundversorgung unabdingbar geworden ist. Letztlich wird damit an den europäischen Begriff angeknüpft43. In § 78 Absatz 2 TKG wird durch die Bestimmung eines Leistungskatalogs diese allgemeine Definition näher konkretisiert. Im Einzelnen gehören hierzu: Ein Festnetztelefonanschluss, ein Teilnehmerverzeichnis (Telefonbuch), ein Telefonauskunftsdienst (die Auskunft), flächendeckende Bereitstellung von Münz- und Kartentelefonen, sowie die Möglichkeit unentgeltlich den Notruf zu nutzen. Eine genaue Bandbreite findet sich darin bislang nicht. Die Umsetzung der Universaldienstleistungen erfolgt im Rahmen eines Stufenmodells44. Vordergründig sollen diese durch den Markt und somit im Rahmen des Wettbewerbs erbracht werden (§ 80 TKG). Sofern dies nicht geschieht und sich somit eine Unterversorgung einstellt, kündigt die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde an, ein Unternehmen zu verpflichten , sofern sich kein Unternehmen innerhalb eines gewissen Zeitraums45 zur Erbringung der entsprechenden Dienstleistungen ohne finanziellen Ausgleich bereit erklärt. Als potentielle Unternehmen kommen gemäß § 78 TKG nur diejenigen in Betracht, die auf dem sachlich relevanten Markt über einen Gesamtumsatzanteil von mindestens 4 Prozent verfügen. Sofern im weiteren Verlauf ein solches Unternehmen glaubhaft macht, dass es im Falle der Leistungserbringung auf Grund der damit verbundenen unzumutbaren Belastung einen finanziellen Ausgleich nach § 82 TKG verlangen könnte, schreibt die Bundesnetzagentur die Universaldienstleistung aus und vergibt sie an denjenigen Bewerber, der sich als geeignet erweist und den geringsten Ausgleich 41 Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Februar 2010 (BGBl. I S. 78), abrufbar unter: http://www.gesetze-iminternet .de/bundesrecht/tkg_2004/gesamt.pdf [23.03.2011]. 42 Windthorst, in : Scheurle/Mayen, § 78 Rn. 2 ff.; Cornils, in: Beck´scher Telekommunikationsgesetz – Kommentar , § 78 Rn. 4 ff. 43 Cornils, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Auflage 2006, § 78 Rn. 15. 44 Vgl. hierzu wie auch zum Folgenden Franzius, ZG 2010, 66, 68. 45 Gemäß § 81 Absatz 1 Satz 2 TKG beträgt der Zeitraum einen Monat nach Bekanntgabe der Unterversorgung durch die Bundesnetzagentur. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 12 verlangt (§ 81 Absatz 3 TKG). Finanziert wird dieser Ausgleich durch die, von sämtlichen potentiellen Unternehmen erhobene Universaldienstabgabe (§ 83 TKG). Sofern eine freiwillige Erbringung letztlich nicht erfolgt bzw. kein geeigneter Bewerber gefunden werden kann, ist die Verpflichtung eines Unternehmens seitens der Bundesnetzagentur möglich (§ 81 Absatz 5 TKG). An dieses Regelungskonzept kann angeknüpft werden. Im Rahmen einer Anpassung wäre dann insbesondere der Breitbandausbau sowie die entsprechende Rate als Universaldienstleistung festzulegen. Zu überlegen wäre im Übrigen auf Grund der verfassungsrechtlichen Bedenken46 eine Änderung der Finanzierung (Universaldienstabgabe). 4. Finanzierung Problematisch erscheint, wie die notwendige Finanzierung ausgestaltet werden könnte. Denkbar wären Steuer-, Umlage- oder Mischfinanzierung. Zu beachten sind allerdings die Vorgaben des EU-Rechts und des Grundgesetzes. 4.1. Rahmenbedingungen des EU-Rechts Die Finanzierungsmöglichkeiten für einen Breitbanduniversaldienst werden maßgeblich vom EU- Recht geprägt. Die Finanzierung ist im Rahmen des Art. 13 RL 2002/22/EG47 ausgestaltet, der den nationalen Gestaltungsspielraum einschränkt. Demnach können die Mitgliedstaaten Universaldienstbetreiber (Universal Service Provider: USP), für die die Bereitstellung des Dienstes eine unzumutbare Härte begründet, auf zwei Arten entschädigen48: Gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. a RL 2002/22/EG können sie den USP unter transparenten Bedingungen aus öffentlichen Mitteln entschädigen. Öffentliche Mittel sind all jene Geldleistungspflichten, die