© 2019 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 059/19 Eigenstromprivileg und Mieterstrommodell bei Energieerzeugergemeinschaften Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 2 Eigenstromprivileg und Mieterstrommodell bei Energieerzeugergemeinschaften Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 059/19 Abschluss der Arbeit: 27. August 2019 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Eigenstromprivileg 4 2.1. Personenidentität zwischen Erzeuger und Verbraucher 5 2.1.1. Betreibereigenschaft – Bestimmung von Erzeuger und Verbraucher 5 2.1.2. Mehrheit von Verbrauchern 6 2.1.3. Juristische Personen 6 2.1.4. Scheibenpacht 7 2.2. Weitere Anforderungen 8 3. Mieterstrommodell 8 3.1. Allgemeines 8 3.2. Wesentliche Voraussetzungen des Mieterstromzuschlags 9 3.2.1. Voraussetzungen allgemein 9 3.2.2. Begriff des Letztverbrauchers 10 3.2.3. Lieferung von Strom 11 3.2.4. Inhaber des Anspruchs 12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung Die Wissenschaftlichen Dienste wurden um Auskunft gebeten, inwieweit Energieerzeugergemeinschaften , wie z. B. die Bürgerenergiegesellschaft nach § 3 Nr. 15 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 20171, die Voraussetzungen des Eigenstromprivilegs erfüllen und die von ihnen produzierte Energie im Rahmen eines Mieterstrommodells auch selbst nutzen können.2 Bürgerenergiegesellschaften wurden erstmalig im EEG 2017 erwähnt. Ihnen soll eine erleichterte Teilnahme an den Ausschreibungen für Windanlagen an Land ermöglicht werden.3 Wesentliches Ziel war dabei, ein hohes Maß an Akteursvielfalt zu wahren und das hohe Engagement einzelner Bürger und Initiativen zu würdigen und weiter zu fördern, um so eine möglichst hohe Akzeptanz Erneuerbarer-Energie-Projekte zu erreichen.4 Für die Frage der Rechtsformwahl von Energieerzeugergemeinschaften /Bürgerenergiegesellschaften wird auf den Sachstand des Fachbereichs WD 7 vom 25. Juni 2019 (WD 7 – 3000 – 104/195) verwiesen. Die Frage, inwieweit Energieerzeugergemeinschaften das Eigenstromprivileg und die Förderung von Mieterstrom nutzen können, wird im Folgenden anhand der Darstellung der wichtigsten abstrakten Voraussetzungen der Fördertatbestände beantwortet. 2. Eigenstromprivileg Nach § 60 Abs. 1 S. 1 EEG 2017 sind die Übertragungsnetzbetreiber berechtigt und verpflichtet, von Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher liefern, die EEG-Umlage zu verlangen. Nach § 61 Abs. 1 EEG 2017 ist die EEG-Umlage in den Fällen, in denen ausnahmsweise keine Lieferung durch ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen erfolgt, vom Letztverbraucher selbst zu tragen. So sind die Netzbetreiber berechtigt und verpflichtet, die EEG-Umlage vom Letztverbraucher zu verlangen für 1. die Eigenversorgung und 2. sonstigen Verbrauch 1 Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. Mai 2019 (BGBl. I S. 706) geändert worden ist. Abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/eeg_2014/EEG_2017.pdf (Letzter Abruf dieser und aller nachfolgender Onlinequellen: 27. August 2019). 2 Diese Fragen wurden auch bereits im Rahmen einer Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft an den Landtag von Baden-Würrtemberg erörtert (vgl. Landtagsdrucksache 16/5339 vom 6. Dezember 2018), abrufbar unter https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente /WP16/Drucksachen/5000/16_5339_D.pdf. Die vom Ministerium erteilten Auskünfte entsprechen vom Ergebnis her den in diesem Sachstand getroffenen Aussagen. 3 Vgl. dazu Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen von Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016), Bundestagsdrucksache 18/8860 vom 21. Juni 2016, S. 153f. sowie § 3 Nr. 15 EEG 2017 (Begriffsbestimmung) und § 36g EEG 2017 (besondere Ausschreibungsbedingungen für Bürgerenergiegesellschaften). 