© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 060/20 Zur Förderung der Mutterkuhhaltung auf Grünland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 2 Zur Förderung der Mutterkuhhaltung auf Grünland Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 060/20 Abschluss der Arbeit: 6. August 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Mutterkuhhaltung und Standortansprüche 4 3. Mutterkuhprämie und Wirtschaftlichkeit der Mutterkuhhaltung 6 4. GAP und die Ausgleichszulage (AGZ) für benachteiligte Gebiete 7 4.1. Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete 9 4.2. Neuabgrenzung benachteiligter Gebiete 11 5. Weidetierprämie - Direktzahlungen-Durchführungsgesetz 12 6. Zukünftige GAP 15 7. Stellungnahme des BMEL 17 8. Exkurs: Beihilfefähige Fläche – Landschaftspflege 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 4 1. Fragestellung Es wird der Frage nachgegangen, ob für die Mutterkuhhaltung auf Grünland ein finanzieller Ausgleich erhalten werden kann, und ob dies in der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geplant ist. Insbesondere ist von Interesse, ob die Möglichkeit zur Schaffung einer Weideprämie für die Mutterkuhhaltung besteht oder die Anhebung der Ausgleichszulage. 2. Mutterkuhhaltung und Standortansprüche Mutterkühe werden – im Gegensatz zu Milchkühen – nicht gemolken und werden ausschließlich zur Erzeugung von Kälbern (für die Rindfleischproduktion) gehalten.1 Sie säugen ihr Kalb bis zum Absetzen – in der Regel sechs bis zehn Monate.2 Nach durchschnittlich sieben bis acht Laktationen werden sie geschlachtet und werden somit doppelt so alt wie Milchkühe.3 Bei der Mutterkuhhaltung werden im Wesentlichen zwei Verfahren unterschieden, „die Winterstallhaltung (Weidehaltung während der Vegetationszeit, Aufstallung im Winter) und die ganzjährige Freilandhaltung, die als erstrebenswert gilt“4, da sie besonders tiergerecht ist.5 Laut Deutschem Bauernverband e.V. (DBV) wurden im Mai 2019 in Deutschland 652.600 Ammen- und Mutterkühe gezählt.6 Mutterkuhhaltung macht nur einen kleinen Teil der Rinderhaltung aus.7 In Brandenburg werden die meisten Ammen- und Mutterkühe gehalten, gefolgt von Bayern und Niedersachsen . Die umseitige Grafik zeigt die Verteilung des Mutterkuhbestandes auf die einzelnen Bundesländer: 1 Vgl. https://www.thueringen.de/th9/tlllr/landwirtschaft/nutztierhaltung/rinder/mutterkuehe/index.aspx; Stolz, Linda (2014). Mutterkuhhaltung in Deutschland – Status quo und Zukunftsperspektiven im europäischen Kontext . https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn054633.pdf 2 https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn054633.pdf 3 Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (2015). Leitlinie zur effizienten und umweltverträglichen Mutterkuhhaltung . S. 4. http://www.tll.de/www/daten/publikationen/leitlinien/ll_mkh.pdf 4 Bundesinformationszentrum Landwirtschaft. https://www.praxis-agrar.de/tier/rinder/tierwohl-mutterkuehe/ 5 https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/nutztiere/rinder/rinder_node.html 6 Deutscher Bauernverband e.V. (2020). Situationsbericht 2019/20. 3.3. Betriebe- und Betriebsgrößen. https://www.bauernverband.de/situationsbericht-19/3-agrarstruktur/33-betriebe-und-betriebsgroessen 7 Im Vergleich zur Gesamtzahl der in Deutschland gehaltenen Rinder in Höhe von 12,4 Mio. (Stand: 2017). https://www.praxis-agrar.de/tier/rinder/tierwohl-mutterkuehe/ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 5 Quelle: DBV (2020)8 Mutterkühe „stellen keine besonderen Ansprüche an den Standort. Die Energiedichte des Pflanzenbestandes des Grünlandes kann im Vergleich zur Milchkuhweide deutlich geringer sein. Als typische Standorte gelten die extensiv bewirtschafteten Trockenrasen, Magerrasen meist an flachgründigen Mittelgebirgsstandorten und Grünlandstandorte, die zur Staunässe neigen sowie Flächen mit zum Teil schwieriger Oberflächengestaltung. Wird eine ganzjährige Freilandhaltung angestrebt , muss der Standort unabhängig von der Witterung eine ausreichende Trittfestigkeit aufweisen .“9 Mutterkuhhaltung ist eine Form der Landschaftspflege besonders auf schlecht maschinell zu pflegenden Flächen, sie gewährleistet in der Regel eine extensive, umweltgerechte Grünlandnutzung und sorgt für die Offenhaltung der Landschaft.10 Nach Angaben des Thünen-Instituts wirtschaften etwa 20 % der deutschen Mutterkuhhalter gemäß den Richtlinien des Ökologischen Landbaus.11 8 Deutscher Bauernverband e.V. (2020). https://www.bauernverband.de/fileadmin/user_upload/dbv/situationsbericht /2019-2020/kapitel3/3.3/AMI_VF-161_Mutterkuhbestand-in-Deutschland.jpg 9 Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (2015). Leitlinie zur effizienten und umweltverträglichen Mutterkuhhaltung . S. 7. Oktober 2015. http://www.tll.de/www/daten/publikationen/leitlinien/ll_mkh.pdf 10 S. 185. https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/03_Materialien/2000_2004/2004_MAT37_Szenarien _der_Agrarpolitik.pdf?__blob=publicationFile&v=5 11 https://www.thuenen.de/de/infothek/presse/pressearchiv/pressemitteilungen-2016/news/detail/News/fleischrinder -und-mutterkuhtagung-25-26102017/ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 6 3. Mutterkuhprämie und Wirtschaftlichkeit der Mutterkuhhaltung Im Jahr 1980 wurde eine Mutterkuhprämie zur Erhaltung des Mutterkuhbestands mit der Verordnung (EWG) Nr. 1357/8012 eingeführt.13 Mit der Entkopplung der Direktzahlungen im Jahr 2005 wurde sie in Deutschland abgeschafft.14 Dies geschah auch, um eine Überproduktion zu vermeiden . Nach Angaben von Isermeyer et al. (2014) würde eine gekoppelte Förderung in der ersten Säule der GAP intensivere Produktionsverfahren stützen. Aus diesem Grund wird die Förderung „flächengebundener Pflege- und Managementleistungen“ empfohlen.15 Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) kommt im Jahr 2015 zur Wirtschaftlichkeit dieser Haltungsform zu dem Ergebnis, dass die Mutterkuhhaltung allein aus dem Verkauf von Absetzern und Selektionskühen nicht annähernd eine Kostendeckung erreichen könne. Unverzichtbar seien deshalb Flächenzahlungen aus Betriebsprämie, Ausgleichszulage und Agrarumweltmaßnahmen . Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens werde damit wesentlich von der Flächenausstattung bestimmt.16 Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) konstatiert im Jahr 2015, zwar hätten u.a. die Mutterkuhhaltungsbetriebe ihr Einkommen in den letzten zehn Jahren steigern können. Im Vergleich zu den anderen Betriebstypen, wie z.B. dem Ackerbau, erzielten sie jedoch in nahezu allen betrachteten Jahren die niedrigsten Einkommen. Extensiv wirtschaftende Betriebe erhielten überdurchschnittlich hohe Zahlungen aus der Ausgleichszulage und aus den Agrarumweltprogrammen. Trotz umfangreicher Direktzahlungen befänden sich viele dieser Betriebe in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation.17 12 Verordnung (EWG) Nr. 1357/80 des Rates vom 5. Juni 1980. ABl. L 140 vom 5.6.1980, S. 1–3. Grund für die Einführung der Mutterkuhprämie war, dass die damalige Lage auf dem Rindfleischmarkt in der EU es nicht erlaubte, „den auf Qualitätsrindfleisch spezialisierten Erzeugern ein angemessenes Einkommen zu gewährleisten“. Die Prämie war dazu bestimmt, „die Aufrechterhaltung ihres Einkommens in ausreichender Höhe sicherzustellen“. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31980R1357&rid=1 13 Vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 1990 – C-8/88 –, juris. EG-Recht: Umfang der Kontrollpflichten der Mitgliedstaaten für Prämienanspruch aus EAGFL, hier: Mutterkuhprämie in der Bundesrepublik Deutschland. 14 S. 7. https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn054633.pdf 15 Isermeyer, Folkhard et al. (2014). Gesetzentwurf zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik. Stellungnahme im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages am 7. April 2014. Braunschweig, 31. März 2014. S. 19. https://www.thuenen.de/media/ti/Infothek /Presse/Pressemitteilungen/2014/2014-04-07/140407_Stellungnahme_Thuenen_final.pdf 16 S. 23f. http://www.tll.de/www/daten/publikationen/leitlinien/ll_mkh.pdf 17 Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (2015). Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung. S. 18. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads /DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/GutachtenNutztierhaltung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 7 In Österreich wurde die Mutterkuhprämie ebenfalls abgeschafft. Zu einer Petition, die deren Wiedereinführung fordert, nahm das Österreichische Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus am 20. April 2020 wie folgt Stellung18: „Seit der agrarpolitischen Entscheidung bzgl. Verzicht auf gekoppelte Prämien im Jahr 2012 wurden und werden immer wieder Wünsche nach einer Wiedereinführung der Mutterkuhprämie vorgebracht. Dabei wird zum einen auf weiterbestehende Koppelungen in mehreren anderen Mitgliedstaaten und zum anderen auf die schlechte wirtschaftliche Entwicklung der Mutterkuhhaltung verwiesen. Um einen objektiven Hintergrund für weitere Diskussion auf politischer Ebene zu schaffen, hat sich das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus unter Einbindung der Interessenvertretungen bemüht, die Auswirkungen des Auslaufens der Mutterkuhprämie darzustellen und Lösungsansätze bzw. Strategien zur Unterstützung der Mutterkuhhaltung aufzuzeigen. Im Zuge der nationalen Diskussion zur Ausgestaltung der kommenden Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik wird derzeit auf verschiedenen Ebenen unter Einbeziehung aller Stakeholder geführt. Hier werden entsprechende fachliche Vorschläge erarbeitet, welche schlussendlich zu einem Gesamtpaket zusammengefügt und im politischen Einvernehmen mit allen Bundesländern beschlossen werden müssen. Prämisse des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ist die Sicherstellung einer wettbewerbsfähigen, multifunktionalen und flächendeckenden Land- und Forstwirtschaft auf der Basis bäuerlicher Familienbetriebe.“19 4. GAP und die Ausgleichszulage (AGZ) für benachteiligte Gebiete Die aktuelle Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für den Zeitraum 2014 bis 2020 unterstützt die Landwirte im Wesentlichen durch von der Produktion entkoppelte, flächengebundene Direktzahlungen (1. Säule) mit bestimmten „Greening“-Vorgaben sowie durch die Förderung des ländlichen Raumes (2. Säule).20 Neben einer nunmehr bundeseinheitlichen Basisprämie für beihilfefähige Flächen21 (seit 2018 im Durchschnitt 286 Euro pro Hektar22) erhalten Landwirte eine Greeningprämie , die die Einhaltung bestimmter ökologischer Auflagen voraussetzt. Werden diese 18 https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2020/PK0031/index.shtml 19 https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SPET/SPET_00017/index.shtml; dann weiter unter Stellungnahme /pdf. 20 https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/landwirtschaft-umweltfreundlich-gestalten /fragen-antworten-zur-europaeischen-agrarfoerderung#was-fordert-die-aktuelle-gap-von-landwirtinnen-undlandwirten - 21 Siehe hierzu weitere Ausführungen unter Punkt 8 – Exkurs: Beihilfefähige Fläche - Landschaftspflege. 22 BT-Drs. 19/12781. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/127/1912781.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 8 Auflagen nicht erfüllt, greift ein finanzieller Sanktionsmechanismus. Für die Umsetzung der Politik der 2. Säule23 in der aktuellen Förderperiode legen 13 Bundesländer (die Stadtstaaten legen keine eigenen Programme vor) mehrjährige Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums (EPLR oder ELR) der EU-Kommission zur Genehmigung vor. Die 13 regionalen EPLR sind unterschiedlich gestaltet, in der Regel auf die Bedürfnisse des jeweiligen Bundeslandes zugeschnitten und werden auch – wie aus der Grafik ersichtlich – zum Teil unterschiedlich bezeichnet.24 Quelle: DVS.25 23 „Deutschland stehen für die Förderung der ländlichen Entwicklung in der Förderperiode 2014 bis 2020 8,303 Milliarden Euro an EU-Mitteln zur Verfügung. Außerdem wurde mit dem Gesetz zur Durchführung der Direktzahlungen für landwirtschaftliche Betriebe eine Umschichtung von der ersten in die zweite Säule in Höhe von 4,5 Prozent der Obergrenze der Direktzahlungen der Jahre 2015 bis 2019 beschlossen. Diese Mittel stehen in den Jahren 2016 bis 2020 in der zweiten Säule zur Verfügung. Es handelt sich um eine Summe von rund 1,1 Milliarden Euro. Die Mittel sollen nach ihrem Aufkommen in den jeweiligen Bundesländern verbleiben. Die Verteilung auf die Bundesländer resultiert damit aus dem Modell für die nationale Umsetzung des Direktzahlungssystems ab 2015. Diese Mittel sollen zweckgebunden für eine nachhaltige Landwirtschaft insbesondere über die Förderung von Grünlandstandorten, flächenbezogene Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen, die Stärkung von besonders tiergerechter Haltung und des ökologischen Landbaus sowie die Ausgleichszulage in den von der Natur benachteiligten Gebieten (einschließlich Berggebiete) verwendet werden.