© 2018 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 060/18 Steuerlich begünstigte Rücklagenbildung zur Kompensation witterungsbedingter Einkommenseinbußen in der Landwirtschaft Nachtrag zu WD 5 - 3000 - 046 - 18 vom 6. April 2018 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Einleitung Im Rahmen des Sachstands „Steuerlich begünstigte Rücklagenbildung zur Kompensation witterungsbedingter Einkommenseinbußen in der Landwirtschaft“, WD 5 – 3000 – 046/18 vom 6. April 2018 wurde der Frage nachgegangen, wie ein Modell der steuerlich begünstigen Rücklagenbildung zur Kompensation zukünftiger witterungsbedingter Einkommenseinbußen in der Landwirtschaft ausgestaltet werden könnte. Zur Beantwortung dieser Frage wurden u. a. das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie der Deutsche Bauernverband e. V. (DBV) um Stellungnahme gebeten. Diese Stellungnahmen sind erst nach Fristablauf eingegangen und konnten daher bei der Erstellung des ursprünglichen Sachstands nicht mehr berücksichtigt werden . Sie werden nachfolgend dargestellt. 2. Stellungnahme des BMEL Zur Beantwortung der mit der Bitte um Stellungnahme übersandten Fragen übermittelte das BMEL eine bisher nicht veröffentlichte Untersuchung des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (Thünen-Institut): - Forstner, Bernhard (2018). Vergleichende Untersuchung zur Anwendung und Ausgestaltung der steuerlichen Gewinnglättungsregelung in anderen EU-Mitgliedstaaten. BMEL- Auftrag aus dem Referat 125. Bericht vom 8. Januar 2018. Vor dem Hintergrund der Einführung der Tarifglättungsvorschrift nach § 32c in das deutsche Einkommenssteuergesetz (EStG)1 wurde das Thünen-Institut vom BMEL beauftragt, eine vergleichende Untersuchung zur Anwendung und Ausgestaltung von steuerlichen Gewinnglättungsregelungen in anderen EU-Mitgliedstaaten durchzuführen. Der Bericht stellt die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammen und geht dabei auch auf das Instrument der Risikoausgleichsrücklage ein, sofern dies im jeweils untersuchten EU-Mitgliedstaat existiert. So heißt es in Bezug auf Frankreich: „In Frankreich gibt es zwei wesentliche Möglichkeiten, um das zu versteuernde Einkommen aus Landwirtschaft zu glätten: a) eine dreijährige Durchschnittsbildung bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens aus der Landwirtschaft (Système „Moyenne Triennale“) und b) die Bildung einer Risikokapitalrücklage („Déduction pour Aleas“ – DPA). Die Regelungen sind nicht befristet und werden nach Auskunft von Cerfrance[2] stark in Anspruch genommen. 1 Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.10.2009, BGBl. I S. 3366, 3862; zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.08.2017, BGBl. I S. 3214. Vgl. dazu die Ausführungen und weiteren Hinweise bei Deutscher Bundestag (2018). Steuerlich begünstigte Rücklagenbildung zur Kompensation witterungsbedingter Einkommenseinbußen in der Landwirtschaft. WD 5 – 3000 – 046/18 vom 08.04.2018. S. 5. 2 Dabei handelt es sich um die französische Stelle, die seitens des Thünen-Instituts um Auskunft gebeten wurde. Vgl. Forstner, Bernhard (2018). Vergleichende Untersuchung zur Anwendung und Ausgestaltung der steuerlichen Gewinnglättungsregelung in anderen EU-Mitgliedstaaten. BMEL-Auftrag aus dem Referat 125. Bericht vom 8. Januar 2018. S. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 060/18 Seite 4 […] b) System „Déduction pour Aleas“ Daneben gibt es speziell für Landwirte eine Regelung zur betriebsindividuellen Bildung einer Risikokapitalrücklage , die ebenfalls zur Einkommensglättung beitragen kann. Diese als „Déduction pour Aleas“ (DPA) bezeichnete Regelung sieht vor, dass 50 % des Abzugs vom Gewinn innerhalb von sechs Monaten auf ein spezielles Bankkonto eingezahlt werden. Die andere Hälfte muss innerhalb von sieben Jahren versteuert werden; falls dies nicht geschieht, wird eine Besteuerung plus „Strafzinsen“ fällig. Die Rücklagen bzw. Abzüge reduzieren in voller Höhe das zu versteuernde Einkommen. Die Rücklage kann nur für bestimmte Ausgaben verwendet werden: Futterzukauf im Fall von Wetterextremen, Ausgaben im Fall von Brandschäden, Seuchen etc. sowie die Kompensation von allgemeinen ökonomischen Risiken (Rückgang der Wertschöpfung gegenüber den drei Vorjahren um mind. 10 %) […]. Der Kreis der Landwirte, die diese Regelung in Anspruch nehmen können, entspricht dem von “Moyenne Triennale”.[3] Die Regelungen sind nicht notifiziert, da es sich um ein Landesgesetz handelt und daher nach Ansicht von Cerfrance keine Notifizierung erforderlich ist.“4 Im Hinblick auf die regulatorische Situation in Schweden heißt es in dem Bericht des Thünen- Instituts: „Eine Möglichkeit zur Gewinnglättung im Rahmen der Einkommensbesteuerung besteht in Schweden […] seit 1994 im Rahmen einer branchenübergreifenden Regelung. […] Für Forstbetriebe gibt es eines spezielle Regelung; diese können eine Risikorücklage 10 bis max. 20 Jahre anlegen, bevor sie vom Konto (Fonds) wieder entnommen werden muss.