4 Bundestagsdrucksache 18/8860 vom 21. Juni 2016, S. 147 und 152, sowie § 2 Abs. 3 S. 2 EEG 2017, wonach die Akteursvielfalt bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erhalten bleiben soll. 5 Sachstand abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/653464/85682164aa7ac96049451d172ec54d0d/WD-7-104-19-pdf-data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 5 von Strom, der nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert wird. Dieser Anspruch entfällt oder verringert sich nach den §§ 61a bis 61g EEG 2017 (§ 61 Abs. 2 S. 1 EEG 2017). Die Sonderregelungen in diesen Vorschriften knüpfen an die Eigenversorgung mit Strom an. Weitergehende Anforderungen sind je nach Privileg unterschiedlich6. „Eigenversorgung“ wird in § 3 Nr. 19 EEG 2017 wie folgt definiert: „Verbrauch von Strom, den eine natürliche oder juristische Person im unmittelbaren Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage selbst verbraucht, wenn der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wird und diese Person die Stromerzeugungsanlage selbst betreibt.“ 2.1. Personenidentität zwischen Erzeuger und Verbraucher Das wichtigste Merkmal liegt in der Personenidentität zwischen Erzeuger und Verbraucher. Die Person, welche die Stromerzeugungsanlage betreibt, muss auch die Stromverbrauchseinrichtung betreiben, die den Strom, der in der Stromerzeugungsanlage erzeugt wird, verbraucht.7 Diese Anforderung gilt dem Wortlaut von § 3 Nr. 19 EEG 2017 nach nicht nur für natürliche sondern – unabhängig von der rechtlichen Organisationsform - auch für juristische Personen. Deshalb müssen auch Energieerzeugergesellschaften bzw. Bürgerenergiegesellschaften z. B. in der Form von Gesellschaften , eingetragenen Vereinen oder Genossenschaften die Voraussetzung erfüllen. 2.1.1. Betreibereigenschaft – Bestimmung von Erzeuger und Verbraucher Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Betreibereigenschaft bezüglich der Stromerzeugungsanlage voraus, dass die betreffende Person die tatsächliche Sachherrschaft über die Anlage ausübt, ihre Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmt und sie auf eigene Rechnung nutzt, mithin das wirtschaftliche Risiko trägt.8 Für die Beurteilung kommt es auf die objektiven, tatsächlich vorliegenden Umstände an. Davon abweichende subjektive Ziele, rein vertragliche Zuordnungen, Fiktionen oder Umgehungsgeschäfte sind insoweit unbeachtlich.9 Diese Person muss den Strom selbst verbrauchen. Sie muss mit dem Betreiber der elektrischen Verbrauchsgeräte identisch sein. Zur Bestimmung des Betreibers der elektrischen Verbrauchsgeräte können die oben im Hinblick auf die Bestimmung des Betreibers der Stromerzeugungsanlage 6 Vgl. dazu den Überblick in der Antwort der Bundesregierung aunf eine Kleine Anfrage in der Bundestagsdrucksache 19/7654 vom 8. Februar 2018, S. 4. 7 Cosack in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Henning/Schomerus, Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), 5. Aufl. 2018, § 61 Rn. 25. 8 Vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Februar 2008, VIII ZR 280/05, NVwZ 2008, 1154 (1155), Rn. 15. 9 Vgl. im Einzelnen Bundesnetzagentur, Leitfaden zur Eigenversorgung vom 20. Juni 2016, S. 22, abrufbar unter: https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen /ErneuerbareEnergien/Eigenversorgung/Finaler_Leitfaden.pdf?__blob=publicationFile&v=2; Clearingstelle EEG/KWKG, Hinweis 2018/10 vom 13. Dezember 2018, Rn. 14ff. mit weiteren Nachweisen, abrufbar unter https://www.clearingstelle-eeg-kwkg.de/files/Hinweis_2018_10.pdf; Schumacher in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Band 6, 4. Aufl. 2018, § 3 Rn. 84. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 6 genannten Kriterien der höchstrichterlichen Rechtsprechung (tatsächliche Sachherrschaft, eigenverantwortliche Bestimmung der Arbeitsweise, Tragung des wirtschaftlichen Risikos) entsprechend herangezogen werden.10 2.1.2. Mehrheit von Verbrauchern Bei einer Mehrheit von Verbrauchern, die eine Anlage betreiben, müssen die Verbrauchseinrichtungen von derselben Personengruppe betrieben werden, die auch die Erzeugungsanlage betreibt. Sofern es sich dabei – unter Anlegung einer rein formalen Betrachtungsweise – um unterschiedliche natürliche oder juristische Personen handelt, scheidet eine Eigenversorgung tatbestandlich aus. 11 Nicht ausreichend ist es zum Beispiel, wenn es sich bei dem Anlagebetreiber um eine Tochtergesellschaft eines Unternehmens und bei dem Letzverbraucher um dieselbe Tochtergesellschaft desselben Unternehmens handelt.12 Nach Auffassung der Bundesnetzagentur stellt die parallele Zugriffsmöglichkeit der Mitbewohner auf Verbrauchsgeräte in Fällen, in denen die Person , die die Stromerzeugungsanlage betreibt, mit anderen Menschen in derselben Wohnung wohnt, deren Einordnung als Letztverbraucher für die Gesamtverbräuche in der Wohnung nicht in Frage. Dies gilt auch für weitere Personen, wie z. B. Gäste, Putzhilfen und Handwerker, die vorübergehend und in geringfügigem Umfang auf vorhandene oder mitgebrachte Verbrauchsgeräte in der Wohnung zugreifen können.13 Am 21. Dezember 2018 ist das Energiesammelgesetz teilweise in Kraft getreten. Zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten in Bagatellfällen wurde § 62a neu in das EEG 2017 eingefügt. Nach § 62a Abs. 3 EEG 2017 werden bestimmte geringfügige Stromverbräuche, die beispielsweise in den Räumlichkeiten des Letztverbrauchers verbraucht und nicht gesondert abgerechnet werden, den Stromverbräuchen dieses Verbrauchers zugerechnet.14 2.1.3. Juristische Personen Bei juristischen Personen, die eine Stromerzeugungsanlage betreiben, scheidet nach Auffassung der Bundesnetzagentur eine Eigenversorgung mangels Personenidentität aus, sobald nicht sie selbst, sondern deren Mitglieder den in der Anlage erzeugten Strom verbrauchen.15 Dies gelte 10 Vgl. Bundesnetzagentur, Leitfaden zur Eigenversorgung vom 20. Juni 2016, S. 24 sowie Clearingstelle EEG/KWKG, Hinweis 2018/10 vom 13. Dezember 2018, Rn. 24; Hennig/von Bredow/Valentin in: Frenz/Müggenborg /Cosack/Henning/Schomerus, Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), 5. Aufl. 2018, § 3 Nr. 19, Rn. 109. 11 Bundesnetzagentur, Leitfaden zur Eigenversorgung vom 20. Juni 2016, S. 29; Schumacher in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Band 6, 4. Aufl. 2018, § 3, Rn. 93; Cosack in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Henning /Schomerus, Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), 5. Aufl. 2018, § 61 Rn. 25. 12 Vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. Mai 2015, VIII ZR 56/14, Rn. 19 und 20, abrufbar unter http://juris.bundesgerichtshof .de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=71299&pos=0&anz=1; Bundesnetzagentur , Leitfaden zur Eigenversorgung vom 20. Juni 2016, S. 30; Schumacher in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Band 6, 4. Aufl. 2018, § 3 Rn. 90. 13 Vgl. Bundesnetzagentur, Leitfaden zur Eigenversorgung vom 20. Juni 2016, S. 24. 14 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung in der Bundestagsdrucksache 19/5523 vom 6. November 2018, S. 83. 15 Vgl. Bundesnetzagentur, Leitfaden zur Eigenversorgung vom 20. Juni 2016, S. 29. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 7 z. B. für Genossenschaftsmodelle, wenn die eingetragene Genossenschaft die Anlage betreibe und deren Mitglieder den Strom verbrauchten. Es läge dann keine Eigenversorgung, sondern eine Stromlieferung der Genossenschaft als umlagepflichtiges Elektrizitätsversorgungsunternehmen an ihre Mitglieder vor. Entsprechendes treffe auf ähnliche Modelle zu, in denen es sich statt um eine Genossenschaft um eine andere Form einer juristischen Person bzw. eines nach den Rechten und Pflichten des EEG 2017 entsprechend zu behandelnden Rechtssubjekts handele (z. B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Auch bei weiteren Rechtssubjekten , bei denen es sich formell betrachtet weder um natürliche noch juristische Personen handeln müsse, die jedoch in entsprechender Weise am Rechtsverkehr teilnähmen (z. B. Personengesellschaften wie eine Kommanditgesellschaft, offene Handelsgesellschaft), sei der Eigenversorgungstatbestand in entsprechenden Fallkonstellation nicht erfüllt.16 Im Ergebnis kommt danach lediglich dann, wenn auch die Letztverbrauchgeräte der jeweiligen Personengruppe oder Gesellschaft als von dieser gemeinschaftlich betrieben zugerechnet werden können, eine Eigenversorgung in Betracht. Als Beispiel nennt die Behörde die Flurbeleuchtung eines von der Betreibergemeinschaft bewohnten Gebäudes.17 Eine Vereinbarung der Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wonach die Gesellschaft als „Verbrauchs-GbR“ auch den Strom in den Wohnungen verbrauchen solle, spiele als unbeachtliche Fiktion für die tatsächliche Zuordnung des Stromverbrauchs dagegen keine Rolle.18 Diese Auffassung der Bundesnetzagentur wird in der Literatur teilweise als zu eng und formalistisch kritisiert. Eine gemeinschaftliche Eigenversorgung von Erzeugungs- und Verbrauchsgemeinschaft müsse möglich sein. Die jüngere Rechtsprechung habe zudem die Möglichkeit der gemeinsamen Nutzung der EEG-Anlage sowie einer entsprechenden Mitberechtigung in Form einer Erzeugungs - und Verbrauchsgemeinschaft grundsätzlich bejaht.19 2.1.4. Scheibenpacht In der Vergangenheit wurde die Auslegung vertreten, dass zwar die Gruppe der Anlagebetreiber den Strom selbst verbrauchen müsse, aber nicht zwingend gemeinschaftlich, sondern dies auch anteilig möglich sei. Mit dem neuen § 104 Abs. 4 EEG 2017 werden Unternehmen entlastet, die aufgrund einer unklaren Rechtslage vor dem Inkrafttreten des EEG 2014 davon ausgegegangen waren, dass in bestimmten Konstellationen keine umlagepflichtige Stromlieferung, sondern eine 16 Vgl. Bundesnetzagentur, Leitfaden zur Eigenversorgung, 20. Juni 2016, S. 29 f. 17 Vgl. Bundesnetzagentur, Leitfaden zur Eigenversorgung, 20.06.2016, S. 31; vgl. zur Auslegung der Bundesnetzagentur in diesem Punkt auch Hennig/von Bredow/Valentin in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Henning/Schomerus, Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), 5. Aufl. 2018, § 3 Nr. 19, Rn. 110ff.; vgl. auch Landtagsdrucksache 16/5339 vom 6. Dezember 2018, S. 3; dort wird der Verbrauch in Büroräumen der Erzeugergemeinschaft als Beispiel genannt . 18 Vgl. Bundesnetzagentur, Leitfaden zur Eigenversorgung, 20. Juni 2016, S. 25. 19 Vgl. Hennig/von Bredow/Valentin in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Henning/Schomerus, Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG), 5. Aufl. 2018, § 3 Nr. 19, Rn. 110ff.; Rechtsgutachten „Kleiner Mieterstrom“ und gemeinschaftliche Eigenversorgung im Rahmen des Projekts ENERGIE2020, S. 8ff., abrufbar unter https://www.verbraucherzentrale .nrw/sites/default/files/2019-01/Rechtsgutachten%20Gemeinschaftliche%20Eigenversorgung.pdf u. a. unter Hinweis auf Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 29. Juni 2016, 15 U 20/16; Salje, Erneuerbare-Energien -Gesetz 2017, 8. Aufl. 2018, § 61, Rn. 22f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 8 umlagenbefreite Eigenerzeugung aus anteilig genutzten Erzeugungskapazitäten an einer Stromerzeugungsanlage („Kraftwerksscheiben“) vorlag (sogenannte Scheibenpachtkonstellationen). § 104 Abs. 4 EEG 2017 schafft ein Leistungsverweigerungsrecht für Altforderungen und ermöglicht, dass bei unverändert fortgeführten Konstellationen auch in Zukunft eine von der EEG-Umlage befreite Eigenerzeugung unterstellt wird.20 2.2. Weitere Anforderungen Der in der selbst betriebenen Stromerzeugungsanlage erzeugte Strom muss grundsätzlich zur gleichen Zeit von den selbst betriebenen Stromverbrauchseinrichtungen des Letztverbrauchers verbraucht werden (Zeitgleichheit). Der Verbrauch muss im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage erfolgen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich die Erzeugungsanlage und die Verbrauchsgeräte in bzw. auf demselben Gebäude befinden. Auch auf demselben Grundstück wird typischerweise noch von einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang auszugehen sein.21 Die Eigenversorgung setzt weiter voraus, dass der Strom nicht durch ein öffentliches Netz geleitet wird.22 Darüber hinaus müssen bestimmte Mitteilungspflichten erfüllt werden (vgl. § 74a EEG 2017). Weitergehende Anforderungen sind je nach Eigenstromprivileg unterschiedlich.23 3. Mieterstrommodell 3.1. Allgemeines Im Juli 2017 traten die wesentlichen Teile des Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (Mieterstromgesetz)24 in Kraft.25 Dessen Ziel besteht darin, den Ausbau der Solarenergie auf Wohngebäuden voranzutreiben , indem Mieterstrom aus Solaranlagen eine Förderung nach dem EEG 2017 erhält.26 Solarstrom soll daher zukünftig nicht nur im Fall der Einspeisung ins Stromnetz gefördert werden.27 20 Vgl. dazu die Darstellung in der Bundestagsdrucksache 18/10668 vom 14. Dezember 2016, S. 149f. 21 Cosack in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Henning/Schomerus, Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), 5. Aufl. 2018, § 61, Rn. 34 ff. 22 Vgl. dazu Cosack in: Frenz/Müggenborg/Cosack/Henning/Schomerus, Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), 5. Aufl. 2018, § 61, Rn. 43ff. 23 Vgl. dazu den Überblick in der Bundestsagsdrucksache 19/7654 vom 8. Februar 2018, S. 4. 24 Gesetz vom 17. Juli 2017, BGBl. I S. 2532. 25 Vgl. Artikel 6 Mieterstromgesetz (Inkrafttreten). 26 Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare -Energien-Gesetzes, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Bundestagsdrucksache 18/12355 vom 16. Mai 2017, S. 1. 27 Vgl. dazu die sonstigen Vorgaben des EEG 2017 zur Förderung von Solarstrom. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 9 Vielmehr soll die Förderung im Wege der Zahlung des sogenannten Mieterstromzuschlags28 auch erfolgen, wenn der produzierte Solarstrom ohne Nutzung eines Netzes direkt an Letztverbraucher im Wohngebäude mit der Solaranlage geliefert und von diesen verbraucht wird, wobei mindestens 40 Prozent der Fläche des Gebäudes dem Wohnen dienen muss.29 Mit dem Mieterstromgesetz wurden die entsprechenden Voraussetzungen an verschiedenen Stellen insbesondere des EEG 2017 sowie des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG)30 eingefügt. Neben den mit dem Mieterstromzuschlag geförderten Photovoltaik-Projekten existieren auch noch „klassische“ ungeförderte Mieterstrommodelle, bei denen mit lokal produziertem Strom (bzw. Wärme) die Mieter von Gebäuden versorgt werden. Oft erfolgt dies mit KWK-Anlagen.31 Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Förderung durch den Mieterstromzuschlag. 3.2. Wesentliche Voraussetzungen des Mieterstromzuschlags 3.2.1. Voraussetzungen allgemein Die wesentlichen Voraussetzungen für die Zahlung des Mieterstromzuschlags sind in den §§ 19 Abs. 1 Nr. 3, 21 Abs. 3 EEG 2017 normiert. Diese Vorschriften lauten auszugsweise wie folgt: „§ 19 Zahlungsanspruch (1) Betreiber von Anlagen, in denen ausschließlich erneuerbare Energien […] eingesetzt werden, haben für den in diesen Anlagen erzeugten Strom gegen den Netzbetreiber einen Anspruch auf […] 3. einen Mieterstromzuschlag nach § 21 Absatz 3.