“ https://www.bmel.de/SharedDocs/FAQs/DE/faq-GAP/FAQ- GAP_List.html#f71082 24 Vgl. https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/eler/laenderprogramme/ 25 Deutsche Vernetzungsstelle Ländlicher Raum. S. 15. https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/fileadmin /SITE_MASTER/content/PDFs/Download-Material/DVS-Foerderhandbuch_2018.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 9 Die EPLR werden auf der Grundlage der sog. ELER-Verordnung26 durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)27 unterstützt und durch nationale Beiträge kofinanziert. Die Kofinanzierung erfolgt durch die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK)28 und durch die Bundesländer.29 Der WBAE erläutert: „Grundsätzlich gilt, dass weite Teile der Agrarstruktur- und Agrarumweltpolitik in den Kompetenzbereich der Länder fallen. Eine Mitwirkung des Bundes besteht allerdings bei den Maßnahmen, die der Bund im Rahmen der GAK anbietet. Halten die Länder die in den jeweiligen Grundsätzen festgelegten Modalitäten ein, werden die entsprechenden Ländermaßnahmen mit Mitteln des Bundes kofinanziert. Das führt dazu, dass sich die meisten Länder mit ihren Programmen /Maßnahmen bzw. einem Teil davon an den in der GAK festgelegten Rahmenbedingungen orientieren.“30 4.1. Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete Die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete (AGZ) ist ein Instrument der 2. Säule. Sie wurde im Jahr 1975 aus dem Bergbauernprogramm der EG (Richtlinie 75/268 EWG31) entwickelt. Hierdurch wurde den EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, Beihilfen für die Landwirtschaft auf benachteiligten Standorten zu gewähren. Im Jahr 1988 wurden zusätzlich Betriebe mit Rinder-, Schaf- und Pferdehaltung gefördert. Im Jahr 2000 erfolgte die Umstellung von einer tierund flächengebundenen AGZ, auf eine ausschließlich flächengebundene Förderung.32 Die AGZ soll die Fortführung der Landwirtschaft in benachteiligten Gebieten sowie die flächendeckende 26 Verordnung (EU) Nr. 1305/2013. ABl. L 347, 20.12.2013, S. 487–548. https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013R1305&from=DE 27 Vier weitere EU-Fonds können grundsätzlich ebenfalls unterstützen: der Europäische Fonds für regionale Entwicklung , der Europäische Sozialfonds, der Kohäsionsfonds und der Europäische Fonds für Meeres- und Fischereiwesen . Diese vier werden zusammen mit dem ELER als Europäische Struktur- und Investitionsfonds (ESI) bezeichnet. Vgl. http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes /BRIE/2016/586622/EPRS_BRI(2016)586622_EN.pdf 28 Siehe hierzu im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes “ 2019-2022 die Seiten 107 und 108 unter dem folgenden Link: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads /Landwirtschaft/Foerderung/Rahmenplan2019-2022.pdf;jsessionid =6847B33353324041BBFC209C01CC0E79.2_cid288?__blob=publicationFile 29 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Europa/EU_auf_einen _Blick/Politikbereiche_der_EU/EU_Agrarpolitik/2012-03-21-ueberblick-gemeinsame-agrarpolitik.html 30 Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung. Gutachten. Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. März 2015. S. 241. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/GutachtenNutztierhaltung .pdf?__blob=publicationFile&v=2 31 Richtlinie 75/268/EWG des Rates vom 28. April 1975 über die Landwirtschaft in Berggebieten und in bestimmten benachteiligten Gebieten. ABl. L 128 vom 19.5.1975, S. 1–7. https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31975L0268&from=DE 32 https://de.agrardialog.ru/files/prints/neuabgrenzung_benachteiligter_gebiete_in_deutschland_und_eu.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 10 Pflege und die Erhaltung der Kulturlandschaft nachhaltig sichern.33 Die AGZ wird in den jeweiligen Bundesländern als Landesrichtlinie umgesetzt.34 Die einzelnen Bundesländer verfahren in ihren EPLR unterschiedlich mit Regelungen für benachteiligte Gebiete i.S.d. VO (EU) Nr. 1307/201335, die im ELER als Maßnahme 13 bezeichnet wird. Die Maßnahme 13 ist in zwei Bundesländern nicht Teil des ELER (siehe folgende Grafik – Stand 2015). Quelle: DVS.36 33 https://www.agrarbericht-2020.bayern.de/landwirtschaft-laendliche-entwicklung/ausgleichszulage.html 34 https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/zi035905.pdf 35 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013R1307&from=DE 36 https://eler-redaktion.ble.de/fileadmin/sites/ELER/Dateien/01_Hintergrund/ELER/Laenderprogrammuebersicht _Kaestchenschema_2014_2020.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 11 Seit 2018 wird die AGZ auch in Niedersachsen nicht mehr angeboten. Nach Angaben von Grajewski (2019) werden dort die freiwerdenden Mittel für „wirksamere Fördermaßnahmen“ (Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen und für den Ökolandbau) eingesetzt.37 In Baden-Württemberg wurde festgestellt, dass sich die erhöhte AGZ begünstigend auf die Beibehaltung der Tierhaltung in Berggebieten ausgewirkt habe: „Die Milchviehhaltung geht in Baden-Württemberg insgesamt und auch in den Berggebieten zurück. In Berggebieten allerdings weniger stark als in nicht benachteiligten Gebieten. Bei den Milchviehbetrieben in Berggebieten, welche Milchviehhaltung reduzieren oder aussteigen, ist außerdem zu beobachten, dass sie (anders als in nicht benachteiligten Gebieten) verstärkt die Mutter- und Ammenkuhhaltung ausweiten. Die erhöhte AZL38-Förderung in Kombination mit Tierhaltung könnte sich hier begünstigend auf die Beibehaltung der Tierhaltung ausgewirkt haben.