unter Beteiligung von öffentlich-rechtlichten Rechtspersonen erhoben werden und diesen zumindest zufließen49. Damit sind vor allem Steuergelder gemeint. Gleichwohl ergibt sich aus dem Erwägungsgrund 22 der RL 2002/22/EG, dass der Begriff der „öffentlichen Mittel“ sehr weit geht und über Steuern hinausreicht. Art. 13 Abs. 1 lit. b RL 2002/22/EG erlaubt ihnen zudem, die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen unter den Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen und – diensten aufzuteilen. Dafür müssen sie allerdings ein Aufteilungsverfahren einführen, welches von einer nationalen Regulierungsbehörde verwaltet wird. Art. 13 Abs. 3 RL 2002/22/EG verlangt zudem, bei einem Aufteilungsverfahren die Grundsätze der Transparenz, der geringstmöglichen Marktverfälschung, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit einzuhalten. 46 Vgl. hierzu die folgenden Ausführungen unter Gliederungspunkt 4. 47 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.03.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und –diensten, ABl. EU 2002, L 108, S. 51ff. 48 Dospinescu, Universal Service – Current Implementation, Slide 7 Financing USO, 30.03.2010, http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/doc/library/public_consult/universal_service2010/prese ntations/s0103dospinescu.pdf (Stand: 21.03.2011). 49 Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 15.12.1987, Az.: 1 BvR 563/85 u. a., NJW 1988, S. 1899 [1901]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 13 Insofern sieht die Richtlinie sowohl eine Steuer- als auch eine Umlagefinanzierung vor. Aus dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 lit. a RL 2002/22/EG ergibt sich zudem, dass beide Finanzierungsarten sowohl alternativ als auch kumulativ, etwa im Rahmen einer Mischfinanzierung, Anwendung finden können. 4.2. Deutsche Ausgestaltung des Universaldienstes Die Bundesrepublik Deutschland hat sich für die zweite Alternative zur Finanzierung des Universaldienstes entschieden. Die §§ 78ff. TKG50 regeln den Universaldienst in Deutschland. Gemäß §§ 82, 83 TKG entschädigt die Bundesnetzagentur den USP auf Antrag, sofern die Erbringung des Universaldienstes für ihn eine unzumutbare Härte darstellt. Im Gegenzug erhebt die Bundesnetzagentur die sogenannte Universaldienstleistungsabgabe von anderen nach § 80 TKG verpflichteten Unternehmen. Das sind all jene, die auf dem jeweiligen sachlich relevanten Markt tätig sind und einen Anteil von mindestens 4 Prozent des Gesamtumsatzes dieses Marktes im Geltungsbereich dieses Gesetzes auf sich vereinen oder auf dem räumlich relevanten Markt über eine beträchtliche Marktmacht verfügen51. 4.3. Verfassungsrechtliche Bedenken Gegen § 83 TKG bestehen allerdings verfassungsrechtliche Bedenken. Möglicherweise verstößt die Universaldienstleistungsabgabe gegen Art. 104a ff. GG. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes beruht auf dem Prinzip des Steuerstaates. Dessen Grundannahme ist, dass der Staat all seine Ausgaben aus den in Art. 104a ff. GG geregelten Einnahmequellen finanziert52. Die Universaldienstleistungsabgabe könnte womöglich die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen Einnahmequelle umgehen und somit verfassungswidrig sein. Fraglich ist deshalb, ob sie eine öffentliche Einnahme ist und unter welchen Voraussetzungen sie verfassungsgemäß ist. 4.3.1. Öffentlicher Einnahmetatbestand Zunächst ist zu klären, ob die Universaldienstleistungsabgabe überhaupt eine öffentliche Einnahme ist. Dies hängt maßgeblich davon ab, was unter einer öffentlichen Einnahme zu verstehen ist. Nach der „Theorie der durchlaufenden Posten“ handelt es sich nicht um eine öffentliche Einnahme , wenn einem öffentlich-rechtlichen Sonderfonds Mittel zukommen, die sofort wieder an den Begünstigten ausgekehrt werden53. Dem Staat komme innerhalb dieses geschlossenen Wirtschaftskreises lediglich die Rolle eines Vermittlers einer „freiwilligen Selbsthilfeaktion“ zwi- 50 Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 22.06.2004 (BGBl. I, S. 1190), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Februar 2010 (BGBl. I, S. 78) geändert worden ist. 51 Siehe Gliederungspunkt 3.2. 