“ „§ 21 Einspeisevergütung und Mieterstromzuschlag […] (3) Der Anspruch auf Zahlung des Mieterstromzuschlags nach § 19 Absatz 1 Nummer 3 besteht für Strom aus Solaranlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 100 Kilowatt, 28 Zur Berechnung der Höhe des Mieterstromzuschlags vgl. § 23b EEG 2017. 29 Bundestagsdrucksache 18/12355 vom 16. Mai 2017, S. 12. 30 Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung vom 7. Juli 2005, BGBl. I S. 1970, 3621; zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2017, BGBl. I S. 2808, 2018 I 472; abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/enwg_2005/EnWG.pdf. 31 Vgl. dazu sowie zur Verbreitung von Mieterstromprojekten die Ausführungen der Bundesregierung in „Zweiter Fortschrittsbericht zur Energiewende 2019“, Bundestagsdrucksache 19/10760 vom 7. Juni 2019, S. 440 (Ziff. 233-235). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 10 die auf, an oder in einem Wohngebäude installiert sind, soweit er an einen Letztverbraucher geliefert und verbraucht worden ist 1. innerhalb dieses Gebäudes oder in Wohngebäuden oder Nebenanlagen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit diesem Gebäude und 2. ohne Durchleitung durch ein Netz. § 3 Nummer 50 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass mindestens 40 Prozent der Fläche des Gebäudes dem Wohnen dienen. Im Falle der Nutzung eines Speichers besteht der Anspruch nach § 19 Absatz 1 Nummer 3 nicht für Strom, der in den Speicher eingespeist wird. Die Strommenge nach Satz 1 muss so genau ermittelt werden, wie es die Messtechnik zulässt, die nach dem Messstellenbetriebsgesetz zu verwenden ist.“ Darüber hinaus enthält § 42a EnWG konkrete Vorgaben für die Gestaltung von Mieterstromverträgen .32 Voraussetzung für die Gewährung des Mieterstromzuschlags ist nach § 21 Abs. 3 EEG folglich, dass - der Strom in einer Solaranlage mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 100 Kilowatt erzeugt wird, - diese Anlage auf, an oder in einem Wohngebäude installiert ist, - der Strom an einen Letztverbraucher innerhalb dieses Gebäudes oder in Wohngebäuden oder Nebenanlagen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit diesem Gebäude geliefert und dort auch verbraucht wird und - dass der Strom nicht durch ein Netz geleitet wird.33 3.2.2. Begriff des Letztverbrauchers „Letztverbraucher“ ist nach § 3 Nr. 33 EEG 2017 jede natürliche oder juristische Person, die Strom verbraucht. Zwar erweckt das Wort „Mieterstromzuschlag“ den Eindruck, es müsse ein Lieferverhältnis zwischen Mieter und Vermieter vorliegen. Es muss aber weder der Anlagenbetreiber Vermieter sein, um den Mieterstromzuschlag in Anspruch nehmen zu können, noch muss der Letztverbraucher notwendigerweise Mieter sein, um Mieterstrom erhalten zu können. 32 Dazu gehört z. B. das Verbot der Kopplung mit Mietverträgen. 33 Vgl. insoweit auch den Sachstand des Fachbereichs WD 5 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 14. September 2018: Rechtliche Voraussetzungen für die Zahlung des Mieterstromzuschlags nach EEG 2017, m.w.N., abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource /blob/573926/ac2c4d6c072a099c5e172e466c375fe9/WD-5-105-18-pdf-data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 11 Die Bundesnetzagentur34 führt in diesem Zusammenhang aus: „Die Bezeichnung „Mieterstrom“ orientiert sich lediglich an dem idealtypischen Fall, dass der Vermieter eines Wohngebäudes die Solaranlage betreibt und den erzeugten Strom an seine Mieter in dem Haus