“39 4.2. Neuabgrenzung benachteiligter Gebiete Art. 31 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 1305/201340, zuletzt geändert am 24. Juni 2020, legt fest, dass bis spätestens 2019 eine Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete erfolgt sein muss. Grundlage für die „Bestimmung der aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligten Gebiete“ ist Art. 32 Verordnung (EU) Nr. 1305/2013. Mit Schreiben vom 31. Okto- 37 Grajewski, Regina (2019). Fortschritt bei der Umsetzung des Bewertungsplans von PFEIL – Programm zur Förderung im ländlichen Raum 2014 bis 2020 in Niedersachsen und Bremen Berichtsjahr 2019. Mai 2019. S. 51. https://www.eler-evaluierung.de/fileadmin/eler2/Publikationen/Projektberichte/5-Laender-Bewertung /2019/Fortschrittsbericht-NI_HB-2019_mit_Beitrag_Kapitel_7-endg.pdf; siehe hierzu auch: Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung auf die Frage 24. „Was plant die Landesregierung mit der Grünlandprämie?“ der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Hermann Grupe, Horst Kortlang, und Jörg Bode (FDP). Kleine Anfragen für die Fragestunde mit Antworten der Landesregierung. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/430. 01.03.2018. https://www.nilas.niedersachsen.de/starweb/NILAS/servlet.starweb?path=NILAS/lisshfl.web&id=nilaswebfastlink &format=WEBLANGFL&search=WP=18%20AND%20DART=D%20AND%20DNR=430 38 In Baden-Württemberg wird die AGZ als Ausgleichszulage Landwirtschaft (AZL) bezeichnet: „Gefördert wird der teilweise Ausgleich der Kosten und Einkommensverluste sowie sonstiger Nachteile auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in Berggebieten und anderen Gründen benachteiligten Gebieten in Baden-Württemberg. Ab dem Jahr 2019 gilt die neue Gebietskulisse (Berggebiete, aus erheblichen naturbedingten Gründen benachteiligte Gebiete).“ https://foerderung.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Foerderwegweiser/Ausgleichszulage +Landwirtschaft+_AZL_ 39 Bewertung des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014 – 2020 (MEPL III). Bewertungsbericht 2019 (Bezugszeitraum 2014-2018). 12. September 2019. S. 226. 40 Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005. ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 487–548. https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013R1305&qid=1596115740855&from=DE Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 12 ber 2019 gab die in Nordrhein-Westfalen zuständige Landesministerin Ursula Heinen-Esser bekannt , dass für NRW die Fördersätze hierdurch deutlich abgesenkt werden, da die förderfähige Kulisse erweitert werden musste: „In der Vergangenheit haben wir nicht in der gesamten Kulisse die Ausgleichszulage gewährt, weiterhin wurde die Ausgleichszulage nur für Grünland- und Ackergras oder Kleegrasflächen gewährt. Dies akzeptiert die EU-Kommission zukünftig nicht mehr. Die Ausgleichszulage ist grundsätzlich in der gesamten Kulisse zu zahlen und auch grundsätzlich für alle Flächen, das heißt auch für alle Ackerflächen. Dadurch wird die förderfähige Fläche deutlich ausgedehnt; bei gleich hohem Mittelvolumen müssen daher die Fördersätze deutlich abgesenkt werden. (In der Vergangenheit betrug die tatsächlich geförderte Fläche ca. 140.000 ha. Zukünftig sind ca. 358.000 ha förderfähig.) Die Absenkung der Fördersätze beträgt dadurch teilweise mehr als 50 %.“41 5. Weidetierprämie - Direktzahlungen-Durchführungsgesetz Aktuell fordert der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes die Einführung einer Weidetierprämie für Schafe und Ziegen („Gekoppelte Stützung für Weidetierhaltung von Schafen und Ziegen“)42 aus der 1. Säule (nationale Umschichtung).43 Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen . Eine gleichlautende Forderung des Bundesrates aus dem Jahr 2019 war damals zurückgewiesen worden. In ihrer damaligen Gegenäußerung zur Stellungnahme habe sich die Bundesregierung – laut Bundesrat – gegenüber zukünftigen Maßnahmen zur Förderung von Weidetieren wie Schafen und Ziegen grundsätzlich offen gezeigt. Der frühere Vorschlag des Bundesrates sei vor allem mit der Begründung abgelehnt worden, dass zur Einführung einer gekoppelten Direktzahlung für das Jahr 2020 die Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes hätte früher erfolgen müssen.44 In der damaligen Ausschussberatung wurde allerdings u.a. angemerkt, 41 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-2662.pdf; siehe zudem https://www.landwirtschaftskammer.de/foerderung/laendlicherraum/ausgleichnachteil/index.htm 42 Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes http://dip21.bundestag .btg/dip21/brd/2020/0327-20.pdf; Empfehlungen der Ausschüsse. BR-Drs. 327/1/20. http://dip21.bundestag .btg/dip21/brd/2020/0327-1-20.pdf; 327/20 (Beschluss) http://dip21.bundestag.btg/dip21/brd/2020/0327- 20B.pdf; Aktueller Stand im DIP am 24.07.2020: 1. Durchgang im Bundesrat abgeschlossen. „Für das Antragsjahr 2021 stehen die […] angeführten Hindernisse für die Einführung einer gekoppelten Direktzahlung jedoch nicht entgegen. Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt , der auch für das Antragsjahr 2021 eine nationale Umschichtung von Direktzahlungsmitteln ermöglichen soll. Der Vorschlag sieht vor, dass die Mitgliedstaaten ihre Beschlüsse über die Verwendung der nationalen Obergrenze für das Antragsjahr 2021 bis zum 1. August 2020 zu treffen haben. Nach Stand der Beratungen ist sogar davon auszugehen, dass dieses Datum mindestens auf den 31. Oktober 2020 verschoben wird. Der richtige Zeitpunkt zur Einführung einer gekoppelten Prämie für Mutterschafe und Mutterziegen liegt mit dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes somit jetzt vor.“ 327/20 (Beschluss ) http://dip21.bundestag.btg/dip21/brd/2020/0327-20B.pdf 43 BR-Drs. 327/20 (Beschluss). http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2020/0327-20B.pdf 44 BR-Drs. 327/1/20. http://dip21.bundestag.btg/dip21/brd/2020/0327-1-20.