52 Jachmann, in: Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz Band 3, Art. 105, Rn. 1ff. Die darin geregelten Einnahmearten bilden kein abschließendes Finanzierungssystem. Allerdings geht der Verfassungsgeber von einer primären Steuerfinanzierung staatlicher Ausgaben aus. 53 BVerfG, Entscheidung vom 27.01.1965, Az.: 1 BvR 213/58, 1 BvR 715/58, 1 BvR 66/60, BVerfGE 18, S. 315 [328], Rn. 30, 31. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 14 schen Privaten zu. Auch wenn die Universaldienstleistungsabgabe von der Bundesnetzagentur erhoben wird, fließt sie unmittelbar an das in Anspruch genommene Unternehmen. Nach dieser Auffassung läge also keine öffentliche Einnahme vor. Gegen diesen Ansatz spricht allerdings, dass so leichtfertig das Budgetrecht des Parlaments umgangen werden könnte. Dieses ist allerdings von überragender Bedeutung. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat zur Verfügung stehende Finanzvolumen und die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhalte54. Insofern ist ein solches Verständnis öffentlicher Einnahmen abzulehnen. Es ließe sich auch auf rein formelle Kriterien abstellen. Nur diejenigen Geldleistungspflichten, die unter Beteiligung öffentlich-rechtlicher Rechtspersonen erhoben würden und diesen zuflössen , seien öffentliche Einnahmen. Sonstige Geldleistungspflichten gehörten hingegen zum Privatrecht 55. Allein aus dem Umstand heraus, dass die Universaldienstleistungsabgabe von der Bundesnetzagentur erhoben wird, qualifiziert sie nach dieser Auffassung als öffentliche Einnahme. Schließlich könnten selbst privatrechtliche Geldleistungspflichten als öffentliche Einnahmen verstanden werden, wenn sie die gleiche Wirkung wie eine hoheitlich auferlegte Geldleistungspflicht haben56. Bei der Universaldienstleistungsabgabe handelt es sich nicht um eine privatrechtliche Leistungspflicht. Sie wird gerade von einem Hoheitsträger in einem Subordinationsverhältnis erhoben. Da diese materielle Auffassung allerdings von einem weiten Verständnis einer öffentlichen Einnahme ausgeht, ist davon auch die öffentlich-rechtliche Geldleistungspflicht mit umfasst. Insofern kommt die letzte Auffassung ebenfalls zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Universaldienstleistungsabgabe um eine öffentliche Einnahme handelt. Da beide vertretbaren Auffassungen zu demselben Ergebnis kommen, kann eine Entscheidung zwischen Beiden dahinstehen. Bei der Universaldienstleistungsabgabe handelt es sich um eine öffentliche Einnahme. 4.3.2. Verfassungsrechtliche Anforderungen Des Weiteren ist zu klären, welche Voraussetzungen die Universaldienstleistungsabgabe für die Verfassungskonformität erfüllen müsste und ob diese vorliegen. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um eine Steuer oder eine Sonderabgabe handelt. 54 Atlrock/ Oschmann/ Theobald, EEG-Kommentar, 1. Auflage, München 2006, Einführung, Rn. 27. 55 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.1987, Az.: 1 BvR 563/85 u. a., NJW 1988, S. 1899 [1901], Tz. 111; Theobald: Verfassungsmäßigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes, NJW 1997, S. 550 [552], Nr. III. 2. 