© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 061/20 Information der Öffentlichkeit bei Lebensmittelverstößen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 061/20 Seite 2 Information der Öffentlichkeit bei Lebensmittelverstößen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 061/20 Abschluss der Arbeit: 17. Juni 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 061/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Einleitung 4 3. Regelung im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch 4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 061/20 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wurde, ob die Namen der Unternehmen bekanntgegeben werden dürfen, die in einen Lebensmittelbetrug oder in Lebensmittelfälschung verwickelt sind, auf welcher Rechtsgrundlage die Offenlegung geschieht und welche Informationen offengelegt werden. Des Weiteren ist von Interesse, welche staatliche Institution ab diesem Zeitpunkt zuständig ist und wie die Öffentlichkeit informiert wird. Ferner ist von Interesse, welche gesetzlichen Sanktionen für Lebensmittelbetrug und -fälschung im Allgemeinen verhängt werden. 2. Einleitung Die Lebens- und Futtermittelüberwachung ist national und auf EU-Ebene geregelt. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist die nationale Kontaktstelle für Lebensmittelbetrug, der sog. Food Fraud Contact Point des EU-Food-Fraud-Network.1 Das BVL erläutert, was üblicherweise unter Lebensmittelbetrug verstanden wird: „das vorsätzliche Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit dem Ziel, durch Verbrauchertäuschung einen finanziellen oder wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Die Täuschung kann beispielsweise durch unerlaubte Zusätze, die zu einer Änderung der Zusammensetzung des Lebensmittels führen, oder durch bewusste Falschdeklaration erreicht werden. Anders als viele reine Kennzeichnungsverstöße, die von der amtlichen Lebensmittelüberwachung mit Bußgeld geahndet werden, kann Lebensmittelbetrug auch ein Betrugsdelikt und damit eine Straftat im Sinne des Strafgesetzbuches sein, die von den Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Polizei und gegebenenfalls Zollverwaltung) in Zusammenarbeit mit den Lebensmittelüberwachungsbehörden verfolgt wird.“2 3. Regelung im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch Die Bundesregierung informiert auf ihrer Internetseite, dass die Öffentlichkeit Informationen „über erhebliche Verstöße gegen Lebensmittelvorschriften sechs Monate lang im Internet einsehen “ kann3. Dort heißt es wie folgt: „Der Paragraph 40 Absatz 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) sieht vor, dass die Überwachungsbehörden der Bundesländer die Öffentlichkeit über erhebliche Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften informieren. Etwa dann, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass ein Produkt ein Risiko für die menschliche Gesundheit mit 1 Den Lebensmittelfälschern auf der Spur. Nationale Strategie zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug. https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Flyer/nach_Themen/18_Flyer_strategie_lebensmittelbetrug .pdf?__blob=publicationFile&v=8 2 Den Lebensmittelfälschern auf der Spur. Nationale Strategie zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug. https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Flyer/nach_Themen/18_Flyer_strategie_lebensmittelbetrug .pdf?__blob=publicationFile&v=8 3 Veröffentlichung von Lebensmittelverstößen. 12. April 2019. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles /veroeffentlichung-von-lebensmittelverstoessen-1507378 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 061/20 Seite 5 sich bringen kann. Das kann sein, wenn Unternehmen gegen Hygienevorschriften verstoßen oder ihre Sorgfaltspflichten nicht einhalten. Bundesweit einheitliche Fristen Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die amtliche Information über Verstöße gegen das LFGB grundsätzlich verfassungsgemäß ist. Allerdings müsse sie zeitlich so begrenzt sein, dass sie sowohl den Anspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Information , als auch die Interessen der betroffenen Unternehmen angemessen berücksichtige. Das beschlossene Gesetz schreibt nun vor, dass die zuständigen Behörden künftig Verstöße gegen das Lebensmittelrecht einheitlich sechs Monate lang veröffentlichen. Danach sind die Einträge zu entfernen. Bislang hatten die Bundesländer die Befunde unterschiedlich lange veröffentlicht. Das hatte dazu geführt, dass mehrere Gerichte gegen die Vorschrift verfassungsrechtliche Bedenken erhoben hatten und sie seit 2013 nicht mehr angewendet wurde. Die Gesetzesänderung legt auch fest, dass eine solche Information unverzüglich erfolgen muss. In der Vergangenheit hatte es zum Teil lange Verzögerungen bei der Veröffentlichung gegeben. Zugleich müssen die Behörden umgehend öffentlich mitteilen, wenn der Mangel nachweisbar beseitigt wurde. Informationsrechte bei Lebensmitteln Damit sich Interessierte über Lebensmittel schnell informieren können, sind Behörden verpflichtet , nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) auf Anfrage Auskunft zu erteilen. Für akute Fragen speziell zu Lebensmitteln haben die Bundesregierung und die Bundesländer gemeinsam ein Internetportal eingerichtet. Hier veröffentlichen die zuständigen Behörden entsprechende Warnungen www.lebensmittelwarnung.de. Möchten sich Interessierte über die Kennzeichnung von Lebensmitteln informieren oder fühlen sie sich in ihrer Erwartung enttäuscht, können sie das Internetportal www.lebensmittelklarheit .de nutzen. Dieses wird vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert. Lebensmittelkontrolle durch die Länder Die Lebensmittelüberwachung ist in Deutschland Aufgabe der Bundesländer. Dabei muss das Lebensmittelkontrollsystem ständig überprüft und gezielt verbessert werden, um veränderten Rahmenbedingungen gerecht zu werden.“4 4 Veröffentlichung von Lebensmittelverstößen. 12. April 2019. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles /veroeffentlichung-von-lebensmittelverstoessen-1507378 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 061/20 Seite 6 Der genaue Wortlaut des § 40 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch – LFGB)5 über die „Information der Öffentlichkeit“ findet sich nachfolgend: „(1) Die zuständige Behörde soll die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels und des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt wurde oder in den Verkehr gelangt ist, und, wenn dies zur Gefahrenabwehr geeigneter ist, auch unter Nennung des Inverkehrbringers, nach Maßgabe des Artikels 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 informieren . Eine Information der Öffentlichkeit in der in Satz 1 genannten Art und Weise soll vorbehaltlich des Absatzes 1a auch erfolgen, wenn 1. der hinreichende Verdacht besteht, dass ein kosmetisches Mittel oder ein Bedarfsgegenstand ein Risiko für die menschliche Gesundheit mit sich bringen kann, 2. der hinreichende Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen dienen, verstoßen wurde, 3. im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von einem Erzeugnis eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit ausgeht oder ausgegangen ist und aufgrund unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus sonstigen Gründen die Unsicherheit nicht innerhalb der gebotenen Zeit behoben werden kann, 4. ein nicht gesundheitsschädliches, aber zum Verzehr ungeeignetes, insbesondere ekelerregendes Lebensmittel in nicht unerheblicher Menge in den Verkehr gelangt oder gelangt ist oder wenn ein solches Lebensmittel wegen seiner Eigenart zwar nur in geringen Mengen, aber über einen längeren Zeitraum in den Verkehr gelangt ist, 4a. der durch Tatsachen hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde, 5. Umstände des Einzelfalles die Annahme begründen, dass ohne namentliche Nennung des zu beanstandenden Erzeugnisses und erforderlichenfalls des Wirtschaftsbeteiligten oder des Inverkehrbringers, unter dessen Namen oder Firma das Erzeugnis hergestellt oder behandelt wurde oder in den Verkehr gelangt ist, erhebliche Nachteile für die Hersteller oder Vertreiber gleichartiger oder ähnlicher Erzeugnisse nicht vermieden werden können. In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 bis 5 ist eine Information der Öffentlichkeit zulässig nach Abwägung der Belange der Betroffenen mit den Interessen der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung . 5 In der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 2013 (BGBl. I 2013 S. 1426), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 28. April 2020 (BGBl. I 2020 S. 960). https://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/LFGB.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 061/20 Seite 7 (1a) Die zuständige Behörde informiert die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens , unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 39 Absatz 1 Satz 2 auf der Grundlage von mindestens zwei Untersuchungen durch eine Stelle nach Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass 1. in Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen überschritten wurden oder 2. ein nach Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht zugelassener oder verbotener Stoff in dem Lebensmittel oder Futtermittel vorhanden ist oder 3. gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist. Verstöße gegen bauliche Anforderungen, die keine Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln bewirken, sowie Aufzeichnungs- oder Mitteilungspflichten, die keine Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln bewirken, bleiben nach Satz 1 Nummer 3 außer Betracht. (2) Eine Information der Öffentlichkeit nach Absatz 1 durch die Behörde ist nur zulässig, wenn andere ebenso wirksame Maßnahmen, insbesondere eine Information der Öffentlichkeit durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer oder den Wirtschaftsbeteiligten, nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden oder die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht erreichen. Unbeschadet des Satzes 1 kann die Behörde ihrerseits die Öffentlichkeit auf 1. eine Information der Öffentlichkeit oder 2. eine Rücknahme- oder Rückrufaktion durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer oder den sonstigen Wirtschaftsbeteiligten hinweisen. Die Behörde kann unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch auf eine Information der Öffentlichkeit einer anderen Behörde hinweisen, soweit berechtigte Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich berührt sind. (3) Bevor die Behörde die Öffentlichkeit nach den Absätzen 1 und 1a informiert, hat sie den Hersteller oder den Inverkehrbringer anzuhören, sofern hierdurch die Erreichung des mit der Maßnahme verfolgten Zwecks nicht gefährdet wird. Satz 1 gilt nicht in einem Fall des Absatzes 2 Satz 2 oder 3. (4) Stellen sich die von der Behörde an die Öffentlichkeit gegebenen Informationen im Nachhinein als falsch oder die zu Grunde liegenden Umstände als unrichtig wiedergegeben heraus, so ist dies unverzüglich öffentlich bekannt zu machen, sofern der betroffene Wirtschaftsbeteiligte Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 061/20 Seite 8 dies beantragt oder dies zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist. Sobald der der Veröffentlichung zu Grunde liegende Mangel beseitigt worden ist, ist in der Information der Öffentlichkeit unverzüglich hierauf hinzuweisen. Die Bekanntmachungen nach Satz 1 und Satz 2 sollen in derselben Weise erfolgen, in der die Information der Öffentlichkeit ergangen ist. (4a) Die Information nach Absatz 1a ist einschließlich zusätzlicher Informationen nach Absatz 4 sechs Monate nach der Veröffentlichung zu entfernen. (5) Abweichend von Absatz 1 ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zuständige Behörde, soweit ein nicht im Inland hergestelltes Erzeugnis erkenntlich nicht im Inland in den Verkehr gebracht worden ist und 1. ein Fall des Absatzes 1 Satz 1 aufgrund einer Meldung nach Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eines anderen Mitgliedstaates oder 2. ein Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 aufgrund einer sonstigen Mitteilung eines anderen Mitgliedstaates vorliegt.“6 Die entsprechenden Straf- und Bußgeldvorschriften finden sich in §§ 58 – 62 LFGB.7 *** 6 Hervorhebung durch Verfasser des Sachstands. https://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/__40.html 7 https://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/LFGB.pdf