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 13 es sei falsch, wieder in ein solches Prämiensystem einzusteigen, weil dann nicht nur die Koppelung der Prämien für die Schafhaltung, sondern schon bald auch für Weidetierhaltung gefordert würde. Als nächstes kämen z.B. Forderungen auf, Prämien für die Bullen-, die Mutterkuh- oder die Trockenfutterprämie wieder einzuführen. Hinsichtlich der Weidetierhaltung sei „immer noch ungeklärt, weshalb bestehende Programme, die es von den Bundesländern gebe, nicht ausreichend abgerufen würden bzw. immer noch Geld übrigbleibe. Das beträfe z. B. Mittel für den Wolfschutz als auch Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe ‚Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes‘ (GAK), die nur schleppend abgerufen würden.“ 45 Zur Unterstützung der Weidetierhaltung sind im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK)46 im Förderbereich 4 (Markt- und standortangepasste sowie umweltgerechte Landbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege – Maßnahmen (MSUL)) nach Angaben der Bundesregierung vom Juli 2020 „eine Vielfalt von Maßnahmen verankert, die von den Weidetierhaltern in Anspruch genommen werden können und die ökologische Leistungen der Weidetierhaltung unterstützen. Hierzu zählen insbesondere die Maßnahmen • extensive Nutzung und Bewirtschaftung von Dauergrünlandflächen sowie extensive Bewirtschaftung zur Erhaltung pflanzengenetisch wertvoller Grünlandvegetation, • ökologische Anbauverfahren, • nicht-produktiver investiver Naturschutz sowie Vertragsnaturschutz, 45 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes . BT-Drs. 19/14745. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/147/1914745.pdf 46 Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ 2020-2023. Förderbereich 4: Markt- und standortangepasste sowie umweltgerechte Landbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/rahmenplan -2020-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=+ „A. Förderung der Zusammenarbeit im ländlichen Raum für eine markt- und standortangepasste sowie umweltgerechte Landbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege B. Förderung des ökologischen Landbaus und anderer besonders nachhaltiger gesamtbetrieblicher Verfahren C. Förderung von besonders nachhaltigen Verfahren im Ackerbau oder bei einjährigen Sonderkulturen D. Förderung besonders nachhaltiger Verfahren auf dem Dauergrünland E. Förderung besonders nachhaltiger Verfahren bei Dauerkulturen F. Förderung besonders nachhaltiger und tiergerechter Haltungsverfahren G. Erhaltung der Vielfalt der genetischen Ressourcen in der Landwirtschaft H. Nicht-produktiver investiver Naturschutz I. Vertragsnaturschutz J. Schutz vor Schäden durch den Wolf.“ https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/rahmenplan -2020-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=+ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 14 • Förderung extensiver Obstbestände sowie • Erhaltung der Vielfalt der genetischen Ressourcen in der Landwirtschaft. Die Umsetzung der GAK-Maßnahmen liegt in der Verantwortlichkeit der Länder, d.h. nicht jedes Land bietet alle möglichen Maßnahmen an. Einige Länder fördern die o.g. Maßnahmen auch außerhalb der GAK, z.B. mit Landesmitteln oder mit EU- und Landesmitteln. Ebenso können auch die Fördermaßnahmen des Naturschutzes genutzt werden. Darüber hinaus wird über zukünftige Maßnahmen zur Förderung von Weidetieren in Abhängigkeit der Ergebnisse der Verhandlungen auf EU-Ebene im Rahmen der nationalen Umsetzung der zukünftigen GAP zu diskutieren sein.“47 Im August 2019 erläuterte die Bundesregierung, dass nach der Änderung des GAK-Gesetzes im Jahr 2016 der GAK-Rahmenplan 2018 um den Förderungsgrundsatz „Vertragsnaturschutz“ im Offenland erweitert worden sei, so dass die Länder bei der Umsetzung solcher Maßnahmen über die GAK nunmehr auch die anteilige Bundesfinanzierung nutzen könnten. Vertragsnaturschutz umfasse extensive Weidenutzung, Beweidung mit Schafen/Ziegen, Erhalt und Pflege von Biotopen (Weidepflege, Entbuschung von Weideflächen etc.) oder naturschutzgerechte Hütehaltung und Beweidung mit Schafen und Ziegen.48 In Bayern wird – nach Angaben des zuständigen Ministeriums – ab dem Jahr 2020 im Vertragsnaturschutz die Förderung der extensiven Beweidung mit Rindern, Schafen und Pferden von bisher 310 Euro pro Hektar und Jahr auf 420 Euro erhöht, bei Beweidung mit Ziegen von bisher 500 Euro pro Hektar und Jahr auf 570 Euro. Dies komme insbesondere den bayerischen Mutterkuh-, Schaf- und Ziegenhaltern zugute, die einen unverzichtbaren Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität leisteten, deren wirtschaftliche Situation sich in den vergangenen Jahren jedoch deutlich verschlechtert habe.49 Das Rheinland-Pfälzische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau erklärt , es habe in der laufenden Förderperiode zur zusätzlichen Unterstützung extensiver Tierhalter (Schaf-, Ziegen- und Mutterkuhhalter) in der 2. Säule der GAP im Entwicklungsprogramm Umweltmaßnahmen, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung (EULLE) zusätzliche 47 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD. Herausforderungen für die heimische Weidetierhaltung. BT-Drs. 19/20808. http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/208/1920808.pdf 48 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. Situation in der Weidetierhaltung . BT-Drs. 19/12781. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/127/1912781.pdf 49 Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz vom 22.05.2020 auf die Schriftli. Anfrage der Abg. Ruth Müller (SPD) vom 20.04.2020. Verluste an Bienenvölkern im Winter 2019/20 ( inkl. Bericht der Bayerischen Staatsregierung zur Umsetzung des „Maßnahmenkatalogs zur Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern“ 24. März 2020). LT-Drs. 18/7998. 09.06.2020. https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen /Schriftliche%20Anfragen/18_0007998.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 15 Verbesserungen eingeführt, wie z.B. „die Anhebung der Prämien für die umweltschonende Bewirtschaftung des Grünlandes im Unternehmen (von 85 Euro auf 110 Euro je Hektar).“50 Die unterschiedlichen Förderkulissen der einzelnen Bundesländer für die Weidetierhaltung können dem Sachstand des Fachbereichs WD 5 „Förderungen in der Weidetierhaltung“ vom Januar 2019 entnommen werden.51 6. Zukünftige GAP Die zukünftige GAP 2021-2028 sieht einen wesentlich größeren Gestaltungsspielraum der einzelnen Mitgliedstaaten vor 52, „sodass die Mitgliedstaaten ihre Durchführungsmaßnahmen im Rahmen beider Säulen auf ihre Gegebenheiten und konkreten Betriebsbedingungen zuschneiden können.