56 Pohlmann, Der Streit um das Stromeinspeisungsgesetz vor dem Grundgesetz, NJW 1997, S. 545 [546], Nr. 2; Kube/ Palm/ Seiler, Finanzierungsverantwortung für Gemeinwohlbelange - Zu den finanzverfassungsrechtlichen Maßstäben quersubventionierender Preisinterventionen, NJW 2003, S. 927 [929], Nr. II.2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 15 4.3.2.1. Abgabenart Bei der Universaldienstleistungsabgabe könnte es sich um eine Steuer handeln. Dabei kann als Auslegungshilfe auf den Steuerbegriff des § 3 Abs. 1 AO57 verwiesen werden. Steuern sind danach Geldleistungen, die von einem erhebungsberechtigten Gemeinwesen gegenleistungsunabhängig zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs hoheitlich auferlegt werden. Mit anderen Worten erhebt ein Hoheitsträger Steuern, um damit sämtliche anfallenden Aufgaben zu finanzieren . Steuern werden gerade nicht für einen bestimmten Zweck erhoben58. Die Universaldienstabgabe wird hingegen zweckgebunden erhoben, um damit den in Anspruch genommenen USP zu entschädigen. Eine anderweitige Verwendung ist rechtlich nicht möglich59. Insofern dient sie nicht zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs. Sie ist gerade keine Steuer. Vielmehr handele es sich bei der Universaldienstabgabe um eine Sonderabgabe60. Dafür spreche vor allem die eben genannte enge Zweckbindung61. Des Weiteren fehle es aufgrund des Ausnahmecharakters der Universaldienstleistungsabgabe62 an der für Steuern typischen Regelmäßigkeit der Erhebung63. Insofern ist die Universaldienstleistungsabgabe eine Sonderabgabe. 4.3.2.2. Verfassungskonformität der Sonderabgabe Die Sonderabgabe müsste verfassungsgemäß sein. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG müsste die Universaldienstleistungsabgabe eine homogene Gruppe mit besonderer Gruppenverantwortung in Anspruch nehmen und gruppennützig eingesetzt werden64. Die Universaldienstleistungsabgabepflichtigen müssten eine homogenen Gruppe sein. Homogen ist eine Gruppe, wenn die Mitglieder aus einer gemeinsamen Interessenlage oder aus besonderen 57 Abgabenordnung (AO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. 2002 I, S. 3866; 2003 I, S. 61), die zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I, S. 1768) geändert worden ist. 58 Vgl. grundsätzlich hierzu BVerfG, Urteil vom 10.12.1980, Az.: 2 BvF 3/77, NJW 1981, 329, 330, Tz. 58. 59 Heimlich, Die Abgabepflichten des Telekommunikationsgesetzes, NVwZ 1998, S. 122 [123], Nr. II. 2. 60 Vgl. Mager, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2. Auflage 2009, § 83 Rn. 4 f. (auch zu den Gegenstimmen); Windthorst, in: Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 83 Rn. 9; Freund: Infrastrukturgewährleistung in der Telekommunikation, NVwZ 2003, 408, 412; von Danwitz: Die Universaldienstfinanzierungsabgaben im Telekommunikationsgesetz und im Postgesetz als verfassungswidrige Sonderabgaben, NVwZ 2000, 615, 616 f.; Heimlich: Die Abgabepflichten des Telekommunikationsgesetzes , NVwZ 1998, 122, 123. 61 Vgl. Windthorst, in: Scheurle/Mayen, § 83 Rn. 9; Freund: Infrastrukturgewährleistung in der Telekommunikation , NVwZ 2003, 408, 412; von Danwitz: Die Universaldienstfinanzierungsabgaben im Telekommunikationsgesetz und im Postgesetz als verfassungswidrige Sonderabgaben, NVwZ 2000, 615, 616; Heimlich: Die Abgabepflichten des Telekommunikationsgesetzes, NVwZ 1998, 122, 123. 62 BVerfG, Urteil vom 10.12.1980, Az.: BvF 3/77, NJW 1981, 329, Tz. 77. 63 Vgl. Mager, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, § 83 Rn. 5. 64 Grundlegend BVerfG, Urteil vom 10.12.1980, Az.: BvF 3/77, NJW 1981, 329, Tz. 72-75; Urteil vom 06.11.1984, Az.: 2 BvL 19/83 u. a., NJW 1985, S. 37, Tz. 60-62. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 16 gemeinsamen Gegebenheiten heraus von der Allgemeinheit abgrenzbar sind65. Als Anknüpfungspunkt lässt sich etwa die Zugehörigkeit zu einer Wirtschaftsbranche nehmen66. Die abgabenpflichtigen Unternehmen sind gemäß § 83 Abs. 1 TKG die nach § 80 TKG Verpflichteten. Diese sind all jene Anbieter, die auf dem jeweiligen sachlich relevanten Markt tätig sind und einen Anteil von mindestens vier Prozent des Gesamtumsatzes dieses Marktes im Geltungsbereich dieses Gesetzes auf sich vereinen oder auf dem räumlich relevanten Markt über eine beträchtliche Marktmacht verfügen. Insofern knüpft die gesetzliche Regelung an drei Eigenschaften an: Tätigkeit am unterversorgten