“5 3. Stellungnahme des DBV In seiner Stellungnahme formuliert der DBV die Forderung, dass die bestehende Regelung des § 32c EStG weiter ausgebaut bzw. ergänzt werden muss. So heißt es seitens des DBV etwa: 3 „Ausgenommen von „Moyenne Triennale“ sind Steuerpflichtige, deren landwirtschaftliche Einkünfte nach dem Sonderverfahren für forstwirtschaftliche Betriebe ermittelt werden. Bei gemischten Einkommen (tatsächlicher landwirtschaftlicher Gewinn und forstwirtschaftlicher Gewinn) kann die Durchschnittsbildung auf den landwirtschaftlichen Gewinn angewendet werden. Kleinstlandwirte sind auch vom „Moyenne Triennale“ ausgenommen , da sie ohnehin bei der Einkommensermittlung einem Durchschnittsverfahren unterliegen.“ Forstner, Bernhard (2018). Vergleichende Untersuchung zur Anwendung und Ausgestaltung der steuerlichen Gewinnglättungsregelung in anderen EU-Mitgliedstaaten. BMEL-Auftrag aus dem Referat 125. Bericht vom 8. Januar 2018. S. 8. 4 Forstner, Bernhard (2018). Vergleichende Untersuchung zur Anwendung und Ausgestaltung der steuerlichen Gewinnglättungsregelung in anderen EU-Mitgliedstaaten. BMEL-Auftrag aus dem Referat 125. Bericht vom 8. Januar 2018. S. 7 f. 5 Forstner, Bernhard (2018). Vergleichende Untersuchung zur Anwendung und Ausgestaltung der steuerlichen Gewinnglättungsregelung in anderen EU-Mitgliedstaaten. BMEL-Auftrag aus dem Referat 125. Bericht vom 8. Januar 2018. S. 15 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 060/18 Seite 5 „Vor dem Hintergrund, dass § 32c EStG über zunächst 3 x 3 Jahre Anwendung findet und gegen Ende der Zeiträume großzügiger ausgewertet werden wird, muss dafür gesorgt werden, dass dieses Instrument der landwirtschaftlichen Risikoabsicherung langfristig bestehen bleibt und im weiteren Verlauf zwingend fortentwickelt wird. Sofern belastbare Untersuchungsergebnisse vorliegen , natürlich schon vor Ablauf des Jahres 2022. […] Landwirte sollen und müssen auch über wirksame einkommensteuerliche Instrumente gezielt vor Wettereinflüssen und starken Marktschwankungen, denen andere Branchen gerade nicht ausgesetzt sind, gestärkt werden. Ein Ausgleich über einkommensteuerliche Mechanismen, die gleichermaßen rechtsformneutral für alle landwirtschaftlichen Betriebe (Familienbetriebe, Personengesellschaften , Kapitalgesellschaften und sonstige juristische Personen) greifen, muss zielführend geschaffen werden. Deshalb muss das landwirtschaftliche Risikomanagement durch das EStG dringend ausgebaut werden. Zu begrüßen ist im Laufe der Legislaturperiode eine weitere Initiative „Gewinnrücklage Landwirtschaft“ durch die die Bundesregierung tragenden Parteien. Das frühzeitige Engagement der Agrarministerkonferenz trägt dazu bei.“6 Im Ergebnis ist nach Auffassung des DBV die Tarifvorschrift des § 32c EStG zwingend um eine Gewinnvorschrift „Gewinnrücklage Landwirtschaft“ zu ergänzen. Der Formulierungsvorschlag des DBV für eine solche normative Ergänzung, der zusammen mit der Stellungnahme übersandt wurde, lautet: „Steuerliche Gewinnrücklage für die Landwirtschaft“ oder § 7f EStG Steuerliche Gewinnrücklage in der Land- und Forstwirtschaft (1) Steuerpflichtige mit Einkünften im Sinne des § 13 des Einkommensteuergesetzes können eine gewinnmindernde steuerliche Gewinnrücklage bilden. Dies gilt entsprechend für natürliche Personen, Personenvereinigung und Körperschaften, bei denen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft steuerliche als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind. (2) Die Gewinnrücklage darf 100 Prozent, die jährliche Zuführung zur Gewinnrücklage 25 Prozent der im Durchschnitt der vergangenen drei Wirtschaftsjahre erzielten Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft nicht übersteigen. Sinken in den Folgejahren die Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft ab, so bleibt dies ohne Wirkung auf die zulässige Höhe einer bereits gebildeten steuerlichen Gewinnrücklage. (3) Die Gewinnrücklage darf zum Ausgleich natur-, wetter-, seuchen- oder marktbedingter Risiken gebildet werden. Die Gewinnrücklage kann aufgelöst werden, 1. zur Ergänzung geminderter Einnahmen in Krisenjahren; 2. für vorbeugende oder akute Risikoschutzmaßnahmen; 6 Per E-Mail am 09.04.2018 an den Verfasser übersandte Stellungnahme des DBV zu Fragen der Risikoausgleichsrücklage in der Landwirtschaft. S. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 060/18 Seite 6 3. für die Beseitigung der durch Eintritt des Risikos unmittelbar oder mittelbar verursachten Schäden an Wirtschaftsgütern einschließlich deren Wiederherstellung und Ersatzbeschaffung ; 4. zur Tilgung betrieblicher Schulden.“7 * * * 7 Formulierungsvorschlag des DBV für eine Ergänzung des EStG. Dem Verfasser per E-Mail vom 09.04.2018 im Rahmen der Stellungnahme des DBV zu Fragen der Risikoausgleichsrücklage in der Landwirtschaft übersandt.