“53 Laut EU-Verordnungsentwurf54 legt nun jeder Mitgliedstaat nur einen einzigen nationalen Strategieplan der EU-Kommission zur Genehmigung vor.55 Das BMEL erläutert, Planung, 50 https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/6228-17.pdf 51 https://www.bundestag.de/resource/blob/627298/f1d7c5b3de111d08e6a5a163578d4e71/WD-5-158-18-pdfdata .pdf 52 Busse, Christian (2018). Die Legislativvorschläge zur GAP nach 2020: Überblick und Konzeption. 53 https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:aa85fa9a-65a0-11e8-ab9c-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format =PDF 54 Die drei Legislativvorschläge für die zukünftige GAP 2021-2028: Erster Legislativvorschlag, die sog. GAP-Strategiepläne-Verordnung: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (E- LER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates. COM(2018) 392 final. https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar :aa85fa9a-65a0-11e8-ab9c-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format=PDF und ANHÄNGE (Anhänge 1 bis 12). https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:aa85fa9a-65a0-11e8-ab9c-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_2&format =PDF Zweiter Legislativvorschlag: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Finanzierung, Verwaltung und Überwachung der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013. COM(2018) 393 final. https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar :6cb59a1e-6580-11e8-ab9c-01aa75ed71a1.0002.03/DOC_1&format=PDF und ANHANG. https://eur-lex.europa .eu/resource.html?uri=cellar:6cb59a1e-6580-11e8-ab9c-01aa75ed71a1.0002.03/DOC_2&format=PDF Dritter Legislativvorschlag: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, (EU) Nr. 251/2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse, (EU) Nr. 228/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union und (EU) Nr. 229/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der kleineren Inseln des Ägäischen Meeres. COM(2018) 394 final/2. https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52018PC0394R(01)&from=EN 55 https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/landwirtschaft-umweltfreundlich-gestalten /fragen-antworten-zur-europaeischen-agrarfoerderung#vorschlage-der-eu-kommission-was-ist-neu Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 16 Vorbereitung und Durchführung der künftigen Fördermaßnahmen der 2. Säule der GAP werde auch im Rahmen des nationalen GAP-Strategieplans in der Kompetenz der Länder liegen. Fördermaßnahmen im Bereich der Direktzahlungen sowie weitere Regelungen im Bereich der 1. Säule (z. B. Ausgestaltung der Konditionalität, Regelungen zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für Direktzahlungen) würden wie bisher durch Bundesrecht festgelegt.56 In der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) zum EU- Verordnungsentwurf heißt es zu gekoppelten Direktzahlungen für extensive Mutterkuh- oder Schafzucht oder für die Viehhaltung in Berggebieten zur Beibehaltung des ökologischen Gleichgewichts : „Gekoppelte Zahlungen spielen beim Schutz gefährdeter Branchen und Gebiete eine sehr wichtige Rolle. Gekoppelte Zahlungen können einen wichtigen Beitrag zu gezielten und höheren Direktzahlungen leisten in einkommensschwachen Branchen wie der extensiven Mutterkuh - oder Schafzucht, dem Anbau von Eiweißpflanzen oder der Viehhaltung in Berggebieten, wo die Beibehaltung des Tierbestands für das ökologische Gleichgewicht grundlegend ist. Die Möglichkeit gekoppelter Zahlungen sollte generell begrenzt bleiben, aber dazu beitragen können , die Aufgabe von Flächen zu verhindern und die Weidehaltung zu fördern und zu begünstigen .“57 Des Weiteren äußert der EWSA, er sei der Auffassung, „dass Zahlungen wegen naturbedingter Benachteiligungen in den betreffenden Gebieten obligatorisch sein sollten, um die Aufgabe von Flächen in den Mitgliedstaaten zu verhindern. Darüber hinaus sollten die Maßnahmen Bestimmungen für minimale und maximale Besatzdichten vorsehen und eine Bandbreite für den Zeitraum festlegen, in dem die Tiere weiden sollten. Zahlungen für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen sollten als Teil der Umweltausgaben im Rahmen der zweiten Säule berücksichtigt werden dürfen.“58 Die zukünftige GAP wird sich voraussichtlich verzögern, das BMEL geht von einer Einreichung des Nationalen Strategieplans bei der EU-Kommission zum 1. Januar 2022 aus.59 Die folgende Übersicht gibt Auskunft über den Zeitplan für den GAP-Strategieplan: 56 https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/eu-agrarpolitik-und-foerderung/gap/gap-strategieplan.html 57 Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses. Gekoppelte Zahlungen 3.27. Amtsblatt der Europäischen Union. 15.2.2019. C 62/214-225. https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52018AE3141&qid=1595585806968&from=DE 58 Hervorhebung durch Verfasser der Ausarbeitung. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses . 3.32. Amtsblatt der Europäischen Union. 15.2.2019. C 62/214-225. https://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52018AE3141&qid=1595585806968&from=DE 59 https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/eu-agrarpolitik-und-foerderung/gap/gap-strategieplan.html; siehe auch Verlängerung der geltenden GAP-Vorschriften bis Ende 2022: informelle Einigung über die Übergangsverordnung . https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2020/06/30/extension-of-currentcap -rules-until-the-end-of-2022-informal-deal-on-transitional-regulation/; https://www.consilium.europa .eu/media/44785/st09114-en20.