Markt, Umsatzstärke und Nichterfüllung der Universaldienstleistungspflicht 67. Die Abgabenpflichtigen sind eine homogene Gruppe. Darüber hinaus müsste für die Universaldienstleistungsabgabe eine besondere Gruppenverantwortung der Abgabenpflichtigen bestehen. Eine solche Gruppenverantwortung liegt vor, wenn die Gruppe dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näher steht als der Rest der Allgemeinheit68. Die Aufgabe, die mit Hilfe des Abgabeaufkommens erfüllt werden soll, muss ganz überwiegend in die Sachverantwortung der belasteten Gruppe, nicht in die der staatlichen Gesamtverantwortung fallen. Andernfalls würde es sich bei der Verfolgung des Zwecks um eine öffentliche Angelegenheit handeln, deren Lasten nur die Allgemeinheit treffen dürfen und die deshalb nur mit von der Allgemeinheit zu erbringenden Mitteln, das heißt im Wesentlichen mit Steuermitteln, finanziert werden darf69. Gegen eine solche Gruppenverantwortung könnte sprechen , dass die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung in ländlichen Regionen in einer Demokratie von allgemeinem Interesse ist70. Nur so kann eine umfassende Meinungsbildung in einer multimedialen Gesellschaft gewährleistet werden, die erst die für eine Demokratie unerlässliche , pluralistische Meinungsvielfalt ermöglicht. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch den Unternehmen eine gewisse Interessenlage hinsichtlich der Erbringung von Universaldienstleistungen gemein ist. Diese ergibt sich unmittelbar aus der Verfassung. Art. 87f Abs. 2 GG bestimmt, dass privatwirtschaftliche Unternehmen angemessene und flächendeckende Dienstleistungen auf dem Telekommunikationsmarkt erbringen. Ohne die Universaldienstleistungsabgabe müssten die Unternehmen der Telekommunikationsbranche den Breitbanduniversaldienst ohne Kompensation der Kosten ohnehin erbringen. Wer ursprünglich zu einer Leistung verpflichtet gewesen sei, die durch ein anderes Unternehmen erbracht werde, stehe einem dadurch hervorgerufenen Defizit evident näher als andere Gruppen oder die Gesamtheit der Steuerzahler71. Insofern steht die Gruppe der abgabenpflichtigen Unternehmen dem Zweck evident näher als die Allgemeinheit. 65 BVerfG, Urteil vom 06.11.1984, Az.: 2 BvL 19/83 u. a., NJW 1985, S. 37, Tz. 60. 66 Vgl. BVerfG, Urteil vom 31.05.1990, Az.: 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87, NVwZ 1991, S. 53, Tz. 109. 67 Heimlich, Die Abgabepflichten des Telekommunikationsgesetzes, NVwZ 1998, S. 122 [123], Nr. II. 3. b. 68 BVerfG, Urteil vom 31.05.1990, Az.: 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87, NVwZ 1991, S. 53, Tz. 94. 69 BVerfG, Urteil vom 10.12.1980, Az.: BvF 3/77, NJW 1981, 329, Tz. 73. 70 von Danwitz: Die Universaldienstfinanzierungsabgaben im Telekommunikationsgesetz und im Postgesetz als verfassungswidrige Sonderabgaben, NVwZ 2000, S. 615 [621]. 71 Heimlich, Die Abgabepflichten des Telekommunikationsgesetzes, NVwZ 1998, S. 122, [124], Nr. II.3.c. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 17 Schließlich müsste die Universaldienstabgabe gruppennützig eingesetzt werden. Das ist der Fall, wenn das Abgabeaufkommen im Interesse der Gruppe eingesetzt wird72. Dagegen könnte sprechen , dass das Abgabeaufkommen eigentlich dem Ausbau des Breitbanduniversaldienstes und damit vor allem der ländlichen Bevölkerung zugute kommt73. Zu beachten ist allerdings, dass ein USP auch ohne Ausgleich zum Ausbau verpflichtet werden könnte. Insofern dient der Defizitausgleich den Interessen der Gruppenmitglieder, der die ansonsten entstehenden Kosten liquidiert . Es kommt letztendlich immer einem Gruppenmitglied zu. Dagegen ließe sich wieder einwenden , dass die Abgabepflichtigen die eigene Konkurrenz finanzieren, insofern also die Abgabe nicht gruppennützig ist. Dieses Argument greift allerdings zu kurz: Innerhalb der Gruppe der Universaldienstleistungspflichtigen soll eine Pflichtengleichheit hergestellt werden, indem sämtliche Universaldienstpflichtigen sich die Dienstverpflichtung zumindest finanziell teilen. Die Universaldienstleistungsabgabe ebnet damit ein Vorteil-Nachteil-Gefälle innerhalb der dienstleistungspflichtigen Gruppe ein74. Somit wird das Abgabenaufkommen gruppennützig verwandt. Festzustellen bleibt, dass die Universaldienstabgabe für den Breitbandausbau die verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt. Insofern ist die Sonderabgabe verfassungsgemäß. 