liefert. Nach den gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Mieterstrom- Zuschlag muss es sich bei dem Betreiber der Solaranlage jedoch nicht um den „Vermieter“ des Wohngebäudes bzw. der Wohnungen und bei den belieferten Letztverbrauchern nicht um „Mieter “ handeln. Da die Strombelieferung von Letztverbrauchern mit erheblichen Pflichten und energiewirtschaftlichen Verantwortlichkeiten verbunden ist, dürfte es sich bei dem Anlagenbetreiber, der den Mieterstrom liefert, in der Praxis sogar häufig gerade nicht um den jeweiligen Vermieter des Wohnhauses handeln. Viele Vermieter werden nicht selbst den Aufwand und die Verantwortung als Anlagenbetreiber und Stromlieferant übernehmen wollen, sondern Dritten (z.B. Stadtwerken , anderen professionellen Stromlieferanten oder auf Energiedienstleistungen spezialisierten Unternehmen) die entsprechenden Dachflächen für Mieterstrommodelle zur Verfügung stellen . Wie im Geschäftsverkehr üblich kann sich der Anlagenbetreiber auch der Hilfe von Dienstleistern bedienen, um insbesondere seine energiewirtschaftlichen Aufgaben als Stromlieferant zu bewältigen.“ Auch Wohnungs- oder Gebäudeeigentümer oder gewerbliche Abnehmer kommen als Letztverbraucher in Betracht.35 3.2.3. Lieferung von Strom Der Anspruch kann grundsätzlich auch einer Energieerzeugergemeinschaft zustehen, die den selbst produzierten Strom an die Bewohner bzw. Gewerbetreibenden des entsprechenden Gebäudes liefert. Diese können dabei gleichzeitig auch Mitglieder der Energieerzeugergemeinschaft sein. Eine „Lieferung“ liegt jedoch nur vor, wenn Stromerzeuger und Stromverbraucher nicht identisch sind. Die Energieerzeugergemeinschaft kann den Mieterstromzuschlag nicht für Strommengen verlangen, die von ihr selbst verbraucht worden sind. So stellt § 21 Abs. 3 EEG 2017 seinem Wortlaut nach darauf ab, dass der Strom an einen Letztverbraucher geliefert und verbraucht worden ist. Während beim Eigenstromprivileg eine der Kernvoraussetzungen darin liegt, dass dieselbe Person den Strom erzeugt und verbraucht (Personenidentität), schließt dies eine Förderung über den Mieterstromzuschlag aus. Die Fördertatbestände greifen nicht gleichzeitig.36 Als eigener Stromverbrauch der die Anlage betreibenden Energieerzeugergemeinschaft kämen, je 34 Vgl. Bundesnetzagentur, Hinweis 2017/3 vom 20. Dezember 2017 zum Mieterstromzuschlag als eine Sonderform der EEG-Förderung, S. 8, abrufbar unter https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads /DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/Mieterstrom/Hinweis_Mieterstrom .pdf;jsessionid=0E6D4370C34C1376748B15BC676728AD?__blob=publicationFile&v=3. 35 Vgl. Bundesnetzagentur, Hinweis 2017/3 vom 20. Dezember 2017 zum Mieterstromzuschlag als eine Sonderform der EEG-Förderung, S. 7; Clearingstelle EEG/KWKG, Hinweis 2017/46 vom 20. April 2018, Nr. 5 und Rn. 39, abrufbar unter https://www.clearingstelle-eeg-kwkg.de/files/Hinweis_2017_46.pdf. 36 Vgl. in diesem Zusammenhang Bundesnetzagentur, Hinweis 2017/3 vom 20. Dezember 2017 zum Mieterstromzuschlag als eine Sonderform der EEG-Förderung, S. 3; Clearingstelle EEG/KWKG, Hinweis 2017/46 vom 20. April 2018, Nr. 5 und Rn. 38. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 059/19 Seite 12 nach Fallkonstellation, z. B. Verbräuche für eine gemeinsame Flurbeleuchtung oder eigene Büroräume der Gemeinschaft in Betracht.37 3.2.4. Inhaber des Anspruchs Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 EEG 2017 ist bei Vorliegen der beschriebenen Voraussetzungen der Betreiber der Solaranlage38 Inhaber des Anspruchs auf Zahlung des Mieterstromzuschlags gegenüber dem Netzbetreiber. *** 37 Vgl. dazu auch die Ausführungen oben unter 2.1. und 2.1.3. 38 Zum Begriff des Anlagenbetreibers vgl. § 3 Nr. 2 EEG 2017.