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 17 Quelle: BMEL.60 7. Stellungnahme des BMEL Nachfolgend findet sich die Antwort des BMEL vom 21. Juli 2020 auf eine Anfrage des Fachbereichs , ob der GAP-Strategieplan für die kommende GAP-Förderperiode eine Mutterkuhprämie bzw. einen finanziellen Ausgleich für die Mutterkuhhaltung auf Grünland bzw. Weideland vorsehe (in etwa vergleichbar der Förderung der Sommerweidehaltung von Milchkühen und Färsen 61): „Der Entwurf der Strategieplanverordnung, der derzeit auf Europäischer Ebene beraten wird, sieht die Möglichkeit vor, dass die Mitgliedstaaten in bestimmten Sektoren, unter anderem der Mutterkuhhaltung, gekoppelte Direktzahlungen gewähren, um diese Sektoren bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen, indem ihre Wettbewerbsfähigkeit, ihre Nachhaltigkeit oder ihre Qualität verbessert wird. Deutschland macht von der Gewährung gekoppelter Zahlungen derzeit keinen Gebrauch, da in Deutschland für alle landwirtschaftlichen Flächen eine einheitliche entkoppelte Prämie je Hektar gewährt wird. Davon profitieren gerade Bewirtschafter extensiver Grünlandstandorte wie extensiv wirtschaftende Mutterkuhhalter. 60 Übersicht Zeitplan GAP-Strategieplan (2020). https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft /EU-Agrarpolitik-Foerderung/zeitplan-gap-strategieplan.pdf;jsessionid =F58D2A923AAA81F191E72B0F44A048DC.internet2831?__blob=publicationFile&v=1 61 Färse heißt das weibliche Rind bis zur ersten Kalbung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 18 Möglichkeiten zur Förderung der Weidehaltung bieten in der kommenden Förderperiode ggf. auch die neuen Öko-Regelungen[62] im Bereich der Direktzahlungen. Weiterhin sind auch künftig in der zweiten Säule im Bereich der Agrarumweltförderung Maßnahmen zur Unterstützung von aus Umweltgründen angestrebten extensiven Beweidungspraktiken möglich. Bezüglich der Sommerweidehaltung von Milchkühen und Färsen ist darauf zu verweisen, dass diese Maßnahme auch künftig möglich sein wird. Sie ist aber als Tierschutzmaßnahme konzipiert ; die Erweiterung auf Mutterkühe erscheint nicht möglich, da die Mutterkuhhaltung in Form von Weidehaltung das Standardsystem ist und nicht aus Tierschutzgründen noch gefördert werden muss. Welche der EU-rechtlich zulässigen Maßnahmen in Deutschland künftig angeboten werden, wird im nationalen GAP-Strategieplan festgelegt, auf den sich Bund und Länder verständigen müssen und dessen Inhalte - was die Regelungen in Bundeskompetenz betrifft - teilweise in Rechtsetzungsverfahren festgelegt werden.“63 8. Exkurs: Beihilfefähige Fläche – Landschaftspflege Im Mai 2019 nimmt der WBAE zur Definition der förderfähigen bzw. beihilfefähigen Fläche wie folgt Stellung: „Förderfähige Fläche: Im Rahmen der 1. Säule sind nach Artikel 4 [lit. h) Verordnung (EU) Nr. 1307/201364] alle landwirtschaftlichen Flächen förderfähig, auf denen jährlich eine landwirtschaftliche Tätigkeit durchgeführt wird. Ferner sind Flächen förderfähig, die in der Vergangenheit (2007) förderfähig waren, aber auf Grund der Umsetzung von europäischen Naturschutz - und Wasserschutzrichtlinien diesen Zustand verloren haben. Im Zuge der Legislativvorschläge erhalten die Mitgliedstaaten zusätzliche Befugnisse bei der Bestimmung der Begriffe „landwirtschaftliche Fläche“, „landwirtschaftliche Tätigkeit“ und „förderfähige Fläche “.“65 Der Geschäftsführer des Deutschen Verbands für Landschaftspflege (DVL) e.V. führt hierzu aus, dass derzeit Weideflächen wegen Aufwuchs (Kahlstellen, Art des Aufwuchses) nicht oder nur in 62 Sog. Eco-Scheme. 63 E-Mail des BMEL vom 21. Juli 2020. 64 Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates. ABl. L 347 vom 20.12.2013. S. 608–670. https://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013R1307&from=DE 65 S. 46. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/Stellungnahme- GAP-Effektivierung-AUK.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 19 Teilen als landwirtschaftliche Flächen anerkannt werden.66 Er betont, der Stellenwert der Weidetierhaltung für unser Gemeinwohl stehe aktuell im krassen Widerspruch zur Entwicklung der Betriebe .67 Quelle: Metzner, J. (2019).68 66 Metzner, Jürgen (2019). Rahmenbedingungen für Weidetierhaltung in der alten und neuen GAP - Herausforderungen und Lösungsansätze. Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL) e.V. https://www.lpv.de/fileadmin /user_upload/04_Metzner_DLPT_Beweidung.pdf 67 https://www.lpv.de/fileadmin/user_upload/04_Metzner_DLPT_Beweidung.pdf 68 Metzner, Jürgen (2019). Rahmenbedingungen für Weidetierhaltung in der alten und neuen GAP - Herausforderungen und Lösungsansätze. Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL) e.V. https://www.lpv.de/fileadmin /user_upload/04_Metzner_DLPT_Beweidung.pdf; Siehe hierzu auch das Grundsatzpapier Metzner et al. (2010). Extensive Weidewirtschaft und Forderungen an die neue Agrarpolitik Förderung von biologischer Vielfalt , Klimaschutz, Wasserhaushalt und Landschaftsästhetik. https://www.lpv.de/fileadmin/_migrated/content _uploads/GAP-Beweidung-Metzner_et_al_01.pdf. Das Grundsatzpapier enthält Vorschläge zur besseren Förderung der extensiven Schaf- und Rinderbeweidung in der GAP, z.B. die „Integration der Weideflächen in die Förderkulisse der 1. Säule, eine verbesserte Ausrichtung der Agrarumweltprogramme, die Etablierung von Landschaftspflegeprogrammen sowie das Angebot einer kompetenten Naturschutzberatung und eine Änderung der Tierkennzeichnung.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 20 Der DVL schlägt vor, die Definition von förderfähigem Grünland dahingehend zu ändern, dass Flächen mit Weidetieren generell als „Landwirtschaftliche Tätigkeit“ anerkannt werden und die Förderung nicht von der Verfügbarkeit von Futterpflanzen abhängig gemacht werde.69 Aus Sicht des WBAE sind u.a. folgende Aspekte besonders problematisch, da sie mit negativen Effekten für den Klima- sowie den Arten- und Biotopschutz verbunden sind: „Viele magere und strukturreiche Weiden erhalten keine Förderung im Rahmen der 1. Säule bzw. die Förderung ist mit einem hohen Aufwand für alle Beteiligten und Sanktionsrisiken verbunden. Die Ursache hierfür ist, dass auf diesen für den Naturschutz meist sehr wertvollen Flächen die z. T. reichlich vorhandenen Strukturelemente (z. B. Gehölze, Offenbodenstelle) gegenwärtig einzeln exakt erfasst und erhalten werden müssen. Dies widerspricht der dynamischen Struktur dieser Elemente in solchen Systemen. Darüber hinaus erfordert in etlichen Fällen ein naturschutzfachlich guter Erhaltungszustand von auf eine landwirtschaftliche Nutzung angewiesenen Biotopen, dass entweder prinzipielle Fördervoraussetzungen verletzt sind (z. B. zu geringe Vegetationsdeckung) oder Pflanzenarten vorherrschen, die in Deutschland nicht prinzipiell als förderfähige Futterpflanzen gelten, obwohl sie in extensiven Nutzungssystemen von den Nutztieren gefressen werden (z. B. Kleinseggen oder Mädesüß).