4.3.2.3 Zwischenergebnis zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen Da es sich bei der Universaldienstabgabe um eine Sonderabgabe handelt, muss sie eine homogenen Gruppe mit besonderer Gruppenverantwortung in Anspruch nehmen und gruppennützig eingesetzt werden. Diese Voraussetzungen erfüllt die Universaldienstabgabe. Folglich ist sie verfassungsgemäß . 4.3.3. Zwischenergebnis zu verfassungsrechtlichen Bedenken Entgegen verfassungsrechtlicher Bedenken erscheint die Universaldienstleistungsabgabe dennoch mit guten Gründen als verfassungskonform. 4.4. Ergebnis Die Finanzierung eines Breitband-umfassenden Universaldienstes kann sowohl europa- als auch verfassungsgemäß über die Universaldienstleistungsabgabe erfolgen. Sämtliche rechtlichen Rahmenbedingungen sind dafür bereits geschaffen wie sich aus den §§ 78ff. TKG ergibt. Eine Differenzierung nach konkreten Bandbreiten scheidet, wie oben bereits erläutert75, aus, da es dem Sinngehalt eines Universaldienstes bereits zuwider läuft. Letztlich ist aber auch eine Steuer- oder Mischfinanzierung denkbar. 72 BVerfG, Urteil vom 31.05.1990, Az.: 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87, NVwZ 1991, S. 53, Tz. 95. 73 von Danwitz: Die Universaldienstfinanzierungsabgaben im Telekommunikationsgesetz und im Postgesetz als verfassungswidrige Sonderabgaben, NVwZ 2000, S. 615 [621/622]. 74 Heimlich, Die Abgabepflichten des Telekommunikationsgesetzes, NVwZ 1998, S. 122, [125], Nr. II.3.c. 75 Siehe Gliederungspunkt 3.1.3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 065/2011 Seite 18 5. Mindest-Umsetzungszeitraum für flächendeckenden Universaldienst Zu der Frage, von welchem Mindest-Umsetzungszeitraum ausgegangen werden muss, um einen Breitband-Universaldienst in Deutschland einzuführen, ist Folgendes anzumerken: Da eine solche Umsetzung bisher noch nicht erfolgt ist, gibt es keine Erfahrungswerte, so dass keine belastbare Aussage möglich ist. Die Länge des Mindestumsetzungszeitraums hängt sicherlich davon ab, dass bei der Festsetzung des Universaldienstes an die Verhältnisse der Mehrheit der Nutzer anzuknüpfen ist. Dies kostet Zeit, da dann vorher geklärt werden muss, welche Bandbreite der Mehrheit der Nutzer zur Verfügung steht bzw. technisch zur Verfügung gestellt werden kann. Zu berücksichtigen ist zudem das oben dargestellte Verfahren (Gliederungspunkt 3.2). In den §§ 78 ff. TKG hat der Gesetzgeber festgelegt, wie ein solches Verfahren abzulaufen hat. Allein der Umstand, dass die Umsetzung der Universaldienstverpflichtungen im Rahmen eines Stufenmodells erfolgen soll, in dem in erster Linie die Umsetzung durch den Markt und somit im Rahmen des Wettbewerbs erbracht werden soll, dürfte verdeutlichen, dass eine kurzfristige Umsetzung kaum möglich ist. Dies gilt umso mehr als dann, wenn eine Lösung durch den Wettbewerb nicht zum Erfolg führt, ein Ausschreibungsverfahren für die Universaldienstverpflichtung durchgeführt werden muss. Im Ergebnis dürfte daher der Mindest-Umsetzungszeitrum für einen flächendeckenden Universaldienst einen ähnlichen Zeitraum erfordern, wie er für die Breitbandversorgung aufgrund der Breitbandstrategie der Bundesregierung vorgesehen ist, soweit es dabei um eine Grundversorgung für die gesamte Bevölkerung geht76. 76 Vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 9.12.2010 auf die Frage der Abgeordneten Gleicke (SPD), BT-Drs. 17, 4154, Frage 65, S. 47 f.