“70 Der WBAE empfiehlt u.a. für die zukünftige GAP „die Förderung der Bewirtschaftung und Pflege von naturschutzfachlich hochwertigen Offenlandbeständen durch die 1. Säule zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund sollte insbesondere die Abgrenzung des Dauergrünlandes […] so ausgestaltet sein, dass für die Abgrenzung lediglich die Nutzung (Mahd, Weide oder Mindestbewirtschaftung) entscheidend ist und nicht die Zusammensetzung und der De- 69 DVL (2020). Steckbriefe für die Maßnahmen der Gemeinwohlprämie. Bewertung der Umweltleistungen und Hinweise zur verwaltungstechnischen Umsetzung in der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik in Deutschland. https://www.dvl.org/uploads/tx_ttproducts/datasheet/Gemeinwohlpraemie_Steckbriefe_2020_Web.pdf; Siehe in diesem Zusammenhang auch: DVL (2020). Gemeinwohlprämie. Ein Konzept zur effektiven Honorierung landwirtschaftlicher Umwelt- und Klimaschutzleistungen innerhalb der Öko-Regelungen in der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) nach 2020. https://www.dvl.org/uploads/tx_ttproducts/datasheet/Gemeinwohlpraemie _PolicyPaper_2020_Web.pdf sowie Birkenstock, Maren; Röder, Norbert (2020). Honorierung von Umweltleistungen der Landwirtschaft in der EU- Agrarpolitik auf Basis des Konzepts "Gemeinwohlprämie". Ergebnisse einer Verwaltungsbefragung, Thünen Working Paper, No. 139, Johann Heinrich von Thünen-Institut, Braunschweig, S. 18. https://www.econstor .eu/bitstream/10419/215541/1/169174753X.pdf 70 Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2019). Zur effektiven Gestaltung der Agrarumwelt- und Klimaschutzpolitik im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU nach 2020. Stellungnahme, Berlin. (Punkt 199). https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads /DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/Stellungnahme-GAP-Effektivierung-AUK.pdf?__blob=publication- File&v=2 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 21 ckungsgrad der Vegetation. Dies würde eine Gleichbehandlung mit dem Ackerbau gewährleisten .71 Insbesondere auf den naturschutzfachlich besonders wertvollen Grünlandstandorten verhindern die gegenwärtigen Vorgaben in der Grünlanddefinition oft die Förderung im Rahmen der 1. Säule […] so ausgestaltet sein, dass weidetypische Strukturen wie z. B. kleinere Gehölze, Offenbodenstellen und Geilstellen prinzipiell Teil der förderfähigen Fläche sind und nicht separat abgegrenzt werden müssen. Solchen Strukturelementen kommt eine herausragende Bedeutung für den Erhalt und die Förderung der assoziierten Biodiversität in der Agrarlandschaft zu. Insbesondere auf Weiden verändern diese Elemente sowohl im Jahreslauf als auch zwischen den Jahren ihre Ausdehnung und Lage. Die Erfassung dieser Elemente, […], verursacht einen hohen Aufwand für Landwirte und Verwaltung. Ferner stellen diese Strukturelemente für die Landwirte ein latentes Verstoß- und damit Sanktionsrisiko dar. Um dieses Problem zu beheben, könnte auf Weiden, die nicht die im vorherigen Absatz genannten Bedingungen erfüllen, ein pauschaler Anteil an weidetypischen Strukturen als Teil der förderfähigen Fläche toleriert werden.“72 Die Bundesregierung antwortete im Juli 2020, dass die Meinungsbildung zur Definition von Dauergrünland innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen sei: 71 „Ein Acker ist gegenwärtig auch dann zu 100 % förderfähig, wenn die angebaute Kultur weniger als 50 % der Fläche bedeckt, wie z. B. bei Spargel oder Zwiebeln. Demgegenüber ist Grünland gegenwärtig nur dann förderfähig , wenn die Deckung der Futterpflanzen mindestens 50 % beträgt. Auch unterteilen nicht befestigte „Trampelpfade “ bzw. vegetationsfreie Fahrspuren Grünlandschläge, während dies für unbegrünte Fahrgassen im Ackerbau nicht gilt.“ S. 93. Fn.51. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik /Stellungnahme-GAP-Effektivierung-AUK.pdf?__blob=publicationFile&v=2 72 (Punkt 288). https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/Stellungnahme -GAP-Effektivierung-AUK.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Bereits Isermeyer et al. (2014) beantworteten in einer Stellungnahme im Rahmen einer Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestages im April 2014 ausführlich die Frage „Dauergrünland ist nicht gleich Dauergrünland: Wie ist eine klare Definition möglich, wie lautet diese Definition?“. Isermeyer, Folkhard et al. (2014). Gesetzentwurf zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik. Stellungnahme im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages am 7. April 2014. Braunschweig, 31. März 2014. S. 19. https://www.thuenen.de/media/ti/Infothek /Presse/Pressemitteilungen/2014/2014-04-07/140407_Stellungnahme_Thuenen_final.pdf Siehe auch Schoof, Nicolas et al. (2019). Auswirkungen der neuen Rahmenbedingungen der Gemeinsamen Agrarpolitik auf die Grünland-bezogene Biodiversität. BfN-Skripten 540. S. 37f. https://www.researchgate .net/publication/335580755_Auswirkungen_der_neuen_Rahmenbedingungen_der_Gemeinsamen_Agrarpolitik _auf_die_Grunland-bezogene_Biodiversitat; siehe auch EuGH 15.05.2019 C341 /17 P. http://curia.europa .eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=214114&pageIndex=0&doclang =DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 060/20 Seite 22 „Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Definitionen im Rahmen der EU-Agrarförderung angepasst werden sollten, […]. Insbesondere bestimmte extensive Dauergrünlandflächen könnten so besser gefördert werden. Die Meinungsbildung zur Definition von Dauergrünland selbst ist innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Deutschland hat sich auf EU-Ebene dafür eingesetzt, bei der Definition des Dauergrünlands ausreichende Flexibilität zu haben, um unter anderem Dauergrünlandflächen mit hoher Bedeutung für die Biodiversität zukünftig besser in die Förderung einbeziehen zu können.“73 *** 73 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD. Herausforderungen für die heimische Weidetierhaltung. 3. Juli 2020. (Vorabfassung). http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/208/1920808.pdf